Austen Henry Layard

britischer Diplomat und Archäologe
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Sir Austen Henry Layard (* 5. März 1817 in Paris; † 5. Juli 1894 in London) war einer der führenden Britischen Archäologen des 19. Jh. - obwohl er nie studiert hatte. Er wurde berühmt durch seine Ausgrabungen in Ninive (Assyrien). Im Laufe seines Lebens übte er viele Berufe aus: als Diplomat und Politiker, als Kunstkenner und Schriftsteller.

Austen Henry Layard Zeichnung 1848 von George Frederik Watts (1817-1904)

Layard (sprich: le-ard) wurde am 5. März 1817 als ältestes von vier Kindern in Paris geboren. Seine Eltern waren Peter John Layard (Sohn eines Dean in Bristol) und Marianne Austen, (Tochter von Nathaniel Austen, Bankier in Ramsgate), die 1814 in England geheiratet hatten. Seine Vorfahren waren Hugenotten, die nach der Aufhebung des Edikts von Nantes nach England flüchteten. Mit 51 Jahren heiratete Austen Henry am 9. März 1869 die junge Mary Enid Evelyn Guest (1 7.1843 -1 11. 1912), die Tochter von Sir John Guest und Lady Charlotte Guest, seiner Cousine und langjährigen Freundin.[1] Sie hatten keine Kinder. Sir Henry und Lady Layard wurden beigesetzt auf dem Friedhof von Canford Parish Church, nebenan von Canford Manor in Dorset, das der Familie Guest gehörte. (heute eine Schule).[2]

Kindheit und Jugend

Sein Vater hatte für den Civil Service in Ceylon (heute Sri Lanka) gearbeitet. Dessen Asthmaerkrankung führte dazu, dass die Familie auf der Suche nach günstigen klimatischen Verhältnissen quer durch Europa reiste. 1821 verließen seine Eltern England und zogen nach Pisa und anschließend nach Florenz. Bereits in früher Kindheit machte ihn sein Vater mit Literatur und Kunst vertraut. 1825 ging es nach Moulin, wo der 8jährige Henry eine französische Schule besuchte. Danach lebten sie in Genf, dann wieder zurück nach Florenz, so dass er inzwischen fließend französisch und italienisch sprach. Um 1830 kehrte die Familie nach England zurück. Hier war Henry in einem Internat in Richmond, das er 1833 verließ. 1834 starb sein Vater in Aylesbury. Der 16jährige Henry wurde nach London geschickt, um in der Kanzlei seines Onkels, dem gut situierten Rechtsanwalt Benjamin Austen, eine Lehrzeit anzutreten. Um diesem zu gefallen, änderte er seinen Namen von Henry Austen in Austen Henry. (Er selbst ließ sich jedoch Zeit seines Lebens mit Henry anreden).

An Sonntagen, wenn er in das Haus seines Onkels am Montague Square eingeladen wurde, lernte er interessante Leute kennen, so z. B. den jungen Benjamin Disraeli und Charles Fellows, der 1832 durch Griechenland gereist war. 1835 begleitete Layard den Maler und Schriftsteller William Brockedon [3]auf einer Reise in die Alpen, auf der sie die Bekanntschaft von Graf Camillo Benso di Cavour[4] und dessen Familie machten. Brockedons Portrait von Layard [5]

In jener Zeit gab es weder Eisenbahn oder Auto und dennoch unternahm Layard mit 20 Jahren und sehr knappem Geld bereits seine erste Reise: 1837 nach Norditalien, wo er Silvio Pellico und anderen bedeutenden Leuten begegnete. Auf einer weiteren ausgedehnten Reise 1838 nach Skandinavien und St. Petersburg lernte er in Kopenhagen Christian Jürgensen Thomsen (1785-1865), den Gründer des Dänischen National Museums, kennen. Thomsen hatte ein Dreiperiodensystem zur Einteilung der Archäologie in Steinzeit – Bronzezeit und Eisenzeit entwickelt und führte Layard durch seine Sammlung.

1839 machte Layard seine Abschlußprüfung und hatte erkannt, dass er mit seiner liberalen Gesinnung und politischen Einstellung (er sympatisierte mit den polnischen und italienischen Freiheitskämpfern) wohl keine Aussicht hatte, bei seinem konservativen Onkel einmal Teilhaber zu werden. Auch machte ihm der Anwaltsberuf keine Freude. Er war deprimiert und wollte England verlassen. Da kam ihm der Zufall zu Hilfe.

Erste Reise in den Orient (1839-1841)

Über seinen Onkel, Mr. Charles Layard, lernte er Edward Mitford kennen, der nach Ceylon reisen wollte, um eine Kaffee-Plantage aufzubauen. Da Mitford Angst vor dem Meer hatte, beschloss er, auf dem Landweg durch Europa, Zentralasien und Indien zu reisen und suchte einen Gefährten. Mitford schlug Layard vor, ihn auf dieser Reise zu begleiten und dieser sah darin der Erfüllung seines Kindheitstraums. Die Veröffentlichungen von Sir John Malcolm,[6] der als Gesandter der East India Company in Persien gewesen war, und des Claudius James Rich, der 1811 den großen Erdhügel von Kuyunjik (Kuyundschik) untersuchte,[7] hatte er alle gelesen. Um die Reise vorzubereiten, suchten sie den Rat der Royal Geographical Society. Dabei fiel ihm auch die Broschüre eines gewissen Major Henry Creswicke Rawlinson in die Hände, den er später in Bagdad kennenlernen sollte. Sir Charles Fellows, der 1838 in Lykien die antike Hauptstadt Xanthos, (heute Günük, südwestliche Turkei) entdeckt hatte und dessen Aufsehen erregende Funde im Britischen Museum einen Platz erhielten, gab ihnen wertvolle Ratschläge. Von einem Kapitän lernte er den Umgang mit dem Sextanten und von einem Arzt die Behandlung von Wunden, den Umgang mit einer Lanzette sowie die Symptome von Krankheiten. Dies konnte zwar nur im Schnelldurchgang geschehen, sollte ihm aber auf seinen Reisen von Nutzen sein. Sie kamen überein, so preiswert wie möglich zu reisen und der einzige Luxus (so Layard) war ein „Levigne Bett“, das sie vor Insekten schützen sollte. Ausgerüstet mit Pistolen, einem Taschen-Sextanten und Kompassen, sowie einem Vorschuss von £200 von dem Verleger Smith & Elder auf spätere Reiseberichte, traten sie am 10. Juli 1839 ihre Reise an. Layard hatte außerdem bei einer Bank £300 hinterlegt, um auch im Ausland über Geldmittel zu verfügen. [1]

 
Layards 1. Reise Juli 1839-August 1841

Sie besaßen einige Empfehlungsschreiben und waren guten Mutes aufgrund ihrer Vorbereitungen Sie reisten durch die Niederlande und Deutschland. In München begegneten sie zwei Engländern, mit denen sie sich eine Kutsche über den Brenner bis Venedig teilten. Von dort ging es mit dem Schiff nach Triest und weiter durch Damatien. In Fiume erhielten sie weitere Schreiben für Montenegro und die Einreise auf türkisches Gebiet. Ende September waren sie in Scutari (Shkodra) und ersuchten den dortigen Pascha um die Erlaubnis, ihre Pferde an Post-Stationen versorgen zu können. Dieser gab ihnen auch diverse Empfehlungsschreiben für die Durchreise nach Konstantinopel. Jetzt waren sie im Orient. Über Tirana und Monastir ritten sie nach Bulgarien. In Begleitung eines Tartaren ging es nach Adrianopolis (heute die türkische Grenzstadt Edirne) und dann erreichten sie endlich Konstaninopel.am 13. September. Hier erlitt Layard eine Fieberattacke und wurde von einem armenischen Arzt behandelt. Dieser zeigte ihm auch, wie er sich selbst zur Ader lassen kann. Lord Carnavon besuchte ihn auf seinem Krankenlager und Mr. Longworth, der Korrespondent der „Morning Post“ in Konstantinopel, pflegte ihn hingebungsvoll, so dass daraus eine lebenslange Freundschaft entstand. Am 4. Oktober war Layard wieder genesen und sie kauften sich 3 Pferde für ihre Weiterreise. Ihr Gepäck reduzierten sie auf Satteltaschen – aber von ihrem „Bett“ trennten sie sich nie. Außerdem heuerten sie einen Griechen an, der Französisch, Türkisch und Arabisch sprach und ihnen als Koch und Helfer diente. Mitford und der Grieche nahmen den Landweg, während Layard ein Boot bestieg, um sich noch etwas zu erholen. Sie trafen sich dann in Mudania. Sie hatten über den Generalkonsul von der Hohen Pforte einen firman für das Reisen für Ausländer auf türkischem Territorium erhalten. Alle drei trugen den türkischen Fez und europäische Kleidung, so dass sie von den Türken für Amtsträger aus Konstantinopel angesehen wurden. Über Konia und Karaman m überquerten mit einem Führer das Gebirge und erreichten Tarsus. Da sie viele historische Stätten passiert hatten, bedauerten beide, dass sie weder historische noch archäologische Kenntnisse besaßen. Sie schliefen in Herbergen, bei Dörflern oder unter freiem Himmel. Am 13. November verließen sie Tarsus in Richtung Adana nach Antioachia in Syrien. Über Konsulatsbeamte erfuhren sie überall Unterstützung für ihre Weiterreise.Am 28. November verließen sie Antiochia nach Aleppo, wo sie Gast von Mr. Charles Barker waren, und Layard erneut eine Fieberattacke erlitt. Jetzt begann der Winter und sie waren froh, den Stall mit der Wärme ihrer Pferde zu teilen. Inzwischen waren ihre Pferde durchgeritten und sie mussten sich mit drei Mulis zufrieden geben, um nach Tripoli zu reiten.

