Die Burg Windecken (auch Burg Wonnecke) ist eine mittelalterliche Burg in Windecken, Stadt Nidderau im Main-Kinzig-Kreis in Hessen. Sie wurde als Lehen des Bistum Bamberg gegründet und war in ihrer Frühzeit Residenz der Herrschaft Hanau. Nachdem diese im 15. Jahrhundert in das Hanauer Stadtschloss verlegt wurde, diente die Burg als Nebenresidenz und Witwensitz. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie zerstört und anschließend zu großen Teilen abgetragen. Sichtbar sind heute noch zwei Torbauten des 16. Jahrhunderts, Amtshaus und Schlosskellerei aus dem 18. Jahrhundert sowie Teile der Ringmauer.
Burg Windecken | ||
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![]() Inneres Burgtor | ||
Alternativname(n) | Burg Wunnekke, Wonnecke(n), Wynecke | |
Staat | Deutschland | |
Ort | Nidderau-Windecken | |
Entstehungszeit | 13. Jahrhundert | |
Burgentyp | Höhenburg | |
Erhaltungszustand | Nur zwei Burgtore aus dem 16. Jahrhundert, Schlosskeller und Amtshaus des 18. Jahrhundert erhalten. | |
Ständische Stellung | Ministeriale, seit 1429 Grafen, kurz darauf nur noch Nebenresidenz | |
Geographische Lage | 50° 13′ N, 8° 53′ O | |
Höhenlage | 130 m ü. NN | |
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Lage
Die Reste der Burg befinden sich oberhalb der Windecker Altstadt auf einem nach allen Seiten abfallenden Geländesporn. Nördlich der Anlage fließt die Nidder, der dortige Steilhang wurde zur Anlage der Burg genutzt. An den drei anderen Seiten befindet sich die Windecker Altstadt mit eigenem, an die Burgmauern anschließenden Mauerring und sehenswerter Fachwerkarchitektur. Burg und Siedlung lagen verkehrsgeografisch günstig an einem Flussübergang sowie der Kreuzung zweier Straßen.
Geschichte
Gründung
Der Ort wird erstmals um 850 in einer Schenkung an das Kloster Fulda als Tezeleheim erwähnt.[1] Im Mittelalter besaß das Bistum Bamberg hier, wie auch im Nachbarort Ostheim Einkünfte und Besitz, erstmals urkundlich greifbar 1239 als Heinrich von Hanau seinen Besitz in Stierstadt zu Lehen auftrug und dafür die Einnahmen in Ostheim und Tezelnheim für vier Jahre empfängt.[2] Die Einkünfte des Bistums könnten möglicherweise aus dem vorigen Besitz der Herren von Hagen-Münzenberg stammen.[3]
1260 verpfändete Bischof Berthold die Güter des Stiftes wiederlöslich an Reinhard I. von Hanau.[4] Zwei Jahre später wurde Reinhard von Bischof Berthold mit den Gütern belehnt.[5] Im selben Jahr wird mit Gutzold von Ilbenstadt der erste Burgmann in Windecken genannt.[6] Die Burg dürfte also mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen 1260 und 1262 und im Einvernehmen mit dem Lehnsherr entstanden sein. Es wird vermutet, dass sich hier bereits vorher eine burgartige Anlage befand,[7] über die allerdings mangels Quellen keine Aussage getroffen werden kann. Die Urkunde mit der Nennung des Gutzold ist gleichfalls die erste Nennung des Namens Windecken (Wonnecke). Ob der Name sich tatsächlich von einem „wonnigen Eck“ herleitet, ist umstritten und letztlich nicht zu belegen.[8]
Gut zu belegen ist in der folgenden Zeit das Interesse der Herren und Grafen von Hanau den Ausbau von Stadt und Burg zu fördern. Reinhards Nachfolger Ulrich I. von Hanau erhielt 1288 von König Rudolf I. Stadt- und Marktrechte für seinen Ort Windecken.[9] Der Name der Burg war damit auf die Siedlung übergegangen. In der Folge sind zahlreiche Burgmannen auf der Burg belegt. Sie verblieb jedoch ungeteilt und unverpfändet im Besitz der Herren von Hanau. 1379 wird die Hälfte von Burg und Stadt der Elisabeth von Ziegenhain bei der Verlobung mit Ulrich V. als Wittum vertraglich zugesichert.[10] 1399 erklärte Henne von Bellersheim Ulrich V. die Fehde und warnte in einem Schreiben an die Reichsstadt Frankfurt vor Kriegshandlungen um die Hanauer Burgen Hanau, Windecken, Dorfelden, Assenheim, Rodheim und Münzenberg.[11]
Spätmittelalter
Burg Windecken blieb bis weitin das 15. Jahrhundert Verwaltungsmittelpunkt der Herrschaft und späteren Grafschaft Hanau. Die Grafen Philipp der Ältere (Begründer der Linie Hanau-Lichtenberg, 1417) und Philipp der Jüngere (Begründer der Linie Hanau-Münzenberg, 1449) wurden hier geboren und in der Burgkapelle getauft. Erst Reinhard II. verlegte die Hofhaltung in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in das Hanauer Stadtschloss.
