Passivhaus

Haus, das keine fossile Energiezufuhr (Heizung) benötigt
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Unter einem Passivhaus wird in der Regel ein Gebäude mit einer Lüftungsanlage verstanden, welches aufgrund seiner guten Wärmedämmung keine klassische Heizung benötigt.

Schiestlhaus, Hochschab, 2154 m ü. A., Marie Rezac 2004/05 – erstes hochalpines Passivhaus

Diese Häuser werden „passiv“ genannt, weil der überwiegende Teil des Wärmebedarfs aus „passiven“ Quellen gedeckt wird, wie Sonneneinstrahlung und Abwärme von Personen und technischen Geräten. Das Ergebnis ist ein hoher Wohnkomfort, gekoppelt mit einem niedrigen Energieverbrauch. Die Bauweise ist nicht auf bestimmte Gebäudetypen beschränkt, es ist auch in Umbauten und Sanierungen möglich, diese Standards zu erreichen.

Passivhausbauweise

Funktionsprinzip

 
Schematischer Aufbau Passivhaus

Ein typisches Passivhaus verfügt über die in der Abbildung dargestellten Konstruktionsmerkmale. Abweichungen sind an jeder Stelle möglich, solange die Gesamtqualität erhalten bleibt (funktionaler Standard).

Wärmedämmung

Der Schwerpunkt bei der Energieeinsparung im Passivhaus ist die Reduzierung der Energieverluste durch Transmission und Lüftung. Dies wird erreicht durch eine gute Wärmedämmung aller Umfassungsflächen (Dach, Kellerwände, Fundamente, Fenster), eine weitgehend dichte Gebäudehülle und eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung aus der Abluft. Vor allem muss darauf geachtet werden, dass keine Wärmebrücken und Undichtheiten entstehen. Dies gilt auch für die Anschlüsse.

 
Querschnitt durch ein Kunststoff- bzw. Holzfenster für Passivhaus-Anwendungen

Die Fenster werden bei mitteleuropäischen Passivhäusern meist dreifach verglast, haben selektive Schichten zu jedem Scheibenzwischenraum und sind mit dem Edelgas Argon (selten auch Krypton) gefüllt. Obwohl derartige Fenster immer einen schlechteren Wärmedämmwert aufweisen als gut wärmegedämmte Wände, sorgt doch ein wenig verschattetes Südfenster dieser Qualität durch solare Energiegewinne im Winter für eine positive Energiebilanz. Inzwischen gibt es spezielle Fensterkonstruktionen für Passivhäuser, zum Beispiel mit zwei hintereinander liegenden Fensterflügeln, die höhere solare Gewinne und bestmöglichen Wärmeschutz garantieren. Die Sonnenschutz-Rollos im Zwischenraum integriert, vermeiden Wärmebrücken im Rollladenbereich. Dieser breite Zwischenraum sorgt zusätzlich für die Vermeidung von Wärmeverlusten.

Neuere Erkenntnisse zeigen, dass möglichst schmale Rahmen den relativen Anteil der Glasflächen und damit den Energieeintrag optimieren. Die Fensterentwicklungen gehen demnach in diese Richtung. Auch trägt die Art der Einbindung des Fensters im Wandquerschnitt ganz entscheidend zur Wärmedämmung bei.

Lüftung

Die Gebäudehüllen von Neubauten sind heute generell wenig luftdurchlässig. In Folge dessen ist ausreichender natürlicher Luftaustausch bei geschlossenen Fenstern nicht gegeben. Deshalb werden heute, nicht nur bei Passivhäusern, Lüftungsanlagen eingebaut, die für den Abtransport von verbrauchter Luft und Wasserdampf und damit für ein angenehmes Raumklima sorgen. Gleichzeitig ist eine gute Wärmedämmung wünschenswert, um die Energiekosten niedrig zu halten. Bei einem Passivhaus wird nun die Wärmedämmung so ausgelegt, dass die Lüftung als Heizung ausreicht. Die durch Luft übertragbare Wärmemenge ist begrenzt, bei etwa 50 Grad würde Staubverschwelung einsetzen. Die Wärmedämmung wird so ausgelegt, dass die Wärmemenge durch Zulufterwärmung auch am kältesten Tag ausreicht, um die behaglichen Innentemperaturen zu erreichen.

