Symbiose

Vergesellschaftung von Individuen zweier verschiedener Arten, die beidseitig vorteilhaft ist
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Symbiose (altgr. syn/sym ,zusammen‘ und bíos ,Leben‘) bezeichnet in Europa die Vergesellschaftung von Individuen unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist.

Falscher Clownfisch (Amphiprion ocellaris) und Prachtanemone (Heteractis magnifica)

Ausgehend von seinen Arbeiten an Flechten schlug Anton de Bary 1878 auf der 51. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Kassel vor, den Begriff der Symbiose in die Biologie einzuführen. Damals benutzte er ihn aber sehr weitgefasst für jegliches Zusammenleben von artverschiedenen Organismen, also auch für den Parasitismus. In diesem weitgefassten Sinn wird Symbiose noch immer in der US-amerikanischen Literatur für sämtliche Formen des coevolutionär entstandenen Zusammenlebens, vom Mutualismus über den Neutralismus bis hin zum Parasitismus verwendet.

Bei Symbiosen zwischen Lebewesen, die sich durch ihre Größe erheblich unterscheiden, bezeichnet man den größeren Partner oft als Wirt, den kleineren als Symbiont.

Häufigkeit von Symbiosen

Der größte Teil der Biomasse auf der Erde besteht aus symbiotischen Systemen, da ein großer Teil der Bäume und Sträucher auf Bestäubung durch andere Spezies angewiesen sind. Hinzu kommen die Flechten, eine symbiotische Lebensgemeinschaft zwischen einem Pilz und Grünalgen oder Cyanobakterien. Viele im flachem Wasser lebende sessile wirbellose Meerestiere wie Feuerkorallen, die meisten Blumentiere sowie die Riesenmuscheln leben mit Photosynthese betreibenden Zooxanthellen zusammen. Ein weiteres Beispiel sind die Magen- und Darmbakterien der Tiere, die etwa bei Wiederkäuern den Aufschluss zellulosereicher Pflanzennahrung ermöglichen.

Unterscheidung nach dem Grad der wechselseitigen Abhängigkeit

Eine Unterscheidungsmöglichkeit verschiedener Symbiosenformen ergibt sich aus dem Grad der wechselseitigen Abhängigkeit der beteiligten Arten:

  • Protokooperation (Allianz): Lockerste Form einer Symbiose: Beide Arten ziehen zwar einen Vorteil aus dem Zusammenleben, sind aber ohneeinander gleichwohl lebensfähig.
  • Mutualismus: Regelmäßige, aber nicht lebensnotwendige Beziehung der Symbionten
  • Eusymbiose, auch obligatorische Symbiose (eu: griech. „gut“, „echt“): Bei der Eusymbiose sind die Partner alleine nicht mehr lebensfähig. So kultivieren Blattschneiderameisen in ihrem Bau Pilze, von denen sie sich ernähren; die Pilze wiederum können sich ohne die Ameisen nicht vermehren.

Unterscheidung auf der Basis der räumlichen Beziehung

Eine Unterscheidung verschiedener Symbioseformen ergibt sich aus der räumlichen oder körperlichen Beziehung der beiden beteiligten Arten:

  • Ektosymbiose: Partner einer Symbiose bleiben körperlich getrennt (etwa Blüten und ihre Bestäuber; Clownfische und ihre Seeanemonen)
  • Endosymbiose: einer der Partner wird in den Körper des anderen aufgenommen (etwa Steinkorallen und ihre einzelligen Algen; Bakterien im Darm aller warmblütigen Tiere).

Unterscheidung nach der Art des erzielten Nutzens

Eine Unterscheidung von Symbioseformen ergibt sich aufgrund der Art des erzielten Nutzens für die beiden beteiligten Arten.

  • Fortpflanzungssymbiose: Ein Beispiel für Fortpflanzungssymbiose ist die Symbiose zwischen Bienen und Blütenpflanzen. Die Biene nimmt den Nektar der Blüten als Nahrung auf, dabei bleiben die Pollen der Blüte an ihr hängen, welche die Biene dann weiter trägt und damit eine andere Blüte bestäubt, sodass diese sich vermehren kann.
  • Symbiose zum Schutz vor Feinden: Ein Beispiel für diese Symbiose ist die Beziehung von Ameisen zu Blattläusen. Die Ameisen geben den Blattläusen Schutz vor Feinden, im Gegenzug lassen sich diese von den Ameisen „melken“, sie sondern eine Zuckerlösung ab, welche die Ameisen zu sich nehmen.

