Shinkansen

Name des Streckennetzes japanischer Hochgeschwindigkeitszüge sowie der Züge selbst
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Der Shinkansen (jap. 新幹線, dt. Neue Hauptstrecke) ist eine Reihe japanischer Hochgeschwindigkeitszüge, die mit einer Höchstgeschwindigkeit von anfangs 210 km/h, heute bis zu 300 km/h die japanischen Großstädte im Drei- bis Zehn-Minuten-Takt verbinden. Der Shinkansen gilt als eines der sichersten Verkehrsmittel. Bis heute ist es zu keinen Unfällen mit Personenschäden gekommen. Bei einem Erdbeben der Stärke 6,4 im Oktober 2004 ist zum ersten Mal ein Zug entgleist.

Shinkansen (von vorne Baureihe 500, 100, 700, 300)
Shinkansen 700

Historisch entwickelte sich in Japan ein Eisenbahnnetz mit der Schmalspur-Spurweite von 1067 mm, das wegen der bergigen Landschaft meist sehr kurvenreich geführt ist. Da eine deutliche Erhöhung der Geschwindigkeit auf diesen alten Strecken daher nicht möglich war, wurde für den Shinkansen die breitere Normalspur von 1435 mm gewählt und der Streckenverlauf mittels vieler Kunstbauten wie Tunneln und Viadukten gerade gehalten.

Die erste Strecke mit einer Länge von 515,4 km wurde am 1. Oktober 1964 zwischen Tokio, der japanischen Hauptstadt, und Osaka eröffnet; die neueste Erweiterung (13. März 2004) ist die Teilstrecke zwischen Yatsushiro und Kagoshima auf Kyushu.

Im August 2004 schloss die chinesische Regierung einen Vertrag mit sechs japanischen Firmen (unter anderem Kawasaki Heavy Industries), die in Kooperation mit dem chinesischen Lokomotiven-Hersteller Nanche Sifang ("China Southern Locomotive and Rolling Stock Industry"), den Shinkansen auf fünf Strecken (etwa 2000 km Bahnstrecke) in China aufbauen sollen. Realisiert werden soll eine abgewandelte Version des japanischen Shinkansen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 275 km/h, wobei die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit etwa 200 km/h betragen soll.

Ab dem Jahr 2005 sollen die Züge auch auf der Insel Taiwan verkehren.

Geschichte

Seit Beginn des Eisenbahnbaus in der Zeit der Meiji-Restauration wurden fast ausschließlich Schmalspurstrecken in der Spurweite von 1067 (Kapspur) gebaut. Auch neuere Strecken wurden in dieser Spurweite gebaut, um einen reibungslosen Anschluss an das restliche Netz zu ermöglichen. Insbesondere im Zeitalter der Dampftraktion bedeutete dies aufgrund der kleineren Abmessungen der Lokomotiven eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit. So konnte bis in die 1950er Jahre eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nicht überschritten werden, während in Deutschland schon in den 1930er Jahren Schnellzüge mit bis zu 160 km/h fuhren. Zwar gab es immer wieder Bestrebungen, die Strecken auf Normalspur umzuspuren, die jedoch aufgrund der hohen Kosten und der großen Schwierigkeiten des Umbaus bei laufendem Betrieb nicht verwirklicht wurden.

Erste Erfahrungen mit einem „Hochgeschwindigkeitsverkehr” machten japanische Techniker auf der normalspurigen Minamimanshū-Eisenbahn in der Mandschurei (heute Nordostchina). Ab 1934 bewältigte der von einer stromlinienförmigen Dampflok gezogene Expresszug Ajia mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h die 701 km lange Strecke zwischen Dairen (Dalian) und Shinkyō (Changchun) in achteinhalb Stunden bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 82 km/h. Während die Höchstgeschwindigkeit wohl für japanische Verhältnisse, im internationalen Vergleich aber auch damals nicht spektakulär war, war die Vollklimatisierung der Wagen wegweisend.

In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre nahm der Verkehr auf der Tōkaidō- und Sanyō-Strecke so weit zu, dass man im September 1940 mit dem Bau einer neuen, separaten, normalspurigen Strecke für die sogenannten Geschosszüge (englisch bullet train) begann. Die Geschwindigkeit dieser Züge sollte die des Expresszuges Ajia weit übertreffen, so dass eine Reisezeit von viereinhalb Stunden zwischen Tōkyō und Ōsaka, sowie eine Reisezeit von neun Stunden zwischen Tōkyō und Shimonoseki erreicht werden konnte. Infolge des Kriegsgeschehens musste allerdings der Bau nach und nach eingestellt werden. Als günstig für den späteren Bau des Shinkansens erwies sich, dass der Grunderwerb für die Strecke bereits vor Kriegsende weitgehend abgeschlossen war.

