Kleinpartei

politische Partei mit geringer Anhängerschaft
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Als Splitterpartei bezeichnet man eine Partei, die nur eine relativ kleine Anhänger- beziehungsweise Wählerschaft hat, und deren politischer Einfluss auf parlamentarischer Ebene entsprechend gering ist, sofern sie überhaupt im Parlament vertreten ist.

Das reine Verhältniswahlrecht begünstigt den Einzug von Splitterparteien in ein Parlament, was zur Folge haben kann, dass die Bildung einer stabilen Regierungsmehrheit erschwert wird. Deswegen gibt es in verschiedenen Demokratien, so auch in Deutschland, eine Sperrklausel in den jeweiligen Wahlgesetzen.

Situation in Deutschland

Sperrklausel, 5 %-Hürde

Um den Einzug von Splitterparteien in den deutschen Bundestag und die Landtage möglichst zu verhindern, muss eine Partei in der Bundesrepublik Deutschland mindestens 5% der Zweitstimmen auf sich vereinen oder drei Direktmandate (= Erststimmenmehrheit in einem Wahlkreis) erhalten, um gemäß ihrem Stimmenanteil mit der entsprechenden Anzahl von Abgeordneten im Parlament vertreten zu sein.

Direktmandate (= Parteikandidaten, die von der Mehrheit eines Wahlkreises direkt in das Bundes- oder ein Landesparlament gewählt wurden) sind von dieser Sperrklausel nicht betroffen. Gegenwärtig betrifft dies zwei Abgeordnete der PDS im Bundestag, die aus Berliner Wahlkreisen 2002 direkt in den Bundestag gewählt wurden, obwohl die Partei 2002 bundesweit weniger als 5 % der Wählerstimmen (Zweitstimmen) erhalten hatte.

Eine Ausnahme für den Landtag von Schleswig-Holstein gilt für für den Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der die Interessen der dänischsprachigen Minderheit der deutschen Staatsbürger im Norden Schleswig-Holsteins vertritt.

Historische Herleitung der Sperrklausel; Kritik daran

Diese in Deutschland geltende Regelung wird in der Öffentlichkeit oft mit der Erfahrung aus der Weimarer Republik begründet. Damals waren, - bedingt durch das Verhältniswahlrecht -, ab den späten 1920er Jahren auch kleine Parteien in den Reichstag und teilweise auch mit in Regierungskoalitionen gekommen. Wegen der dadurch verursachten Uneinigkeit wurde eine tragfähige demokratische Regierungspolitik behindert und teilweise verunmöglicht. Zusammen mit den wirtschaftlichen und sozialen Krisen der 1920er Jahre hatte dies wiederum die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den etablierten Parteien verstärkt und immer mehr Wähler den extremen Parteien zugetrieben. Neben anderen Gründen hatte diese Situation letztlich zum Scheitern der Demokratie und ab 1933 zur Diktatur des Nationalsozialismus unter Adolf Hitler geführt, die schließlich in den 2. Weltkrieg mit bis zu 60 Millionen Toten und in ein in Trümmern liegendes Europa sowie dem Völkermord an den europäischen Juden ("Holocaust") mündete (vgl. Zeit des Nationalsozialismus).

Gegner der 5 %-Hürde begründen die Machtübernahme der NSDAP jedoch maßgeblich durch deren Wahlerfolge, der Bereitschaft des mit absoluter Mehrheit von der Bevölkerung gewählten Reichspräsidenten Hindenburg, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen, sowie einer Bereitschaft der etablierten konservativen Parteien, im Reichstag dem Ermächtigungsgesetz zuzustimmen. Die Begründung der Notwendigkeit einer Fünf-Prozent-Hürde mit den Erfahrungen der Weimarer Republik wird deshalb von manchen als Schutzbehauptung der etablierten Parteien gewertet, die sich durch die Sperrklausel vor unerwünschter Konkurrenz durch Splitterparteien schützen können.

Deutsche Splitterparteien

In der heutigen Bundesrepublik Deutschland gab und gibt es verschiedene Splitterparteien, die vor allem am linken oder rechten Rand der Gesellschaft aktiv sind. Unter den Splitterparteien sind auch teilweise kurios anmutende Parteien, die sich weniger in eine bestimmte politisch-ideologische Richtung einordnen lassen bzw. sich vor allem besonderen einzelnen Bereichen widmen (zum Beispiel die "deutsche Sexpartei" oder die "deutsche Autofahrerpartei"). Auch fundamentalistisch religiös motivierte Parteien finden sich unter den Splitterparteien, so beispielsweise die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) oder die an der TM-Sekte von Maharishi Mahesh Yogi orientierte Naturgesetzpartei.

Als Rechtsextrem und Rechtspopulistisch eingestufte Splitterparteien

Am rechtsextremistischen bis rechtspopulistischen Rand der deutschen Gesellschaft können beispielsweise die NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands), die Republikaner, die DVU (Deutsche Volksunion), die Offensive D (Partei Rechtsstaatlicher Offensive) und andere als Splitterparteien genannt werden, auch wenn einige von ihnen zeitweise in manchen Bundesländern die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten konnten. Ende der 1960er Jahre etwa schaffte die NPD den Einzug in einige Landesparlamente, konnte sich dort aber ebenso wenig halten wie etwa in den 1990er Jahren die DVU in Bremen und einigen ostdeutschen Landesparlamenten (Brandenburg und Sachsen-Anhalt). Auch der Erfolg der Offensive D (damals "Schill-Partei") in Hamburg bei den Bürgerschaftswahlen 2001, der sogar zu einer Regierungsbeteiligung dieser Partei im Hamburger Senat geführt hatte, war nur von kurzer Dauer. Nach den Bürgerschaftswahlen 2004 rutschte die "Schill-Partei" wieder in die Bedeutungslosigkeit ab, nachdem sie aufgrund mehrerer skandalträchtiger Auftritte ihres Vorsitzenden Ronald Schill wieder deutlich unter die 5%-Hürde gefallen war und damit ihre Mandate verloren hatte.