Weitere Beispiele

  • Bestäubung von Blütenpflanzen (Angiospermen) durch Insekten, wobei die Insekten Nektar als Nahrung erhalten.
  • Transport von Pflanzensamen durch Tiere, wobei Tiere die Früchte fressen und die Samen an einem anderen Ort wieder ausscheiden.
  • Flechten bestehen aus Algen und Pilzen, wobei die Algen durch Photosynthese Kohlenhydrate produzieren, die von den Pilzen aufgenommen werden, während die Pilze den Algen Wasser und Nährsalze liefern.
  • Ameisen beschützen Blattläuse, wobei sie im Gegenzug von diesen Zuckerwasser erhalten. Bei manchen Ameisenarten wie den Blattschneiderameisen werden regelrechte Pilzfarmen innerhalb der Ameisenbauten angelegt, in denen bestimmte Pilze mit Pflanzenresten gedüngt und von Sporen schädlicher Schimmelpilze gereinigt werden. Teile der Pilze dienen den Ameisen als Nahrung.
  • Mykorrhizapilze entziehen Bäumen oder anderen Photosynthese betreibenden Pflanzen Kohlenhydrate und liefern im Gegenzug Mineralstoffe und Wasser aus dem Boden. Mykorrhiza ist für alle Orchideen, aber auch für viele andere Pflanzenarten obligatorisch.
  • Die Hautparasiten von Großsäugern (z. B. Nilpferd und Elefant) werden von Putzervögeln abgefressen, das gleiche Phänomen gibt es bei Putzerfischen, die sich an Großfische (z. B. Haie) heften, und Parasiten von deren Haut abfressen.
  • Im Yellowstone-Nationalpark in Nordamerika wurde eine Symbiose zwischen drei Arten nachgewiesen, einem Rispengras, einem Schimmelpilz und einem Virus.[1] Dort gibt es viele heiße Quellen, in deren Umgebung auch der Erdboden erhitzt wird. Das Gras Dichanthelium lanuginosum toleriert aufgrund einer Symbiose mit dem Pilz Curvularia protuberata im Wurzelbereich noch Temperaturen von beinahe 70 °C. Sowohl der Pilz allein als auch das Gras allein können nur ca. 38 °C überstehen. Zwingend nötig bei dieser Symbiose ist der dritte Beteiligte, das Virus CthTV, (Curvularia thermal tolerance virus), das den Schimmelpilz befällt. Wird dieses Virus entfernt, verliert der Schimmelpilz seine Hitzebeständigkeit, und mit ihm geht auch das Gras an den heißen Standorten zugrunde.
  • Sulfidoxidierende chemoautotrophe Bakterien leben als Endosymbionten innerhalb der Zellen von Polychaeten[2] oder zwischen den Zellen von Oligochaeten[3] sowie als Ektosymbionten auf der Oberfläche von Einzellerkolonien wie Zoothamnium niveum.[4] Sie erhalten durch diese Lebensweise optimale Konditionen innerhalb des sulfidreichen Milieus an Hydrothermalquellen wie den Schwarzen Rauchern der Tiefsee oder in der Nähe verwesender organischer Stoffe im Flachwasser und werden durch ihre Wirte teilweise verdaut.

Endosymbiontentheorie

Die Endosymbiontentheorie besagt, dass die Mitochondrien und Chloroplasten, Zellorganellen in Eukaryoten (Pflanzen, Tiere und Pilze), zu einem frühen Zeitpunkt der Evolution aus endosymbiotisch lebenden Prokaryoten (aerobe, chemotrophe Bakterien bzw. Cyanobakterien) entstanden sind. Hierfür sprechen die Übereinstimmungen im strukturellen Aufbau und in den von den Wirtszellen abweichenden, aber mit den Prokaryoten übereinstimmenden, biochemischen Merkmale (z. B. Aufbau der Ribosomen und, soweit vorhanden, der DNA). Des Weiteren vermehren diese Zellorganellen sich durch Teilung, genau wie Bakterien es tun.

Wissenschaftliche Beschreibung

Zur wissenschaftlichen Beschreibung und Modellierung symbiontischer Systeme kommen in der Biologie Systeme gewöhnlicher Differentialgleichungen, gelegentlich aber auch kompliziertere mathematische Strukturen zum Einsatz [5]. .

Beispielsweise werden, unter Zuhilfenahme einiger idealisierender Vereinfachungen und mit den üblichen Bezeichnungen, Symbiosen zweier Spezies auf Ebene der Populationsdynamiken beschrieben durch:

 
 

falls ein Effekt der Symbiose in einer Veränderung der intrinsischen Wachstumsrate der beteiligten Populationen besteht

und

 
 

falls der primäre Effekt in einer Anpassung der Kapazitäten liegt.

Mischformen dieser beiden simplifizierenden Grenzfälle sind selbstverständlich möglich und dürfen in der Natur regelhaft vermutet werden.

Siehe auch

Quellen

  1. Luis M. Márquez u. a.: A virus in a fungus in a plant: Three-way symbiosis reuired for thermal tolerance. Science Band 315, Heft 5811 vom 26. Januar 2007, S. 513–515
  2. J. J. Childress, A. J. Arp, C. R. Fisher Jr: Metabolic and blood characteristics of the hydrothermal vent tube worm Riftia pachyptila. Mar. Biol., 83, S. 109–124, 1984
  3. N. Dubilier, A. Blazejak, C. Ruhland: Symbioses between bacteria and gutless marine oligochaetes. Prog. Mol. Subcell. Biol., 41, S. 251–275, 2006
  4. Christian Rinke, Raymond Lee, Sigrid Katz und Monika Bright: The effects of sulphide on growth and behaviour of the thiotrophic Zoothamnium niveum symbiosis. Proceedings of the Royal Society, Biological Sciences, 274 (1623), S. 2259–2269, September 2007 Online-Version (engl.)
  5. J. Murray: Mathematical Biology. Springer, 1989

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