Umformen
Umformen ist der Oberbegriff aller Fertigungsverfahren, in denen Metalle, aber auch thermoplastische Kunststoffe wie PTFE, gezielt plastisch in eine andere Form gebracht werden. Je nach Schule wird auch von bildsamer Formgebung gesprochen. Dabei wird ein urgeformtes (beispielsweise gegossenes) Vormaterial (ein Strang aus dem Strangguss oder ein Block aus dem Blockguss) in Halbzeug umgeformt (erste Verarbeitungsstufe) oder Werkstücke aus dem Halbzeug erzeugt (zweite Verarbeitungsstufe). Das Volumen vor und nach dem Umformen ist gleich; die Masse und der Zusammenhalt des Werkstoffs werden bei der Umformung beibehalten. Umformen unterscheidet sich von Verformen dadurch, dass die Formänderung gezielt eingebracht wird. Verformung ist eine ungezielte plastische Formänderung (z. B. beim Crash eines Automobils).
In der Einteilung der Fertigungsverfahren nach DIN 8580 steht das Umformen an zweiter Stelle.
Nach dem Urformen wird der größte Teil der Werkstoffe durch Umformen zu Blechen, Drähten und anderen Profilen (beispielsweise Stäbe, Knüppel), das heißt Halbzeugen, weiter verarbeitet. Für die Fertigung von Massenprodukten ist die weitere Umformung der Halbzeuge meist das wirtschaftlichste Verfahren.
Grundlagen
Metalle sind aus Kristalliten aufgebaut, deren Orientierung isotrop oder anisotrop ist. Plastische Formänderungen metallischer Werkstoffe erfolgen durch Fließen auf kristallographisch bevorzugten Gleitebenen und in bevorzugten Gleitrichtungen innerhalb der Kristallite. Gleitebenen und -richtungen sind abhängig vom Aufbau der Metalle kubisch raumzentriert, kubisch flächenzentriert oder hexagonal. Das Umformen geschieht durch Wandern von Versetzungen (Translation) oder durch sog. Zwillingsbildung. Wandern beginnt, wenn eine angelegte Schubspannung einen kritischen Wert (die sogenannte kritische Schubspannung) überschreitet. Bei hexagonalem Aufbau der Metalle klappt das Gitter von einer Lage in eine andere Lage (Zwillingsbildung).
Man unterscheidet zwischen Kalt- und Warmumformung. Bei Warmumformung kommt es regelmäßig zur Rekristallisation, die einer Verfestigung des Werkstoffes entgegenwirkt. Als Kaltumformung wird eine Verformung unterhalb der Rekristallisationstemperatur bezeichnet. Bei ihr kommt es zu einer Verfestigung bei verminderter Zähigkeit.
Wenn die im Werkstoff wirksamen Spannungen die Schubfestigkeit oder Trennfestigkeit erreichen kommt es zu Schiebungs- oder Trennungsbrüchen.
Heutzutage ist ein großes Forschungsgebiet in der Umformtechnik, ähnlich wie in anderen Fachbereichen, die Simulation. Mit Hilfe von verschiedenen Programmen (meist auf Grundlage der Finite-Elemente-Methode, beispielsweise Autoform, LS-Dyna) werden Umformverfahren modelliert, berechnet und die Berechnungsergebnisse visuell dargestellt. Dies ermöglicht eine genauere Fehlerprognose bei der Herstellung der Bauteile, aber auch die Optimierung des Materialverbrauchs und der Prozessgestaltung.
Umformverfahren
Die Umformverfahren werden nach DIN 8582 unterteilt nach den Spannungen, die die Umformung vorwiegend bewirken.
Es werden folgende Gruppen unterschieden:
Druckumformen nach DIN 8583
Umformen bei vorherrschender Druckbeanspruchung; Untergruppen:
- Walzen zwischen zwei oder mehreren (bis zu zwanzig) rotierenden Werkzeugen, den so genannten Walzen. Beispiele hierfür sind Brammen, Bleche, Folien, Schraubengewinde.
- Freiformen; hierzu gehören u. a. Elektrostauchen (beispielsweise als Arbeitsgang vor dem Gesenkformen von Tellerventilen), Rundkneten und Treiben.
- Gesenkformen (Schmieden), Beispiele sind Schraubenschlüssel, Pleuel oder Zahnräder.
- Eindrücken, zum Beispiel Körnen oder Anreißen, Prägen von Blechteilen oder Münzen.
- Durchdrücken, hierzu gehört das Strang- und Kaltfließpressen, beispielsweise Fließpressen von Patronenhülsen.
Zugumformen nach DIN 8585
Umformen bei vorherrschender Zugbeanspruchung; Untergruppen:
- Längen
- Weiten
- Tiefen beispielsweise Hohlprägen von KFZ-Schildern
- Werkzeugloses Drahtziehen
Biegeumformen nach DIN 8586
Umformen bei vorherrschender Biegebeanspruchung; Untergruppen:
- Biegeumformen mit geradliniger Werkzeugbewegung
- Freies Biegen: Biegerichten, Freies Runden, Querkraftfreies Biegen
- Gesenkbiegen: Gesenkrunden, Gesenksicken, Gesenkbördeln, Innenhochdruck-Biegen
- Gleitziehbiegen
- Rollbiegen: Winden
- Knickbiegen
- Biegeumformen mit drehender Werkzeugbewegung
- Walzbiegen: Walzrunden, Walzrichten, Wellbiegen, Walzprofilieren (Walzsicken, Walzbördeln), Walzziehbiegen
- Schwenkbiegen
- Rundbiegen: Wickeln
- Umlaufbiegen
- Biegen mit Wirkenergie
Schubumformen nach DIN 8587
Umformen bei vorherrschender Schubbeanspruchung; Untergruppen:
- Verdrehen von Geländerstäben
- Verschieben
- Durchsetzen
Weitere Verfahren
Siehe auch
- Umformgrad
- Hauptgruppen der Fertigungsverfahren nach DIN 8580: Urformen, Trennen, Fügen, Beschichten und Stoffeigenschaften ändern