Todesstrafe
Todesstrafe ist die durch das Gesetz legalisierte Tötung eines Menschen aufgrund eines durch ihn begangenen oder zu verantwortenden Vergehens. Sie wird durch die Hinrichtung vollstreckt.
Geschichte
Im Mittelalter war die Todesstrafe für viele Straftaten vorgesehen. Üblich war auch die öffentliche Hinrichtung zur moralischen Erbauung der Zuschauer. Oft ging der Hinrichtung auch Folter voraus. Während der Aufklärung gab es Bemühungen, die Todesstrafe humaner zu gestalten.
Deutschland
BRD
Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde die Todesstrafe durch die Einführung des Grundgesetzes (Art. 102) im Jahre 1949 abgeschafft. Die letzten Todesstrafen in diesem Gebiet wurden zwischen 1946 und 1949 im Rahmen der Nürnberger Prozesse gegen ehemalige Nazi-Größen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vollstreckt (Holocaust). In West-Berlin, das erst nach 1949 offizielles Bundesland der BRD wurde, wurde vom 11. auf den 12. Mai 1949 als Letzter der 24jährige Raubmörder Berthold Wehmeyer hingerichtet. Am 20. Januar 1951 trat in West-Berlin das Gesetz über die Abschaffung der Todesstrafe in Kraft, bestehende Todesurteile wurden schon vorher in lebenslange Haftstrafen umgewandelt.
Die Todesstrafe war im Art. 21 der hessischen Landesverfassung von 1946 bis vor kurzer Zeit immer noch verankert. Da gemäß Art. 102 GG Bundesrecht aber über dem Landesrecht steht, konnte sie trotzdem nicht verhängt und vollstreckt werden. Mittlerweile ist die Regelung abgeschafft. Artikel 47 der bayerischen Verfassung enthielt ebenfalls lange einen Passus zur Todesstrafe, nach einem Volksentscheid am 8. Februar 1998 wurde er aber gestrichen.
Ergaenzung vom 3. Maerz 2004: Die Regelung im Art. 21 der hessichen Landesverfassung besteht immer noch (Stand vom 14. Januar 2004) http://www.hessenrecht.hessen.de/gvbl/gesetze/10_1Verfassung/10-1-verfass/paragraphen/para21.htm
DDR
In der DDR kam die Todesstrafe bis zu ihrer Abschaffung 1987 als legitimierte Vollstreckungsart zum Einsatz. Seit den 1970ern wurde sie allerdings nur noch in seltenen Fällen verhängt. Die letzte Hinrichtung fand 1981 statt. Sie wurde bei Mördern, ehemaligen Kriegsverbrechern, aber auch bei Spionage, Sabotage und anderen Staatsverbrechen sowie 'konterrevolutionären Verbrechen' eingesetzt. Hierbei fand das sowjetische Strafrecht Anwendung. Die Anzahl der Vollstreckungen wird auf mehrere Hundert Hinrichtungen geschätzt. 205 Hinrichtungen sind belegt.
Österreich
Seit dem 16. Jahrhundert gab es in Österreich Bemühungen, die Todesstrafe einzuschränken oder abzuschaffen. Erste Erfolge gab es im 18. Jahrhundert, als mit der "verschärften Todesstrafe" besonders grausame Formen, wie etwa das Rädern, abgeschafft wurden.
Zwischen 1787 und 1795 wurde die Todesstrafe aus wirtschaftlichen Überlegungen abgeschafft. Man setzte die Sträflinge stattdessen zur Zwangsarbeit ein. 1795 wurde sie jedoch wieder für Hochverrat, 1803 auch für andere schwere Verbrechen wieder eingeführt. Die Strafrechtsreform von 1871 sah die Todesstrafe nur noch für Mord vor.
Während des ersten Weltkriegs galt ein Notverordnungsrecht der Regierung, und die Todesstrafe wurde wieder für andere Delikte angewandt, bis nach der Errichtung der ersten Republik 1919 die Todesstrafe für ordentliche Verfahren abgeschafft wurde. Die diktatorische Regierung von Engelbert Dollfuß griff 1934 nach dem Ausbruch der Februarkämpfe auf das nie formell abgeschaffte Notverordnungsrecht zurück und führte die Todesstrafe für zahlreiche Delikte wieder ein. Ab dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich 1938 war die Rechtslage die gleiche wie in Nazideutschland.
In der zweiten Republik war die Todesstrafe zunächst für schwere Delikte vorgesehen, wurde 1950 jedoch für ordentliche Verfahren abgeschafft, 1968 auch für standrechtliche Verfahren. Die letzte Hinrichtung fand am 24. März 1950 im Straflandesgericht Wien statt.
