Georg Leisner

Deutscher Prähistoriker und Archäologe (1870-1957)
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Georg Leisner (* 2. September 1870 in Kiel als Carl Georg Leisner; † 20. September 1957 in Stuttgart) war ein deutscher Prähistoriker mit dem Spezialgebiet Megalithgräber auf der Iberischen Halbinsel.

Leben

Kindheit und Militärdienst

Der Vater, Leonhard Leisner (1846–1905) war Kaufmann und stammte aus einer Familie, die seit dem 17. Jahrhundert im Kreis Eckernförde ansässig war. Die Mutter, Elise, geb. Thede (1834–1913) kam aus einer alten Kieler Familie von Handwerksmeistern. Georg Leisner verbrachte seine Kindheit in Kiel, wo er 1891 die Kieler Gelehrtenschule mit der Reifeprüfung abschloss. Er hatte eine antipreußische Erziehung genossen und trat deshalb noch im selben Jahr in die bayrische Armee ein[1]. In den Jahren 1900 und 1901 nahm er an den Chinafeldzügen infolge des Boxeraufstandes teil sowie 1904 bis 1905 am Hererokrieg in Südwestafrika. An seinem 39. Geburtstag, am 2. September 1909, heiratete er die fünfzehn Jahre jüngere Amanda Vera de la Camp (1885-1972). Beim Militär hatte er eine Offizierslaufbahn begonnen und war deshalb auch am 1. Weltkrieg beteiligt, schied aber bei Kriegsende, 1918, als Oberstleutnant aus dem Militär aus und begann zusammen mit seiner Frau ein völlig neues Leben[2]. Die beiden erwarben zunächst 1918 in dem bayrischen Dorf Höhenberg einen kleinen Bauernhof. Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Italien (1924/1925), bei dem erste archäologische Studien betrieben wurden, gaben sie jedoch das landwirtschaftliche Projekt wieder auf. Beide hatten offenbar ein großes Interesse an der Archäologie entwickelt, und so nahm Georg Leisner 1926 an einer Expedition teil, die vom damaligen Institut für Kulturmorphologie der Universität Frankfurt unter Leitung von Leo Frobenius zur Aufnahme von Felsbildern in Nubien unternommen wurde.[3]

Akademische Ausbildung

Wieder in Bayern lernten Georg und Vera Leisner den damaligen Professor für Prähistorie an der Universität Complutense Madrid, Hugo Obermaier, kennen, der Georg Leisner ein Studium der Ur- und Frühgeschichte vorschlug. Georg immatrikulierte sich daraufhin 1927 an der Universität München, und Vera musste noch ihr Abitur nachholen. Ein Jahr später wechselten beide an die Universität Marburg, wo Georg Leisner 1932 bei Gero von Merhart über Megalithgräber in der spanischen Region Galicien promovierte. Zu den Materialaufnahmen reiste er 1929 und 1930 in Begleitung seiner Frau sieben Monate auf der Iberischen Halbinsel. Es entstand schließlich die Idee, ein Megalithgräber-Corpus der Iberischen Halbinsel zu verfassen[4].