Die Burg blieb in der Folge Verwaltungssitz für die hanauischen Ämter Windecken, Nauheim, Münzenberg und Ortenberg. Erasmus Alberus beschrieb sie in seiner 1552 entstandenen Kurtzen Beschreibung der Wetterau folgendermaßen: Winnecken hat ein fein Schloß, lustig anzusehen.[12] 1597 wurde in Windecken Charlotte Louise, die älteste Tochter des Grafen Philipp Ludwig II. geboren.
1612, nach dem Tod des Grafen wurde Windecken seiner Witwe Katharina Belgica, die für ihren unmündigen Sohn Philipp Moritz die Regentschaft führte, als Witwensitz zugewiesen. Dies mag den Anstoß zu größeren Umbauten an der Burg gegeben haben, die 1629 trotz des Dreißigjährigen Krieges begonnen wurden. Die Pläne des Architekten Joachim Rumpf sind im Hessischen Staatsarchiv Marburg erhalten.
Zerstörung
Im Mai 1634 wurde das Schloss von Kroaten geplündert und zerstört. Im Jahr 1646 wurde Windecken vom schwedischen Regiment Schmidtberger erneut überfallen, das Schloss und die evangelische Kirche gingen dabei zum Teil in Flammen auf.
Matthäus Merian gibt aus dieser Zeit eine genaue Beschreibung des Ortes und der Zustände. Dort heißt es unter anderem:
Oder Winnecker / so alles eins / ist hiebevor ein sehr feines Stättlein gewesen / mit einer Ringmawer vmbgeben: Ligt aber jetzunder fast auff die Helffte in der Aschen / vnd ist in eine elende Wüsteney / vnd Einöde gerathen. Es hat vor diesem ein schöne Burg darinnen / vnd solche seine vornehme Burg-Mannen vnnd Gebräuch / fast gleich wie Friedberg / Gelnhausen / Staden / vnd dergleichen gehabt. Ist Hanawischer Bottmässigkeit / ein Meyl von Hanaw / zwo Meylen von Franckfurt / vnd zwo Meylen von Friedberg / gelegen. Hatte vorhin auch einen feinen Weinwachs / gute Ackerfelder / auch Gewäld / vnnd dergleichen Nahrungs-Mittel / so aber jetzunder sehr ligt. Das Wasser darbey heisset die Nidder. Im Wintermonat des 1648. Jahrs / haben die Völcker vom Schmidbergischen Regiment dieses Stättlein Windeck / so damals mit etlich Hessen-Casselischen Knechten / als einer Salvaguardi / belegt gewest / vberstiegen / vnnd was von vielen Dorffschafften / an Viehe / vnd andern Sachen / dahin geflehnet worden / hinweg genommen; wie im 6. Theil des Theatri Europaei stehet.[13]
Die zerfallenden Schlossgebäude wurden nicht weiter genutzt und dienten als Steinbruch. Im 18. Jahrhundert erhielt die Burg eine neue Funktion als Sitz des Amtsgerichts. Teilweise unter Verwendung der alten Bausubstanz wurde ein Amtsgebäude errichtet sowie die Schlosskellerei, die auf älteren Fundamenten aufbaut. Im 20. Jahrhundert endete auch diese Nutzung. Die Burg steht heute unter Denkmalschutz und befindet sich in Privatbesitz.
