Quadratische Gleichung

Gleichung mit einem Polynom zweiten Grades deren Lösungsmenge ihre Nullstellen ergibt
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Unter einer quadratischen Gleichung versteht man eine mathematische Gleichung mit den Parametern und der Unbekannten von der Form

Die linke Seite dieser Gleichung ist ein Polynom zweiten Grades. Geometrisch beschreibt die quadratische Gleichung die Nullstellen einer quadratischen Funktion, also die x-Koordinaten der Schnittpunkte des Funktionsgraphen (der eine Parabel ist) mit der x-Achse in der x-y-Ebene.

Allgemeine Form und Normalform

Die allgemeine Form der quadratischen Gleichung lautet

  .

Dabei heißt   quadratisches Glied,   lineares Glied und   Absolutglied (oder auch konstantes Glied) der Gleichung. Die Gleichung ist in Normalform, wenn das quadratische Glied den Koeffizienten 1 hat:

  .

Aus der allgemeinen Form lässt sich äquivalent die Normalform gewinnen, indem durch   dividiert wird.

Beispiel

Beim Auflösen quadratischer Gleichungen wird zunächst durch Zusammenfassen die Allgemeine Form so hergestellt, dass ein positiver Leitkoeffizient (der Koeffizient vor der höchsten Potenz, siehe bei Polynom) entsteht:

Gegebene Gleichung:
 
Allgemeine Form (alle Terme auf die rechte Seite):
 
Normalform:
 

Lösungen der quadratischen Gleichung

Im Folgenden werden quadratische Gleichungen mit reellen oder komplexen Koeffizienten betrachtet. Eine Lösung der quadratischen Gleichung ist eine Zahl, die die Gleichung erfüllt, wenn sie für x eingesetzt wird. Jede quadratische Gleichung hat zwei Lösungen, auch Wurzeln der Gleichung genannt. Die Lösungen sind komplexe Zahlen, also nicht notwendigerweise reelle Zahlen. Quadratische Gleichungen lassen sich immer in allgemeiner Form ausdrücken. Diese hat die folgende Gestalt:

 

Durch Division beider Seiten der Gleichung durch   lässt sich folgende, hier als Normalform bezeichnete Form erreichen:

 

Diskriminante

Die Beschaffenheit der Lösungsmenge der quadratischen Gleichung lässt sich an dem Ausdruck   im allgemeinen Fall, beziehungsweise   im normierten Fall ablesen. Daher nennt man diesen Ausdruck Diskriminante, von lateinisch "unterscheiden".

Es tritt immer einer der beiden folgenden Fälle ein:

  • Ist die Diskriminante Null, so ergibt sich eine einzelne, doppelte Lösung.
  • Ist die Diskriminante ungleich Null, so ergeben sich zwei verschiedene Lösungen.

Bei reellen Koeffizienten kann man noch feiner unterscheiden. Es gibt folgende Möglichkeiten:

  • Ist die Diskriminante positiv, so ergeben sich zwei verschiedene, reelle Lösungen.
  • Ist die Diskriminante Null, so ergibt sich eine einzelne, doppelte, reelle Lösung.
  • Ist die Diskriminante negativ, so gibt es keine reelle Lösung, sondern zwei verschiedene, komplex konjugierte Lösungen.

Anzahl der reellen Nullstellen

 
Lage der quadratischen Parabeln und Auswirkungen auf die Zahl der Nullstellen

Die Grafik rechts zeigt den Zusammenhang zwischen Nullstellen und Diskriminante. In der Grafik sind drei Normalparabeln vom Typ   dargestellt, die Beispiele für obige Fälle sind:

  • (A) Diskriminante positiv: Die Parabel hat zwei Schnittpunkte mit der  -Achse, es gibt also zwei verschiedene reelle Nullstellen   und  ,
  • (B) Diskriminante Null: Die Parabel hat genau einen Berührpunkt mit der  -Achse. Die Berührstelle   ist im Fall  , wie in der Grafik dargestellt, eine Minimalstelle der Parabel und im Fall   eine Maximalstelle. Die quadratischen Gleichung lässt sich auf die Form   bringen.
  • (C) Diskriminante negativ: Die Parabel hat keinen Schnittpunkt mit der  -Achse, es gibt keine reelle Lösung der quadratischen Gleichung.

Lösungsformeln

Zum Finden von Lösungen einer quadratischen Gleichung kann man die quadratische Ergänzung benutzen. Da die quadratische Gleichung stets die gleiche Struktur aufweist, bietet es sich an, eine allgemeine Formel für die Lösung herzuleiten.

a-b-c Formel (Mitternachtsformel)

Die Formel für die Lösungen der allgemeinen Form der quadratischen Gleichung wird in der Umgangssprache als „Mitternachtsformel“ bezeichnet, weil ein Schüler sie auswendig kennen sollte, selbst wenn man ihn mitternachts weckt. Sie gibt die Lösungen der Gleichung an:

 

p-q-Formel

Bei Vorliegen der Normalform lauten die Lösungen nach der p-q-Formel

 .