 
Die großen Hügel von Konyunjik gegenüber von Mosul

Im Januar 1840 erreichten sie Jerusalem, wo sie sich trennten und Layard besuchte die Ruinen von Petra, Ammon und Gerash. Das war sehr gefährlich, denn er wurde von Beduinen überfallen. Sie trafen sich in Aleppo und reisten gemeinsam bis sie am 10. April 1840 in Mosul ankamen, wo sie gute 2 Wochen blieben. Während ihres Aufenthaltes trafen sie den französischen Entdecker Charles Texier, der sich auf der Heimreise befand, nachdem er zahlreiche Zeichnungen und Pläne von Persepolis und Pasargadae angefertigt hatte. Layard schreibt: "Wir besuchten die großen Ruinen auf der Ostseite des Flusses, die allgemein als die Überreste von Niniveh angesehen wurden. Wir ritten auch in die Wüste und erkundeten die Hügel von Kalah Sherghat, einer riesige Ruinenstätte am Tigris, ca. 50 Meilen unter dem Zusammenfluß mit dem Zab. Wir rasteten in dem kleinen Dorf Hammum Ali, das umgeben war von den Überresten einer alten Stadt. Von dem Gipfel eines künstlichen Haufens sahen wir herab auf eine breite Ebene, die uns durch einen Fluß teilte. Eine Linie von hoch aufragenden Hügeln erhob sich im Osten und einer in Pyramiden-Form erhob sich hoch über den Rest. Dahinter konnte man schwach den Zab-Fluß ausmachen, der die Ortsbestimmung erleichterte. Dies war die Pyramide, die Xenophon beschrieben hatte. Durch den Winterregen waren die Hügel grün und nach sorgfältiger Suche kamen einige Keramik-Fragmente und beschriebene Steine in den Schutthaufen, die sich um den großen Hügel angehäuft hatten, zum Vorschein. Jedoch fanden wir keine Anzeichen von „seltsamen Figuren aus schwarzem Stein“, die es laut den Arabern dort geben sollte. Zu der Zeit unseres Besuches war das Land von den Beduinen verlassen und wurde nur gelegentlich von ein paar Plünderern der Shammar- oder Aneyza-Zelte heimgesucht."[2]

Der englische Vize-Konsul, ein einheimischer Christ (Chaldäer), Christian Rassam, lud die beiden zu einer Reise zu den Ruinen von Hatra ein. Schließlich mieteten sie ein Boot, um die Fahrt nach Bagdad anzutreten. Jetzt passierten sie die Hügel von Nimrud von der Wasserseite und Layard erinnert sich: „Meine Neugierde war geweckt und seit dieser Zeit formte sich in mir der Wunsch, diese einzigartigen Überreste gründlich zu untersuchen, wann immer ich dazu in der Lage sein sollte.“ [3] In Bagdad blieben sie einige Monate, um die bedeutenden Ruinenstädte in der Umgebung zu besichtigen –und dabei besonders die Überreste von Babylon.

Im August entschossen sie sich, das Zagros-Gebirge bei Kermanshah nach Persien zu überqueren. Als sie Kermanschah erreichten, reisten sie weiter nach Bisitun (auch Bīsotūn, historisch Behistun), um die dortigen keilförmigen Felsinschriften zu besichtigen. Dort begegneten sie dem Franzosen Eugene Flandin, der dieses Monument zeichnete (und der später für Paul Emile Botta tätig werden sollte). Der in Persien stationierte Engländer Colonel Henry Rawlinson hatte diese Inschriften im Sommer 1835 entdeckt und einen Abdruck genommen.[8] Nun erfuhren sie, dass sie für Reisen in Persien die Erlaubnis des Wesirs in Hamadan benötigten, der ihnen diese aufgrund der damaligen persisch/britischen Spannungen nicht erteilte. Sie könnten jedoch auf eigene Gefahr und ohne Garantie für ihre Sicherheit reisen. Mitford sah dies als zu riskant an, so dass sich hier ihre Wege trennten und Mitford seine Reise nach Indien fortsetzte. Layard ritt nun auf eigene Gefahr in die Berge von Luristan und Khuzestan. Jedoch zwangen ihn die Feindseligkeit der Einheimischen sowie ein Malaria-Anfall zur Rückkehr.

Bei den Bachtiaren (persisch: Bachtiyārī)

 
Blick auf Kala Tul, dem Sitz des Anführers (Khan) der Bachtiaren

Wieder genesen, begab sich Layard nach Isfahan. Der Gouverneur erlaubte ihm, das Land der Bachtiaren, 107 km südwestlich von Isfahan, zu durchqueren. Die Bachtiaren sind die größten aller persischen Stämme. Layard plante von dort weiterzureisen, um die antike Stadt Susa zu lokalisieren und dann weiterzuweisen nach Persepolis in der Provinz Fars. Im September 1840 reiste er mit einer Karawane nach Kala Tul, der Hochburg der Bachtiaren. Er gewann die Freundschaft des Khans Mehemet Taki und seiner Familie und blieb dort unter dessen Schutz mehrere Monate. Hier lernte er auch arabisch. Er kleidete sich wie ein Bachtiare und lebte dort so einfach wie sie.

 
Layard in Bachtiaren Kleidung (aufgenommen in Konstantinopel 1848)

Im Frühling 1841 erhielt der persische Gouverneur den Befehl, den Chef der Bachtiaren zu unterwerfen, der an die Unabhängigkeit seines Gebietes dachte, indem man eine hohe Steuersumme von Mehemet Taki Khan verlangte in dem Wissen, dass er diese nicht erbringen kann. Der Kahn spielte auf Zeit und sandte Layard in der Hoffnung auf Unterstützung zu der Golfinsel Karak, wo die britische Garnison stationiert war. Es war ihm bekannt, dass die Briten ihr Bündnis mit den Persern aufgekündigt hatten. Layard und seine Begleiter benötigten mehrere Tage, um die Küste zu erreichen. Sie mussten dann leider erfahren, dass die Briten keinerlei Interesse hatten, sich in politische Angelegenheiten der Stämme einzumischen. Layards Führer hatte sich in der Zwischenzeit mit dessen Pferd davon gemacht in der Annahme, dass Layard bei seinen Landsleuten bliebe, so dass er sich allein auf einem Esel auf den Rückweg machte. Khan Mehemet Take war nun gezwungen, sich zu unterwerfen und war mit seiner Familie geflohen. Der Gouverneur bot ihm freies Geleit und die Wiedereinsetzung an. Mehemet Take war einverstanden. Als er jedoch mit seinen Begleitern – unter ihnen Layard – das Camp betrat, wurde er sofort in Fesseln gelegt. Layard gelang die Flucht in einem kleinen Boot und er fand den Weg zurück in das Sumpfland zum Versteck. Als die Perser die Übergabe der Familie und aller Stammesangehörige forderten, entschlossen sie sich, das Camp der Perser anzugreifen. Obwohl sie viele Perser töteten misslang der Überfall und sie waren gezwungen, Schutz bei Verwandten im Zagros-Gebirge zu suchen. Diese waren jedoch untreu und legten den Bruder des Khans Au Kerim und Layard in Ketten. Dieser sah schon sein letztes Stündlein gekommen, aber die Frau des Häuptlings verhalf ihnen zur Flucht.

Layard entschied sich nun für die Rückkehr nach Mesopotamien. Es war jetzt die heißeste Zeit im Sommer und er brauchte mehrere Wochen, bis er bei Basra den Tigris erreichte. Zu seinem Glück lag hier ein britisches Handelsschiff am Ufer, das nach einigem Erstaunen über den „zerlumpten Einheimischen“ Layard an Bord nahm. Nach kurzer Erholung auf dem Schiff machte er sich auf in Richtung Norden nach Bagdad. Obwohl er mehrfach überfallen und ausgeraubt wurde, erreichte er halbnackt und mit blutenden Füßen das Stadttor, wo er ohnmächtig zusammenbrach- Es gelang ihm, die Aufmerksamkeit des britischen Arztes Dr. Ross auf sich zu lenken, als dieser für seinen täglichen Ausritt am Morgen die Stadt verließ. Layard brauchte Wochen bis er wieder einigermaßen gehen konnte. [4]

In Baghdad erhielt er auch Post aus London. Sein Onkel Benjamin hatte inzwischen mit seiner Firma in Ceylon Konkurs gemacht und war nicht bereit, für seinen Neffen eine Zukunft in London in Aussicht zu stellen. Layard schrieb einen langen Bericht über seine Erlebnisse in Khuzestan (Chuzestan)[9] für die Royal Geographical Society.

Am Ende waren es seine Erfahrungen in Khuzestan, die ihm einen neuen Anfang boten. Die persische Campagne gegen die Bachtiaren and Marsch Arabern (Madan)[10]führte zu einem größeren Koflikt mit der Türkei.

Konstantinopel im Dienste von Sir Stratford Canning (1842-1845)

 
Stratford Canning, Viscount Stratford de Redcliffe Portrait von G.F. Watts, Ölgemälde, 1856-1857

Colonel Taylor, der britische Resident in Baghdad, hätte es gern gesehen, wenn Britannien sich für die türkische Seite einsetzen würde und sandte Layard nach Konstantinopel zum britischen Botschafter mit entsprechenden Berichten. Layard unterbrach seine Reise in Mossul, wo er dem neuen französischen Konsul Paul Émile Botta begegnete. Botta hatte den Auftrag, Antiquitäten für das Louvre Museum anzukaufen und er teilte Layard mit, dass es seine Absicht sei, mit Ausgrabungen an den Hügeln von Küyünjik zu beginnen, die jenseits des Flusses lagen. Layard erreichte im Juli 1842 Konstantinopel (Istanbul) und machte er sich auf den Weg zur Residenz des britischen Botschafters, Sir Stratford Canning [11]in Buyukdereh. Aufgrund seiner Kenntnisse der Lage in Persien, bat ihn dieser, einen Bericht zu verfassen, der nach England gesandt werden sollte. Sir Canning fand Gefallen an Layard und bezahlte ihn aus eigener Tasche.Er gab ihm verschiedene inoffizielle diplomatische Aufgaben in den europäischen Provinzen des osmanischen Reiches, u. a. reiste er nach Thessaloniki (Saloniki). Beide Männer unterstützten die Türkei in dem Grenzkonflikt mit Persien und ebenso fortschrittliche Reformer in der türkischen Herrscherklasse, eine Position, die der vorherrschenden Politik von Lord Aberdeens Regierung in London nicht folgte.

Während seiner Zeit in Konstanstinopel erhielt Layard regelmäßig Post von Botta, der ihm Neuigkeiten über seine Ausgrabungen nördlich von Mosul in Khorsabad berichtete. Die Ergebnisse waren bisher spektakulär, besonders die gemeißelten Reliefs und die Statuen von riesigen geflügelten Stieren mit Menschenköpfen. Er drängte Layard, bei diesem Projekt mitzumachen – aber dieser war gezwungen abzulehnen, weil ihm die Mittel fehlten und er bisher nirgendwo Unterstützung für seinen Traum gefunden hatte. Jedoch benutzte Layard die von Botta erhaltenen Informationen zum Schreiben einiger Artikel, die er in der „Malta Times“ veröffentlichte und welche großes Interesse in Britannien auslösten.(Die "Malta Times" war von Sir Stratford Canning gegründet worden, um britische Interessen im östlichen Mittelmeer zu pflegen.) Auch hörte er von Henry C. Rawlinson, dem neuen Residenten in Baghdad, der sein Interesse an Layards Erfahrungen ausdrückte. Rawlinson war fasziniert von den orientalischen Sprachen und beschäftigte sich mit der Entzifferung der Behistun-Inschrift.