  • Passivlüftung: Zur Luftvorwärmung kann ein Erdwärmeübertrager vorgeschaltet werden. Hierzu wird ein Rohr unterirdisch verlegt, das die Zuluft im Winter vorwärmt und im Sommer vorkühlt. Damit kann ohne zusätzliche Vorheizung eine Vereisung des Wärmerückgewinnungsgerätes vermindert werden. Auch hydraulische Erdwärmetauscher haben sich gut bewährt. Letztere haben den Vorteil weitgehender Wartungsfreiheit. Bei Neubauten können sie in Form von Fundamentabsorbern ausgeführt werden.
  • Aktivlüftung: Die sehr geringe Heizlast eines Passivhauses erlaubt eine Beheizung ausschließlich über die Lüftungsanlage. Dies erfolgt häufig über einen Wasser-Luft-Wärmeüberträger, ein elektrisches Nachheizregister oder eine direkt integrierte Wärmepumpe. Die Zuluft darf dabei nicht über 57 °C aufgeheizt werden, da es sonst zu einer Geruchsbelästigung durch Staubverschwelung kommen kann. Somit kann die maximale Heizleistung nur noch durch einen höheren Volumenstrom gesteigert werden, was Nachteile wie Geräusche, Austrocknung und Zugerscheinungen mit sich bringen kann.

In einem richtig ausgeführten Passivhaus ist die maximale Heizlast immer (auch im Winter) mit der hygienischen Luftwechselrate von 0,3/h erreichbar.

Um auch die Lüftungswärmeverluste zu begrenzen, benötigen Passivhäuser eine kontrollierte Wohnraumlüftung. Diese sorgt für den aus hygienischen Gründen notwendigen Luftaustausch. Daher wird etwa alle 1 bis 4 Stunden die Luft im Haus ausgetauscht (Luftqualität). Bei diesen geringen Luftvolumenströmen sind weder Luftbewegung, Zugluft oder Geräusche wahrnehmbar. Bei höheren Luftwechselraten und bei zu engen Kanälen können Strömungsgeräusche wahrnehmbar sein. Die frische, gefilterte und vorgewärmte Zuluft wird den Wohn- und Schlafräumen zugeführt, gelangt von dort durch Überstromöffnungen (beispielsweise in bzw. über den Türen oder mittels unterschnittener Türblätter) in die Flure und wird in Küchen, Bädern und WCs wieder abgesaugt. Von dort geht die Abluft durch Kanäle zum Wärmeübertrager und schließlich als Fortluft nach draußen. Das Herzstück der Lüftungsanlage ist die Wärmerückgewinnung mit einem Gegenstrom-Wärmeübertrager. Die Wärme aus der Abluft wird zu 80 bis 95 % an die Zuluft abgegeben, dabei findet keine Vermischung der Luft statt. Im normalen Betrieb beträgt der Stromverbrauch einer solchen Anlage ohne Heizfunktion für ein Einfamilienhaus etwa 40 Watt. Es gibt auch Geräte mit einem Rotationswärmetauscher oder Rotationswärmeübertrager, diese haben den Vorteil, dass auch ein Teil der Luftfeuchtigkeit wieder rückgewonnen wird. Der Luftfilter kann auch gegen einen Pollenluftfilter ausgetauscht werden.

Heizung

Ein großer Teil des Heizwärmebedarfes wird in Passivhäusern über innere Gewinne, d. h. die Wärmeabgabe von Personen und Geräten sowie über solare Gewinne (Wärmeeintrag über die Fenster), gedeckt.

Der dann noch bestehende geringe Restwärmebedarf kann prinzipiell durch beliebige Quellen bereitgestellt werden (z. B.: Erdgasheizung, Fernwärme, Wärmepumpe, Elektrogebäudeheizung, thermische Solaranlage oder Pelletofen). Die benötigte Heizleistung ist mit höchstens 10 W/m² bei −10 °C Außentemperatur sehr gering, so dass ein 100 m²-Haus eine maximale Heizlast von 1 kW hat, was theoretisch von einem elektrischen Heizlüfter oder Haartrockner geleistet werden kann.