Ist die Diskriminante D negativ, so ist für die Lösungen die Wurzel einer negativen Zahl zu berechnen, dabei gilt  . Man berechnet also die Wurzel des Betrags der Diskrimante und multipliziert diese mit der imaginären Einheit  . Der Term mit der Wurzel aus D wird der Imaginärteil der beiden Resultate, einmal mit positivem, einmal konjugiert komplex mit negativem Vorzeichen, der Term davor mit   wird zum konstanten Realteil der beiden Resultate.

Liegt die quadratische Gleichung in Normalform vor und hat die Lösungen   und  , so gilt

 .

Durch Koeffizientenvergleich erhält man den Satz von Vieta

    und    .

Zerlegung in Linearfaktoren

Mit den Lösungen lässt sich das quadratische normierte Polynom in Linearfaktoren zerlegen:

 

und das nicht normierte in

 

Lösen durch Faktorisieren

Das Faktorisieren ist eine besondere Form zur Lösung quadratischer Gleichungen. Bei vielen Gleichungen bekommt man so schneller eine Lösung. Allerdings kann bei einer nicht-lösbaren Gleichung nicht erkannt werden, dass sie nicht lösbar ist. Bei größeren Zahlen kann man die Faktoren nicht immer erkennen. Gelöst werden die Gleichungen dann wie folgt:

Beispiel:

(1)

 

Die eigentliche Schwierigkeit bei diesem Verfahren ist, anhand der allgemeinen Form   die richtigen Zahlen zu finden. Die Zahlen   und   müssen addiert -p und multipliziert q ergeben. Bei einigen Gleichungen kann man das Verfahren nicht anwenden, da die Zahlen zu unübersichtlich sind:

(2)

 

Um auf die Lösung dieser Gleichung zu kommen, muss man ein gutes Zahlengefühl haben oder viel Zeit oder einen Taschenrechner, was das Schriftliche unnötig macht.

 

(3)

 

Diese Gleichung hat überhaupt keine Lösung, auch wenn die Zahlen klein und übersichtlich sind. Bei Sonderfällen kann man mit diesem Verfahren auch biquadratische Gleichungen lösen, wenn sie die Form:   haben

Herleitung der p-q-Formel durch quadratische Ergänzung

Für eine Gleichung der Form:

 

ergibt sich durch Umformen nach dem Verfahren der quadratischen Ergänzung:

 

Numerische Berechnung

Wenn die Lösungen numerisch ermittelt werden und sich um Größenordnungen voneinander unterscheiden, kann durch folgende Variation der obigen Formeln das Problem der Auslöschung vermieden werden:

 
 

Hierbei hat sgn(p) den Wert −1 für p < 0 und sonst den Wert 1. Die zweite Formel beruht auf dem Satz von Vieta.

Beispiele

 

Beide Lösungen sind positiv: x1 = 7 und x2 = 5

 

Die Lösungen haben unterschiedliches Vorzeichen: x1 = −7 und x2 = 5

 

Die Diskriminante ist D = 0. Die (doppelte) Lösung ist x = 2.

 

Es gibt keine reellen Lösungen, denn die Diskriminante ist negativ. Die komplexen Lösungen ergeben sich zu x1 = −6 +   und x2 = −6 −  . Hierbei bezeichnet   die Imaginäre Einheit.

 

Die Diskriminante ist  . Es ergeben sich die beiden verschiedenen Lösungen 1 und  .

(Reelle) Lösung mit Zirkel und Lineal

Man macht sich bei der Lösung mit Zirkel und Lineal die Satzgruppe von Vieta zu nutze, von deren Richtigkeit man sich durch einfaches Ausrechnen überzeugt:

 ,

sowie

 .

Im ersten Falle seien   und   gegeben. Wir bezeichnen mit   nun die Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks mit der Länge  . Schlägt man den Thaleskreis über   und sucht auf diesem die Punkte mit Abstand  , so teilt jeweils deren Lot auf   die Seite   im Verhältnis  

Zur Konstruktion ermittle man zunächst  , indem man eine Strecke der Länge   abtrage, darüber den Thaleskreis schlage und diese Strecke im Verhältnis   durch eine Senkrechte teile. Der Schnittpunkt der Senkrechten mit dem Thaleskreis bildet mit den Eckpunkten der konstruierten Strecke ein rechtwinkliges Dreieck. Die Höhe der Hypotenuse hat gerade die Länge  , was aus dem Höhensatz folgt.

Sodann konstruiere man eine Strecke   mit Länge   und schlage den Thaleskreis darüber. Anschließend errichte man an den Eckpunkten von   (nach einer Seite hin) Senkrechten, auf denen man zwei Punkte im Abstand   abtrage. Die Verbindungslinien dieser beiden Punkte bildet eine Sehne durch den Thaleskreis.

Jeder dieser Schnittpunkte hat offenbar den Abstand   zu der Seite  . An einem der Schnittpunkte dieser Sehne mit dem Thaleskreis konstruiere man ein Dreieck mit der Seite  . Die Höhe der Seite   teilt diese Seite im Verhältnis  .
Erklärung: Bezeichnet man die so gewonnenen beiden Teile der Seite   als   und  , so ist zum einen nach dem Höhensatz   zum anderen gilt  . Beides trifft aber auch auf die Lösungen des Satzes von Vieta zu und damit sind dies die gesuchten Lösungen.