Während man zu Zeiten des Geschosszug-Projekts noch das Antriebskonzept eines mit einer Dampf- oder Elektrolok bespannten Zuges favorisierte, kam man in den 1950er Jahren zur Einsicht, dass insbesondere für die japanischen Streckenverhältnisse mit vielen Steigungen und Kurven ein Triebwagenzug deutlich günstiger ist, da dieser eine höhere Beschleunigung ermöglicht und durch die Lastverteilung den Oberbau weniger belastet. Der 1958 für den Expresszug Kodama (Tōkyō - Ōsaka) in Dienst gestellte Triebwagen der Baureihe 20 (später BR 151) stellte die Vorzüge eines Triebwagenzugs eindrucksvoll unter Beweis, indem er 1959 mit 163 km/h den Geschwindigkeitsrekord für Schmalspurzüge gewann. Diese guten Erfahrungen führten dazu, dass man beim Shinkansen-Projekt ebenfalls ein Triebwagenzug einsetzte.

Ende der 1950er Jahre hatte sich die japanische Wirtschaft so weit erholt, dass die Tōkaidō-Strecke trotz einer vollständigen Elektrifizierung erneut an ihre Kapazitätsgrenzen stieß. Zu Zeiten, wo man eher Flugzeuge und Autobahnen propagierte, war es dennoch eine mutige Entscheidung, eine Hochgeschwindigkeits-Eisenbahn zwischen Tōkyō und Ōsaka zu bauen, die wohl nicht zuletzt den „Vätern des Shinkansens”, Shima Hideo und Sogō Shinji, zu verdanken ist. 1958 wurde das Projekt genehmigt, und am 20. April 1959 wurde mit dem Bau begonnen, wobei bereits für das Geschosszug-Projekt errichtete Bauten genutzt werden konnten. Am 1. Mai 1961 erhielt die japanische Reichsbahn (JNR) einen Kredit von 80 Millionen Dollar unter der strengen Auflage, die Strecke bis 1964 zu eröffnen.

Nachdem 1962 erste Testfahrten auf einem Teilabschnitt (zwischen den heutigen Bahnhöfen Shin-Yokohama und Odawara) absolviert wurden, konnte pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen in Tokyo am 1. Oktober 1964 auf der 515,4 km langen Strecke zwischen Tōkyō und Shin-Ōsaka der Verkehr aufgenommen werden. Mit zwei 12-Wagen-Zügen der Baureihe 0 pro Stunde wurde die Transportkapazität der bis dahin vorhandenen Schnell- und Expresszüge deutlich übertroffen. Zwar war mit einer Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h eine Fahrzeit von dreieinhalb Stunden ausgelegt, aber da es damals noch keinerlei Erfahrungen mit einem Regelbetrieb bei derart hohen Geschwindigkeiten gab, streckte man anfangs die Fahrzeit des Superexpress-Zugs Hikari auf vier Stunden (gegenüber den sechseinhalb Stunden bis dahin immer noch eine deutliche Verkürzung) und senkte die Höchstgeschwindigkeit auf 200 km/h. Im folgenden Jahr konnte dann die Höchstgeschwindigkeit auf 210 km/h angehoben werden. Heute fährt zweimal stündlich ein Superexpresszug Nozomi, der die Strecke Tōkyō - Shin-Ōsaka in 2 Stunden 37 Minuten bewältigt.

Strecken

 
Streckennetz
  • Nördlicher Netzteil
    • Tōhoku Shinkansen: Tōkyō - Uëno - Ōmiya - Fukushima - Sendai - Morioka - Hachinohe 593,1 km (Hachinohe - Shin Aomori 81,2 km Eröffnung 2013 geplant)
    • Yamagata Shinkansen: Fukushima - Yamagata - Shinjō (Mini Shinkansen)
    • Akita Shinkansen: Morioka - Akita (Mini Shinkansen)
    • Jōetsu Shinkansen: Ōmiya - Takasaki - Niigata 269,5 km
    • Gārayuzawa-Linie: Echigoyuzawa - Gārayuzawa 1,6 km (Abzweig von der Jōetsu-Linie; nur Saisonbetrieb)
    • Nagano Shinkansen oder Hokuriku Shinkansen: Takasaki - Nagano 117,4 km (Nagano - Toyama 162,1 km Erföffnung 2013 geplant)
    • (Hokkaidō Shinkansen: Shin Aomori - Shin Hakodate Eröffnung 2015 geplant)

Zugnamen

Viele Züge fahren von Tōkyō nach Hakata, Aomori, Shinjō, Akita, Niigata und Nagano.