Die erforderliche Leistung des Wärmeerzeugers bemisst sich daher eher am Warmwasserenergiebedarf der Bewohner, der in einem Passivhaus anteilig größer ist als der Heizenergiebedarf.

Man greift bei Passivhäusern oft auf so genannte Kompaktgeräte zurück, die eine kontrollierte Wohnraumlüftung (KWL), Warmwasserbereitung, eine Mini-Wärmepumpe und Elektrozusatzheizung in einem Gerät vereinen und keine klassische Gebäudeheizung darstellen.

Wohngefühl

Konstante Innentemperatur

Die wesentliche und besondere Eigenschaft eines Passivhauses ist die konstante Innentemperatur. Das gilt sowohl über das Jahr gesehen als auch über einen Tag sowie für einzelne Räume. Die Innentemperatur ändert sich nur sehr langsam – bei ausgeschalteter Heizung sinkt sie im Passivhaus um weniger als 0,5 °C am Tag (im Winter, wenn keine Sonne scheint). Alle Wände und Böden haben dieselbe Temperatur, dies gilt ebenfalls für den Keller, wenn er innerhalb der thermischen Hülle liegt. Es gibt keine „kalten“ Außenwände oder Fußböden, Schimmelbildung ist dadurch ausgeschlossen. Im Sommer sorgen sowohl die Wärmedämmung als auch ein möglicherweise vorhandener Erdwärmeübertrager dafür, dass das Gebäude angenehm kühl bleibt, und zumindest in Mitteleuropa keine Klimaanlage erforderlich ist. Das gilt auch für Bürogebäude und Schulgebäude im Passivhausstandard (Quelle: Arbeitskreisbände Sommerklima und Passivhaus-Schulen).

Luftqualität

Die kontrollierte Wohnraumlüftung eines Passivhauses stellt durch Luftfilter eine bessere Luftqualität als Außenluft sicher und kann die Funktion der Heizung übernehmen, wenn die maximale Heizlast in allen Fällen und über die Lebensdauer des Hauses unter 10 W/m² bleibt. Ein schnelles Aufheizen ist mit einer alleinigen Heizung über Kontrollierte Wohnraumlüftung wegen der aus Komfortgründen geringen Luftwechselrate von 0,4/h bis 1,0/h nicht möglich. Zusätzliches Lüften ist immer möglich, aber im Grunde nicht mehr notwendig.

Die in manchen Fällen berichtete niedrigere relative Luftfeuchte besonders in Kälteperioden im Winter kann durch eine Reduzierung der Luftwechselrate angehoben werden, was aber der Heizungsfunktion entgegenwirkt, wenn ausschließlich über Frischluft geheizt wird. Es werden auch Geräte mit einer integrierten Feuchterückgewinnung angeboten.[1]

Kosten

Erfahrungen zeigen, dass der Neubau etwa 5–15 % teurer als ein konventionell gebautes Haus nach dem derzeit gültigen Energiestandard EnEV sei. Bei Sanierungen von Altbauten würden sich diese Mehrkosten erfahrungsgemäß zwischen 12 % und 18 % bewegen.[2][3] Die Kosten für die Lüftungsanlage im Einfamilienhaus betragen ca. 6.000 bis 10.000 € (2007) fertig eingebaut je nach Ausstattung.

Es muss eine Amortisationszeit von mehr als 10 Jahren in Kauf genommen werden, die im Wesentlichen von der nicht vorhersehbaren Energiepreissteigerung abhängt.