Allerdings erhielten die entsprechenden Parteien vom äußersten rechten Rand vor allem in den ostdeutschen Bundesländern seit den Protesten gegen die von großen Teilen der Bevölkerung als ungerecht empfundene Sozialpolitik der Agenda 2010, vor allem der Hartz IV-Gesetzgebung der SPD / Bündnis 90/Die Grünen-Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder bis 2004 zunehmend neuen Auftrieb. Bei den Landtagswahlen vom 19. September 2004 in Brandenburg schaffte die DVU den Wiedereinzug in den dortigen Landtag. Gleichzeitig erzielte die NPD in Sachsen mit 9,2 % einen alarmierenden Wahlerfolg und zog nach 36 Jahren das erste Mal wieder in ein deutsches Landesparlament ein. Kurz nach diesem Erfolg beschlossen beide Parteien Anfang Oktober 2004, für die Bundestagswahl 2006 eine gemeinsame Liste aufzustellen.

Als linksextrem eingestufte Splitterparteien; Kommunistische Gruppierungen

Im linken Spektrum entstanden Ende der 1960er Jahre mit dem Abflauen der Studentenbewegung (APO) mehrere heftig gegeneinander konkurrierende Splitterparteien, die sich an verschiedenen Richtungen des Kommunismus orientierten (die sogenannten "K-Gruppen"). Über einen längeren Zeitraum am stabilsten erwies sich die an der SED der DDR orientierte 1968 gegründete DKP (Deutsche Kommunistische Partei), die sich selbst als Nachfolgerin der 1956 verbotenen KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) betrachtete. Abgesehen von einigen Kommunalparlamenten (zum Beispiel in Tübingen, Marburg und einigen Städten des Ruhrgebiets) konnte die DKP auf Bundes- oder Landesebene parlamentarisch nicht Fuß fassen. Nach dem Ende der DDR und damit auch der SED traten viele Mitglieder aus der DKP aus. Ihre Bedeutung ist heute noch geringer als zu DDR-Zeiten.

Andere kleine kommunistische Parteien in der Bundesrepublik gingen zwischen den 1970er und 1990er Jahren verschiedentlich Bündnisse miteinander ein, spalteten sich dann oft wegen ideologischer Grabenkämpfe, lebten als Neugründungen unter anderen Namen wieder auf, bis sich viele von ihnen im Laufe der 1980er und 1990er Jahre schließlich auflösten. Zu diesen Parteien gehörten unter anderem der KB (Kommunistischer Bund), der KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschland), von dem sich dann der BWK (Bund Westdeutscher Kommunisten) abspaltete, die trotzkistische GIM (Gruppe Internationale Marxisten), der stalinistische KABD (Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands), aus dem später die heute noch aktive MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands) hervorging, oder die maoistische KPD/ML (Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten). GIM und KPD/ML vereinigten sich 1986 zur VSP (Vereinigte Sozialistische Partei), die bis Ende der 1990er Jahre existierte.

Vom Status der Splitterpartei zur Regierungsbeteiligung: Die Grünen

Anfang der 1980er Jahre schlossen sich einige ehemalige Anhänger der K-Gruppen der neu gegründeten Partei "Die Grünen" (heute Bündnis 90/Die Grünen) an, in der sich Anhänger der Neuen sozialen Bewegungen wie etwa der Friedensbewegung oder der Anti-Atomkraft-Bewegung sowie der Neuen Linken aber auch einige rechtspopulistische und teilweise auch rechtsextreme Blut und Boden-Ökologen, sammelten, um ein parlamentarisches Spielbein der bis dahin außerparlamentarischen Bewegung zu bilden. Schon sehr früh trennten sich die Grünen von den Rechtsabweichlern in ihren Reihen. Diese gründeten die bald eher unbedeutend werdenden Parteien wie die ökologisch-wertkonservative Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) oder schlossen sich der noch unbedeutenderen Rechtspartei Aktion unabhängiger Deutscher (AUD) an.

Seit 1983 konnten die Grünen mit der Wahl in den Bundestag ihren außerparlamentarischen Status überwinden und etablierten sich zunehmend als weitere parlamentarische Kraft - bis hin zur Regierungsbeteiligung seit 1998 in der Koalition mit der SPD. Ende der 1980er / Anfang der 1990er Jahre waren aus Protest gegen den zunehmend realpolitisch-kompromisslerischen Kurs der Partei relativ viele so genannte Ökosozialisten ausgetreten, unter ihnen 1991 auch eine Mitbegründerin der Grünen, Jutta Ditfurth, die in Frankfurt die Partei Ökologische Linke gründete, die ihre Existenz jedoch ebenfalls als außerparlamentarische Splitterpartei weiter führen musste. Nach der Zustimmung der Grünen zum Jugoslawienkrieg gab es weitere Versuche, eine neue, linke Partei aus dem Umfeld enttäuschter ehemaliger Anhänger der Grünen zu gründen, so etwa die Regenbogen-Fraktion in Hamburg oder die Demokratische Linke in Berlin.

Einige ehemalige Mitglieder kommunistischer Splittergruppen konnten über ihre Mitgliedschaft bei den Grünen bis heute hohe politische Ämter erringen (zum Beispiel Antje Vollmer als zeitweilige stellvertretende Bundestagspräsidentin oder Jürgen Trittin als aktueller Bundesumweltminister).