  • Tōkaidō/Sanyō Shinkansen: Nozomi (Express), Hikari (Semi-Express), Kodama (hält an jeder Station)
  • Kyūshū Shinkansen: Tsubame
  • Tōhoku Shinkansen: Yamabiko, Hayate
  • Yamagata Shinkansen: Tsubasa (bis Fukushima gekuppelt mit Yamabiko)
  • Akita Shinkansen: Komachi (bis Morioka gekuppelt mit Hayate)
  • Jōetsu Shinkansen: Toki, Tanigawa
  • Nagano Shinkansen: Asama

Technik

"Mini-Shinkansen"

Zwar besitzen die Shinkansen-Züge dieselbe Spurweite wie die europäischen Hochgeschwindigkeitszüge, jedoch sind die Wagen mit 3,38 m deutlich breiter, so dass bei gleicher Länge eine höhere Sitzkapazität erreicht werden kann. Nur die sogenannten Mini-Shinkansen-Züge, die auch auf mit einer dritten Fahrschiene ausgerüsteten Altstrecken fahren, besitzen einen schmaleren Wagenkasten, der mit einer Breite von 2,95 m europäischen Verhältnissen entspricht. Auf den Altstrecken werden maximal 130 km/h erreicht. Auf den Bahnhöfen der Neubaustrecken werden bei den Mini-Shinkansen-Zügen Trittbetter ausgeklappt, um den Abstand zwischen Bahnsteigkante und Wagenkasten auszugleichen.

Bauarten

  • Baureihe 0 ab 1964, Höchstgeschwindigkeit 220 km/h, 11,84 MW/16-Wagen-Zug (heute nur auf Sanyō-Strecke, früher Tōkaidō/Sanyō)
  • Baureihe 200 1980, Höchstgeschwindigkeit 240 km/h, 14,72 MW/16-Wagen-Zug (Tōhoku/Jōetsu-Strecke)
  • Baureihe 100 1985-1988, Höchstgeschwindigkeit 230 km/h, 11,04 MW/16-Wagen-Zug, 2 beziehungsweise 4 Doppelstockwagen (heute nur auf Sanyō-Strecke, früher Tōkaido/Sanyō)
  • Baureihe 300 1992-1998, Höchstgeschwindigkeit 270 km/h, 12,0 MW/16-Wagen-Zug (Tōkaidō/Sanyō-Strecke)
  • Baureihe E1 1994-1995, Höchstgeschwindigkeit 240 km/h, 9,84 MW/12-Wagen-Zug, durchgehend doppelstöckig (Tōhoku/Jōetsu-Strecke)
  • Baureihe E2 1995, Höchstgeschwindigkeit 275 km/h, 9,84 MW/8-Wagen-Zug, zweisystemfähig (Nagano/Tōhoku-Strecke)
  • Baureihe 500 1997-1998, Höchstgeschwindigkeit 300 km/h, 17,6 MW/16-Wagen-Zug Tōkaidō/Sanyō-Strecke)
  • Baureihe E4 1997-1999, Höchstgeschwindigkeit 240 km/h, 6,72 MW/8-Wagen-Zug, durchgehend doppelstöckig (Tōhoku-Strecke)
  • Baureihe 700 1999-2003, Höchstgeschwindigkeit 285 km/h, 13,2 MW/16-Wagen-Zug (Tōkaidō/Sanyō-Strecke)
  • Baureihe 800 2002-2004, Höchstgeschwindigkeit 260 km/h, 6-Wagen-Zug (Kyūshū-Strecke)
  • Mini-Shinkansen
    • Baureihe 400 1992-1995, Höchstgeschwindigkeit 240 km/h, 5,04 MW/7-Wagen-Zug (Yamagata-Strecke)
    • Baureihe E3 1997-2005, Höchstgeschwindigkeit 275 km/h, 7- beziehungsweise 6-Wagen-Zug (Yamagata/Akita-Strecke)

Höchstgeschwindigkeiten sind jeweils die im Plandienst gefahrenen. Auf den Altstrecken werden maximal 130 km/h erreicht. Teilweise fahren die Züge auch in kürzeren Kompositionen (4 Wagen, 6 Wagen, 8 Wagen, 12 Wagen). Gekuppelt werden können:

  • Baureihe 200 (12 Wagen) + Baureihe 400/E3 (7 Wagen)
  • Baureihe E2 (8 Wagen) + Baureihe E3 (6 Wagen)
  • Baureihe E4 (8 Wagen) + Baureihe E4 (8 Wagen)

Unfälle

Der einzige Unfall in der Geschichte des Shinkansen ereignete sich bei einem Erdbeben am 23. Oktober 2004 um 17:56 Uhr Ortszeit. Trotz einer automatisch eingeleiteten Schnellbremsung entgleiste der mit 155 Reisenden besetzte Zug Toki 325 nach Niigata zwischen den Bahnhöfen Urasa und Nagaoka. Obwohl acht der zehn Wagen entgleist waren, benötigte der Zug, der mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h fuhr, immer noch 1,6 km, bis er zum Stillstand kam. Zwar gab es keine Verletzten, jedoch ragte der erste Wagen so weit ins Nachbargleis hinein, dass es im ungünstigsten Falle zu einem Zusammenstoß mit einem Gegenzug hätte kommen können.

Commons: Shinkansen – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


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