Die Megalithgräber der Iberischen Halbinsel

Ohne finanzielle Unterstützung von offizieller Seite reisten Georg und Vera Leisner bis 1934 dreimal in den Süden der Iberischen Halbinsel, nach Ost- und West-Andalusien und nach Portugal, wo sie in Feldarbeit und in Museen mit der systematischen Aufnahme der Megalithgräber begannen. Dabei lernten sie auch die damals wichtigsten Spezialisten für das Neolithikum und die Kupferzeit der Iberischen Halbinsel kennen (siehe Vera Leisner). Durch den Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs mussten sie wieder nach Deutschland zurückkehren, wo sie den ersten Band, „Der Süden“, des geplanten Corpus „Die Megalithgräber der Iberischen Halbinsel“ ausarbeiteten und 1943 veröffentlichten. In diesem Jahr bezogen sie wieder eine Wohnung in München, die noch im selben Jahr den Bomben des 2. Weltkriegs zum Opfer fiel. Dabei verbrannten auch zahlreiche Aufzeichnungen und wichtiges Forschungsmaterial. Nach verschiedenen Versuchen der zurückliegenden Jahre, ein erneutes Ausreisevisum zu bekommen, gelang dies endlich 1943, und damit setzten sie ihre Arbeiten in Portugal fort. Der Verlust ihrer Münchner Wohnung veranlasste sie, auf Dauer in Lissabon zu bleiben. Es folgte eine durch finanzielle Schwierigkeiten gekennzeichnete Epoche, in der sie vor allem von Forschungsaufträgen portugiesischer Kollegen lebten, vor allem durch die Hilfe von G. Cordeiro Ramos, dem damaligen Präsidenten des Instituto de Alta Cultura, Ministério de Educação Nacional. Zeitweilig hatten sie auch ein Stipendium der Firma Siemens[5]. Wie ihre Literaturliste zeigt (siehe) waren trotzdem auch diese Jahre sehr produktiv, was die Megalithgräberforschung anbelangt. Als die Madrider Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) nach dem Kriege am 3. März 1954 wieder eröffnet wurde, ergab sich daraus für die Forschungen des Ehepaars Leisner eine erneute Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Georg Leisner konnte noch 1956 die Veröffentlichung des ersten der vier geplanten Bände des Megalithgräber-Corpus zum Westen der Iberischen Halbinsel in der neu gegründeten Reihe „Madrider Forschungen“ erleben. Der zweite Band, an dem er noch mitgearbeitet hatte, erschien jedoch erst 1959, etwa zwei Jahre nach seinem Tode. Er verstarb am 20. September 1957 in Stuttgart[6].

Veröffentlichungen von Georg Leisner

→ Vollständige Publikationsliste von Vera Leisner, dort auch Aufsätze und weitere Monographien von Georg Leisner in Zusammenarbeit mit seiner Frau.

Monographien

  • Georg Leisner: Verbreitung und Typologie der galizisch-nordportugiesischen Megalithgräber. Marburg 1938. (Dissertation Marburg 1932, Reprint, Lisboa 1977).
  • Georg Leisner, Vera Leisner: Die Megalithgräber der Iberischen Halbinsel. Der Süden. Römisch-Germanische Forschungen Bd. 17. Verlag von Walter de Gruyter & Co., Berlin 1943.
  • Georg Leisner, Vera Leisner: Die Megalithgräber der Iberischen Halbinsel. Der Westen. Madrider Forschungen Bd. 1, 1. Lieferung. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1956.
  • Georg Leisner, Vera Leisner: Die Megalithgräber der Iberischen Halbinsel. Der Westen. Madrider Forschungen Bd. 1, 2. Lieferung. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1959.

Literatur

  • Max Leisner: Leisner. In: Olaf Klose, Eva Rudolph (Hrsg.), Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon Bd. 2. Karl Wachholtz Verlag Neumünster 1971. S. 192-193.
  • Hermanfrid Schubart: Leisner, Georg. In: Neue Deutsche Biographie Bd. 14. 1985. S. 159-160.
  • Hermanfrid Schubart: Begrüßung bei der Eröffnung der Vortragsreihe zu Problemen der Megalithgräberforschung. In: Probleme der Megalithgräberforschung. Vorträge zum 100. Geburtstag von Vera Leisner. Madrider Forschungen Bd. 16. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1990. ISBN 3-11-011966-8. S. 1-7.

Einzelnachweise

  1. Persönliche Mitteilung von Vera Leisner an Hermanfrid Schubart um 1970.
  2. Max Leisner: In: Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon Bd. 2. 1971. S. 192-193
  3. Max Leisner: In: Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon Bd. 2. 1971. S. 192-193; Hermanfrid Schubart: In: Neue Deutsche Biographie Bd. 14. 1985. S. 159-160.
  4. Max Leisner: In: Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon Bd. 2. 1971. S. 192-193; Hermanfrid Schubart: In: Neue Deutsche Biographie Bd. 14. 1985. S. 159-160.
  5. Hermanfrid Schubart: In: Probleme der Megalithgräberforschung. Madrider Forschungen Bd. 16. Berlin, New York 1990. S. 1-2, und Informationen, die Vera Leisners Schwester, Terese de la Camp notiert hat.
  6. Max Leisner: In: Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon Bd. 2. 1971. S. 192-193; Hermanfrid Schubart: In: Neue Deutsche Biographie Bd. 14. 1985. S. 159-160.