Mehrkosten beim Passivhaus

  • Besonders gute Wärmedämmung - Materialkosten für den Dämmstoff (nach Volumen)
  • Lüftungstechnik mit Wärmerückgewinnung
  • Sehr hoch dämmende Fenster mit Dreifach-Wärmeschutzverglasung
  • Aufwändigere Detaillösungen für die Abdichtung (luftdichte Hülle notwendig)
  • In manchen Fällen Aufwand bei Sonderlösungen (beispielsweise für eine Katzenklappe)

Minderkosten beim Passivhaus

  • Kaminzüge nicht notwendig (bei Wärmepumpe)
  • keine Heizkörper, Wand- oder Fußbodenheizung und dazu zugehörige Technik
  • Eigener Heiz- oder Brennstofflagerraum nicht notwendig
  • Geringere Unterhaltskosten für Warmwasser und Heizung, keine Kaminkehrerkosten

Unterhaltskosten

Da im Normalfall als Heizung eine Wärmepumpe zum Einsatz kommt, die Strom verbraucht, wird der Strombedarf insgesamt höher. Dafür fallen keine gesonderten Heizungskosten an. Die Wärmepumpen erreichen unter Einsatz von 1 kWh elektrischer Energie je nach Bauart in etwa 2,3–4,7 kWh Heizleistung. Die Leistungsrate wird als Coefficient Of Performance (COP) in den Anlagenbeschreibungen ausgewiesen. Der gesamte Stromverbrauch (Warmwasser, Licht, Heizung etc.) eines Passiv-Einfamilienhauses mit 160 m² Gesamtfläche kann laut Wolfgang Feist, dem Gründer des Passivhaus Institut in Darmstadt, mit etwa 6400 kWh im Jahr angenommen werden[4]. Etwa jeweils die Hälfte davon ist Wärmebedarf (Heizung/Warmwasser) und sonstiger Verbrauch (Licht, Küchengeräte etc.). Der Wartungsaufwand für die Haustechnik entspricht dem eines normalen Wohnhauses.

Förderung

In Deutschland werden Passivhäuser durch ein zinsvergünstigtes Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau gefördert. Darüber hinaus gibt es in vielen Bundesländern regionale Förderprogramme. In Österreich werden Passivhäuser, die alle Bestimmungen erfüllen, mit bis zu 10 % der Baukosten gefördert.

Das Land Tirol fördert Passivhäuser im Zuge der Wohnbauförderung mit einer Zusatzförderung für energiesparende Bauweise mit 14 Punkten. Die Förderungshöhe eines Punktes ergibt sich aus der förderbaren Wohnnutzfläche (m²) × 8 €. Beispiel: Förderungswerber Familie mit vier Personen, maximale geförderte Wohnfläche 110 m² × 8 ist 880 € pro Punkt × 14 Punkte = 12.320 € Zusatzförderung (Stand Juni 2007).

Das Land Vorarlberg fördert Passivhäuser mit einem Satz von bis zu 1.100 € je Quadratmeter bis zu 150 m² = 165.000 € maximal, sofern die Richtlinien erfüllt wurden (Einkommensgrenzen, Grundriss, Personen). Diese Förderung muss jedoch über eine Laufzeit von circa 30 Jahren mit extrem niedrigem Zinssatz und nicht wertgesichert getilgt werden, sodass dies auch eine stark fördernde Wirkung für Jungfamilien und die Bauwirtschaft direkt hat.

Vergleich

Es ist umstritten, ob die Haustechnik bei einem Passivhaus (Lüftung + Wärmepumpe) ungefähr gleich teuer ist wie bei einem konventionellen Haus ohne Lüftung (Heizkörper + Heizung). Die Baukosten erhöhen sich effektiv um den Betrag, den die bessere Wärmedämmung kostet (Fenster, Isolation), laut CEPHEUS um etwa 5–8 %. Die CEPHEUS-Studie kam zu dem Schluss, dass die kapitalisierten Gesamtkosten über 30 Jahre bei einem Passivhaus nicht höher seien als bei einem konventionellen Neubau. Den ab dem ersten Tag höheren Kapitalkosten würden die ab dem ersten Tag niedrigeren Energiekosten gegenüber stehen. Unter dem Strich blieben der Vorteil der höheren Wohnqualität durch die Lüftung, die Sicherheit gegenüber zukünftigen Energiepreiserhöhungen und die bessere CO2-Bilanz.