USA
Um das Jahr 1960 tendierte die öffentliche Einstellung langsam gegen die Todesstrafe. Viele verbündete Nationen hatten die Todesstrafe entweder ganz abgeschafft oder eingeschränkt und auch in den USA verminderte sich die Zahl der Hinrichtungen. In den Jahren um 1940 fanden noch 1.289 Hinrichtungen statt, zehn Jahre später waren es noch 715 und die Zahl fiel weiter auf 191 von 1960 bis 1976. Laut einer Umfrage im Jahre 1966 befürworteten zu dieser Zeit nur noch 42 % der amerikanischen Bevölkerung die Todesstrafe. Es wurde diskutiert, ob Menschen willkürlich zum Tode verurteilt wurden.
1972 kam der Fall Furman gegen Georgia vor den Obersten Gerichtshof der USA. Furman argumentierte, die Todesstrafe werde willkürlich und je nach Laune verhängt und verletze das 8. Amendement (Zusatz zur amerikanischen Verfassung), das jeder Person Schutz vor grausamer und ungewöhnlicher Strafe gewährt. Die Obersten Richter urteilten, dass eine Strafe "grausam und ungewöhnlich" sei, wenn sie dem Verbrechen nicht angemessen sei, wenn sie willkürlich verhängt werde, wenn sie den öffentlichen Gerechtigkeitssinn verletze und wenn sie nicht wirksamer sei als eine andere harte Strafe. Die Richter gaben Furman schließlich Recht, dass die Todesstrafe grausam und ungewöhnlich sei und das 8. Amendement verletze. Am 29. Juni 1972 erklärte der Oberste Gerichtshof 40 Todesstrafengesetze für nichtig, setzte die Todesstrafe im ganzen Land aus und wandelte die Todesurteile von 629 Gefangenen in lebenslängliche Haftstrafen um.
Die Bundesstaaten überarbeiteten ihre Todesstrafengesetze, um Willkür bei der Verhängung eines Todesurteils auszuschließen. Es wurden Richtlinien festgelegt, die es einem Richter oder den Geschworenen ermöglichen, erschwerende oder strafmildernde Faktoren zu berücksichtigen. Weiterhin wurden zwei unterschiedliche Phasen der Gerichtsverhandlung eingeführt – eine, in der über Schuld oder Unschuld des Angeklagten entschieden wird, eine zweite, in der im Falle eines Schuldspruchs die Höhe der Strafe bestimmt wird. Außerdem wurden automatische Rechtsmittel festgelegt, nach denen Urteil und Strafe in der Berufung noch einmal geprüft werden können. 1976 wurde die Todesstrafe wieder in Kraft gesetzt.
Die Hinrichtungen wurden am 17. Januar 1977 wieder aufgenommen. Gary Gilmore wurde in Utah durch ein Erschießungskommando getötet. Am 2. Dezember 1982 war Charles Brooks der erste Gefangene, der durch die Giftspritze starb. Er wurde in Texas getötet. Seither wurden 900 Menschen in den USA hingerichtet, zur Zeit warten über 3700 Verurteilte auf ihre Hinrichtung.
Weitere Länder
Als erstes Land, welches auf die Todesstrafe verzichtete, war Schweden im Jahre 1821.
Die Schweiz schaffte das Gesetz 1942 ab, doch das Militärstrafrecht hielt sich bis 1992.
Weitere Abschaffungsdaten:
- 1863 Venezuela (erste Nation Amerikas)
- 1928 Island
- 1972 Schweden (Nach Wiedereinführung)
- 1976 Portugal, Tuvalu (erste Nation Ozeaniens)
- 1978 Dänemark
- 1979 Norwegen
- 1981 Frankreich, Kap Verde (erste Nation Afrikas)
- 1982 Niederlande
- 1985 Australien
- 1989 Neuseeland, Kambodscha (erste Nation Asiens)
- 1993 Griechenland
- 1994 Italien
- 1995 Spanien
- 1996 Belgien
- 1997 Südafrika
- 1998 Kanada, Vereinigtes Königreich
Aktuelle Situation
Die Todesstrafe wurde in allen europäischen Ländern, seit kurzem auch in der Türkei, abgeschafft und wird dort von breiten Gesellschaftsschichten nicht mehr akzeptiert. Trotzdem flammen immer wieder hitzige Diskussionen über eine Wiedereinführung auf v. a. im Zusammenhang mit Sexualverbrechen. In anderen Ländern wie dem Irak, dem Iran, Nordkorea und den USA wird sie immer noch angewendet und befürwortet.
