Die ehemalige Gemeinde Alstaden ist ein Stadtteil der kreisfreien Stadt Oberhausen in Nordrhein-Westfalen, der im Südwesten des Stadtbezirks Alt-Oberhausen liegt und Ende 2008 18.231 Einwohner zählte.[1]

Geschichte
Vorindustrielle Phase
Alstadens Lage an der Ruhr und seine Topographie haben in der vorindustriellen Phase die Entwicklung des Dorfes geprägt: Nächst dem Fluss befanden sich die Ruhrauen, ein fruchtbares Überschwemmungsgebiet, das sich zur Viehzucht eignete und zu einer Niederterrasse anstieg, die hochwasserfrei war und aus gutem Ackerboden bestand. An der Kante der Niederterrasse zur Ruhraue, im Bereich der heutigen Kewerstraße und Speldorfer Straße, entstand der früheste Siedlungskern, eine einem Straßendorf ähnliche Aneinanderreihung von Bauernhöfen. Dass diese Ansiedlung ihre Ursprünge bereits in frankischer Zeit hatte, wird zwar in der Literatur häufig behauptet, kann jedoch bisher nicht belegt werden. In späterer Zeit bildete sich ein zweiter Siedlungskern nordwestlich am Rande des nördlich von Alstaden gelegenen Heidegebietes, auf den Karten des 17. und 18. Jahrhunderts wird noch klar unterschieden zwischen dem Dorf "Alstaden" und dem Dorf "Heiderhöfen", das etwa entlang der heutigen Straße "Heiderhöfen" lag. In dieser ersten Phase der Entwicklung des Dorfes war Alstaden rein agrarisch geprägt. Dies änderte sich ab ca. 1800, 1791 wird der erste Alstadener Schiffer erwähnt, mit der wachsenden Bedeutung der Ruhrschifffahrt, die ihren Höhepunkt von 1840 bis 1855 erreichte, als bis zu hundert Kähne täglich Alstaden passierten.[2] Zunehmend ließen sich Schifferknechte, Werftbesitzer - zeitweise gab es drei Werften für Ruhrkähne - Frachtkahnbesitzer und Schiffszimmerleute nieder, so dass in Alstaden am Vorabend der Industrialisierung eine Mischstruktur aus Landwirtschaft, Handwerk und Transportwesen entstand. An diese Blütezeit der Ruhrschifffahrt erinnert heute noch der Straßenname "Schifferstraße".[3]
Alstaden gehörte im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit zur Herrschaft Broich, welche als Unterherrschaft zur Grafschaft Berg gehörte, Alstaden also somit der nördlichste Zipfel der Grafschaft war. Das Verzeichnis der Mülheimer Höfe um 1556 listet für die Honnschaft Alstaden 12 Bauernhöfe auf, die den Herren von Broich dienstpflichtig sind. [4] Im "Rauchhühnerverzeichnis der Herrschaft Broich" aus dem Jahre 1648 werden für Alstaden 32 Haushalte aufgelistet, die Abgaben an die Herren von Broich zu entrichten haben. [5] Das "Wach- und Dienstgelderverzeichnis" von 1750 führt für die Honnschaft Alstaden 38 Haushalte auf. [6] Genauere Zahlen über die Bevölkerung liegen für das Jahr 1812 vor, damals lebten in Alstaden 280 Menschen, davon gehörten 15 zur katholischen Konfession, 259 waren Reformierte und 6 Lutheraner; 141 waren männlichen Geschlechtes, 139 weiblich. [7] Die zur Bürgermeisterei Mülheim gehörige Gemeinde Alstaden hatte 1822 383 Einwohner, im Jahre 1847 733. [8]
Verwaltungsgeschichte
Im Jahre 1847 wurden die Landgemeinden, darunter auch Alstaden, von der Bürgermeisterei Mülheim abgetrennt und im Landkreis Mülheim zusammengeschlossen. [9] Alstaden gehörte als Gemeinde zur Bürgermeisterei Styrum. Im Zusammenhang mit der Gründung der Bürgermeisterei Oberhausen im Jahre 1862 musste Alstaden ebenso wie die Gemeinden Styrum und Dümpten einen etwa einen Kilometer breiten nördlichen Randstreifen, der aus Heidegebiet bestand, an Oberhausen abtreten [10] Als gemäß Verfügung des preußischen Königs vom 14. Juli 1903 die Stadtgemeinde Mülheim und mehrere Landgemeinden zum Stadtkreis Mülheim an der Ruhr zusammengefasst wurden, blieb Alstaden neben Heißen und Dümpten Teil des nunmehr stark geschrumpften Landkreises Mülheim an der Ruhr.