Passivhausstandards

Aufbauend auf der Passivhausbauweise wurden Energiestandards entwickelt. Dabei kann man heute von einem Richtwert des flächenbezogenen jährlichen Heizwärmebedarfs von 15 kWh/(m²a) augehen. Bei diesem Wert wird die bedeutendste Einsparung im Vergleich zum konventionellen Wohnungsbau beim Heizstoffverbrauch erzielt: Dies entspricht einem Verbrauch Heizöläquivalent von etwa 1,5 Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr.

Zertifizierungen anhand von Energiestandards wurden von privatwirtschaftlichen, aber auch staatlichen Stellen auf gesetzlicher oder Normen-Basis definiert. Erstere dienen vorrangig als Qualitätssicherungsmaßnahme im Sinne einer Absicherung im Baugewerbe und für den Kunden, zweitere auch zur Umsetzung der Ziele des Kyoto-Protokolls (Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen UNFCCC, Zusatzprotokoll Konferenz Kyōto 1997) und der Abwicklung von Förderungsmaßnahmen.

Passivhaus Institut: PHPP-Standard (Qualitätsgeprüftes Passivhaus)

 
Logo des PHI und Qualitätsgeprüftes Passivhaus

Vom Passivhaus Institut (PHI) in Darmstadt wird das Konzept Passivhaus Projektierungspaket (PHPP)[5] erarbeitet. Darin sind folgende grundlegende Rahmenbedingungen festgelegt:[6]

  • Energiekennwert Heizwärme max. 15 kWh/(m²a) oder Heizwärmelast max. 10 W/m²
  • Drucktestluftwechsel n50 max. 0,6 h-1
  • Energiekennwert gesamte Primärenergie max. 120 kWh/(m²a) inkl. Haushaltsstrom

Für Nichtwohngebäude gilt zusätzlich:[7]

  • Energiekennwert Nutzkälte max. 15 kWh/(m²a)
  • sowie allfällige Sonderbedingungen für vom kühl-gemäßigtem Klima Europas abweichende Standortbedingungen und Sonderfälle der Gebäudenutzung

Das PHPP-Konzept besteht aus einem umfangreichen Kriterienkatalog. Auf Basis dieser Rahmenbedingungen zertifiziert das Institut Gebäude mit dem Label Qualitätsgeprüftes PASSIVHAUS Dr. Wolfgang Feist.

Das Passivhaus Institut ist eine vom Pionier des energiesparenden Bauens Wolfgang Feist gegründeten Forschungstelle, und eine der führenden Institutionen auf dem Gebiet des Passivhausbauens. Es war maßgeblich an der Entwicklung der deutschen Energiestandard-Normen beteiligt, und auf dem PPHP-Standard setzt etwa auch der österreichische staatliche klima:aktiv-Standard auf.

Deutschland: Energiestandard

Der Begriff beschreibt nach deutscher Normenlage einen Energiestandard für Gebäude. Die präzise Definition lautet:

„Ein Passivhaus ist ein Gebäude, in welchem die thermische Behaglichkeit (ISO 7730) allein durch Nachheizen oder Nachkühlen des Frischluftvolumenstroms, der für ausreichende Luftqualität (DIN 1946) erforderlich ist, gewährleistet werden kann – ohne dazu zusätzlich Umluft zu verwenden.“

Die genauen Anforderungen an ein Passivhaus sind im Passivhaus-Energiestandard beschrieben. Dieser ist die Weiterentwicklung des Standards für Niedrigenergiehäuser. Eine Prüfstelle für die Einhaltung der Normen existiert in Deutschland nicht.

Österreich: Art. 15a-Vereinbarung, klima:aktiv Gebäudestandard

In Österreich[8] gibt es leider eine unglückliche Formulierung, siehe Fußnote, zur Definition eines Passivhauses in der 15a-Vereinbarung. Allerdings wird hier schon die in Überarbeitung befindliche ÖNORM angedeutet mit deren Erscheinen voraussichtlich 2012 zu rechnen ist.