Sir Stratford Canning hatte nach schwierigen und über 3jährigen Verhandlungen mit der Hohen Pforte 1846 endlich erreicht, dass 12 Marmor-Reliefs aus Halikarnassos (Bodrum), auf denen die Schlacht zwischen Griechen und Amazonen dargestellt war, nach London in das Britische Museum gebracht werden konnten.[12]

Layard versuchte immer wieder, das Interesse von Sir Canning für eine Ausgrabung in Nimrud zu wecken und überzeugte ihn schließlich, seine Pläne zu unterstützen. Er erhielt £150 für Unkosten und einen Satz Anweisungen von Sir Canning, der Layard ganz klar als seinen Auftragnehmer ansah:

Ich verlasse mich auf Mr. Layards pflichtgemäße Kenntnisnahme folgender Punkte: I rely upon Mr Layard’s obliging attention to the following points:

• To keep me informed of his operations, and of any objects of sufficient interest and curiosity which he may see or discover. • Mich informiert zu halten über seine Unternehmungen und allen Objekten von hinreichendem Interesse und Seltenheit, die er sehen oder entdecken könnte

• To keep clear of political and religious questions, and as much as possible of Missionaries, or native chiefs and tribes regarded with enmity or jealousy by the Turkish authorities. • Sich von politischen und religiösen Fragen fernzuhalten und soviel wie möglich von Missionaren oder örtlichen Häuptlingen und Stämmen, die von den türkischen Behörden mit Feindschaft oder Eifersucht betrachtet werden.

• To cultivate the goodwill of the Pashas and others of the Sultan's functionaries by all becoming means. • Das Wohlwollen der Paschas oder anderer Funktionäre des Sultans unter allen Umständen zu fördern

• To bear in mind that his professed occupation will he that of a traveller, fond of antiquities, of picturesque scenery, and of the manners peculiar to Asia. • Nicht zu vergessen, dass seine erklärte Beschäftigung die eines Reisenden ist, der Antiquitäten, pittoreske Landschaft und die besonderen Sitten Asiens liebt.

• Not to start on his return without a previous communication with me subsequent to his first inquiries and attempts at discovery. • Nicht seine Rückreise anzutreten, ohne vorherige Absprache mit mir im Anschluß an seine ersten Nachforschungen und Versuche bei Funden

• In case of success to give me early and exact information as to the nature of the objects discovered, & the best means of removal etc with an estimate of cost, doing what he can to obtain the necessary help on the spot. • Im Falle des Erfolges mir frühzeitige und genaue Informationen über die Art der entdeckten Objekte zu geben und die beste Bergungsmöglichkeit usw. mit den geschätzten Kosten, indem er sein Möglichstes tut, um die notwendige Hilfe vor Ort zu erhalten.

Er war ausgerüstet mit Reisedokumenten der Botschaft und mit Einfühungsschreiben für die Obrigkeiten in Mosul und Umgebung. Layard verließ Konstantinopel mit dem Dampfer nach Samsun.(Schwarzes Meer) und ritt über das Pontus-Gebirge (türkisch Kaçkar Dağları) und die große Steppe von Usun Yilak mit Postpferden bis in das Tal des Tigris. Im Galopp ging es über die riesige Prärie von Assyrien und in 12 Tagen erreichte er Mosul. [5]

Ausgrabungen in Nimrud 1845-1847

 
DAS ASSYRISCHE DREIECK: Dur Sharrukkin (Khorsabad) – Niniveh – Kalakh (Nimrud)

Layard erreichte Mossul im Oktober 1845. In Mosul überreichte er dem Gouverneur der Provinz, Mohamed Pascha, seine Briefe, ohne ihm den Grund seiner Reise zu offenbaren. Er fand Unterstützung für seine Pläne durch den englischen Kaufmann Henry Ross, der Land und Leute kannte und den Vize-Konsul Christian Rassam, auf deren Hilfe er angewiesen war, weil er für Ausgrabungen keinen firman (offizielle Erlaubnis) der Osmanischen (türkischen) Regierung besaß. In aller Heimlichkeit besorgte Rassam das benötigte Werkzeug und Ross begab sich auf eine „Jagdreise“ nach Nimrud, wohin Layard per Boot mit der Ausrüstung folgte.

Nimrud liegt am Ostufer des Tigris, 37 km von Mossul in südöstlicher Richtung . Der Grundriss von Nimrud ist trapezförmig (600 m lang; 300 m breit; die Hügel mehr als 20 m hoch) und bedeckt eine Fläche von ca. 360 Hektar, eingefasst von 8 km Mauern. Die Akropolis liegt in der Südwest Ecke und bedeckt ca. 24 Hektar. Die Akropolis wird von den Arabern TELL genannt, ein Ruinenhügel, der durch die Überreste von hunderten, wenn nicht tausenden Jahren ihrer Bewohner aufgetürmt wurde.

Sie errichteten ihr erstes Lager in der Nähe des Dorfes Naifa, von dessen Scheich sie freundlich empfangen wurden und der ihnen sechs Arbeiter beschaffte. Nach einem Fußmarsch von 20 Minuten waren sie bei den Ruinen. Wenig später zogen sie aus Furcht vor Überfällen nach Selamija, das drei Meilen von dem Ruinenhügel entfernt war.

 
Ebene und Hügel von Nimrud

Es war der 8. November 1845 als er begann, den Hügel zu erforschen. Die Grabungen waren sofort ein Erfolg. Die Schaufeln seiner Arbeiter stießen auf Steintafeln mit Keilinschriften, und bis zum Abend hatten sie 10 Platten freigelegt und waren auf Zimmerwände gestoßen. Mit einigen Leuten begann er in der Südwest.-Ecke zu graben, wo der Bruchstücke von Alabaster gesehen hatte. Wiederum stieß er auf Platten mit Inschriften und Mauerresten, Ihm wurde bewusst, dass hier größere Gebäude gestanden hatten und er entschloß sich, seine Grabungen in Richtung Nord-West-Ecke zu verfolgen. Am nächsten Morgen hatten sich 5 weitere Helfer eingefunden und er ließ eine Gruppe den Schutt aus dem Zimmer räumen, während die andere im Südwesten dem Verlauf der Mauer nachgingen. Im Schutt des Zimmers lagen Elfenbeinverzierung mit Spuren von Vergoldung. Ahwad, sein Helfer, warnte ihn, dass der „Goldfund“ dem Pascha bekannt werden könnte. Am 3. Tag ließ er Laufgräben in den hohen, kegelförmigen Hügel anlegen, aber auch hier fand er nur Backsteinfragmente mit Inschriften. Nun orderte er alle seine Arbeiter in die Südwest-Ecke, wo die Verzweigung des Gebäudes mehr Erfolg versprach. Bis zum 13. November fanden sie jedoch nur Inschriften, aber keine Skulpturen. Am 14. November begab sich Layard nach Mosul zum Pascha, um diesen nun über seine Tätigkeit zu informieren. Die Stadt befand sich in heller Aufregung. Der britische Konsul hatte ein altes Gebäude zur Einlagerung von Waren erworben und der Kadi verkündete im Ort, dass die „Franken“ beabsichtigten, die Türkei aufzukaufen. Als der Pascha ihm ein Goldplättchen präsentierte, machte Layard ihm den Vorschlag, einen Agenten zu ernennen, der in Nimrud alle etwa zu entdeckenden kostbaren Metalle in seine Verwahrung nehme. Er machte keine Einwendungen zur Fortsetzung der Ausgrabungen. In Mosul nahm er dann einige nestorianische Chaldäer, die das Gebirge für den Winter verlassen hatten, in seine Dienste und beauftragte einen Agenten, verschiedene Hügel in der Nähe der Stadt nach Skulpturen zu erforschen.

 
Assyrische Krieger mit Pfeil und Bogen auf Streitwagen
 
Eine Burg am Flussufer - Die ersten Reliefs

Am 19. kehrte Layard nach Nimrud zurück und beschäftigte jetzt 30 Arbeiter. Die Chaldäer waren kräftig und konnten mit der Hacke umgehen, während die Araber den Schutt wegräumten. Über Leitern stiegen sie in die Gräben.

Es dauerte bis zum 28. November bis sie endlich im Südwesten des Hügels auf 2 Reliefplatten stießen. Auf jeder Platte waren zwei Flachreliefs durch Inschriften getrennt. Sie zeigten eine Schlachtszene, Krieger auf Wagen mit Pferden, die Pfeile abschießen. Der untere Teil zeigte die Belagerung eines Schlosses oder einer Stadt. Die zweite Platte war ziemlich zerstört. Vom oberen Teil waren die Pferde der beiden Krieger weggemeißelt. Der untere Teil zeigte eine zwei Stockwerke hohe Burg, auf der eine Frau sich die Haare raufte. Ein Fluß war mit vielen Windungen dargestellt und ein Fischer zog einen Fisch aus dem Wasser. Voller Freude berichtete er Sir Canning von seinem ersten Fund.

Der Pascha machte jetzt ständig Schwierigkeiten, er ließ die Arbeiter einschüchtern, so dass sie das Lager verließen. Bei Layards Vorsprechen sagte er ihm scheinheilig Unterstützung zu. Dann behauptete er, Layard grabe auf einem muslimischen Friedhof und ließ heimlich Grabsteine aufstellen, was wiederum den Kadi auf den Plan rief. Schließlich ließ er die Arbeiten ganz einstellen. Layard schrieb an Sir Canning und drängte ihn, den firman zu beschaffen, damit er nicht mehr belästigt werden konnte.

Layard vergrub die Flachreliefs, ließ einige Bewacher dort und reiste am 19. Dezember nach Mosul, wo er erfuhr, dass Mohamed Pascha von der Hohen Pforte abgesetzt worden war und Ismail Pascha, ein junger Generalmajor der neuen Schule, die Amtsgeschäfte führen sollte. Er entschloß sich, nach Bagdad zu reisen und sich mit Major Rawlinson auszutauschen sowie Erkundigungen über den Abtransport seiner bisherigen Funde einzuholen Als Layard am 17. Januar nach Nimrod zurückkehrte, hatte er wieder einige Chaldäer angeworben und die Ruinen waren durch den Regen ergrünt. Nun mietete er sich eine Hütte in der Ebene vor Nimrud und Herr Hormuzd Rassam, der Bruder des Vize-Konsul, stieß zu ihm und übernahm es, den Arbeitern ihren täglichen Lohn auszuzahlen und die häuslichen Einrichtung zu besorgen.

 
Der Fund des großen Kopfes - Ist Nimrod auferstanden?
 
