Stadtmauer

gemauerte historische Befestigungsanlage einer Stadt
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Eine Stadtmauer ist eine historische Befestigungsanlage einer Stadt zum Schutz vor Angreifern. Sie besteht aus Stein oder Lehm und ist mindestens mannshoch, meist deutlich höher. Sie umgab einen Ort ganz oder teilweise, je nach Topographie wurden auch natürliche Schutzmaßnahmen wie Felsen oder Flüsse einbezogen. Eine Stadtmauer konnte nur durch die Stadttore passiert werden. Eine Stadtmauer zu errichten war im Mittelalter ein Privileg, das durch das Stadtrecht verliehen wurde. Die Stadtmauer wurde damit zum Merkmal einer Stadt. Auch etliche Märkte hatten schon eine Stadtmauer.

Geschichte

Stadtmauern sind die Weiterentwicklung von Holzpalisaden und Wallanlagen, die zum Schutz früher Siedlungen errichtet wurden.

Seit der Antike bis in die Neuzeit sind Stadtmauern ein fast unabdingbarer Bestandteil jeder Stadt. Es gab nur wenige Ausnahmen, wie z.B. das antike Rom, das lange Zeit keine Mauer besaß, da es sich auf die Legionen als Schutz verließ.

In Mitteleuropa hinterliessen die Kelten grosse, stark befestigte Burgstädte (Oppidae), deren Stadtmauern manchmal bereits Einflüsse aus dem Mittelmeerraum erkennen lassen. Diese Befestigungsanlagen wurden immer wieder erweitert und modernisiert, bis die Kelten den einwandernden germanischen Stämmen weichen mussten. Anfangs waren die Befestigungen reine Holz-Erde-Konstruktionen, später wurden meist Mischkonstruktionen aus mörttellos übereinandergelegten Lesesteinen und Holzelementen errichtet. Die Römer befestigten ihre Stadtgründungen mit massiven gemörtelten Steinmauern. Das bekannteste Relikt dieser Festungsanlagen ist die Porta Nigra in Trier. Auch Regensburg und Köln haben noch einige Reste aufzuweisen.

Aufbau

 
Büdingen, Jerusalemer Tor von 1503

Eine Stadtmauer besteht in der einfachsten Form aus einem geschlossenen Mauerring mit seinen Toren. Die Mauerkrone war meist begehbar und hatte an der Außenseite eine mannshohe Brüstung mit Schießscharten oder Zinnen. Nördlich der Alpen war dieser Wehrgang genannte Rundweg meist sogar überdacht. Gelegentlich wurden anstelle eines Wehrganges lose Rollsteine auf der Mauerkrone aufgeschichtet. Die herabfallenden Steine warnten die Verteidiger, wenn der Angreifer die Mauer übersteigen wollte. Beispiele hierfür haben sich an den fränkischen Stadtbefestigungen von Seßlach und Fladungen erhalten.

Dazu kamen im Laufe der Zeit zahlreiche Verstärkungen wie:

  • Stadtgraben: ein vorgelagerter Graben, gelegentlich mit Wasser gefüllt
  • Torturm: ein Turm, der neben oder über dem Stadttor errichtet wurde und zur besseren Verteidigung des Tores diente
  • Mauerturm: ein Turm, der über der Mauer errichtet wurde und meist etwas hervorragte, so dass die Mauer mit Waffen bestrichen werden konnte
  • Vormauer mit Zwinger: eine zusätzliche außen verlaufende Mauer geringerer Höhe; der Zwinger genannte Zwischenraum war meist durch Mauern in mehrere Bereiche geteilt.
  • Vorwerke aus zusätzlichen Hindernissen, z.B Hecken

Während die Wehrtürme west- und südeuropäischer mittelalterlicher Stadtbefestigungen oft sehr einheitlich und regelmässig gestaltet wurden (Avila, Provins), weisen unsere mitteleuropäischen Stadtmauern meist eine reiche Vielfalt unterschiedlicher Turmgestaltungen auf. Hier erreichen die Wehr- und Tortürme oft beträchtliche Höhen, Doppelturmtore sind wesentlich seltener. Neben der reinen Schutz- und Wehrfunktion haben meist auch Repräsentationsbedürfnisse und künstlerische Aspekte eine bedeutende Rolle bei der Konzeption der Wehranlagen gespielt. Die städtische Architektur trat hier in den Wettstreit mit der Adelsburg, Stadtmauern waren oft auch eine Manifestation städtischen Selbstbewusstseins.

