Koppelgetriebe

Getriebeart
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. Juli 2005 um 23:58 Uhr durch Morgner (Diskussion | Beiträge) (Analyse). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Koppelgetriebe zeichnen sich durch die Kopplung von mindestens zwei der beweglichen Elemente mit einer Koppel aus.

Koppelgetriebe

Sie werden häufig verwendet um Drehbewegungen in geradlinige oder schwingende Bewegung, bzw. umgekehrt umzuwandeln.

Koppelgetriebe sind ungleichmäßig übersetzende Getriebe.

Der Koppel ist meistens ein Maschinenteil in Form einer Treibstange, eines Pleuels, einer Kuppelstange oder auch eines Gleitsteins.

Gruppen

Vier Glieder

Das sicher am meisten verwendete Koppelgetriebe ist das viergliedrige Koppelgetriebe. Dieses Getriebe besteht (logisch gesehen) aus vier, gelenkig miteinander verbundenen Stäben und besitzt genau einen Freiheitsgrad. In der Praxis sehen solche Getriebe aber oft anders aus, so dass die meisten viergliedrigen Koppelgetriebe gar nicht als solche erkannt werden. Typischer Weise ist das erste Getreibeglied das Gehäuse. Das Antriebsglied ist in der Regel ein Hebel oder eine Scheibe, mit dem/der eine rotatorische Bewegung in das Getriebe eingeleitet wird. Der Abtrieb ist entweder eine Schwinge oder ebenfalls ein rotatorisch ausgebildetes Element, dass entweder schwingt oder ebenfalls rotiert. Dazwischen befindet sich ein Koppelglied, dass die Bewegung vom Antriebs- zum Abtriebsglied überträgt.

Mehr als vier Glieder

Weiterhin gibt es mehrgliedrige Koppelgetriebe mit 5, 6, 8 oder noch mehr Gliedern. Diese Getriebe werden meistens mit Hilfsmitteln auf mehrere logische viergliedrige Getriebe aufgeteilt.

Die sechsgliedrigen Getriebe werden Wattsche- oder Stephensonsche Kette. Ein fünfgliedriges Koppelgetriebe hat normaler Weise einen Freiheitsgrad von 2. Das heisst, es müssen zwei Bewegungen eingeleitet werden um ein definiertes Verhalten zu erzeugen.

Deshalb werden 5- und 6-gliedrige Koppelgetriebe auch oft in Fällen eingesetzt, in denen es drauf ankommt, zwei sich bewegende Einheiten beweglich miteinander zu koppeln und aus der Relativbewegung weiteres Verhalten abzuleiten, beispielsweise die Erhöhung einer Federspannung an einer Stelle, an der technisch keine Feder angebracht werden kann, wie bei der Federung von Rädern an Fahrzeugen.

Es ist auch üblich, einen Freiheitsgrad durch einen Zweischlag zu binden.

Besondere Bauformen

Rastgetriebe

Rastgetriebe sind spezielle Getriebeformen, bei der das Abtriebsglied bei kontinuierlichem Antrieb eine Form der Rast ausführt:

Im Bereich der Koppelgetriebe werden Rastgetriebe oft über verbundene Getriebe (bspw. per Zweischlag an einem Koppelpunkt) sowie über Räderkoppelgetriebe realisiert. Sie kommen oft zum Einsatz, wenn eine diskontinuierliche Bewegung mit hoher Frequenz ausgeführt werden soll, was bei primitiven Rastgetrieben durch extreme Beschleunigungen zur Zerstörung oder wenigstens zu hohem Energieverbrauch und hoher Geräuschbelastung führen kann.

Sonderformen ebener Koppelgetriebe

Unter Berücksichtigung gewisser Voraussetzungen ist es möglich, ebene Koppelgetrieb in ihrer Gesamtheit um Flächen zu krümmen. Dadurch entstehen

  • Zylindrische Koppelgetriebe
  • Sphärische Koppelgetriebe

Hinsichtlich Analyse (Geschwindigkeiten und Beschleunigungen) sowie der Synthese ist die Krümmung irrelevant. Wichtig wird sie allerdings bei der Betrachtung der Kräfte, der Steifheit der Getriebeglieder und anderer physikalischer Faktoren. Diese Untersuchungen liegen allerdings sämtlich ausserhalb der kinematischen Sicht. Darum muss einen Krümmung ebener Getriebe um einen Zylinder oder eine Kugel hier nicht gesondert berücksichtigt werden.

Räumliche Koppelgetriebe

Bei räumlichen Koppelgetrieben gelten komplett andere Analyse- und Syntheseverfahren. Sie sind in keiner Weise mit ebenen, zylindrischen oder sphärischen Koppelgetrieben vergleichbar, auch wenn der Laie sie in aller Regel optisch nicht unterscheiden kann. Der wesentliche äussere Unterschied zwischen räumlichen Koppelgetrieben auf der einen Seite und Gekrümmten Ebenen Koppelgetrieben auf der anderen Seite ist, dass sich die Achsen der Gelenke, bei räumlichen Getrieben weder auf einer Linie (wie wie bei zylindrischen) noch in einem Punkt (wie bei sphärischen) Getrieben treffen.