Geflügelter Löwe - Der große Kopf ist ausgegraben

Mitte Februar nahm er mit einigen Arbeitern vorsichtig die Ausgrabungen wieder auf. Er fand weitere Flachreliefs mit Adler- (oder Geier-)köpfen, als plötzlich ein Araber ganz aufgeregt angeritten kam und ihm zurief, „man habe Nimrod selbst gefunden“. Im Einstiegsgraben hatten sie einen riesengroßen menschlichen Kopf frei gelegt. Layard sah sofort, dass dieser Kopf zu einem Stier oder Löwen gehören müsse, wie man sie in Khorsabad und Persepolis entdeckt hatte. Die Araber waren durch diese Erscheinung in Furcht und Schrecken versetzt worden und einer war direkt nach Mosul gelaufen. Layard konnte Scheich Abd-er-Rahman dazu bewegen, hinabzusteigen und die Figur zu berühren, um festzustellen, dass sie aus Stein war. Dieser sagte, dass es eines der Götzenbilder sein müsse, die Noah vor der Sintflut verfluchte. Damit waren alle beruhigt und am Abend feierten sie alle zusammen. Am nächsten Tag stellten sich zahlreiche Schaulustige aus Mosul und den Dörfern ein, jedoch durften sie den Graben nicht betreten. In der Stadt hatten Kadi, Mufti und Ulema die Bevölkerung einem Protest beim Gouverneur aufgerufen, da solche Unternehmungen gegen das Gesetz des Korans verstießen. Layard hatte Schwierigkeiten, Ismail Pascha seinen Fund begreiflich zu machen, so dass dieser ihm bat, die Ausgrabungen zu stoppen bis sich die Aufregung in der Stadt gelegt habe. Bis auf zwei entließ er nun seine Arbeiter.

Inzwischen gingen Layards Geldmittel zu Ende und er führte gegenüber Sir Canning alle erdenklichen Argumente an, wie Kultur, Geschichte und Nationalstolz (denn die Franzosen hatten einen firman für Kujundschik erhalten). Canning versuchte inzwischen, die Britische Regierung einzuschalten, indem er an den Premierminister schrieb „ Die Arbeiten meines Agenten wurden belohnt durch die Entdeckung von vielen interessanten Skulpturen und einer Welt von Inschriften. Wenn die Ausgrabung hält, was sie bisher verspricht, dann besteht große Hoffnung, dass Montagu House (das Britische Museum) den Louvre schlagen kann.“ Während dieser Unterbrechung lud ihn Herr Rassam, der Vizekonsul, mit seiner Frau und einigen Herren aus Mosul ein, die Ruinen von Hatra zu besuchen.

Im März ist Frühling in Mesopotamien und das Leben begann, sich vor den Zelten abzuspielen und die Tiere weideten unterhalb der Ruinen. Ende März hatte Layard Gewissheit über das Vorhandensein zweier geflügelter und mit Menschenköpfen versehener Löwen, die einst als Torwächter zu diesem Raum (der als Thronsaal König Assurnasirpals II. berühmt geworden ist) dienten. Er konnte sie stundenlang betrachten. Durch diese Portale waren Könige, Priester und Krieger geschritten. Seit 25 Jahrhunderten waren sie den Menschen verborgen geblieben. Die Zivilisation und der Luxus dieser Nation waren unvorstellbar. Seine zwei Arbeiter kamen nur langsam voran, die Löwen freizulegen. Sie richteten sich nach der Mauer und gruben an dieser entlang. Hier entdeckten sie bald einen zerbrochenen Stier und unter ihm 16 kupferne Löwen, in einer Reihenfolge von groß nach klein.

Anfang Mai wurde Ismail Pascha aus Mosul versetzt und Tahyas Pascha kam als Nachfolger. Dieser feine ältere Herr erlaubte Layard, mit seinen Ausgrabungen fortzufahren. Im Frühsommer 1846 traf endlich der lang erwartete Brief aus Konstantinopel ein. Er enthielt nicht nur die Bewilligung, überall in der Türkei graben zu dürfen, sondern auch die Monumente nach Europa zu transportieren. Damit jedoch waren seine finanziellen Probleme nicht gelöst, um weitere Arbeiter einzustellen.

Mutig geworden durch die Erlaubnis des Wesirs, begann Layard jetzt, Probegrabungen in Kujundschik an der südlichen Front, wo der Hügel am höchsten war, vorzunehmen. Hier stieß er sofort auf den Einspruch des französischen Konsuln, M. Rouet, der die Ruinen als französisches Eigentum erklärte, weil Botta dort als Erster mit den Ausgrabungen begonnen hatte. Dies wurde jedoch nicht anerkannt, so dass sowohl Layard als auch Rouet dort gruben, jedoch jeder in eine andere Richtung. Als beide nach ca. 4 Wochen nichts Wichtiges entdeckt hatten, ging Layard zurück nach Nimrod.


Verschiffung der Reliefs und des Löwen

 
Araber und Nestorianer stützen das Abnehmen einer Reliefplatte
 
Kisten mit Flachreliefs fertig zur Verschiffung

Nun nahm Layard die Verschiffung der Reliefs und des Löwen in Angriff. Er hatte mit Rawlinson in Bagdad besprochen, dass er ein Dampfschiff, die „Nitocris“ nach Mosul schickt. Die Maschine war jedoch zu schwach und es musste bei Tekrit umkehren. Die erste Schwierigkeit war, die Reliefs mit ihrem erheblichen Gewicht zu bewegen. Er ließ soviel wie möglich von Mauerresten auf den Rückseiten entfernen. Da die Inschriften auf allen gleich waren, ließ Layard sie von Marmorschneidern aus Mosul einfach herausschneiden. Die somit erhaltenen zwei Hälften waren transportierbar. Jetzt konnten sie aus den Gräben gezogen werden. Die Köpfe eines Königs mit seinen Eunuchen, eine adlerköpfige Gottheit und den Kopf des Stieres aus gelben Kalkstein wurden in Filz und Matten in roh gezimmerte Holzkisten verpackt. Auf einfachen Büffelkarren, die dem Pascha gehörten, wurden wie zum Fluß geschafft und dann auf ein Kellek, (d. h. Flöße mit aufgeblasenen Tierhäuten) verladen. Der Tigris ist von Mosul an schiffbar, hat eine ansehnliche Breite und Tiefe, aber auch viele Felsenklippen. Er vereinigt sich bei Korna mit dem Euphrat zu einem einzigen Strom, dem Schatt-el Arab. Dort ist er dann für große Schiffe befahrbar, doch wurde die Einfahrt an der Mündung durch Sandbänke sehr erschwert.

Durch Kurdistan und bei den Yeziden

Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands entschied sich Layard gegen Ende August, die Arbeiten einzustellen und der Hitze zu entfliehen. Er machte dabei einen Abstecher nach Khorsabad, wo Emile Botta seine Ausgrabungen beendet hatte. Er stellte fest, dass Botta in ähnlicher Weise vorgegangen war, wie er selbst in Nimrud und dass die Räume kleiner waren. Auch die Bauweise und das Material waren gleich. Seit der Abreise von Botta hatten die Gräben die Räume teilweise wieder verschüttet. Erkennbar war, dass große Teile des Palastes verbrannt waren, lediglich eine Treppe war solides Mauerwerk. Khorsabad war wegen des Flusses Khausser und seinen zahlreichen kleinen Nebenflüssen ein feuchtes, sumpfiges Gebiet und viele Arbeiter waren in Fieber erkrankt.

In Begleitung von Hormuzd Rassam und einigen Dienern ritten sie in die Tiyari-Berge nordöstlich von Mosul – durch Kurdistan - da von dort viele seiner nerstorianischen Arbeiter gekommen waren. Die Nestorianer waren eine christliche Sekte, die schon lange in dieser Region ansässig war. Hier erfuhren sie auch von den Massakern durch die Kurden in einigen Dörfern. In einigen Gegenden trafen sie Chaldäerm die inzwischen zum römisch-katholischen Glauben übergetreten waren.

Einige Tage nach ihrer Rückkehr nach Mosul erhielten Layard und Herr Rassam, der Vize-Konsul, eine Einladung von Scheich Nasr, dem Oberhaupt der Yeziden, an einem Fest teilzunehmen. Er wurde dort herzlich empfangen und ihm wurde die große Ehre zuteil, das Grab von Scheich Adi zu besuchen, dem großen Mystiker des 12. Jahrhunderts. Es war in einem ehemaligen Kloster gelegen in Lalisch [13]und wurde einmal im Jahr durch viele Pilger besucht. Wenig bekannt war über ihre Religion und Layard war einer der wenigen Außenstehenden, der ihre Rituale erlebte. Er war erste Europäer, der umfänglich über die Jesiden in Scheichan und dem Dschabal Sindschar berichtete, deren „Fest der Versammlung“ (Jashne Jimaiye) er in Lalisch erleben konnte.[6]

Sie hatten unter den letzten Paschas sehr zu leiden und waren gegenüber den türkischen Behörden misstrauisch. Layard war Zeuge einer Kampagne in den Sinjar-Bergen, bei der die Türken den Hauptort der Yeziden angriffen und die alten Leute, die zur Verteidigung zurückgelassen waren, hinrichteten. Die restlichen Einwohner hatten sich in einer Schlucht verbarrikadiert und verteidigten sich vehement. Die Truppen des Paschas griffen ihre Stellung mehrmals an, wurden jedoch mit schweren Verlusten geschlagen.[7]

Beauftragter des Britischen Museums

Zurück in Mosul erwartete ihn ein Schreiben des Britischen Museums, das ihn als ihren Beauftragten ernannte und ihn mit Geldmittel von ca. 1.000 Pfund ausstattete. Sir Canning habe die in Assyrien entdeckten Skulpturen der Britischen Nation geschenkt. Layard war tief enttäuscht von dieser Knauserigkeit, denn der Betrag war in keiner Weise ausreichend für die anstehenden Arbeiten, zumal auch noch die Transportkosten in dieser Summe eingeschlossen waren. Außerdem erhielt er ein langes Dokument von den Treuhändern, das seine Verantwortungen im Einzelnen auflistete und in dem sie ihm mitteilten, dass sie ihm keine weitere Beschäftigung versprechen konnten, wenn seine Arbeit im Irak beendet sei. Diese Nachricht war ein weiterer Tiefschlag für ihn.