In diesem Zusammenhang wurde Alstaden, das bis dahin zur Bürgermeisterei Styrum gehört hatte, eine eigene Bürgermeisterei, und am 6. Januar 1904 wurde Ludolf Kewer der erste und einzige Bürgermeister Alstadens (1904-1910). Nach der Eingemeindung Alstadens in die Stadt Oberhausen am 1. April 1910 bekleidete Kewer das Amt des Ersten Beigeordneten der Stadt Oberhausen, aber bereits am 1. Januar 1911 trat er aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Er verstarb 66-jährig am 18. November 1923 in Münster. [11] Um ihn zu ehren, wurde in Oberhausen-Alstaden eine Straße, die bis 1910 "Wilhelmstraße" hieß, in "Kewer Straße" umbenannt.
Industrialisierung
Zeche Alstaden
Den Industrialisierungsprozess in Alstaden prägte die Zeche Alstaden.[12] Nachdem 1851 in Alstaden erstmals Kohle gefunden wurde, gründete Albert de Gruyter mit belgischen Investoren 1855 die Mülheimer Bergbau-Kommanditgesellschaft Albert de Gruyter & Co und man begann mit den Teufarbeiten, die sich - nicht zuletzt auf Grund von Wassereinbrüchen durch die nahe gelegene Ruhr - bis 1858 hinzogen, als die Zeche die erste Kohle förderte. Im gleichen Jahr wurde eine Kohlenbahn, auf der von Pferden gezogene Loren die Kohle zu einer Verladestelle an der Ruhr brachten, errichtet. 1869 lösten die bisherigen Besitzer ihre Gesellschaft auf und gründen die Alstaden, Actien-Gesellschaft für Bergbau. Etwa 800 Meter nordwestlich der bisherigen Schachtanlage beginnen 1870 die Teufarbeiten für Schacht "Alstaden 2", jedoch wird erst 1875 die regelmäßige Förderung aufgenommen. 1904 übernahm die Bergbaugesellschaft Hibernia AG die "Alstaden, Aktiengesellschaft für Bergbau" und am 1. Juli wurde Schacht 1 stillgelegt und nur noch als Wetterschacht genutzt. Im gleichen Jahr errichtete die "Hibernia" eine Brikettfabrik neben Schacht 2.
Hatte die Belegschaft der Zeche im Jahre 1860 aus 253 Begarbeitern bestanden, so verdoppelte sich die Zahl innerhalb von fünf Jahren und zwischen 1865 und 1885 lag die Zahl der Beschäftigten in der Regel knapp über 500. Ab 1885 stieg die Zahl der Belegschaftsmitglieder bis 1900 rapide an und erreichte im Jahr 1900 mit 1.196 den höchsten Stand vor dem Ersten Weltkrieg. Von 1900 bis 1913 lag die Belegschaft in der Regel knapp über 1.000. Parallel zur steigenden Zahl der Mitarbeiter stieg die Kohleproduktion von 41.000 Tonnen im Jahre 1860 auf 295.000 Tonnen im Jahre 1913. Dieser Anstieg war jedoch nicht linear, durch Absatzkrisen kam es zeitweilig zu erheblichen Einbrüchen in der Produktion.[13]
Bevölkerungsentwicklung bis zur Eingemeindung 1910
Im Verlaufe der Industrialisierung wuchs die Einwohnerzahl des bis dahin landwirtschaftlich geprägten Dorfes Alstaden erheblich an. Hatte die Zahl der Einwohner 1867 2.675 betragen, stieg sie bis 1871 auf 3.110 Einwohner, wovon 1.179 in Alstaden geboren worden waren. [14] Nach einem erheblichen Bevölkerungsanstieg von 1871 bis 1875 auf 4.034 Einwohner stagnierte die Einwohnerzahl im folgenden Jahrfünft und die Gemeinde hatte 1880 4.095 Einwohner, gerade einmal 61 mehr als 1875. [15] Mit der langsam einsetzenden Phase der Hochindustrialisierung erhöhte sich die Einwohnerzahl von 4.707 im Jahre 1885 auf 5.727 im Jahre 1890, was einer durchschnittlichen jährlichen Bevölkerungszunahme von 3,91 % entsprach. [16] Die Landgemeinde Alstaden umfasste 352 Hektar, wovon 1885 158 Hektar (= 44,89 %) landwirtschaftlich genutzt wurden, es gab 426 Wohngebäude, in denen sich 888 Haushalte befanden, also 2,08 Haushalte pro Wohngebäude. Alstaden war damals eine überwiegend protestantische Gemeinde: 56,92 % Evangelische gegenüber 42,57 % Kathoiiken. [17] 1895 betrug die Einwohnerzahl 7.078 und 1900 9.606, wovon 5.162 männlichen Geschlechtes waren und 4.444 weiblichen Geschlechtes. [18]