Vorstädte hatten meist einen separaten Mauerzug, der in das Verteidigungskonzept der Stadt integriert wurde. In vielen Städten wurde die Stadtmauer neu erbaut, nachdem die Stadt durch Wachstum die alte Mauer überschritten hatte. Der Verlauf der alten Mauer ist im Wegenetz der Stadt noch zu erkennen, wie z.B. in Nördlingen, manchmal blieben sogar die alten Tortürme erhalten, wie der Weiße Turm in Nürnberg. Zusätzliche Vorwerke verhinderten, dass die Stadt, durch die die Handelswege führten, umgangen und damit der fällige Zoll oder der dortige Markt gemieden werden konnte. Ausserhalb der Städte wurden oft noch Wart- und Signaltürme auf geeigneten Höhenzügen und Aussichtspunkten errichtet, die gelegentlich burgähnlich befestigt wurden. Häufig wurden die Aussengrenzen des städtischen Einflussgebietes ganz oder teilweise durch aufwendige Landhegen (Landwehren) gesichert. Meist wurde hierzu ein Wallgraben angelegt und der Wall mit einer undurchdringlichen Dornenhecke bepflanzt. Die Durchgänge waren in der Regel mit Toren oder Torhäusern bewehrt. Diese Grenzbefestigungen wurden regelmässig von Hegereitern, die meist auch als Torwächter dienten, auf Beschädigungen kontrolliert. Die Reste solcher Landhegen können oft noch kilometerlang im Gelände verfolgt werden, auch einige Torbauten haben sich erhalten. Reiche Städte sicherten ihr Territorium auch durch die Anlage von Burgen, auf die Pfleger gesetzt wurden. Ein bekanntes Beispiel ist die rumänische "Draculaburg" Bran (Törzburg), die das heutige Brasov (Kronstadt) schützen sollte.

Die Stadtmauern waren oft durch Schenkelmauern mit den Befestigungsanlagen von Höhenburgen verbunden, Burg- und Stadtbefestigung bildeten also ein gemeinsames Verteidigungssystem. Es haben sich zahlreiche Beispiele erhalten, in Deutschland etwa Hirschhorn am Neckar, Königsberg und Pappenheim in Franken, Burghausen in Oberbayern und viele andere. Einige Burgen waren auch direkt in das städtische Verteidigungskonzept integriert (Nürnberg, Zons, Carcassonne), oder die Städte sind den Burganlagen in der Art grosser "Vorburgen" vorgelegt (Coucy-le-Chateau, Conwy u.a). Grössere Städte hatten manchmal verschiedene Stadtherren, so war etwa Augsburg in eine Bischofs- und eine Reichstadt geteilt. Solche Teilstädte waren oft durch eigene Befestigungsanlagen getrennt.

 
Nürnberg, südl. Außenmauer der Neutorbastei, v. S (2004-05-11)

Die Erfindung von Feuerwaffen erforderte einen weiteren Ausbau der Befestigungsanlagen, die in mehreren Etappen erfolgte. Zunächst erhielten die Zwinger halbkreisförmige Türme (Schalentürme), in denen einige wenige Kanonen aufgestellt werden konnten. Bald wurden größere Verstärkungen gebaut, die Basteien geanannt werden und sich an strategisch wichtigen Stellen, wie z.B. den Toren oder Ecken befanden. Ein gut erhaltenes Beispiel ist die Spitalbastei in Rothenburg ob der Tauber.

Die Stadt als solche wurde aber immer noch durch die relativ dünne Mauer geschützt, die Kanonen mit großer Feuerkraft kaum mehr widerstehen konnte. Deshalb erhielten manche Städte eine neue sternförmig angeordnete Befestigungsanlage mit zahlreichen Kanonen, die aus dicken, mit Mauerwerk verkleideten Erdwällen bestand und auch längerem Beschuss standhalten konnte. Diese massiven Befestigungsanlagen schnürten das Wachstum der Städte stark ein, da sie nicht so leicht wie eine einfache Mauer verschoben werden konnte und eine zusätzliche Bebauung "vor den Toren der Stadt" aus strategischen Gründen verbot. Dadurch kam es in der Folgezeit zu einer immer dichteren Bebauung der Stadtfläche.

Ende

Im Zuge des Städtewachstums und der Verlagerung der Verteidung auf umliegende Forts wurden die meisten Festungsmauern im 19. Jahrhundert geschleift. So zeugen heute in vielen Städten nur noch Wallgräben oder ringförmig die Stadt umschließende Parks von den ehemaligen Stadtbefestigungen. Manche Straßennamen deuten auf das ehemalige Vorhandensein von Befestigungsanlagen hin, zum Beispiel wenn in ihnen Wörter wie Tor, Wall oder Glacis vorkommen.