Anlage
Von der mittelalterlichen Substanz der Kernburg sind lediglich Teile der Ringmauer erhalten geblieben. Von den beiden erhaltenen Toren ist das äußere, sogenannte Osttor in das Jahr 1592 zu datieren. Das innere Tor mit den auffälligen Erkertürmchen entstammt ebenfalls dem 16. Jahrhundert. Über dem Tor ist in einer Kartusche das Wappen der Grfen von Hanau angebracht. Das Tor stellt heute noch den markantesten Rest der Anlage dar. Dies könnte auf ungewöhnliche Weise weitere Hinweise zum Aussehen der Burg geben: In den Kellerräumen der Burg fand sich eine Ofenplatte mit der Darstellung einer Burg. Diese wird neben einem Bergfried und einem größeren Wohngebäude von einem Tor dominiert, das dem erhaltenen Windecker Tor sehr ähnlich sieht.[14]
Rekonstruktionsversuche der Kernburg anhand der Umbaupläne von Rumpfs aus dem Jahr 1627 wurden von Ernst Julius Zimmermann vorgenommen, sie erbrachten jedoch recht hypothetische Ergebnisse. Gesichert ist eine nahezu rechteckige Kernburg, die im Osten, Süden und Westen von zahlreichen Wohngebäuden begrenzt wurde. Der Westflügel mit dem Hauptzugang wurde durch einen Rundturm flankiert. Die heute weitgehend überbaute Vorburg stammt größtenteils aus dem 15. Jahrhundert. Erhalten sind noch Teile des Mauerrings sowie das sogenannte „Hexentürmchen“. Innerhalb der Vorburg dürften sich vorwiegend Wirtschaftsgebäude befunden haben. Nicht ganz geklärt ist die Lage einer seit 1491 urkundlich fassbaren Burgkapelle mit dem Petrus-Patrozinium. Sie könnte sowohl in der Kernburg als auch in der Vorburg gelegen haben.[15]
Die wenigen erhaltenen Reste zeigen allerdings, dass es sich bei der Burg Windecken um einen durchaus repräsentatives Schloss gehandelt hat, vergleichbar mit den ebenfalls als Hanauer Witwensitz genutzen Schlössern in Steinau und Schwarzenfels. Ab 1736 wurde die Anlage weitgehend durch neuere Bausubstanz ersetzt. Ein größerer Wohnbau mit Mansarddach, der im Schlosshof errichtet wurde, beherbergte bis 1970 das Amtsgericht. Seitdem wird er wieder als Wohngebäude genutzt. Im Keller befindet sich heute eine Gaststätte. Links vom inneren Tor wurde im 18. Jahrhundert ein kleineres Gebäude errichtet, das zeitweise als Gefängnis diente. Weil die Anlage bewohnt ist, ist sie nur von außen zu besichtigen.
Siehe auch
Literatur
- Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag. Gudensberg-Gleichen 2000. S. 394f. ISBN 3-86134-228-6
- Bert Worbs: Buchen–Dorfelden–Windecken. Frühe Burgen in der Grafschaft Hanau. Hanauer Geschichtsblätter 30, 1988, S. 347-404.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Heinrich Reimer: Hessisches Urkundenbuch. Abt. 2, Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und der ehemaligen Provinz Hanau. Bd. 1. 767-1300. Publikationen aus den königlich-preußischen Staatsarchiven, Hirzel, Leipzig 1891 Nr. 30.
- ↑ H. Reimer: Hessisches Urkundenbuch Abt. 2 Bd. 4 N. 3.
- ↑ Bert Worbs: Buchen–Dorfelden–Windecken. Frühe Burgen in der Grafschaft Hanau. Hanauer Geschichtsblätter 30, 1988, S. 384 mit weiterer Literatur.
- ↑ H. Reimer: Hessisches Urkundenbuch Abt. 2 Bd. 1 Nr. 366.
- ↑ H. Reimer: Hessisches Urkundenbuch Abt. 2 Bd. 1 Nr. 384.
- ↑ H. Reimer: Hessisches Urkundenbuch Abt. 2 Bd. 1 Nr. 380.
- ↑ B. Worbs: Buchen–Dorfelden–Windecken. S. 385; R. Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. S. 394
- ↑ B. Worbs: Buchen–Dorfelden–Windecken. S. 385 mit weiterer Diskussion
- ↑ H. Reimer: Hessisches Urkundenbuch Abt. 2 Bd. 1 Nr. 666.
- ↑ H. Reimer: Hessisches Urkundenbuch Abt. 2 Bd. 4 Nr. 139.
- ↑ H. Reimer: Hessisches Urkundenbuch Abt. 2 Bd. 4 Nr. 831.
- ↑ Alberus S. 306; das Zitat wurde mehrfach fälschlich Merian zugeschrieben, siehe dazu B. Worbs: Buchen–Dorfelden–Windecken. S. 389, Fußnote 224.
- ↑ Matthäus Merian: Topographia Hassiae. S. 142, Originaltext auf wikisource.
- ↑ B. Worbs: Buchen–Dorfelden–Windecken. S. 393 und Abb. 6, Privatbesitz.
- ↑ B. Worbs: Buchen–Dorfelden–Windecken. S. 393.