Gelduba

archäologische Stätte in Deutschland, römisches Fort bei Krefeld
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Gelduba war eine römische Befestigungsanlage am Niedergermanischen Limes. Sie befand sich am Rhein im heutigen Stadtteil Gellep-Stratum im Südosten Krefelds. Das Kastell wurde vermutlich von Drusus im Zeitraum von 12 bis 9 v. Chr. bei einem gleichnamigen, von Ubiern bewohnten oppidum Gelduba angelegt. Es war ursprünglich ein Marschlager und wurde danach zunehmend befestigt.

Gelduba
Alternativname Kastell Krefeld-Gellep,
Kastell Gellep
Limes Niedergermanischer Limes
Datierung (Belegung) A.a−c) 69/70
B) 70/71 bis 80/85
C.a) 80/85 bis Mitte 2. Jh.
C.b) Mitte bis Ende 2. Jh.
C.c) Ende 2. Jh. bis um 260
D) 261/262 bis 275/276
E.a) 275/276 bis 287/288(?)
E.b) 287/288(?)bis 294/295
E.c) 294/295 bis nach 320
E.d) nach 320 bis um 341
E.e) um 341 bis 353/355
F) 353/355 bis 369
G.a) 369 bis 387/388(?)
G.b) 387/388(?) bis vor 400
H) vor 400 bis 5. Jh.
Typ A.a-c) Marschlager
B) Kohorten- oder Alenkastell
C.a−b) Kohortenkastell
D) Alenkastell
F) leerstehend
Einheit A.a−c) unbek. Vexillationes
B) unbek. Kohorte oder Ala
C.a-c) Cohors II Varcianorum equitata(?)
D) unbek. Ala
E.a−b) unbek. Föderaten
E.c) unbek. Truppe
E.d−e) unbek. britannische Truppe
F) keine Belegung
Größe B) rund 140 x 170 m
Bauweise A.a−c) Holz-Erde-Lager
B) Holzkastell
C.a) Holzkastell
C.b) Lehmziegelbau
C.c) Steinkastell
Erhaltungszustand oberirdisch nicht sichtbares Bodendenkmal
Ort Krefeld-Gellep
Geographische Lage 51° 19′ 59,5″ N, 6° 40′ 57″ OKoordinaten: 51° 19′ 59,5″ N, 6° 40′ 57″ O hf
Vorhergehend Asciburgium (nördlich)
Kleinkastell Werthausen (nördlich)
Anschließend Novaesium (südlich)
Ein Modell des Kastell Gelduba

Forschungsgeschichte

In den Aufzählungen der Kastelle aus dieser Zeit wird Gelduba stets zwischen Novaesium (Neuss) und Asciburgium (Moers–Asberg) erwähnt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts glaubten etliche Historiker, das Kastell habe im Städtchen Geldern gelegen, als der Historiker Teschenmacher das Dörfchen Gellep richtig als das vermisste Gelduba bestimmte.

Geschichte

Gelduba war der Standort teilberittener Auxiliartruppen und während des Bataveraufstands auch vorübergehender Garnisonsplatz eines größeren Truppenverbandes. Das Kastell geriet im Verlauf dieser Ereignisse der Jahre 69/70 n. Chr. in Bedrängnis. Der daneben gelegene Ort wurde durch die Bataver zerstört, danach entstanden südlich und nördlich zwei neue Siedlungen.

Im 3. und 4. Jahrhundert wurde das Kastell mehrmals zerstört. Im 5. Jahrhundert wurde das Kastell noch einmal durch eine äußere Ringmauer verstärkt, um 420 scheint es nach Ausweis der Funde zeitweilig mit Burgunden in römischen Diensten bemannt gewesen zu sein. Auf dem zugehörigen Friedhof wurden noch im 6. Jahrhundert Menschen bestattet.

Das Kastell ist das am besten erhaltene Kastell nördlich der Alpen und wurde nicht überbaut. Der Uerdinger Kaufmann Heinrich Wilhelm Herbertz berichtete 1810 von ersten Raubgrabungen.

Befunde

Funde zeigen, dass die römische Glasbläserkunst an die Franken weitergegeben wurde, die hier anschließend siedelten. Demgegenüber legen die Funde nahe, dass das Wissen über die Herstellung der römischen Terra Sigillata im Laufe des 5. Jahrhunderts verloren ging.

Bei Ausgrabungen fand man die Überreste einer Markthalle, eines Tempels und von Buntmetall-Werkstätten.