Viele der entdeckten Monumente befanden sich in einem Zustand des alsbaldigen Verfalls, sodass sie nicht transportiert werden konnten. Nur durch Zeichnungen konnten sie der Nachwelt erhalten bleiben und er grollte sehr, dass man ihm keinen Künstler zur Unterstützung in Aussicht gestellt hatte Er musste daher die Ausgrabungen überwachen, alle entdeckten Basreliefs zeichnen, die zahllosen Inschriften kopieren und Abdrücke von ihnen zu machen. Die Abdrücke wurden mit braunem Papier gemacht, das einfach angefeuchtet und mit einer harten Bürste auf die Platte abgedrückt wurde. Einige dieser Abdrücke dienten als Formen und wurden später in England in Gips gegossen. Zu diesem Zweck wurde das Papier zu einer Art Brei gemacht und mit einem schleimigen Pulver, das von einer Wurzel mit Namen "Schirais" kommt, gemischt.[8] Weiterhin musste er die Funde verpacken und alle Arbeiten beaufsichtigen, damit bei den Ausgrabungen keine Schäden an den Monumenten entstanden. Layard meinte (wohl nicht zu Unrecht), daß wenn man jemand aus England schicken würde, der auch noch die Sprachen beherrschte, dieser bei seinen Verhandlungen mit den türkischen Behörden, Einwohnern und Arbeitern die bewilligte Summer bereits ausgegeben hätte, bevor noch die Ausgrabungen begonnen worden wären.

Das Lager

 
Hügel von Nimrud mit TELL

Nun suchte Layard sich 50 Arbeiter, kräftige Chaldäer, einen geschickten Marmorschneider, einen Zimmermann sowie Mohammed Agha, den der als Standartenführer kennengelernt hate, zur Beaufsichtigung. Auch sein "Kawass", Ibrahim Agha, kehrte mit ihm Ende Oktober nach Nimrud zurück. Außerhalb des Dorfes ließ er jetzt sich ein Haus mit 2 Zimmern aus Lehmziegeln errichten, das Dach war aus Balken, auf dem mit Lehm überzogene Zweige lagen, um den Regen abzuhalten. Außerdem ließ er einen offenen Innenhof errichten und alles von einer Mauer umgeben. Weitere Hütten wurden für seinen Kawass, für Diener, Gäste und Pferde. Auf dem Ruinenhügel selbst wurde ein Haus für die nestorianischen Arbeiter und ihre Familien gebaut sowie eine Hütte, in der die in den Ruinen entdeckten kleinen Gegenstände der Sicherheit wegen gebracht wernden konnten. Nach den Stämmen, zu denen die Araber gehörten, teilte Layard sie in drei Abteilungen. An verschiedenen Stellen des Hügels, besonders bei den Eingängen zu den Laufgräben, wurden ca. 40 Zelte aufgeschlagen. Weitere Zelte standen um Layards Haus und am Flußufer, wo die Skulpturen vor der Verschiffung auf Flöße gelegt werden sollten. Fast alle Männer waren bewaffnet, sodass sie sich bei einem eventuellen Überfall durch Beduinen verteidigen konnten. Hormuzd Rassam wohnte bei Layard. Er bekam bald einen großen Einfluss auf die Araber und sein Ruf verbreitete sich durch die Wüste.

Layard teilte die Arbeiter in Abteilungen: 8 - 10 Araber, die die Erde in Körben forttrugen und 2-4 Nestorianer zum Graben. Unter die Araber mischte er einige eines feindlichen Stammes, damit er sofort erfuhr, wenn ein Komplott geschmiedet wurde oder sich jemand etwas aus den Ausgrabungen aneignen wollte. Ein Aufseher beaufsichtigte den Trupp und hatte Anweisung, Layard zu benachrichtigen, sobald sie auf eine Platte oder auf einen kleinen Gegenstand stießen.

Weitere Entdeckungen

 
Plan II – Süd-West Ruine von Nimrud
 
Datei: Plan III – Nord-West Palast Nimrud

Am 1. November nahm Layard seine Arbeit wieder auf und konzentrierte seine Kräfte im Nordwesten und in der Mitte der Fläche, wo er schon Teile von Gebäuden ausgemacht hatte. Seine Arbeiter waren über den ganzen Hügel verteilt. Sie arbeiteten in den Räumen B, G und I (siehe Plan III), in der Mitte des Hügels, in der Nähe der gigantischen Stiere in der südöstlichen Ecke, wo bis jetzt noch keine Spur eines Gebäudes gefunden war und bei den Mauern a und d (siehe Plan II). Aus Kostengründen führte er die Arbeiten wie bisher weiter, d.h. Gräben an den Seiten der Mauern fortzuführen und die Platten freizulegen, ohne die Erde aus der Mitte des Raumes fortzuschaffen, sodass nur wenige Räume vollständig untersucht wurden. Auch war er angewiesen, das Gebäude nach der Untersuchung wieder zuzuschütten. Deshalb füllte er die Zimmer mit dem Schutt jeder neu ausgegrabenen Reihe. Im Raum B wurde eine große Anzahl Platten entdeckt, die bewunderswert gut erhalten waren und die Layard gleich zur Verschiffung vorbereiten ließ. (Tafel 13 und 14, 18, 19, 20, 21 und 22 , 26, 27 und 30 in "The monuments of Nineveh")[14] Im Zimmer I entdeckten sie eine größere Menge Kupfer und Eisen sowie Helme und Rüstungen .Unter herabgefallenen Platten fanden sie zerbrochene Vasen aus Alabaster. Nun fanden sie auch noch 3 erhaltene Vasen, auf denen die Inschrift des Königs von Khorsabad stand. Auch eine Glasvase war bei – wahrscheinlich aus Ägypten. (diese Stücke sind in später Bombay abhanden gekommen, was Layard sehr bedauerte.)

 
Der schwarze Obelisk - Zeichnung Layard
 
Der schwarze Obelisk, Seite 3 - Stich aus Layards Buch Monuments of Ninive

Im Mittelpunkt des Hügels hatte er die gigantischen Stiere entdeckt, die ihm als Eingang zu einem Gebäude erschienen, und er ließ um sie herum weiter graben. Hinter dem nördlichen Stier ließ er im rechten Winkel tiefe Gräben ziehen. Nach ca. 3 m stießen sie auf riesige Platten. (Nr. 7) . Der Graben wurde nun mehrere Tage fortgeführt und war nun ca. 50 Fuß lang, ohne zu der geringsten Entdeckung zu führen. Er war im Zweifel, ob er fortfahren sollte, als ein Stück weißer Marmor entdeckt, der sich als Teil eines Obelisken, der 10 Fuß unter der Erde auf der Seite lag, herausstellte. Als sie ihn am nächsten Tag freigelegt und nach oben gezogen hatten, konnte Layard ihn betrachten. Der Obelisk war gut erhalten und es fehlte keine der Inschriften. Er war oben platt mit 3 Stufen. Auf jeder Seite waren 5 Skulpturen – also insgesamt 20, getrennt durch Inschriften. Der König war zweimal dargestellt. Wesir und Eunuch bringen Leute herbei, die verschiedene Tiere führen: Kamel, Rhinozerus, Löwe, Elefant, Affen und Gegenstände tragen. Layard schloß daraus, dass es sich um Tributzahlungen handelt. Er konnte nicht wissen, dass es sich um Jehu, den König von Israel, handelt.[15]

 
Eingang zur Großen Halle des Nord-West-Palastes von Nimrud

Zur gleichen Zeit entdeckte man in der südöstlichen Ecke ein geflügeltes Löwenpaar, deren Oberteile jedoch gänzlich zerstört waren, da sie aus grobem Kalkstein gefertigt waren. Zwischen den Löwen, die den Eingang bildeten, befanden sich ein Paar ebenfalls zerkrümelnder Spinxe. Der Eingang war ganz unter Holzkohle begraben und der Alabaster ganz verkalkt, so dass er sofort zersprang, wenn er der Luft ausgesetzt wurde. Auch zwei weitere Löwen, die dem Feuer ausgesetzt waren, waren nur noch in Stücken vorhanden. Der Plan und die Natur des Gebäudes waren Layard nach wie vor ein Rätsel. Beim Weitergraben hinter den Löwen entdeckte er einige Zeilen Keilschrift, aus der er die Namen dreier Könige in genealogischer Reihe entzifferte.

In der Südwest-Ecke kam es zu Funden ganz anderer Art. Layard hatte auf eine beträchtliche Tiefe graben lassen, ohne Spuren eines Gebäudes zu finden. Es wurde eine Platte mit Inschrift gefunden, die Layard als die gleiche wie auf den Stieren im Zentrum des Hügels gesehen hatte. Als die Platte aufgerichtet wurde, stellte man fest, dass sich darunter ein Sarkophag befand mit einem gut erhaltenen Skelett, das aber sofort in Stücke fiel, es der Luft ausgesetzt war. Darin standen 2 Krüge aus rotem Ton und eine kleine Flasche aus Alabaster. Kurz danach fanden sie einen zweiten Sakophag mit ähnlichen Grabbeigaben. Layard schreibt: „ Die seit dem Beginn der Ausgrabungen in großartigem Maßstab vergangenen 6 Wochen gehörten an Ereignissen zu den glücklichsten und fruchtbarsten seit meinen Nachforschungen in Assyrien; fast jeder Tag brachte eine neue Entdeckung.“[9].

Bis April 1847 hatte er allein im Nord-West-Palast 28 Hallen und Zimmer ausgegraben, die mit Reliefs geschmückt waren sowie mit 13 Paaren geflügelter Stiere oder Löwen. Jetzt war es an der Zeit, eine Pause einzulegen.

Die Verschiffung der gigantischen Figuren

 
Herabnahme des Geflügelten Stieres, Stich aus Layards Buch Populärer Bericht über die Ausgrabungen zu Niniveh, Leipzig 1852

Layard begann die Verschiffung zu organisieren, den Tigris hinunter bis Bagdad und dann nach Basra und schließlich nach England. Dazu benötigte er viele Meter Seile und Matten und diese mussten aus Syrien importiert werden. Als eine Ladung von Beduinen gestohlen wurde, ritt Layard mit einigen türkischen Polizisten in das Lager, wo sie sofort die neuen Seile am Zelt des Scheichs bemerkten. Als der Scheich leugnete, die Ladung zu besitzen, legte Layard ihn in Handschellen und ließ ihn wegführen. Am nächsten Tag erhielt Layard seine Waren durch die Stammesangehörigen zurück. Layard begann die Verschiffung zu organisieren, den Tigris hinunter bis Bagdad und dann nach Basra und schließlich nach England. Dazu benötigte er viele Meter Seile und Matten und diese mussten aus Syrien importiert werden. Als eine Ladung von Beduinen gestohlen wurde, ritt Layard mit einigen türkischen Polizisten in das Lager, wo sie sofort die neuen Seile am Zelt des Scheichs bemerkten. Als der Scheich leugnete, die Ladung zu besitzen, legte Layard ihn in Handschellen und ließ ihn wegführen. Am nächsten Tag erhielt Layard seine Waren durch die Stammesangehörigen zurück.