Gegenwärtig ist nach Angaben von Amnesty International (AI) die Todesstrafe in 112 Ländern de jure oder de facto abgeschafft - in 76 ist sie per Gesetz verboten, in 15 Ländern ist sie mit Ausnahmen (z. B. bei Kriegsverbrechen) ausgesetzt, in 21 Ländern wurde seit 10 Jahren kein Todesurteil mehr vollstreckt. Anwendung findet die Todesstrafe noch in 83 Ländern. Dies sind in alphabetischer Reihenfolge (Stand 1.1.2003):
Ägypten, Äquatorial Guinea, Äthiopien, Afghanistan, Algerien, Antigua und Barbuda, Bahamas, Bahrain, Bangladesch, Barbados, Weißrussland, Belize, Benin, Botswana, Burundi, Volksrepublik China, Dominikanische Republik, Eritrea, Gabun, Ghana, Guatemala, Guinea, Guyana, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Jamaika, Japan, Jemen, Jordanien, Kamerun, Kasachstan, Katar, Kirgistan, Kenia, Komoren, Demokratische Republik Kongo, Nordkorea, Südkorea, Kuba, Kuwait, Laos, Lesotho, Libanon, Liberia, Libyen, Malawi, Malaysia, Marokko, Mauretanien, Mongolei, Myanmar, Nigeria, Oman, Pakistan, Palästinensische Autonomiegebiete, Philippinen, Ruanda, Saint Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Sambia, Saudi Arabien, Sierra Leone, Simbabwe, Singapur, Somalia, Sudan, Swasiland, Syrien, Tadschikistan, Taiwan, Tansania, Thailand, Trinidad und Tobago, Tschad, Tunesien, Uganda, USA, Usbekistan, Vereinigte Arabische Emirate, Vietnam.
Circa 90% von weltweit 3.048 Hinrichtungen pro Jahr entfielen 2001 auf nur vier Staaten: China mit 2468 Hinrichtungen, gefolgt von Iran (139), Saudi-Arabien (79) und den USA (66).
Zu den Arten des Vollzugs der Todesstrafe siehe Hinrichtung.
Argumente Pro-Contra
Die Tatsache, dass eine Hinrichtung nicht mehr rückgängig zu machen ist, ist eines der stärksten Argumente gegen die Todesstrafe. Zahlen von Amnesty International belegen, dass seit 1900 in den USA mindestens 450 Menschen zum Tode verurteilt worden sind, deren Unschuld später bewiesen wurde. Bei einigen wurde erst posthum die Unschuld festgestellt. Das zweite Argument ist, dass sich der Staat nicht auf die Stufe des Verbrechers stellen soll.
Eines der stärksten Argumente, das für die Todesstrafe angeführt wird, ist der Gedanke der Sühne. Wurde die Todesstrafe verhängt, weil der Täter ein Leben ausgelöscht hat, so empfinden dies nicht nur die Angehörigen des Opfers meist als einzig akzeptable Vergeltung. Desweiteren erhoffen sich die Befürworter der Todesstrafe einen wirksamen Abschreckungseffekt, der potentielle andere Täter von der Begehung einer schweren Straftat abhalten soll.
Über die Einführung bzw. die Abschaffung der Todesstrafe wird in vielen Ländern der Welt heftig gestritten. Vor allem in den USA wird das Thema der Todesstrafe immer wieder zu einem Wahlkampfthema.
Europäische Menschenrechtskonvention
Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sah zunächst die Todesstrafe als gerechtfertigte Strafe nach Art. 2 EMRK vor. Daraufhin wurde das 6. Fakultativprotokoll der EMRK zur Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten aufgelegt. Deutschland ist der Konvention 1989 beigetreten. Mit dem 13. Fakultativprotokoll der EMRK wurde schließlich auch die Todesstrafe in Kriegszeiten als abgeschafft erklärt. Diesem Fakultativprotokoll ist Deutschland zwar beigetreten, hat es aber noch nicht in inländisches Recht transformiert. Sämtliche Staaten des Europarates haben die Todesstrafe de jure oder de facto inzwischen vollständig abgeschafft (mit Ausnahme der Staaten, die das 6. Fakultativprotokoll noch nicht ratifiziert haben - Russland, Türkei, Armenien, Aserbaidschan).
Berühmte Kritiker der Todesstrafe
- Albert Camus in Fragen der Zeit (bei rororo)
Weblinks
- Todesstrafe.de
- Informationen zur Todesstrafe in den USA
- amnesty international Deutschland (s.u.Themen)
- Initiative gegen die Todesstrafe e. V.
Siehe auch: Verbrechen, Strafgesetzbuch, Menschenrechte, Blutgerichtsbarkeit, Todeszelle