Die Funde aus Gellep sind heute im Niederrheinischen Landschaftsmuseum im Museumszentrum Burg Linn zu besichtigen, darunter auch zwei Eisenhelme der Bataver.

Gräberfeld

Albert Steeger entdeckte 1936 bei Gelduba das größte römisch-fränkische Gräberfeld nördlich der Alpen, das über die Spätantike kontinuierlich bis in fränkische Zeit weiter benutzt wurde. Inzwischen wurden bereits über 6.300 Bestattungen ausgegraben und veröffentlicht.

Bedeutende Funde

 
Fränkischer Spangenhelm aus Grab 1782 (6. Jh.)
 
Dattelfläschchen (Syrien, 1. Jh.)
 
Fränkischer Rüsselbecher (6. Jh.)
 
Römische Glasflasche mit zwei Kammern
 
Römischer Glasteller mit von hinten eingeritzter Darstellung Adam und Evas (4. Jh.)
 
Aramäische Ritzinschrift auf Terra Sigillata

Im Bereich eines Mithräums fanden sich Gräber von Gefallenen, von denen einige wohl im Zusammenhang des Bataveraufstandes, andere während der Frankeneinfälle um das Jahr 260 n. Chr. ums Leben gekommen sind.

Die vielleicht bekannteste Bestattung ist das so genannte Fürstengrab 1782, zu dessen Beigaben neben dem Spangenhelm zahlreiche weitere kostbare Objekte gehörten; darunter goldcloisonnierte Beschläge eines Sattels sowie ein Taschenbügel, tauschiertes Pferdegeschirr, Bronzegeschirr, eine schon im 4. Jahrhundert entstandene Glasschale, ein Messerpaar mit goldenen Griffen, ein Silberlöffel (ligula) und ein eiserner Bratspieß. Zur Bewaffnung gehörten unter anderem eine Spatha mit Schwertperle aus Meerschaum, ein Ango, eine Flügellanze, eine weitere Lanzenspitze, eine Franziska, ein Sax und ein Schild, von dem der Schildbuckel erhalten ist. Im Grab fand sich auch eine fast stempelfrische Goldmünze, die einer Prägung von Anastasius I. nachempfunden ist und damit für die Münzdatierung einen terminus post quem von 491 n. Chr. liefert. Auf der Bronzekanne ist eine Inschrift mit dem Namen des Besitzers angebracht: ARPVAR ERAT (f)ELEX VNDIQVE PR(a)E(celsus). Übersetzt: Arpvar war glücklich und überall hoch angesehen.

Denkmalschutz und Fundverbleib

Das Kastell sowie die Bereiche des Vicus und des Gräberfeldes sind Bodendenkmale nach dem Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG)[1]. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

Das umfangreiche Fundmaterial aus Gelduba befindet sich im Wesentlichen im Museumszentrum Burg Linn, unter dessen Regie die bisherigen Ausgrabungen durchgeführt wurden.