Am 18. März war der Stier so weit vorbereitet. Filzmatten sollten das Durchscheuern der Seile oder Beschädigungen beim möglichen Herabfallen verhindern Die Hauptschwierigkeit bestand darin, die große Masse anzuheben. Layard richtete sich nach der Methode, die Botta zum Transport angewandt hatte und konnte sogar einige von dessen Ochsenkarren benutzen. Als Hebel dienten Baumstämme. Dann sollte die Skulptur auf „Walzen“ gestellt werden, d. h. rollende Baumstämme, um sie im Graben fortzubewegen. Neben seinen Arbeitern erhielt er Hilfe vom Abu Salman-Stamm sowie den Einwohnern der Dörfer Naisa und Nimrod. Die Familienangehörigen hatten sich als Zuschauer eingefunden. Trommeln und Pfeifen sowie das Kriegsgeschrei der Araber begleiteten die Aktion, so dass weder die Aufseher mit ihren Nilpferdpeitschen – geschweige denn Layard – sich Gehör verschaffen konnten. Die trockenen Seile und Taue quietschten, sobald sie die Spannung spürten. Sie wurden mit Wasser begossen, aber vergebens. Die Skulptur war nur noch 1 – 1,5 m von den Walzen entfernt, als die Seile rissen. Der Stier fiel hinunter und mit ihm viele Araber, welche die Seile zogen. Layard befürchtete, dass der Stier zerschmettert worden war. Das war zum Glück nicht geschehen und er war auch noch in die Position gefallen, die er benötigte. Auch die Araber waren unverletzt und begannen nach dem Schreck sofort einen wilden Tanz. Sobald sie sich beruhigt hatten, wurde ein neuer Versuch gewagt und die Skulptur hinausgezogen. Bis ans Ende des Grabens waren Längsschwellen gelegt und es wurden immer wieder Walzen untergeschoben. Sowie die Skulptur vorwärts ging, wurden die hinten freigewordenen Walzen wieder untergelegt und nach kurzer Zeit erreichte sie das Ende des Grabens. Am Abend wurde ein Freudenfest gefeiert und am nächsten Tag ging die Arbeit weiter.

 
Verladung des geflügelten Stieres, Stich aus Layards Buch Ninive and its Remains, Band II, London 1848

An der abschüssigen Stelle des Hügels wurde der Stier hinunter geschafft, indem die Erde abgetragen und die Baumstämme gelegt wurden. Bald konnte die Figur durch Herablassen auf den Wagen gestellt werden. Büffelochsen wurden vorgespannt – aber diese weigerten sich, die Last zu ziehen. Jetzt war wieder Manneskraft gefragt und in Abteilungen von 8 Mann wechselten sich die Kräftigsten an der Deichsel ab, während an die 300 Menschen den Wagen zogen und aus Leibeskräften schrieen. Im verlassenen Dorf Nimrud blieben zwei Räder in einem Graben stecken, obwohl Layard die Strecke vorher gründlich untersucht hatte. In diesen Gräben wurde Korn, Gerste und Stroh für den Winter aufbewahrt und sie waren nur notdürftig zugedeckt. Ihre Versuche, den Wagen wieder flott zu bekommen waren vergeblich. Layard ließ zur Bewachung eine Abteilung Araber zurück, die auch prompt in der Nacht überfallen wurden und eine Kugel kerbte die Seite des Stiers aus. Die Angreifer konnten jedoch vertrieben werden. Am nächsten Tag gelang es ihnen, die Räder zu befreien und die Prozession ging weiter Richtung Flussufer. Hier gruben sich die Räder in den Sand und es mussten Planken ausgelegt werden. Eine Plattform war am Ufer errichtet worden, von der aus sie auf das Floß hinabgleiten sollte. Die Araber errichteten ihre Zelte um den Stier herum zur Bewachung.

Nun musste noch der geflügelte Löwe nahe dem Raum Y auf die gleiche Weise an den Fluss geschafft werden. Mitte April waren die Vorbereitungen hierfür beendet und Layard benutzte jetzt die doppelte Anzahl von Seilen. Er hatte beschlossen, den Löwen sogleich auf en Wagen zu heben und nicht erst auf Walzen durch einen Graben zu schleifen. Da der Löwe an mehreren Stellen gesprungen war, musste seine Herabnahme und der Transport mit besonderer Vorsicht geschehen. Die Araber versammelten sich wieder wie beim Transport des Stieres und alles gelang prächtig. Lediglich für den Transport zum Fluss benötigten sie zwei Tage, weil die Räder des Wagens immer wieder im Sand versanken.

Dieses Mal wollte Layard seine Skulpturen über Bagdad hinaus direkt bis Basra auf den Flößen verschiffen. In Mosul ließ sich jedoch kein Floßführer finden, der dazu bereit war. Über einen Vermittler wurde schließlich ein Mann in Bagdad gefunden, dem das Schuldgefängnis drohte und sich deshalb bereit erklärte, die Fahrt zu unternehmen. Dieser Mullah Aii kam in Nimrud an und Layard musste sich mit ihm über den Bau des Flosses auseinandersetzen. Weil aus den Häuten nach und nach Luft entweicht, müssen diese kontrolliert und die Luft nachgefüllt werden. Dies musste in Bagdad geschehen. Damit der Floßschiffer an die Öffnungen der Häute gelangen konnte, verlangte Layard, den Stier und den Löwen so hoch wie möglich über dem Wasser zu haben, damit sie darunter kriechen konnten. Pro Floss hatte Layard 300 Felle benötigt. Während des Hochwassers im Frühjahr konnten kleine Flösse in 84 Stunden bis Bagdad fahren, die großen aber brauchten mindestens 6 – 7 Tage für ihre Reise. Layard rechnete wegen der schweren Last mit 8 – 10 Tagen. Am 20. April wollte Layard den Versuch der Verschiffung starten. Die beiden Skulpturen waren so auf Balken gestellt worden, dass sie, sobald die Keile unter ihnen weggeschlagen wurden, so sofort in die Mitte des Floßes hinabgleiten konnten. Dazu war das hohe Ufer bis an den Rand des Wassers zu einer steilen schrägen Fläche abgestochen worden.

Nun aber erschien plötzlich Hormudz Rassam mit einer schlechten Nachricht: die Araber verweigerten die Arbei und forderten mehr Lohn. Layard wusste, dass ein oder zwei Anführer der Dscherbur die Urheber waren und so versuchten, von den Arbeitern selbst mehr Geld zu bekommen. Er ließ sie festnehmen und forderte die anderen auf, das Lager zu verlassen. Nun erschien eine Abordnung von einigen Scheichs, die Besorgnis über die Sicherheit Layards äußerten. Dieser versteckten Drohnung begegnete er damit, dass er sein Gehöft in Verteidigunsszustand versetzen und die Schießscharten in der Mauer öffnen ließ. Die Scheichs hatten ihre Zelte in Sichtweite des Dorfes aufgeschlagen und viele mussten ihnen folgen. Layard sandte sofort einen Boten mit einem Brief nach Abd-er-Rahman und bat um Hilfe. Am Abend erschien dieser treue Freund und er schickte einen Befehl an seinen Stamm, den Marsch nicht fortzusetzen und mit der Anzahl zurückzukehren, die Layard benötigte. Als die Dscherbur die Abu Salman Araber anrücken sahen, kamen sie nach Nimrud zurück, um ihre Dienste zu meinen Bedingungen anzubieten. Layard hörte jedoch nicht an.

 
Der Stier und der Löwe auf dem Floß, Stich aus Layards Buch A Second Series of the Monuments of Nineveh, London 1853

Die auf die schiefe Ebene gelegten Pappelholzbalken wurden jetzt mit einem Gleitmittel eschmiert. Die einzige Schwierigkeit sah Layard darin, dass die Skulptur zu schnell hinabglitt und durch den Druck die Felle des Floßes zersprengten. Dieses mussten die Araber an den Seilen verhindern. Alles ging wie gewollt, so dass ein zweites Floss gleicher Größe für den Löwen herangebracht werden konnte. Auch hier klappte alles nach Wunsch.

Nun galt es noch viele Platten einschließlich des großen Basreliefs, das den König zwischen den Eunuchen und geflügelten Figuren auf dem Thron darstellt und das Ende des Zimmers G gebildet hatte, sowie das Altarstück aus Zimmer B und über 30 Kisten, welche die kleineren in den Ruinen entdeckten Gegenstände enthielten, auf die beiden Flösse zu verteilen.

Als die Arbeit getan war, gab Layard ein Gastmahl für Abd-er-Rahmann und seinen Leuten sowie für alle, die ihm bei der Verladung der Skulpturen geholfen hatten. Dann nahmen sie Abschied.

Am Morgen des 22. gab Layard den Floßführern je ein Schaf, das sie am Ufer für eine glückliche Reise opferten. Nachdem alle Zeremonien vollzogen waren, küsste Mulah Ali Layard die Hand, nahm auf einem Floß Platz und fuhr dann den Tigris hinab..

Gemäß der Anweisung der Direktoren des Britischen Museums war es nun Layards letzte Aufgabe, die ausgehobenen Zimmer wieder mit Erde zu füllen, damit die sich darin noch befindlichen Skulpturen nicht durch Wind und Wetter beschädigt oder durch feindlich gesinnte Araber zerstört wurden.

Ninive - Kujundschik

 
Karte der Ruinen von Ninive gegenüber von Mosul. Mit den beiden Ruinenhügeln Kujundschik und Nebi Junus, Leipzig 1908

Weil die Araber aus der Wüste ihr Lager am Westufer es Tigris aufgeschlagen hatten und Layard ihre Überfälle befürchtete, reiste er aus Nimrud ab und reiste zum großen Ruinenhügel nach Kujundschik. Aus den Dörfern in der Nachbarschaft wurde berichtet, dass diese Ruinen eine unerschöpfliche Quelle von Baumaterial seien und Layard war gespannt, ob dort noch irgendein Gebäude existierte.

Zwei etwa 20 m hohe Ruinenhügel beherrschen Ninive. Der nördliche (800 m lang, 400 m breit) heißt Kujundschik, der südliche führt im Volksmund den Namen Nebi Junus nach einer auf ihm errichteten, dem Propheten Jonas geweihten Moschee. Dieser Ort war den Gläubigen heilig

Die Araber schlugen ihre Zelte an den Laufgräben auf, die Tijari kampierten an den Ufern des Flusses Khauser, eines kleinen Flüsschens, das durch die Ruinen fließt. Hier fanden Männer und Frauen Platz für ihre täglichen Waschungen. Trinkwasser holten sie jedoch vom Tigris. Layard wohnte im Dorf.

