Myxobolus cerebralis

Parasit bei Fischen, Erreger der Drehkrankheit
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. Juli 2005 um 00:12 Uhr durch Achim Raschka (Diskussion | Beiträge) (Taxonomie). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Myxobolus cerebralis ist ein Parasit aus der Gruppe der Myxozoa. Er befällt Forellenfische (Salmonidae) wie Forelle und Lachse und verursacht bei ihnen die Drehkrankheit. Die frühesten Beschreibungen der Krankheit stammten aus Beständen der Regenbogenforelle in Deutschland um 1900, die Erstbeschreibung des Parasiten durch Bruno Hofer 1903. Seitdem hat sich Krankheit weltweit ausgebreitet und ist nun unter anderem auch bekannt in fast ganz Europa einschließlich Russland, in den USA und Südafrika. In den 1980ern wurde bekannt, dass der Parasit für seine Entwicklung einen Ringelwurm aus der Gruppe der Tubificidae benötigt. Seinen Endwirt, den Fisch, befällt er, indem er mit einen Polfaden aus einer Kapsel ähnlich der in einer Nesselzelle ausschleudert, der in die Haut des Wirtes eindringt.

Myxobolus cerebralis
Myxobolus cerebralis
Myxobolus cerebralis
Myxobolus cerebralis im Triactinomyxon-Stadium
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Phylum: Myxozoa
Vorlage:Classis: Myxosporea
Vorlage:Ordo: Bivalvulida
Vorlage:Familia: Myxobolidae
Vorlage:Genus: Myxobolus
Vorlage:Species: Myxobolus cerebralis
Wissenschaftlicher Name
Myxobolus cerebralis
Hofer, 1903

Die Drehkrankheit tritt bei Jungfischen auf und verursacht eine Deformierung des Skeletts sowie eine Schädigung des Zentralen Nervensystems. Dadurch ist es den Fischen nicht mehr möglich, normal durch das Wasser zu schwimmen, stattdessen bewegen sie sich spiralig vorwärts. Sie werden leichter zur Beute für Räuber und können nur sehr erschwert jagen. Etwa 90% der befallenen Fische sterben als "Fingerlinge" und die überlebenden Tiere bleiben sowohl im Skelett aus auch im Gewebe deformiert. Die Parasiten leben weiter in den Fischen bis zu deren Tod, nach dem sie wieder ins Freiwasser entlassen werden. Durch die hohe Mortalitätsrate ist Myxobolus cerebralis zu den gefährlichsten Erregern und zugleich größten wirtschaftlichen Schädlingen der Fischwirtschaft. Er war zudem die erste Art der Myxozoa, die wissenschaftlich beschrieben wurde. Eine Übertragung auf den Menschen ist nicht möglich.

Morphologie

M. cerebralis kommt in verschiedenen morphologischen Stadien vor, die ein Spektrum von einzelnen Zellen bis zu relativ komplexen Sporen aufweisen. Einige der Stadien sind heuite noch nciht vollständig erforscht.

Triactinomyxon-Stadium

Das Triactinomyxon-Stadium ist das Stadium, in dem die Fische parasitiert werden. Es besteht aus einer langen Schale von etwa 150 Mikometern Länge und drei langen Fortsätzen oder "Schwänzen", die jeweils 200 Mikrometer lang sind. Am Ende der langen Schale befindet sich ein Sporoplasma-Paket mit 64 Keimzellen, die von Zellen umhüllt sind. Außerdem existieren drei Polkapseln, die jeweils ein aufgewickeltes Polfilament mit einer Länge von 170 bis 180 Mikrometer enthalten. Diese Filamente können sowohl in diesem als auch im Myxospora-Stadium abgeschossen werden und eine Öffnung im Gewebe des Fisches bilden, in die das Sporoplasma eindringt.

Sporoplasma-Stadium

Nach dem Kontakt mit dem Fisch und dem Abschuß der Polfilamente dringt das Sporoplasma, welches aus amöboiden Zellen besteht, in das Gewebe ein. Hier teilt es sich mitotisch und produziert auf diesem Weg weitere amöboide Zellen, welche weiter in das Gewebe bis in das Nervengewebe vordringen.

Myxospora-Stadium

Im Zellgewebe innerhalb des Wirtes entstehen linsenförmige Myxospora mit einem Durchmesser von etwa 10 Millimetern, die aus jeweils sechs Zellen bestehen. Zwei dieser Zellen bilden Polkapseln, zwei weitere verändern sich in ein zweikerniges Sporoplasma und die beiden letzten bilden wieder eine Hülle darum, die als Valve bezeichnet wird. Diese Myxospra suchen nach den Zwischenwirten, den Tubificiden, die sich von den Resten der gestorbenen Fische ernähren.

Taxonomie

Der wissenschaftliche Name cerebralis entstammt der frühen Vorstellung, dass der beschriebene Parasit vor allem das Zentrale Nervensystem und das Gehirn (Cerebrum) des Wirtes befällt. Nachdem man feststellte, dass dies nicht der Fall ist und der Parasit stattdessen im Gewebe und dort vor allem am Skelett zu finde ist, sollte er in Myxobolus chondrophagus umbenannt werden. Dies ist jedoch aufgrund der [[International Code of Zoological Nomenclature|zoologischen Nomenklaturregeln nicht möglich. Hinzu kam, dass man feststellte, dass es sich bei Organismen, die vorher als Triactinomyxon dubium und T. gyrosalmo in einer eigenen Klasse "Actinosporea" geführt wurden um Stadien des Myxobolus cerebralis handelt (Triactinomyxon-Stadium), die entsprechend ebenfalls diesen Namen erhielten.

Die Myxozoa selbst wurden lange Zeit gemeinsam mit den Apicomplexa den einzelligen Sporozoen zugeordnet. Heute gehen viele Wissenschaftler davon aus, dass es sich um echte Mehrzeller handelt, wobei eine genauere Zuordnung noch nicht erfolgt ist. Molekularbiologische Studien bestätigen eine nähere Verwandtschaft mit den Nesseltieren (Cnidarier) oder den Bilateria, wobei der ausstülpbare Schlauch der Polkapseln die Verwandtschaft mit den Nesseltieren nahelegen würde.