Der größte Arbeitgeber in Alstaden war die Zeche Alstaden, die 1893 eine Belegschaft von 910 Arbeitern aufwies, von denen 266 aus den polnischsprachigen östlichen Provinzen Preußens stammten, vornehmlich aus Schlesien: 228 der 266. Während der Anteil der Arbeitskräfte aus den preußischen Ostprovinzen bis 1912 stagnierte, kamen ab 1900 vermehrt auch im Ausland angeworbene Arbeitskräfte hinzu (1912 = 119), vor allem stammten diese Arbeitskräfte aus Holland (57) und Italien (35). [19]
Solbad Alstaden
In Schacht 1 stieß man 1872 auf eine salzhaltige Quelle, die vom Oberbergamt den Namen "Quelle Klara" bekam, die aber zunächst nicht weiter genutzt wurde. Ende 1883 stieß man in Schacht 2 in etwa 300 Metern Tiefe auf eine 26° warme, salzhaltige Quelle, die den Namen "Quelle Karl" bekam. Die Bergwerksleitung ließ das Wasser der Quelle analysieren und man stellte fest, dass es eine der jodreichsten Quellen in Deutschland war, woraufhin die Hibernia AG sich die Rechte an den Solquellenbergwerken "Karl" und "Karla" sicherte.[20] Alstadener Bürger gründeten den Verein "Kinderheilanstalt Alstaden", um Kindern aus armen Familien, die unter Hautkrankheiten litten, zu helfen. Geplant war ein Heilbad an der heutigen "Solbadstraße". Zunächst behelfsmäßig ging der Betrieb eines Solbaden in den Räumen der "Gesellschaft Erholung" im Sommer 1884 in Betrieb. 1889 wurde das Kindersolbad eröffnet und die Zahl der im Solbad jeweils über mehrere Wochen behandelten Kinder stieg von 52 im Jahre 1889 auf 567 im Jahe 1908. Insgesamt waren etwa 6.000 Kinder im Laufe des Bestehens des Solbades in Alstaden in Kur. [21] Hinzu kamen die sonstigen Heilanwendungen, die auf mehr als 12.000 pro Jahr stiegen.[22] Wegen der sehr beengten Lage des Alstadener Solbades und den begrenzten Möglichkeiten, entschloss man sich, das Solbad nach Speldorf zu verlegen, und am 15. Mai 1909 eröffnete das Solbad Raffelberg. Bis zur Schließung der Zeche Alstaden wurde das Solbad Raffelberg über eine Pipeline von der Zeche Alstaden aus mit der Sole versorgt.
1950 gründeten engagierte Bürger den Gartenkulturring Alstaden. Naherholungszentrum ist der Ruhrpark mit seinem Fitness-Pfad, den Ruhrwiesen und den Bolzplätzen.
Wappen
Blasonierung: Das Wappen Alstadens ist dreigeteilt und von je neun Feldern Schwarz und Silber gesäumt, beginnend am Schildhaupt rechts mit Schwarz. Darunter in silbernen Feldern rechts ein Bauer mit Pflug in Schwarz und links Schlägel und Eisen in Schwarz. Im Schildfuß befindet sich in Grün ein silberner Schwan über einem silbernen Wellenbalken. Bedeutung: Die Darstellungen im Wappenhaupt sowie die Farben Schwarz und Silber beziehen sich auf die Geschichte Alstadens. Der Bauer mit Pflug (nachempfunden einer gleichnamigen Bronzeplastik von Ernst Klages) erinnert an die Besiedlung durch fränkische Bauern ab dem 5. Jahrhundert. Die Berghämmer stehen für den Kohleabbau des vergangenen Jahrhunderts. Der andere Teil des Wappens bezieht sich auf die Stadtteillage an der Ruhr mit ihren Auen. Gegenwart und Zukunft Alstadens werden durch den Schwan symbolisiert.[23]
Lage
Alstaden grenzt nördlich an die Stadtteile Lirich und Alt-Oberhausen, östlich an Styrum. Südlich grenzt er an die Mülheimer Stadtteile Styrum und Speldorf sowie westlich an den Duisburger Stadtteil Meiderich.