Datei:Klimaaktiv logo.png
Logo klima:aktiv-Initiative des BMVIT

Daneben ist der Passivhausstandard auch in der Ergänzung zum neueren klima:aktiv Gebäudestandard implementiert, wo der Kriterienkatalog zu etwa 60 % auf dem PPHP-Standard des Passivhaus Instituts Darmstadt aufsetzt.[9] Dort gelten:

  • Bedarf Heizung, Warmwasserbereitung sowie Hilfsstrom für Heizung und Lüftung (Heizenergiebedarf HEB und Raumlufttechnikenergiebedarf RLTEB) ≤ 65 kWh/m2WNFa
  • Heizwärmebedarf (HWB) ≤ 15 kWh/m2WNFa
  • Luftdichtheit n50 ≤ 0,6 h-1
  • Komfortlüftung optimiert (nach Vornorm ÖNORM H 6038 oder DIN 1946)

Seit dem 1. Januar 2007 ist in Vorarlberg ein Gesetz in Kraft, das die Passivbauweise für alle neuen öffentlichen Bauten zwingend vorschreibt.

Schweiz: Minergie-P

 
Logo des Vereins und Standards Minenergie

In der Schweiz besteht der Begriff als solcher nicht, Gebäude dieses Typs werden mit einem Gebäudelabel nach Minergie-Standard klassifiziert, dem Standard Minergie-P. Zertifizierungsstelle ist die Hochschule Luzern – Technik & Architektur (HSLU).

Geschichte und Ausblick

Realisierung und Stand der Passivhaustechnik

 
Das erste Passivhaus Deutschlands

Das erste Passivhaus in Deutschland wurde 1991 in Darmstadt-Kranichstein von Dr. Wolfgang Feist, seinerzeit am Institut Wohnen und Umwelt (IWU) gebaut. Der Heizenergieverbrauch der vier Reihenhauseinheiten beträgt durchschnittlich 10 kWh/m2a und ist seitdem konstant geblieben.

Das erste freistehende Passiv-Wohnhaus wurde von oehler faigle archkom 1998 in Bretten gebaut.[10] Das erste deutsche Mehrfamilien-Passivhaus befindet sich seit 1999 in Freiburg, Stadtteil Vauban.[11] Es folgten ganze Passivhaussiedlungen in Wiesbaden (21 Häuser), Hannover-Kronsberg (32 Häuser) und Stuttgart (52 Häuser) und in den Jahren 1999 bis 2001 wurden im Rahmen von CEPHEUS weitere 221 Wohneinheiten in fünf EU-Ländern (D, S, F, CH, A) an 14 Standorten errichtet – alle mit intensiven Messprogrammen, welche die vollständige Erfüllung der Erwartungen bestätigen. Europas erstes großes Bürogebäude im Passivhausstandard mit Solar-Saisonspeicher entstand 1998 als Firmenzentrale eines Unternehmens in Cölbe bei Marburg.[12] Das erste mal im Sozialwohnungsbau wurde die Maßnahme 2000 in Kassel eingesetzt (40 Einheiten)[13] Das derzeit weltgrößte Passiv-Bürogebäude Energon wurde 2002 in Ulm errichtet. Mit dem Schiestlhaus am Hochschab, Planung Marie Rezac, wurde 2004/05 auf 2154 m ü. A. das erstes hochalpine Gebäude in Passivbauweise fertiggestellt.

Inzwischen sind viele Tausend Passivhäuser, hauptsächlich in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Italien (Südtirol) bewohnt, davon mehrere Großsiedlungen, in denen der niedrige Verbrauch und die gute Behaglichkeit durch wissenschaftliche Begleitstudien (CEPHEUS) bestätigt wurde. Etwa die Hälfte dieser Häuser steht in Österreich, das auf dem Gebiet der Energiesparhäuser führend ist. Es fördert seit 1996 Energiesparhäuser, und bis 2009 waren ca. 8.000 Wohnungen in A++-Standard ausgeführt, weitere 5.000 sind in Bau/Umbau.[14] Es gibt Passivhäuser als Massiv-, Holz-, Lehm- und in Schalungstechnikbauweise, wie auch als Polystyrolsteinhaus. Inzwischen wurden auch Bürogebäude, Heime, Schulen, Turnhallen und sogar Industriegebäude mit Passivhausstandard gebaut.

