Georg Gruber (Chorleiter)

österreichischer Chorleiter und Komponist (1904-1979)
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Georg Gruber (* 1904 in Österreich-Ungarn; * 1976 in Südafrika) war ein österreichischer Musikwissenschaftler, Chorleiter und Dirigent.

Leben

Österreich

Gruber absolvierte eine Hochschulausbildung und promovierte zum Doktor der Musikwissenschaften (Dr. phil.). Gruber wurde bekannt als Chorleiter bzw. einer der sieben Kapellmeister bei den 1924 gegründeten Wiener Sängerknaben. Darüber hinaus war er Gründer und Leiter verschiedener Wiener Gesangvereine. Dazu zählte auch im Jahr 1928 die katholische akademische Sängerschaft Waltharia, die sich aufgrund der professionellen Konzerte wenige Jahre später „Universitätssängerschaft“ nennen durfte. Daneben dirigierte er 1938 auch den Wiener Singverein.[1]

Nach der Annexion Österreichs im März 1938 wurde Dr. Gruber kommissarischer Leiter der Schule der Wiener Sängerknaben.[2] Er leitete den Wiener Mozart-Knabenchor [3], mit dem er gegen Ende der 1930er Jahre Welttourneen unternahm.

Australien

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Sommer 1939 befand sich Gruber und sein Knabenchor in Australien. Obgleich in friedlicher Absicht eingereist, wurde er durch den Kriegszustand mit dem Deutschen Reich zum "Gast" der australischen Regierung. Seine Sängerknaben gelangten unter die Schirmherrschaft von Dr. Daniel Mannix, Erzbischof von Melbourne, bildeten den Grundstock des neuen St. Patrick's Cathedral Boys Choir [4][5] und wurden Gasteltern zugewiesen. Gruber wurde in das Internierungslager Tatura I (Victoria) etwa 160 km nördlich von Melbourne gebracht, wo sich andere deutschstämmige Zivilisten, sog. Enemy Aliens, aufhalten mussten, und wurde Leiter des dortigen Lagerorchesters. [6] Nachdem ein Interniertenaustausch fehlgeschlagen war, wuchs in Gruber der Wunsch in Australien zu bleiben.[7] Er hatte nämlich entdeckt, dass australische Jungen auffallend klare Stimmen besitzen, welche für einen erfolgreichen Knabenchor bestens geeignet wären.

Nach Kriegsende stellte Gruber den Antrag in Australien bleiben zu können, um hier einen Knabenchor auf Weltniveau zu gründen, denn allen Jungen des Knabenchors wurde die Einwanderung gestattet.[7] Allerdings wurde Grubers Antrag mehrfach abgelehnt, da er von einer sich durch ihn zurückgesetzt fühlenden Dame als glühender Nationalsozialist bei der Einwanderungsbehörde angeschwärzt worden war, sodass auch Einwanderungsminister Arthur Calwell das Ansuchen zurückwies. Einsprüche "seiner" Jungen bei der australischen Regierung misslangen ebenfalls.

Gruber widersetzte sich seiner Repatriierung mehrfach durch Flucht, da er fürchtete, in Österreich durch unfreiwillige Schwerarbeit sein pianistisches Talent zu zerstören. So kam es, dass Gruber einer der letzten drei Insassen des Lagers Tatura war und erst im November 1947 nach Österreich ausgewiesen wurde.[7]

In Österreich wurde Gruber der Denazifizierung unterzogen und freigesprochen. Gruber erlangte gewisse Bekanntheit mit seiner Idee, olympische Spiele für Chorgesang (vgl. Delphische Spiele der Neuzeit) zu fördern.[7]

Südafrika

1953 wanderte Gruber nach Südafrika aus und wurde Dozent an der Rhodes University in Grahamstown, wo er 1953 den Rhodes University Chamber Choir gründete und Anfang 1955 zum Universitätsprofessor ernannt wurde. Dank seiner organisatorischen und fachlichen Fähigkeiten baute er ein anfänglich kleines Institut sehr schnell zu einem im ganzen Land anerkannten Zentrum der Musikerziehung auf. Gruber wurde in Südafrika Wegbereiter im Bereich der Chormusik [8] und leitete den Chor zwanzig Jahre lang.

Mit seiner Heimat Österreich hielt er vor allem fachlich Kontakt, so mit Prof. Bernhard Paumgartner.

Ende 1973 emeritierte Gruber aus der Rhodes University. Er gründete sofort an der nahen Universität Fort Hare für Schwarze ein Hochschulinstitut für Musik, wo er sich auch mit Afrikanischer Musik auseinandersetzte [9] und für sein Engagement sehr geschätzt wurde. Wenig später erkrankte Gruber an Alzheimer. 1976 starb er an einem Herzinfarkt.

Familie

Gruber hatte zwei Kinder. Der Sohn, Georg M. Gruber lehrte der am Physical Department der Rhodes University als Dozent und starb unverwartet früh. Die Tochter Ingeborg arbeitete einige Jahre als Dozentin am South African College of Music in Kapstadt, unterrichtete dann privat und starb vereinsamt einige Jahre nach dem Tod ihrer Mutter. Ein Enkelsohn heißt ebenfalls Georg Gruber und lebt in Großbritannien.

Werk

Filmmusik

Monographien

Würdigung

„In allem was er tat, war er ein weltoffener Mensch, ein Humanist, vielseitig interessiert, modern und ein großer Freund der Jugend. Er war äußerst charmant, diplomatisch und von großer Überzeugungsfähigkeit.“

Gruber erhielt nach dem zweiten Weltkrieg ein Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich unbekannter Ausprägung. (Quelle fehlt).

Quellen

  1. Dirigenten des Wiener Singvereins
  2. Geschichte der Schulen der Wiener Sängerknaben
  3. vgl. in Telia, nicht zu verwechseln mit dem später gegründeten Mozart Knabenchor Wien
  4. Geschichte des St. Patrick's Cathedral Boys Choir (englisch)
  5. Australian Broadcasting Corporation, 22. März 2004: George Negus Tonight Wiener Sängerknaben
  6. Sonntagsblatt (2001): Interniert am Ende der Welt, von Thomas Greif über den Missionar Wilhelm Fugmann
  7. a b c d The Sydney Morning Herald, 7. August 1984: "No peace at war's end for "kindly uncle"
  8. Choral Music in South Africa
  9. Bernhard Bleibinger: Rural backgrounds and academic strategies: Higher education, the Music Department and the Indigenous Music and Oral History Project at the University of Fort Hare, South Africa