Layard wusste, dass die Assyrer einen Palast oder ein öffentliches Gebäude bauten, eine Plattform anlegten oder eine kompakte Masse aus von an der Sonne getrockneten Backsteinen, die etwa 30 – 40 Fuß über dem Niveau der Ebene lag. Auf dieser errichteten sie dann ihr Monument. Sobald das Gebäude zerstört wurde, blieben die Ruinen auf der Plattform. Also war sein erster Schritt, eine solche Plattform zu finden. Weil die Anhäufung von Erde und Schutt in Kjundschik sehr beträchtlich war, mussten die Gräben bis 20 Fuß tief gegraben werden. Er begann damit in der südwestlichen Ecke. Seine Arbeiter hatten mehrere Tage gegraben, ohne mehr als Bruchstücke von Alabaster zu finden. Schließlich stießen sie auf Überreste eines Eingangs und eine Platte war vom Feuer völlig zerstört. Aus den Inschriften der Platten konnte er entnehmen, dass es sich - nach den in Nimrud gefundenen – hier um den Sohn des Erbauers von Khorsabad handeln müsse, bzw. mit dessen Vorgänger oder Nachfolger in unmittelbarer Beziehung stand.

Er hatte bald einen Teil des Südwest-Palastes in Kujundschik ausgegraben und war davon überzeugt, dass eine Fortsetzung der Untersuchungen in Kujundschik reich an interessanten und wichtigen Resultaten sein würde.

Layard hatte nur noch wenig Geld, so dass er am 24. Juni 1847 Mosul verließ, nachdem er tränenreichen Abschied von seinen Arbeitern und deren Familien genommen hatte. Hormuzd Rassam, seine rechte Hand, begleitete ihn nach England [10]

Layards Triumph in London

Layards Rückkehr nach Europa war überschattet von der Revolution, die 1848 Europa erschütterte. Man hatte ihn über einen offenen Posten im Auswärtigen Amt informiert und er sollte in Konstantinopel auf Sir Canning warten. Layard erlitt wieder einen Malaria-Anfall und als sich Sir Cannings Rückkehr verzögerte, fuhr er im Herbst nach Italien, wo er alte Freunde und die Ruinen von Pompeji besuchte. Seine Weiterreise führte ihn nach Paris, wo Botta ihn mit offenen Armen empfing. Die Académie des Inscriptions et Belles Lettres lud ihn zu einem Vortrag ein und sie gratulierten ihm zu seiner Arbeit. Botta selbst hatte erwartet, dass man ihn als Französischen Konsul zurück nach Mosul senden werde, aber die politischen Ereignisse in Frankreich verhinderten das. Stattdessen erhielt er einen kleinen Posten in Jerusalem. Die beiden Männer sollten sich nie wieder sehen.

Er eilte nach London, wo er im Dezember 1847 im Hause seines Onkels am Montague Square ankam. Schnell nahm er Kontakt mit seinem Arbeitgeber, dem Britischen Museum, auf. Die erste Sendung aus Nimrud war eingetroffen und die Stücke waren bereits ausgestellt, obwohl noch einige Kisten am Kai von Basra auf Verschiffung warteten. Er benötigte noch Ruhe, um sich von der Erschöpfung und den wiederholten Malaria-Anfällen, die ihn sehr geschwächt hatten, zu erholen.

Das Auswärtige Amt hatte schließlich einen Posten für ihn gefunden – als Mitglied einer internationalen Grenzkommission, um die Grenzen zwischen der Türkei und Persien festzulegen. Er war nicht wirklich bereit, so schnell wieder in den Nahen Osten zu reisen, denn er fand Freude an seinem neuen Ruhm und den Dinnerparties, die dieser mit sich brachte. Vorkehrungen wurden getroffen, seine Zeichnungen und Texte zusammen mit einer Erzählung über seine Ausgrabungen zu veröffentlichen. Das Museum zeigte sich wenig bereit, weitere Ausgrabungen zu finenzieren, zumal Layard allein für das erste Jahr £ 4000-5000 wünschte – was als völlig unrealistisch angesehen wurde.

Die 1840er Jahre waren eine turbulente Zeit und die Auswirkungen der industriellen Revolution auf die Gesellschaft waren vielfältig und Schriftsteller wie Disraeli und Dickens (Marx und Engels arbeiteten an ihrem “Manifest”) nahmen sich dieser Themen an. Irland hatte gerade die große Hungersnot (Potato Famine) erlebt and die Chartistenbewegung forderte politische Reformen in Britannien. Auf dem Kontinent wurde die Februar-Revolution in Paris gefolgt von ähnlichen Ausbrüchen in Deutschland, Italien und Österreich-Ungarn. Die Regierung hatte dringenderen Angelegenheiten nachzugehen als archäologischen Expeditionen in den Mittleren Osten.

Das viktorianische Zeitalter war noch immer klassenbewußt und Layard hatte keine mächtigen Verwandten, die seine Interessen vertreten konnten. Unter seinen vielen loyalen Unterstützern in dieser Zeit war seine Cousine Charlotte Guest, die den Vertrag mit dem Verleger John Murray arrangierte. Sie war mit dem reichen Industriellen Josiah John Guest verheiratet, dem sie 5 Söhne und 5 Töchter gebar. Sie hatte vielerlei Interessen, lernte einige Sprachen während ihrer Schwangerschaften und nahm eine aktive Rolle in den Geschäften ihres Mannes ein. Sie war mit der Einrichtung ihres Hauses Canford Manor[16] beschäftigt und Layard schenkte ihr einige Reliefs für die Dekoration. (Eines dieser Reliefs wurde 1992 entdeckt und 1994 durch Christie's an das Miho Museum in Kyoto/Japan für £ 7.7 Millionen (US$ 11.9 Millionen) verkauft.) Sie wiederum ermunterte ihn, die Beschreibung seiner Entdeckungen zu beschleunigen.

Layard lebte bei seiner Mutter in Cheltenham und verbrachte das ganze Jahr 1848 mit Schreiben. Er trat von seinem Posten in der Grenzkommission im September zurück. Ungefähr zur gleichen Zeit kamen die Kisten mit dem Großteil der ausgegrabenen Fundstücke in London an, nachdem sie bereits in Bombay ausgestellt waren, wo sie dann mehrere Monate auf Verschiffung warten mussten. Als er sie jedoch auspackte musste er enttäuscht feststellen, dass sie nachlässig verpackt worden und dadurch die meisten zerbrochen waren. Seine Aufzeichnungen über die Fundorte waren alle durcheinander und viele der kleineren Stücke waren verschwunden.

Als im Frühjahr 1849 sein Buch „Nineveh and Its Remains“ sofort ein Bestseller wurde, prasselte auf Layard Lob von allen Seiten ein. (Ein Jahr später gab John Murray „The Monuments of Nineveh“ heraus.) Der Präsident der Royal Asiatic Society nannte das Buch „die größte Errungenschaft unserer Zeit“ und sogar sein Onkel Benjamin war beeindruckt. Die Universität Oxford verlieh ihm die Ehrendoktorwürde in Zivilrecht DCL (Doctor of Civil Law). Das Interesse an erneuten Ausgrabungen in Assyrien - und besonders in Kujundschik – war groß.

Layard hatte im Sommer 1849 seinen Posten in Konstantinopel als Attaché an der Botschaft angetreten, als er ihn nach kurzer Zeit von den Treuhändern des Britischen Museums die Nachricht erreichte, dass er mit den Ausgrabungen in Assyrien fortfahren könne. Das Museum erklärte sich bereit, zwei weitere Jahre zu finanzieren (jedoch für den geizigen Betrag von insgesamt £3000). Dieses Mal sollte der Künstler F. C. Cooper für die Zeichnungen ihm zur Seite stehen. Er benachrichtigte sofort Hormuzd Rassam, der in Oxford studierte, und er nahm den englischen Arzt Humphrey Sandwith,[17]der den Osten bereist hatte und sich gerade in Constantinopel aufhielt, ebenfalls mit. Ende August machten sie sich gemeinsam auf die Reise nach Mosul.

Zweite Forschungsreise von 1849 bis 1851

 
Unterirdische Ausgrabungen in Kujundschik

Gleich am nächsten Tag ritt er nach Kujundschik, wo seine Freunde Henry Ross und Christian Rassam nach seiner Abreise noch gegraben hatten. Die Gräben in der südöstlichen Ecke waren noch offen, wo er zwei weitere Räume untersucht hatte (siehe Plan L I). Die Basreliefs waren jedoch verunstaltet. Toma Shisman, der Aufseher, hatte eine ganz besondere Technik erfunden: er drang zu den unter ernormen Lehm- und Schuttmassen verborgenen Palästen mit ihren Reliefs durch Tunnelgrabungen vor. Er ließ einen Schacht einige Meter in die Tiefe graben bis er auf festen Untergrund stieß und arbeitete sich von dort im Stollen lateral soweit vor, bis er an eine Mauer stieß. Danach war es relativ einfach, dieser Mauer zu folgen und dann durch Türöffnungen von Raum zu Raum zu graben bis der ganze Komplex offen gelegt war.

 
Plan I Der Palast von Sennacherib in Ninive (Kujundschik)

Unglücklicherweise waren die assyrischen Paläste aus Lehmziegel, die in der Sonne getrocknet (gebrannt) waren, erbaut. Dieses Material ist für ein ungeübtes Auge nicht leicht zu erkennen, so dass die Arbeiter durch viele Wände brachen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Das bedeutete aber auch, dass die Mitte des Raumes nicht ausgegraben wurde.

Layard stieg hinab in den unterirdischen Tunnel und besichtigte die Räume L XII und die große Halle XIV mit dem Portal, das von zwei riesigen menschenköpfigen Stieren flankiert wurde. Überall waren Reliefplatten, die Krieg, Gefangennahme und Sieg zeigten. Diese Reliefs bedeckten die Platte vollständig und waren nicht unterteilt wie die in Nimrud gefundenen. Auch zeigten sie viel mehr Einzelheiten im Hintergrund. Man konnte Obst- und Weingärten (der Levante?) ausmachen, die Berge des Westens oder Sümpfe im Süden. Layard hatte den Eindruck, dass sie Geschichten erzählten.

Seine Ankunft in Mosul hatte sich schnell herumgesprochen und viele seiner alten Arbeiter, wie der Marmorschneider, Zimmermann und Aufseher konnte er wieder einstellen. Toma Shisman setzte er wieder als Aufseher über die Arbeiten in Kujundschik ein und der Scheich der Jebour, Ali Rahal, wurde „Scheich des Hügels“. Nach 2 Tagen strömten auch die Chaldäer aus den Bergen und die Araber der Umgebung herbei. Am 12. Oktober konnte er die Ausgrabungen wieder aufnehmen. Über 100 Arbeiter, eingeteilt in Gruppen von 12 – 14 Leuten, waren auf dem Hügel beschäftigt.