Das erste Passivhaus in den USA wurde 2003 in Urbana, Illinois als privates Wohnhaus errichtet.[15] 2006 wurden ein weiteres Passivhaus im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus in Urbana und die BioHaus Schule in Bemidji, Minnesota für das Deutsch-als-Fremdsprache-Programm Waldsee mit Hilfe der Deutschen Bundesstiftung Umwelt fertiggestellt.[16] Besonderes Medienpräsenz erreicht das Österreich-Haus in Whistler (British Columbia) für die olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver, das in Passivhaus-Standard ausgeführt ist – in Nordamerika ist diese Technik weitgehend unbekannt, es wurden erst ein paar Dutzend Häuser errichtet.

Modernisierung bestehender Gebäude

In jüngster Zeit gibt es zunehmend Bestrebungen, auch ältere Gebäude auf Passivhausstandard umzurüsten. Im Wesentlichen gelten dabei die gleichen Voraussetzungen wie beim Neubau, allerdings ist die planerische und handwerkliche Umsetzung ungleich aufwändiger.

Ein erstes Projekt wurde erfolgreich in Hannover umgesetzt. Sehr gut dokumentiert sind die „Modernisierungen mit Passivhaus-Komponenten“ in Nürnberg[17], Ludwigshafen und Frankfurt a.M. Bei diesen Umbauten wurde der Energieverbrauch für Heizung jeweils um mehr als 85 % verringert. Verwendet wurden dabei die gleichen Prinzipien und Bauteile, die für den Neubau von Passivhäusern entwickelt worden sind.

Siehe auch

Literatur

  • CEPHEUS Projektinformationen. Pro Klima, Hannover und Passivhaus Institut, Darmstadt (Übersicht)
  • Wolfgang Feist: Gestaltungsgrundlagen Passivhäuser. Verlag Das Beispiel, Darmstadt
  • Anton Graf: Neue Passivhäuser. Callway, München 2003 ISBN 3-76-671568-2.
  • Carsten Grobe: Passivhäuser Planen und Bauen. Callway Verlag-München 2002, ISBN 3-7667-1515-1.
  • Krapmeier/Drössler: CEPHEUS Wohnkomfort ohne Heizung. Springer WienNewYork, ISBN 3-211-83720-5.
  • Passivhaus Kompendium 2010. Laible Verlagsprojekte, Allensbach 2009, ISBN 978-3-00-029568-3.
  • Heinz-Jörn Moriske, Michael Wensing: Untersuchungen zur raumlufthygienischen Situation in energetisch sanierten Altbauten und in einem Passivhaus. In: Gefahrstoffe - Reinhaltung Luft 67(3), 2007, S. 85–90, ISSN 0949-8036.
  • Stefan Oehler: Große Passivhäuser. Kohlhammer, 2004, ISBN 3-17-017271-9.
  • Fred Ranft, Doris Haas-Arndt: Energieeffiziente Altbauten - Durch Sanierung zum Niedrigenergiehaus. Hrsg. vom Fachinformationszentrum Karlsruhe, BINE Informationsdienst, TÜV Verlag 2004, ISBN 3-93-459555-3.
  • Dietmar Siegele: Passivhaus - Das Bauen der Zukunft. BoD 2007, ISBN 3-8370-0644-1

Medien

  • Bauen mit Hausverstand. Das Haus der Zukunft. Film von Claudia Hefner und Peter Giczy, ORF 2005, Erstausstrahlung Modern Times Spezial 16. Dezember 2005 (Dokumentation über das Schiestlhaus/Hochschwab, Lehm-Bürohaus Tattendorf bei Baden, SOL4-Projekt in Mödling; Weblink hausderzukunft.at, Endbericht, pdf)
Commons: Passivhaus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Institutionen:

Material:

  • Passivhaus: Übersicht, energiesparhaus.at (thermische und energetische Rahmenbedingungen beim Passivhausbau, Grundlagen)

