Geschichte
Russische Kinospielfilmproduktion[1] | |
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Jahr | Anzahl |
1995 | 65 |
2005 | 160 |
Neuer Russischer Film
Die Auswanderung und der Tod Tarkowskis, die Perestrojka sowie der Zusammenbruch der Sowjetunion waren bedeutende Etappen auf dem Niedergang der Filmkultur in Russland, der bis zur Jahrtausendwende nicht nur die Filmproduktion, sondern vor allem fast alle Lichtspielhäuser sterben ließ. Eine Wende trat erst um die Jahre 2002, 2003 ein, seit denen die Anzahl der neu eröffneten Kinos schier explodiert und sich immer mehr Filme junger, russischer Regisseure auf internationale Festivals finden. Die Filmemacher der neuen Generation (studierte Biologen, Physiker, Psychologen, …) bedienen sich bei all denen, die das Kino vorantrieben: Kubrick, Tykwer, aber vor allem Tarkowski, der voll Ehrfurcht behandelt dazu benutzt wird, neue Wege in der russischen Filmkunst aufzuzeigen. Trotzdem sind diese Filme keine bloßen Collagen von bereits Gesehenem, vielmehr verweben sich die einzelnen Bestandteile zu etwas Neuen ähnlich den Farben eines impressionistischen Bildes und verknüpfen Tradition und Zukunft. Anfang und Ende einer Geschichte scheinen hier ebenso wenig wichtig zu sein, wie ein zielgerichteter Handlungsverlauf oder der „typische“ Held oder Antiheld des westlichen Filmes, den man nur vergebens suchen kann.
Marktanteil russischer Filme an Kinobesuchen in Russland[2] | ||
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Jahr | Kinobesuche gesamt, in Mio. |
Marktanteil Russische Filme |
2004 | 67,4 | 12,1 % |
2005 | 83,6 | 29,7 % |
2006 | 91,8 | 25,7 % |
2007 | 106,6 | 26,3 % |
2008 | 123,9 | 25,5 % |
Das Jahr 2003 war (ungeplant) ein besonderes: gleich drei Filme verwiesen zurück auf den russischen Realismus des 19. Jahrhunderts, der unter anderem mit Turgenjews Väter und Söhne und Dostojewskis Die Brüder Karamasow Weltliteratur über die Beziehungen zwischen Vätern und Söhnen hervorbrachte. Die Filme The Return – Die Rückkehr, Koktebel und Vater und Sohn greifen diese Tradition auf und verweisen trotzdem in die Zukunft des russischen Filmes, der wie Kukushka zeigte, nicht nur bestens kritisiert, sondern auch kommerziell erfolgreich sein kann.
Zu einem neuen Schlag holte das russische Kino im Jahre 2005 mit Wächter der Nacht – Nochnoi Dozor aus. Ein russischer Fantasy-Actionfilm nach dem gleichnamigen Roman von Sergei Lukjanenko. Das Werk wurde mit einem für Russland beispiellosen PR-Aufwand in die westlichen Kinos gebracht. Doch auch hier bleibt sich der russische Film treu: es gibt keine Helden.
Insgesamt lässt sich in den letzten Jahren (2004 bis 2008) ein enormer Anstieg der Kinobesuche in Russland nachvollziehen – während im Großteil des übrigen Europa die Kinobesuchszahlen in den letzten Jahren bestenfalls stagnierten. Ebenfalls außergewöhnlich ist hierbei, dass die russische Filmproduktion bei der beinahen Verdoppelung der Kinobesuche ihren – im Vergleich mit Europa überdurchschnittlich hohen – Marktanteil, der seit 2005 stets über einem Viertel an allen Kinobesuchen in Russland liegt, halten konnte.[2]
Wichtige russische Filme (chronologisch)
- 1908 „Stenka Rasin“, Regie: Wladimir Romaschkow
- 1911 „Die Verteidigung von Sewastopol“, Wassili Gontscharow und Alexander Chanschonkow
- 1914 „Stumme Zeugen“, Jewgeni Bauer
- 1915 „Nach dem Tode“, Jewgeni Bauer
- 1916 „Pique Dame“, Jakow Protasanow
- 1917 „Der sterbende Schwan“, Jewgeni Bauer
- 1921 „Hammer und Sichel“, Wladimir Gardin
- 1924 „Die seltsamen Abenteuer des Mr. West im Lande der Bolschwiki“, Lew Kuleschow
- 1924 „Aelita“, Jakow Protasanow
- 1925 „Streik“, Sergei Eisenstein
- 1925 „Panzerkreuzer Potemkin“, Sergei Eisenstein
- 1926 „Die Mutter“, Wsewolod Pudowkin
- 1926 „Nach dem Gesetz“, Lew Kuleschow
- 1926 „Der Mantel“, Grigori Kosinzew und Leonid Trauberg
- 1927 „Oktober"/„Zehn Tage die die Welt erschütterten“, Sergei Eisenstein
- 1927 „Das Mädchen mit der Hutschachtel“, Boris Barnet
- 1927 „Der Fall der Dynastie Romanow“, Esfir Schub
- 1927 „Das Ende von St. Petersburg“, Wsewolod Pudowkin