Siehe auch
- Zeche Alstaden
- Fußballverein ASV Elmar Alstaden
- Einwohnerentwicklung
Literatur
Vier, Marianne / Pilat, Rudi: Alstaden. 1000-jähriger Stadtteil an der Ruhr. Hrsg. vom Bürgerring Oberhausen-Alstaden 1950 (Selbstverlag). Oberhausen 1998 (317 Seiten)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Die Bevölkerung in Oberhausen am 31. Dezember 2008
- ↑ Günter, Roland: Oberhausen. Düsseldorf: Schwann, 1969 (Die Denkmäler des Rheinlandes, Bd. 22), S. 55
- ↑ vgl. hierzu: Vier, Marianne / Pilat, Rudi: Alstaden. 1000-jähriger Stadtteil an der Ruhr. Hg. vom Bürgerring Oberhausen-Alstaden 1950, Selbstverlag, Oberhausen 1998, S. 14f, S. 26f
- ↑ Rühl, Herbert: Das Werden einer Großstadt. Mülheim-Ruhr, 1939 (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Mülheim an der Ruhr, Bd. 1), S. 9
- ↑ ebenda, S. 18
- ↑ ebenda, S. 32
- ↑ Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr (Hg.): Mülheim an der Ruhr 1808-1908. Denkschrift zur Hunderjahrfeier. Mülheim-Ruhr: Verlag Julius Bagel, 1908, S. 75
- ↑ ebenda, S. 80
- ↑ ebenda, S. 85
- ↑ Magnus Dellwig: Wirtschaftspolitik in Oberhausen 1862 bis 1938. Bd 1. Verlag Laufen, Oberhausen 1996, S. 106; zugl. Diss phil TU Berlin 1995; Karte hierzu in Heinz Reif: Die verspätete Stadt. Industrialisierung, städtischer Raum und Politik in Oberhausen 1846 bis 1929. Textband. Rheinland-Verlag, Köln 1993, S. 17
- ↑ Vier, Marianne / Pilat, Rudi: Alstaden. 1000-jähriger Stadtteil an der Ruhr. Hg. vom Bürgerring Oberhausen-Alstaden 1950. Oberhausen: Selbstverlag, 1998, S. 16
- ↑ Die Entwicklung der Zeche soll hier nur in groben Zügen nachgezeichnet werden, es wird vielmehr verwiesen auf die ausführliche, fachkompetente und reich bebilderte Darstellung der Geschichte der Zeche von Fritz Pamp aus dem Jahre 2005 in: Der Steinkohlenbergbau in Alt-Oberhausen http://www.oberhausen-rheinland.de/industrie/zechealstaden/zechealstaden.html
- ↑ genauere Daten zu Belegschaft und Produktion vgl. Günter Hegermann: Steinkohlenbergbau in Oberhausen. Laufen, Oberhausen 1995
- ↑ Jahrbuch für die amtliche Statistik des preußischen Staates. Hrsg. vom Königlichen Statistischen Bureau. Bd. IV.1 Berlin: Verlag des Königlich Statistischen Bureaus, 1876, S.75
- ↑ Statistik des Deutschen Reiches. Hrsg. vom Kaiserlichen Statistischen Amt. Bd. 57. Berlin: Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht, 1883, S. 44
- ↑ Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reiches. Hrsg. vom Kaiserlichen Statistischen Amt. 1. Jg./1892, Heft 2. Berlin: Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht, 1892, S. 14
- ↑ Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Hrsg. vom Königlichen Statistischen Bureau. Bd. XII: Provinz Rheinland. Berlin: Verlag des Königlichen Statistischen Bureaus, 1888, S. 66f
- ↑ Statistisches Handbuch für den preußischen Staat. Hrsg. vom Königlichen Statistischen Bureau. Bd. IV. Berlin: Verlag des Königlichen Statistischen Bureaus, 1903, S. 110
- ↑ Mogs, Fritz: Die sozialgeschichtliche Entwicklung der Stadt Oberhausen (Rhld.) zwischen 1850 und 1933. Diss. phil. Universität Köln 1956, S. 232
- ↑ zur genauen chemischen Zusammensetzung vgl. http://www.oberhausen-rheinland.de/industrie/zechealstaden/zechealstaden.html
- ↑ Marianne Vier / Rudi Pilat: Alstaden. 1000jähriger Stadtteil an der Ruhr. Hg. vom Bürgerring Oberhausen-Alstaden 1950 e.V., Selbstverlag, Oberhausen 1998, S. 69f
- ↑ http://www.oberhausen-rheinland.de/industrie/zechealstaden/zechealstaden.html
- ↑ Alstadener Wappen
Koordinaten: 51° 28′ N, 6° 50′ O