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Feist: Lüftung und Luftfeuchtigkeit – Zusammenhänge verständlich erklärt. passivhaustagung.de, 16. September 2006, abgerufen am 4. Februar 2010.
  2. Pro Klima, Passivhaus Institut (Hrsg.): CEPHEUS-Projektinformation. Technischer Endbericht. Nr. 35, Juli 2001, S. o.A. (pdf, enercity.de [abgerufen am 2010-00-00]).
  3. Klein: Kosten Passivhaeuser. Beitrag Fachtagung Klimaschutz im Wohnungsbau 2009. 2009 (pdf, iwu.de).
  4. Vom Niedrigenergiehaus zum Passivhaus, lpb-bw.de
  5. Wolfgang Feist, Passivhaus Institut (Hrsg.): PHPP 2007: Passivhaus Projektierungs Paket 2007. 7. Auflage. Darmstadt 2007 (Informationen [abgerufen am 4. Februar 2010]).
  6. Zertifizierung als "Qualitätsgeprüftes Passivhaus". Kriterien für Passivhäuser mit Wohnnutzung. In: Passivhaus Institut (Hrsg.): Passivhaus Projektierungspaket PHPP 2007. Darmstadt 2009 (Aktuelle Stand online. Abgerufen am 4. Februar 2010. – Stand 6. August 2009).
  7. Zertifizierung als "Qualitätsgeprüftes Passivhaus". Kriterien für Passivhäuser mit Nicht-Wohnnutzung (NiWo). In: Passivhaus Institut (Hrsg.): Passivhaus Projektierungspaket PHPP 2007. Darmstadt 2009 (Aktuelle Stand online. Abgerufen am 4. Februar 2010. – Stand 6. Juni 2009).
  8. Bund (Hrsg.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen. Wien 2009 (Aktion „Passivhaus“ ein Gebäude mit einer Energiekennzahl von bis zu 10 kWh/(m².a) nach Berechnungsmethode des Österreichischen Instituts für Bautechnik (OIB) bzw. bis zu 15 kWh/(m².a) nach Berechnung gemäß Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP). Es kann alternativ auch die Begriffbestimmung einer einschlägigen ÖNORM herangezogen werden.).
  9. Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik, Energieinstitut Vorarlberg (Hrsg.): klima:aktiv haus Kriterienkatalog – Passivhaus Version 3.3.6., 30. November 2008 (pdf)
  10. D-75025 Bretten (Baden-Württemberg) Projekt-ID: 0451. In: Gebaute Passivhaus Projekte Projektdatenbank. passivhausprojekte.de, 13. Oktober 2006, abgerufen am 4. Februar 2010.
  11. Andreas Delleske: Passivhaus »Wohnen & Arbeiten« Walter-Gropius-Strasse 22. , abgerufen am 4. Februar 2010.
  12. R. Wagner, K. Vajen, S. Beisel, W. Feist, K. Schweitzer, U. Rustige, H. Ackermann: Verwaltungsgebäude nach Passivhausstandard: Meßtechnische Begleitung und systemtechnische Untersuchungen. Hrsg.: Universität Marburg, Fachbereich Physik. (pdf, archiv.solarbau.de [abgerufen am 4. Februar 2010]).
  13. Selbst ist der Heizkörper. In: DIE ZEIT. 26. Januar 2006, S. 3 (Webartikel).
  14. Herwig Steinkellner: Passivhaustage wecken das Interesse. In: Salzburger Nachrichten. Bauen, S. 27, Sp. 2. Vorlage:Salzburger NachrichtenJahr= Monat= Tag= wird nicht mehr unterstützt; jetzt Datum=.
  15. Lloyd Alter (Toronto): A Passiv Haus in Urbana, Illinois. In: Design & Architecture. treehugger, 23. Januar 2008, abgerufen am 4. Februar 2010 (englisch).
  16. Willkommen to Das BioHaus! Concordia Language Villages, 22. Februar 2007, archiviert vom Original; abgerufen am 4. Februar 2010 (englisch).
  17. Altbaumodernisierung mit Passivhaus-Komponenten. passivhaustagung.de