Räumlich Koppelgetriebe erfordern wegen ihres Charakters eine neue Kategorie. Es ist aber unwahrscheinlich, dass sich jemand findet, der dazu einen Artikel schreibt, weil es auf der Welt nur eine Hand voll Personen gibt, die dieses Thema wirklich beherrschen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass räumliche Getriebe nur in ganz aussergewöhnlichen Einsatzfällen gebraucht werden und deren Synthese so extrem komplex ist, dass sich kaum jemand leisten kann, räumliche Getriebe entwickeln zu lassen.

Alle hier weiter besprochene Getriebe sind ebene Getriebe, also auch zylindrische und sphärische, aber keineswegs räumliche!

Viergliedrige Koppelgetriebe

Kurbelschwinge

Wie der Name sagt, besteht eine Kurbelschwinge aus einer Kurbel und einer Schwinge. Typischer Weise ist der Antrieb eine Kurbel und der Abtrieb eine Schwinge. Es kann aber auch anders herum sein.

Kurbel-Schwinge-Ausführungen werden unter anderem in der Automation und Teilautomation eingesetzt, beispielsweise bei der Erzeugung eines diskontinuierlichen Vortriebs von Material. Geläufig (und gelegentlich gesehen) in Sägewerken zum Vorschieben der Holzstämmme bzw. Bretter oder auch beim Werkzeugantrieb von (Metall-)Hobelmaschinen, also Stossmaschinen.

Schwinge-Kurbel-Ausführungen werden in vielen Fällen handbetriebener Geräte benutzt, wie z.B. Pumpen oder auch Draisinen.

Doppelkurbel

Doppelkurbeln sind dadurch gekennzeichnet, dass Antriebs- und Abtriebsglied voll umlauffähig sind. Dies führt zu dem Problem, dass Doppelkurbeln zwei Sonderpositionen haben, in denen die Bewegung verzweigen kann. Liegen alle Getriebeglieder übereinander (bilden eine Gerade) kann sich die Bewegungsrichtung des Abtriebsgliedes Umkehren. Geschieht dies unbeabsichtigt, kann es zum Klemmen und dadurch zum Zerreissen des Getriebes kommen. Typischer Weise verhindert man das durch eine Hilfsverzahnung.

Ein Koppelgetriebe, dass die meisten Menschen bereits in Aktion gesehen haben dürften, kommt bei alten Dampflokomotiven zum Einsatz und ist dort häufig aussenliegend angebracht. Es überträgt die Antriebskraft der angetriebenen Achse der Dampflock auf die anderen Achsen. Dazu werden die betreffenden Räder exzentrisch mit einer Koppel verbunden.

Doppelschwinge

 
Doppelschwinge mit begrenztem Bewegungsbereich und eingezeichneter Übertragungsfunktion

Bei Doppelschwingen ist weder Antriebs- noch Abtriebsglied in der Lage, eine komplette Umdrehung durchzuführen (ohne das Getriebe zu zerreissen). Antrieb und Abtrieb können nur schwingen.

Anwendung finden solche Getriebe als Bewegungsumwandler in Automaten oder Antriebsmaschinen, in denen eine begrenzte schwingende oder zustellende Bewegung umgeformt werden muss. Dies kann passieren wenn eine bereits schwingende Antriebsbewegung eine hart gekoppelte, synchrone Abtriebsbewegung erzeugen soll, die beispielsweise den Abstand zwischen zwei transportieren Werkstücken vergrössern soll.

Schubkurbel

Normaler Weise ist bei einem Schubkurbelgetriebe der Antrieb eine Kurbel und der Abtrieb ein Schubglied. Eine rotatorische Bewegung wird in eine lineare hin-und-her-Bewegung umgeform.

Eine Einsatzmöglichkeit für ein normales Schubkurbelgetriebe sind Holzsägen in Sägewerken. Die bekannteste Anwendung eines Schubklurbelgetriebes ist allerdings die Umkehrung, nämlich die Wandlung einer translatorischen Bewegung in eine rotatorische in einem Kolbenmotor, wie er in den meisten Automobilen verwendet wird. Das Schubglied ist der Kolben, der sich im Zylinder hin und her bewegt. Dieser überträgt über die Koppen (Kurbelwelle) seine Längsbewegung auf den rotatorischen Abtrieb, die Kurbel.

Kurbelschleife

Bei Kurbelschleifen handelt es sich um Getriebe, bei denen die Kurbel nicht, wie bei den bisher beschriebenen Getrieben, über ein Drehgelenkt mit einer Koppel verbunden ist. Statt dessen befindet sich am Ende der Kurbel (Antriebgsglied) ein Schubelement, dass seinerseits gelenkig mit dem Gehäuse verbinden ist.

Kreuzschleife

Bei einer Kreuzschleife sind Antriebs- und Abtriebsglied Schubglieder.