- 1928 „Sturm über Asien“, Wsewolod Pudowkin
- 1929 „Der Mann mit der Kamera“, Dsiga Wertow
- 1929 „Turksib“, Wiktor Turin
- 1930 „Erde“, Olexandr Dowschenko
- 1932 „Der Gegenplan“, Friedrich Ermler und Sergei Jutkewitsch
- 1934 „Tschapajew“, Sergei und Georgi Wassiljew
- 1935 „Maxims Jugend“, Grigori Kosinzew und Leonid Trauberg
- 1938 „Alexander Newski“, Sergei Eisenstein mit Dmitri Wassiljew
- 1944/46 „Iwan der Schreckliche“ Teil 1, 2 und der nicht erhaltene 3. Teil, Sergei Eisenstein
- 1946 „Die steinerne Blume“, Alexander Ptuschko
- 1952 „Sadko“, Alexander Ptuschko
- 1955 „Die Grille“, Samson Samsonow
- 1956 „Othello“, Sergei Jutkewitsch
- 1956 „Ilja Muromez“, Alexander Ptuschko
- 1956 „Mutter“, Mark Donskoi
- 1957 „Der stille Don“, Teil 1-3, Sergei Gerassimow
- 1957 „Die Kraniche ziehen“, Michail Kalatosow
- 1959 „Ein Menschenschicksal“, Sergei Bondartschuk
- 1959 „Ballade eines Soldaten“, Grigori Tschuchrai
- 1962 „Iwans Kindheit“, Andrei Tarkowski
- 1963 „Ich bin zwanzig Jahre alt“, Marlen Chuzijew
- 1965 „Der gewöhnliche Faschismus“, Michail Romm
- 1965 „Feuerpferde“
- 1966 „Krieg und Frieden“, Teil 1-3, Sergei Bondartschuk
- 1966 „Andrej Rubljow“, Teil 1 und 2, Andrei Tarkowski
- 1967 „Anna Karenina“, Alexander Sarchi
- 1969 „Ein Adelsnest“, Andrei Michalkow-Kontschalowski
- 1969–72 „Befreiung“ (russisch-polnisch-italienisch-ostdeutsche Koproduktion), Teil 1-5, Juri Oserow
- 1970 „Waterloo“ (russisch-italienische Koproduktion), Sergei Bondartschuk
- 1970 „Onkel Wanja“, Andrei Michalkow-Kontschalowski
- 1972 „Solaris“, Andrei Tarkowski
- 1974 „Der Spiegel“, Andrei Tarkowski
- 1974 „Agonia“, Elem Klimow
- 1974 „Uzala, der Kirgise“ (russisch-japanische Koproduktion), Akira Kurosawa
- 1979 „Sibiriade“, Teil 1 und 2, Andrei Michalkow-Kontschalowski
- 1979/1983 „Abschied von Matjora“, Larissa Schepitko & Elem Klimow
- 1979 „Stalker“, Andrei Tarkowski
- 1980 „Mexiko in Flammen“ (russisch-italienisch-mexikanische Koproduktion), Sergei Bondartschuk
- 1982 „10 Tage die die Welt erschütterten“ (russisch-italienisch-mexikanische Koproduktion), Sergei Bondartschuk
- 1985 „Komm und sieh“, Elem Klimow
- 1989/1996 „Jermak - ein Kosakenataman erobert Sibirien“,
- 1990 „Taxi Blues“, Pawel Lungin
- 1991 „Urga“, Nikita Michalkow
- 1994 „Die Sonne, die uns täuscht“, Nikita Michalkow
- 1997 „Der Dieb“, Pawel Tschuchrai
- 1999 „Der Barbier von Sibirien“ (russisch-französische Koproduktion), Nikita Michalkow
- 1990 „Russische Hochzeit“, Pawel Lungin
- 2002 „Russian Ark“ (russisch-deutsche Koproduktion), Alexander Sokurow
- 2002 „Kukuschka – Der Kuckuck“, Alexander Rogoschkin
- 2003 „The Return – Die Rückkehr“, Andrei Swjaginzew
- 2004 „Wächter der Nacht – Nochnoi Dozor“, Timur Bekmambetow
- 2006 „Ostrov – The Island“, Pawel Lungin
- 2007 „Der Mongole“ (internationale Koproduktion), Sergei Bodrow
Wichtige russische Regisseure (alphabetisch)
- Sergei Bondartschuk
- Bachtier Chudojnasarow
- Marlen Chutziew
- Georgi Danelija
- Olexandr Dowschenko
- Sergei Eisenstein
- Sergei Jutkewitsch
- Elem Klimow
- Andrei Michalkow-Kontschalowski
- Lew Kuleschow
- Sergei Paradschanow
- Nikita Michalkow
- Alexander Ptuschko
- Jakow Protasanow
- Wsewolod Pudowkin
- Eldar Rjasanow
- Esfir Schub
- Alexander Sokurow
- Andrei Tarkowski
- Alexei Utschitel
- Dsiga Wertow
Große russische Filmstudios: Goskino, Sowkino, Mosfilm, Lenfilm, Gorki Filmstudio (vormals Meschrabpom)
Preis der Russischen Filmkunst Akademie: Nika
Filmpolitiker: Boris Schumjazki, (1886-1938)
Literatur
- Geschichte des sowjetischen und russischen Films, hg. von Christine Engel, Stuttgart: Metzler 1999
- In der Datenbank RussGUS werden weit über 3.000 Publikationen nachgewiesen (dort Suche - Formularsuche - Sachnotation: 9.8.*)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Weltfilmproduktionsbericht (Auszug), Screen Digest, Juni 2006, S. 205–207 (eingesehen am 15. Juni 2007)
- ↑ a b Österreichisches Filminstitut: Pressemitteilung der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle (OBS), Europarat Straßburg, 9. Februar 2009 (abgerufen am 17. Februar 2009); Angaben für Russland laut Russian Film Business Today