Im zweiten Falle seien   und  . Wir erhalten damit für die quadratische Gleichung eine positive und eine negative Lösung. Um   und   wieder als durch die Höhe getrennte Teile der Hypotenuse eines Dreiecks zu erhalten, konstruiere man wie folgt eine Strecke   mit der Länge  .

Da   ersetzen wir   kurzerhand durch  .

Für   ist aber   stets positiv, da der Wurzelterm offensichtlich stets größer als   ist. Damit ist  . Sicherlich ist   stets negativ und daher ist  . Es gilt mithin   Letzteres entspricht nach dem Satz des Pythagoras der Länge einer Hypotenuse über zwei Katheten der Länge   und  .

Damit ist klar, was zu tun ist. Man konstruiere wieder   wie oben beschrieben, trage bei zwei aufeinander senkrecht stehenden Strahlen an einem   und an dem anderen   ab und ziehe zwischen den Verbindungslinien eine Strecke. Über dieser Strecke schlage man den Thaleskreis, suche auf diesem einen Punkt mit Abstand   wie oben beschrieben und konstruiere aus diesem und den Eckpunkten der Strecke ein rechtwinkliges Dreieck. Die Höhe der Strecke teilt die Strecke genau im Verhältnis  .

Verallgemeinerung (abstrakte Algebra)

Allgemein nennt man eine Gleichung der Form

 

mit Elementen p, q eines Körpers oder Rings eine quadratische Gleichung. In einem Körper und faktoriellen Ringe hat sie höchstens zwei Lösungen, in beliebigen Ringen kann sie mehr als zwei haben. Falls Lösungen existieren, dann erhält man sie ebenfalls mit der pq-Formel, falls die Charakteristik des Ringes ungleich 2 ist. Hierbei sind allerdings alle möglichen Quadratwurzeln der Diskriminante zu berücksichtigen.

Beispiel

Die quadratische Gleichung

 

hat im Restklassenring   die vier Lösungen 1, 3, 5, 7.

Geschichte

Bereits vor 4000 Jahren im Altbabylonischen Reich wurden quadratische Gleichungen gelöst, beispielsweise auf folgende Art: Die quadratische Gleichung   ist äquivalent dem Gleichungssystem   und  . Für x wird nun der Ansatz   bzw.   gemacht. Für das Produkt p ergibt sich  . Auflösen der binomischen Formel liefert  .

Mit e ist damit auch die Lösung x der quadratischen Gleichung bestimmt. Als Beispiel wird die Gleichung   besprochen. Diese ist äquivalent dem Gleichungssystem   und  . Der oben genannte Ansatz liefert

 

Für die Lösung der quadratischen Gleichung ergibt sich  .

Die Griechen kannten keine negative Zahlen und mussten für die quadratische Gleichung mehrere Fallunterscheidungen durchführen. Gleichungen der Art   werden bei Euklid (II 11) geometrisch gelöst; die Formen   bzw.   in Euklid (VI 28) bzw. (VI 29).

 
geometrische Lösung der Gleichung   nach Euklid

Als Beispiel soll die Gleichung   als Spezialfall von   mit   geometrisch gelöst werden (siehe Bild). Man zerlegt den linearen Term in zwei Rechtecke DEGH bzw. BCFE der Fläche 5x und fügt diese Rechtecke mit dem Quadrat EFIH der Fläche   zu einem Gnonom BCIGDE der Fläche   zusammen. Ergänzt man dieses Gnonom um das Quadrat der Länge 5 zu einem vollständigen Quadrat ACIG, so hält man für die Flächensumme die Gleichung   Der Term der rechten Seite liefert das Quadrat der Seite 8. Die quadratische Gleichung wird also »quadratisch ergänzt« zu   mit der (positiven) Lösung  .

 
geometrische Lösung der Gleichung   nach Brahmagupta

Bei Aryabhata und Brahmagupta wird die Lösung der Gleichung   mit Worten beschrieben. Wie man aus dem Bild (links) ersieht, gilt die folgende Zerlegung des Quadrats:

 

Dies liefert sofort die Lösung in heutiger Schreibweise als  .

Bei Heron von Alexandria und auch bei Al-Chwarizmi wird die Lösung von   verbal beschrieben; in heutiger Schreibweise als  . Allerdings schiebt Heron den euklidischen Weg als geometrische Begründung nach.

Die allgemeine Lösung in heutiger Schreibweise   entstand erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts, als negative Zahlen als Lösung akzeptiert waren und das Wurzelzeichen erfunden war (durch Christoph Rudolff 1525 in seiner Algebra). Einen neuen Ansatz zur Lösung einer quadratischen Gleichung bot der Wurzelsatz von Vieta, der posthum 1615 in seinem Werk De Aequationem Recognitione et Emendatione Tractatus duo publiziert wurde.

Siehe auch

Literatur

  • Bartel Leendert van der Waerden: Erwachende Wissenschaft Bd.1 ("Ägyptische, babylonische und griechische Mathematik"), 2.Aufl., Birkhäuser 1966.