Siehe auch

Literatur

  • Ilse Paar & Christoph Bernhard Rüger: Kastell Gelduba. In: Rheinische Ausgrabungen 10, Beiträge zur Archäologie des Römischen Rheinlands 2. Rheinland-Verlag, Düsseldorf 1971, S. 242−339
  • Ilse Paar & Christoph Bernhard Rüger: Neuere Ausgrabungen im römischen Kastell Gelduba in Krefeld- Gellep. In: Rheinische Ausgrabungen '76, Rheinland-Verlag Köln, Bonn 1977, S. 101-104
  • Ilse Paar: Zur Datierung der Holzbauperioden des niedergermanischen Auxiliarkastells Gelduba (Krefeld-Gellep). Ausgrabungen 1970-76. In: William S. Hanson & Lawrence J. F. Keppie (Hrsg.): Roman Frontier Studies 1979, Bd. II, BAR Int. Ser. 71 (1980), S. 515-529
  • Wilhelm Piepers & Dorothea Haupt: Gelduba. Die Ausgrabungen der Jahre 1954/55. In: Rheinische Ausgrabungen 3, Rheinland-Verlag Köln, Bonn 1968, S. 213-315
  • Renate Pirling: Ein fränkisches Fürstengrab aus Krefeld-Gellep. In: Germania 42, De Gruyter, Berlin 1964, S. 188-216
  • Renate Pirling: Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep. Steiner, Berlin 1974, (= Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit Serie B, Die fränkischen Altertümer des Rheinlandes Band 8)
  • Renate Pirling: Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep. Steiner, Berlin 1979, (= Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit Serie B, Die fränkischen Altertümer des Rheinlandes Band 10)
  • Renate Pirling: Die Ausgrabungen in Krefeld-Gellep. In: Ausgrabungen im Rheinland ‘77, Rheinland-Verlag Köln, Bonn 1978, S. 136-140
  • Renate Pirling: Römer und Franken in Krefeld-Gellep. Zabern, Mainz 1986, ISBN 3-8053-0893-0
  • Renate Pirling: Neue Ausgrabungen auf den Gräberfeldern von Krefeld-Gellep. In: Dörfer und Städte. Ausgrabungen im Rheinland 1985/86, Rheinland-Verlag Köln, Bonn 1987, S. 57–60
  • Renate Pierling: Krefeld-Gellep. Die Gräberfelder. In: Heinz-Günter Horn (Hrsg.): Die Römer in Nordrhein-Westfalen. Lizenzausgabe der Auflage von 1987. Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-59-7, S. 534−536
  • Renate Pirling: Ein sarmatischer Spiegel aus Krefeld- Gellep. In: Germania 66, Zabern, Mainz 1988, S. 455-468
  • Renate Pirling: Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep. Steiner, Stuttgart 1989, (= Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit Serie B, Die fränkischen Altertümer des Rheinlandes Band 13)
  • Renate Pirling: Zwei Kultscheren aus Krefeld-Gellep. In: Hansgerd Hellenkemper & Heinz Günter Horn (Hrsg.): Archäologie in Nordrhein-Westfalen. Geschichte im Herzen Europas. Zabern, Mainz 1990, S. 231-232
  • Renate Pirling und Margareta Siepen: Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep 1975-1982. Steiner, Wiesbaden 1997, ISBN 3-515-06916-X, (= Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit Serie B, Die fränkischen Altertümer des Rheinlandes Band 17)
  • Renate Pirling, Margareta Siepen: Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep 1983-1988. Steiner, Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07453-8, (= Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit Serie B, Die fränkischen Altertümer des Rheinlandes Band 18)
  • Renate Pirling, Margareta Siepen: Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep 1989-2000. Steiner, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-07974-2, (= Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit Serie B, Die fränkischen Altertümer des Rheinlandes Band 19)
  • Renate Pirling, Margareta Siepen: Die Funde aus den römischen Gräbern von Krefeld-Gellep: Katalog der Gräber 6348-6361. Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-515-08891-6, (= Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit Serie B, Die fränkischen Altertümer des Rheinlandes Band 20)
  • Christoph Reichmann: Krefeld-Gellep. Römisches Auxiliarkastell. In: Heinz-Günter Horn (Hrsg.): Die Römer in Nordrhein-Westfalen. Lizenzausgabe der Auflage von 1987. Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-59-7, S. 529−534
  • Christoph Reichmann: Krefeld-Gellep. Der Vicus. In: Heinz-Günter Horn (Hrsg.): Die Römer in Nordrhein-Westfalen. Lizenzausgabe der Auflage von 1987. Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-59-7, S. 534
  • Christoph Reichmann: Die spätantiken Befestigungen von Krefeld-Gellep. Archäologisches Korrespondenzblatt 17 (1987), S. 507-521
  • Christoph Reichmann: Gellep und die Legende vom Martyrium der Thebäischen Legion. In: Gundolf Precht und Hans Joachim Schalles (Hrsg.): Spurenlese. Beiträge zur Geschichte des Xantener Raumes. Rheinland-Verlag Köln, Bonn 1989, S. 215–234
  • Christoph Reichmann: Gelduba im 4. Jahrhundert. In: Clive Bridger & Karl-Josef Gilles (Hrsg.): Spätrömische Befestigungsanlagen in den Rhein- und Donauprovinzen. BAR Int. Series 704 (1998), S. 23-34
  • Frank Siegmund: Merowingerzeit am Niederrhein. Rheinische Ausgrabungen 34. Rheinland-Verlag, Köln 1998, ISBN 3-7927-1247-4.
  • Paul Stüben: Gelduba. Bd. 1: Die versunkene Stadt am Strom. Selecto, Krefeld 1993, ISBN 3-9231-4063-0
  • Paul Stüben: Gelduba. Bd. 2: Ihre verlorenen Spuren am Strom. Selecto, Krefeld 1995, ISBN 3-9231-4068-1
  • Michael Zelle: Die römischen Wand- und Deckenmalereien in Gelduba. Archaea, Gelsenkirchen 2006, ISBN 3-8997-2700-2

Einzelnachweise

  1. Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG)

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