Ersatzbrennstoff

Brennstoffe, die aus Abfällen gewonnen werden
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Ein Ersatzbrennstoff (EBS) ist ein künstlich hergestellter Brennstoff, der in der Regel aus heizwertreichen Abfällen besteht, dessen stoffliche Verwertung für den Abfallentsorgungsbetrieb wirtschaftlich nicht rentabel ist.

Die zur Herstellung von Ersatzbrennstoff verwendeten Abfälle können aus Haushalten, Industrie oder Gewerbe stammen. Die Herstellung von EBS ist sehr unterschiedlich. Heizwertreiche Industrie- oder Gewerbeabfälle können ohne Vorbehandlung zu EBS erklärt werden. In der Regel erfolgt jedoch zumindest eine Zerkleinerung und Vermischung (Homogenisierung), damit der EBS leichter in den Verbrennungsraum eingeführt werden kann und gleichmäßiger brennt. Zusätzlich werden häufig mineralisches Feinkorn durch Siebe und Eisenmetalle über Magnete abgetrennt; ein weiterer Aufbereitungsschritt kann die Entfernung von Nicht-Eisenmetallen (v.a. Aluminium, Kupfer) über das Windsichten sein. Bei feuchten Abfällen kann der erste Aufbereitungsschritt aus einer Trocknung bestehen.

Verwertet wird EBS vor allem zusammen mit konventionellen Brennstoffen in der sogenannten "Mit-Verbrennung" (v.a. in Zement-, Kalk- und Kraftwerken) oder als alleiniger Brennstoff in EBS-Kraftwerken. EBS nutzende Anlagen müssen europaweit mindestens den Anforderungen der EU-Richtlinie (2000/76/EG) zur Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen entsprechen. In Deutschland gilt für Abfallverbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen die 17.BImSchV, die teilweise über die EU-Anforderungen hinaus geht.

Begriffsabgrenzung

Als "Ersatzbrennstoff" oder kurz "EBS" wird allgemein ein für die energetische Verwertung aufbereiteter und ofenfertiger, meist durch den Hersteller qualitätsüberwachter Brennstoff aus Abfällen bezeichnet. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Ersatzbrennstoffen, die aus flüssigen Abfällen wie Altöl oder Lösemittel hergestellt werden, und denen aus festen Abfällen, die in der Regel aus Kunststoffen, Papier, Textilen, Verbundverpackungen oder ähnlichem gezielt aufbereitet werden. .

Dabei wird manchmal fälschlich ein Vorprodukt aus der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung (MBA), die "heizwertreiche Fraktion/HwF" oder "HKF/hochkalorische Fraktion" als Ersatzbrennstoff bezeichnet. HwF ist die feste, grob aufbereitete, bisher nicht weiter qualifizierbare Abfallfraktion, die erst zu EBS aufbereitet werden muss oder direkt in dafür zugelassenen Verbrennungsanlagen und Kraftwerken verwertet werden kann (z. B. ENERGOS oder ConTherm).

Geschichte

Der um 1980 entwickelte - inzwischen anachronistische - Begriff "BRAM" (Akronym für "Brennstoff aus Müll") oder der "Ecobriq" beschreiben erste Ansätze einer Brennstoffproduktion aus undefinierten Abfallgemischen, deren Herkunft und Zusammensetzung völlig unbekannt war. Diese Entwicklung wurde nach erfolglosen Verbrennungsversuchen wieder eingestellt.

Erst die Einführung der getrennten Erfassung von Abfällen seit Ende der 1980er Jahre ermöglichte in Deutschland eine quellenspezifische Qualitätsbeschreibung, eine Eignungsabschätzung und die stoffspezifisch notwendige Aufbereitung von Abfallfraktionen zu Ersatzbrennstoffen. Dies führte zur Vereinheitlichung von Probenahmeprozeduren und Aufschlussverfahren, wie sie durch die Gütegemeinschaft Sekundärbrennstoff und Recyclingholz (BGS) etabliert wurden.

Somit besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen unbehandeltem "rohem" Abfall und aufbereitetem Ersatzbrennstoff. Unter der novellierten EU-Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG) könnten in Zukunft EU-weite Kriterien entwickelt werden, bei deren Einhaltung das EBS-Material von einem Abfall zu einem Produkt umdeklariert würde. Dafür muss ein Verwertungsmarkt nachgewiesen sein, die EBS-Qualität müsste ausreichend überprüft werden und es muss gewährleistet sein, dass die Umdeklarierung nicht zu höheren Belastungen für Mensch und Umwelt führt.

Gütezeichen/Normung

Die bisherigen Gütezeichen RAL-GZ 428, RAL-GZ 724 und RAL-GZ 727 wurden im Laufe des Jahres 2007 überarbeitet und neu strukturiert. Außerdem sollte ein neues Gütezeichen für heizwertreiche Fraktionen zur Monoverbrennung erarbeitet werden. Weil es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu irreführenden Benutzungen des Gütezeichens RAL-GZ 724 durch nicht berechtigte Anlagenbetreiber gekommen ist, ist der BGS der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs beigetreten. Die RAL-Gütezeichen für EBS sehen Mindestanforderungen für den Heizwert und Höchstwerte insbesondere für Schwermetallgehalte vor.

Die europäischen Normentwürfe der CEN schreiben für normierte feste EBS vor, dass sie nicht aus gefährlich eingestuften Abfällen hergestellt werden dürfen. Nach der CEN-Norm für EBS muss Abfall anhand von drei Parametern klassifiziert werden; für jeden der drei Parameter muss der Hersteller eine von fünf Güteklassen angeben. Mit dieser Klasseneinstufung gib der Hersteller an, welchen Heizwert der EBS in etwa hat, welchen Chlorgehalt er vermutlich aufweist und wie hoch der Quecksilbergehalt voraussichtlich ist. Die in den 5 Einstufungsklassen möglichen Werte entsprechen allen üblichen Heizwerten sowie Chlor- und Quecksilbergehalten von Abfällen, die nicht als gefährlich eingestuft sind. Dadurch kann jeder Abfall aus Industrie, Gewerbe oder Haushalten, der nicht als gefährlich eingestuft ist, als CEN-normierter klassifiziert werden. Auch sehr geringe Heizwerte oder besonders hohe Chlor- oder Quecksilbergehalte führen im CEN-Normungssystem, anders als beim RAL-System, nicht zu einem Ausschluss der Abfälle von der Normung.

Literatur

  • Martin Gawlik: Ersatzbrennstoff - ein Produkt aus Abfall. In: wlb Wasser Luft und Boden. 50(7-8), 2006, ISSN 0938-8303, S. 48–49
  • Hubert Baier: Einsatz alternativer Ressourcen im Zementprozess. In: B. Kummer, R. Brinkmann (Hrsg.): Umweltpolitik und Abfallwirtschaft - Ein Ratgeber für Unternehmen, Behörden, Ratsmitglieder und Verbraucher. TK, Neuruppin 2003, ISBN 3-935317-09-3, S. 175-187