Einsatzbeispiele: kleine Kompressoren, Filmkameras

Räderkoppelgetriebe

Dabei handelt es sich im eine Kombination eines Zahnradgetriebes mit einem Koppelgetriebe. Solche Getriebe werden benutzt um kontinuierliche Drehbewegungen zu unkontinuierlichen bis intermittierenden Drehbewegungen umzuformen. Erreicht wird dieser Effekt, indem zu der kontinuierlichen Drehbewegung, die durch die Zahnräder übertragen wird, die Bewegung einer Kurbelschwinge addiert wird.

Eine Einsatzmöglichkeit für solche Getriebe ist der Antrieb einer Papiertrommel in einer Papierwendeeinrichtung bei Druckmaschinen. Hierbei soll eine Trommel, die sich mit hoher Drehzahl dreht, nach jeder Umdrehung eine momentane Rast ausführen, so dass der Greifer, der das bedruckte Blatt wenden soll, Gelegenheit hat, exakt und sicher zuzugreifen.

Analyse

Wieso?

Koppelgetriebe müssen auf ihre Eigenschaften hin analysiert werden weil Koppelgetriebe im Gegensatz zu, beispielsweise, Rädergetrieben ein komplexes Verhalten besitzen. Besonders im Zusammenhang mit der Synthese von Koppelgetrieben ist die Analyse wichtig weil sich Koppelgetriebe nicht linear, sondern nur iterativ Entwickeln lassen.

Zu Untersuchen sind eine Reihe von Eigenschaften, unter anderen:

  • Koppelkurven
  • Übersetzung
  • Geschwindkgikeiten
  • Beschleunigungen
  • Kräfte
  • Winkel-Winkel-Zuordnung
  • Punktlagen-Winkel-Zuordnung
  • Ebenenlagen-Winkel-Zuordnung
  • Umlauffähigkeit
  • Sonderstellung / Sonderabmessungen
  • Güte der beabsichtigten Bewegung

und viele mehr.

Synthese

Ausgangssituation

Es ist, bis auf Sonderfunktionen, nicht möglich, Koppelgetriebe zu synthetisieren, die einen vorgegebenen Bewegungsablauf 100%ig exakt realisieren. Bahnkurven oder Ebenenlagen können nur begrenzt vorgegeben werden. Die Komplexität der Syntheseverfahren steigt exponentiell zu Anzahl vorgegebener Punkt- oder Ebenenlagen.

Die Sythese von Koppelgetrieben ist darum im günstigsten Fall ein iterativer Prozess, bei dem der jeweilige Syntheseschritt mittels verschiedener Analysemethoden auf seine Eignung für den angestrebten Zweck untersucht wird. Genügt das untersuchte Modell nicht den Anforderungen, muss ein weiterer Syntheseschritt durchgeführt werden usw.

Zum Ausgleich bietet die Sysnthese ebener Koppelgetriebe die Möglichkeit, unendlich viele verschiedene Getriebe zu entwickeln, die die vorgegebene Aufgabe (Punktlagen, Ebenenlagen) erfüllen. Dabei kann u.a. Rücksicht auf geometrische und räumliche Möglichkeiten und Grenzen genommen werden.

Neben der direkten Synthese von Getrieben, wie hier angedeutet, besteht für die meisten Getriebe die Möglichkeit, sogenannte Ersatzgetriebe zu entwickeln oder aus der Konstruktion direkt abzuleiten, die geometrisch und/oder strukturell anders aufgebaut sind, aber teilweise oder komplett das identische Verhalten hinsichtlich der Bewegung eines interessierenden Elementes (zumeist der Koppel) aufweisen.

Homologe Lagen

Als homologe Lagen werden unterschiedliche Positionen des gleichen Elementes bezeichnet, Das Element (Koppelpunkt, Ebene) nimmt diese Lagen nacheinander ein. Die Getriebe, die die gewünschte Bewegung ermöglichen werden mit dem betreffenden Element verbunden. Es ist also nicht so, dass bei einer Ebenenlagensynthese die Koppel die homologen Lagen durchschreitet. Vielmehr wird die Koppel in der entsprechenden Getriebeposition mit der zu bewegenden Ebene starr verbunden. Das gleiche gilt für die Punktsynthese.

Üblicher Weise wünscht man sich bei der Synthese ein Getriebe, dass die homologen Lagen in der bezeichneten Reihenfolge erzeugt. Die Punkt- und auch die Ebenenlagensynthese ist aber nicht in der Lage, zielgerichtet Getriebe zu synthetisieren, die tatsächlich die gewünschte Reihenfolge abschreiten. Es ist nicht einmal sichergestellt, dass sich die gewünschten homologen Lagen erreichen lassen, ohne (beispielsweise) ein nicht umlauffähiges Getriebe auseinanderzunehmen und die Getriebeteile anders zu montieren. Auch dies ist ein Grund, wieso eine automatisierte Synthese durch eine ebenso automatisierte Analyse gestützt werden muss.


siehe auch: Getriebe