Leider wurde der historische und auch der architekturgeschichtliche Wert der städtischen Befestigungsanlagen meist erst zu spät erkannt. Gerade das 19. Jahrhundert, das auf seine Kunstwissenschaft so stolz war, richtete die schlimmsten Verwüstungen an. Auf der einen Seite wurden komplette Stadtbefestigungen restauriert (Carcassonne), auf der anderen wurden die Wehranlagen zahlreicher europäischer Städte in einem "Modernisierungswahn", der denjenigen nach dem 2. Weltkrieg vorwegnahm, teilweise völlig sinnlos geopfert. Das frühe Denkmalschutzgesetz des kunstsinnigen bayerischen Königs Ludwig I. bildet hier eine bemerkenswerte Ausnahme. Diesem Gesetz ist es zu verdanken, dass so eindrucksvolle Stadtdenkmäler wie Rothenburg ob der Tauber, Nördlingen und Dinkelsbühl nahezu vollständig erhalten blieben. Auch die zahllosen "geharnischten Zwerge", die kleinen, stark befestigten fränkischen Miniaturstädte, verdanken ihr malerisches Erscheinungsbild überwiegend diesem Erlass. Die Fülle erhaltener Wehrbauten Frankens macht den Verlust in anderen Gebieten schmerzlich bewusst.

Neuzeit

Auch in der Neuzeit werden befestigte Mauerwerke um städtische Gebiete errichtet, die dabei nicht die klassische Funktion aufweisen, einer längeren Belagerung oder dem Beschuss mit schweren Geschützen standhalten zu können.

Die Berliner Zollmauer von 1730er bis 1860er bestand teilweise aus Holz. Sie diente vornehmlich der Erhebung von Warenzöllen (Akzisen) und sollte außerdem die Desertion von Soldaten der Garnison Berlin verhindern.

 
Berliner Mauer mit Wachturm, Schussfeld mit Panzerhemmern, und Mauerdurchlass als Brücke

Eine pervertierte Form war die Berliner Mauer. Diese dient nicht dem Nutzen der eingeschlossenen Siedlung, sondern sie diente in erster Linie dazu, die Abwanderungsbewegung aus der DDR in den wohlhabenderen Westteil Deutschlands zu stoppen, der in einer Exklave West-Berlin repräsentiert war.

Weitere Mauern des 20. Jahrhunderts finden sich in Israel, wo regelmässig Exklaven jüdischer Siedlungen von befestigten Mauern umschlossen werden. In vielen unruhigen Regionen und Ländern finden sich die Botschaften oft zusammengeschlossen in einem Botschaftsviertel, dass von einer befestigten Wehranlage mit Mauern und Türmen umschlossen ist.

Die Mehrzahl dieser modernen städtischen Mauerwerke besteht aus Stahl und Beton. Senkrecht stehende Betonplatten von 2m bis 5m Höhe werden möglichst fugenlos zusammengestellt und in den Boden eingelassen. Die Mauerkrone ist oft ausgestülpt oder mit Stacheldraht besetzt, um ein Übersteigen zu erschweren. Die Mauern sind oft geradelinig gezogen und in den Ecken stehen Wachtürme, die die Mauerstücke überstreichen. Doppelte Mauerlinien mit zwischenliegendem Schussfeld (wie bei der Berliner Mauer) sind selten.

Städte mit erhaltenen Stadtmauern

Deutschland

 
Stadtmauer und Nördlinger Tor in Dinkelsbühl
 
Stadtmauer zwischen Johannisturm und Pulverturm in Jena
 
Stadtmauer mit Pulverturm in Zwickau

In Deutschland sind in den folgenden Städten historische Stadtmauern erhalten bzw. wiederaufgebaut oder neuerrichtet:

In zahlreichen weiteren Städten haben sich einzelne Tortürme, Wehrtürme oder Mauerabschnitte erhalten. Besonders viele dieser Reste finden sich in Franken und im restlichen Bayern. Dies liegt hauptsächlich daran, dass der bayerische König Ludwig I. im 19. Jahrhundert das Abbrechen der Wehranlagen gesetzlich verbieten ließ.

Österreich

Beispiele in Österreich:

Schweiz

Beispiele in der Schweiz:

Sonstige Länder

 
Visby, Schweden

Frankreich


Grossbritannien


Italien

Spanien


Übriges Europa


Aussereuropäische Stadtbefestigungen

Siehe auch