Am 18. Oktober ritt er mit Hormudz Rassam nach Nimrud. Auf dem Weg dorthin mussten sie überall alte Bekannte begrüßen. Die Truppen des Paschas reichten nicht aus, um die Überfälle der Bedouinen zu stoppen, so die Bewohner noch immer in Furcht lebten. Er inspizierte den Nordpalast und sah aus der sich gesenkten Erde einige Ecken von Reliefs oder Skulpturen heraus ragen. Der Südwest-Palast lag unbedeckt, wie er ihn verlassen hatte. Das waren die Zeichen einer guten Bewachung durch die Bewohner, die auf dem Hügel ihre Felder bestellten.

 
Plan II Viereckturm und kleine Tempel in Nimrud

Auch in Nimrud sammelte er seine alten Arbeiter, um die Ausgrabungen des Nord-West-Palastes fortzusetzen. Neue Gräben wurden beim Zentralpalast in der Mitte geöffnet. Der Tell – oder die Pyramide – in der Nordwest-Ecke war noch nicht untersucht. Mit Ausnahme eines Schachtes von ca. 40 Fuß Tiefe , der ziemlich in der Mitte lag, war hier nichts geschehen. Layard ordnete an, einen Tunnel auf der Westseite von der Basis des Felsens auf dem er lag, in den Schuttberg zu treiben.

Der Neffe von Abd-er-Rahman erschien mit einigen seiner Männer, da er von Leuten, die sich auf dem Hügel zu schaffen machte, gehört hatte und nach dem Rechten sehen wollte. Die Wiedersehensfreude war groß. Einen Tag später fand er Rawlinson tief schlafend in einem der ausgegrabenen Räume. Da dieser Fieber hatte, begleitete Layard ihn nach Mosul und 3 Tage später reiste Rawlinson weiter nach Konstantinopel.

Während der Monate November und Dezember war Layard abwechselnd in Kujundschik und Nimrud. Mr. Cooper, der in Mosul wohnte, ritt jeden Tag nach Kujundschik, um die gefundenen Basreliefs zu zeichnen. Hormuzd Rassam, der Layard bei seinen Ritten gewöhnlich begleitete, war Oberaufseher. Er kümmerte sich um die Auszahlung der Löhne, schlichtete Streitigkeiten und erledigte viele andere Aufgaben. Er war ein wichtiger Mann, der den Charakter der verschiedenen Araberstämme bestens kannte und dementsprechend mit ihnen gut umgehend konnte. Layard betonte : „die Treuhänder des Britischen Museums schulden ihm nicht nur viel des Erfolges dieser Unternehmungen, die er mir durch seine Wirtschaftlichkeit ermöglichte. Ohne ihn hätte ich mit den zur Verfügung gestellten Mitteln nur die Hälfte erreicht.“ [11].

 
Der König überwacht den Transport des Stieres - Relief aus Ninive

Ende November war die große Halle (oder Hof) ausgegraben. Dieser Hof war 124 Fuß lang und 90 Fuß breit (Nr. VI in Plan I). In der Mitte von jeder Seite befand sich ein Eingang, der von Stieren bewacht war. Die Wände waren vollständig mit Reliefs bedeckt, die unter dem Feuer stark gelitten hatten. Ein schmaler Gang führte in die Südwest-Ecke, die Layard bereits bei seinem ersten Besuch untersucht hatten. Viele der durch Feuer angegriffenen Reliefs wurden an Ort und Stelle gelassen und Cooper und Layard fertigten nur Zeichnungen an. Von einigen war nur der untere Teil erhalten. Der Gang führte in einen Raum 24 x 19 Fuß, von dem weitere Gänge (Nr. XLVIII und XLII in Plan I) abzweigten. Dies war der Eingang zu einer breiten und weitläufigen Galerie von 218 x 25 Fuß. An der Westseite war ein Tunnel gehauen, weil es hier keinen Eingang gab, der zu den wo Mr. Ross ausgegrabenen Räumen führte und somit eine Verbindung herstellte. Die gesamte Galerie wies Reliefs auf. Besohttp://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Hochladennders interessant waren die der Westseite, welche den Transport der Stiere wiedergeben, die die Tore in den Palast bewachten. Anscheinend hatte man sie im Steinbruch bereits grob gemeißelt und auf Schlitten zum Fluß gezogen, wo sie auf keleks verladen und zum Palast verschifft worden waren. Hier erhielten sie die Feinarbeiten und wurden dann in ihre endgültige Position gezogen. Die Methode war die gleiche, die Layard und Botta angewandt hatten, als sie die Stiere entfernten und nach Europa verschifften.





Nach einem Aufenthalt in England führte Layard von 1849 bis 1851 eine zweite Forschungsreise durch, bei der er außer Ninive und Nimrud auch archäologische Stätten im südlichen Mesopotamien (unter anderem Babylon) erforschte. Layard war erste Europäer, der umfänglich über die Jesiden in Scheichan und dem Dschabal Sindschar berichtete, deren „Fest der Versammlung“ (Jashne Jimaiye) er in Lalisch erleben konnte.

Aufsehen erregende Funde aus seinen Ausgrabungen schickte Layard in das Britische Museum in London, in dessen Verwaltung er 1866 als trustee berufen wurde. Seit 1852 war er in der britischen Politik aktiv, unter anderem als Abgeordneter im Unterhaus und als Botschafter in Konstantinopel (1877 bis 1880).

Layard erhielt 1878 (anlässlich des Berliner Kongresses) das Großkreuz des Bath-Ordens.

Austen Henry Layard starb am 5. Juli 1894 in London.

Zum Glück für die Nachwelt war Layard ein überaus produktiver Schreiber und wir kennen sehr viel über sein Leben und seine Karriere. Buchstäblich Tausende seiner Briefe mit ausführlichen Tagebüchern und Kladden wurden 1912 von seiner Ehefrau dem Britischen Museum übergeben und befinden sich heute in der British Library. Er veröffentliche viele Bücher über seine Arbeit und Erfahrungen im Nahen Osten und und über die Malerei. In dem nach seinem Tode 1903 von William N. Bruce herausgegebenen 2bändigen Werk "Autobiography and Letters from his Childhood until his Appointment as H. M. Ambassador at Madrid" fehlen die Jahre 1852 - 1869, da er verfügt hatte, daß über diesen politischen Zeitraum noch nichts veröffentlicht werden dürfe.

Einzelnachweise

  1. Sir A. Henry Layard : “Autobiography and letters from his childhood until his appointment as H. M. ambassador at Madrid” in 2 Bänden, Herausgeber: Bruce, William N. b. 1858, Seite 105-107
  2. A Popular Account of Discoveries at Nineveh. Austen Henry Layard. J. C. Derby. New York. 1854, Kapitel 1
  3. Discoveries At Nineveh, Kapitel 1
  4. „Early Adventures in Persia, Susiana, and Babylonia“ Kapitel 13
  5. “Autobiography and letters from his childhood until his appointment as H.M. Ambassador at Madrid, Vol 2, Kapitel 2-5
  6. Austen Henry Layard: Auf der Suche nach Ninive. Achtes Kapitel: Bei den Jezidi oder Teufelsanbetern. PDF, 212 KB, aufgerufen am 23. November 2009
  7. A. Henry Layard: Ninive und seine Überreste, Kapitel VI-IX
  8. A. Henry Layard: Ninive und seine Überreste, Fußnote zu Abdrücke, Seite 173
  9. A. Henry Layard: Ninive und seine Überreste, Leipzig 1850, Seite 186
  10. A. Henry Layard: Ninive und seine Überreste, Leipzig 1850, Kapitel 14
  11. A. Henry Layard: „Discoveries among the ruins of Niniveh and Babylon” London 1882, Kapitel I, Seite16

Werke

  • Layard, A. H. (1848–49). Inquiry into the Painters and Arts of the Ancient Assyrians (vol. 1–2).
  • Layard, A. H. (1848). Nineveh and its Remains. London: John Murray
  • Layard, A. H. (1849). Illustrations of the Monuments of Nineveh. John Murray, London
  • Layard, A. H. “Niniveh und seine Überreste”. Mit 94 Illustrationen, 6 Plänen und 1 Karte. Aus dem Englischen von Dr. R.R.W. Meißner, Verlag der Dyk’schen Buchhandlung. Leipzig 1854
  • Layard, A. H. (1849–53). The Monuments of Nineveh. London: John Murray.
  • Layard, A. H. (1851). Inscriptions in the cuneiform character from Assyrian monuments. London,: Harrison and sons.
  • Layard, A. H. (1852). A Popular Account of Discoveries at Nineveh. London: John Murray.
  • Layard, A. H. (1853). Discoveries in the Ruins of Nineveh and Babylon. London: John Murray.
  • Layard, A. H. (1853). A Second Series of the Monuments of Nineveh. London: John Murray
  • Layard, A. H. (1854). The Ninevah Court in the Crystal Palace. London: John Murray.
  • Layard, A. H. (1856). The Martyrdom of Saint Sebastian Painted in Fresco by Pietro Perugino in the Chapel of the Saint at Panicale. London: Arundel Society.
  • Layard, A. H. (1858). The Frescoes by Bernardino Pinturicchio, in the Collegiate Church of S. Maria Maggiore at Spello. London: Arundel Society.
  • Layard, A. H. (1860). Domenico Ghirlandaio and his Fresco of the Death of S. Francis. London: Arundel Society.
  • Layard, A. H. (1868). “The Brancacci Chapel and Masolino, Masaccio, and Filippino Lippi”. London: Arundel Society,
  • Layard, A. H. (1887). Handbook of Painting: The Italian Schools, Based on the Handbook of Kugler, Originally Edited by Sir Charles Eastlake, P.R.A. Fifth Edition. 2 vols. London: John Murray.
  • Layard, A. H. (1888) “The massacre of St. Bartholomew, and The revocation of the edict of Nantes, illustrated from state papers in the Archives of Venice”, Reprinted from the Proceedings of the Huguenot society of London, 1887. London, Spottiswoode & co.,.
  • Layard, A. H. (1894). Early Adventures in Persia, Susiana, and Babylonia. London: John Murray.
  • Layard, A. H. (1903). Autobiography and Letters from his childhood until his appointment as H.M. Ambassador at Madrid. (vol. 1–2) London: John Murray.

online Bücher

deutsche Übersetzungen

  • Niniveh und seine Überreste. Leipzig, 1850 (Onlinefassung)
  • Auf der Suche nach Ninive. Leipzig, 1854