Georg Stefan Troller

österreichischer Schriftsteller, Fernsehjournalist und Dokumentarfilmer
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Georg Stefan Troller (* 10. Dezember 1921 in Wien) ist ein österreichischer Schriftsteller, Fernsehjournalist, Drehbuchautor, Regisseur und Dokumentarfilmer. Seine subjektive Befragungsweise von prominenten Persönlichkeiten wurde zum Vorbild für viele Journalisten als auch einigen Dokumentarfilmern und Talkshow-Moderatoren.

   Georg Stefan Troller
Universität Wien, November 2005

Leben

Troller ist der zweite Sohn von Nathan Troller, einem jüdischen Pelzhändler aus Brünn, der im Wiener Bezirk Innere Stadt ein Ladengeschäft betrieb.[1] 1938 floh er mit 16 Jahren vor den Nazis durch ganz Europa und emigrierte in die USA. Dort wurde er 1943 für den Kriegsdienst eingezogen. Er arbeitete als Gefangenenvernehmer für die US Army.

Nach Kriegsende versuchte Troller in Österreich heimisch zu werden, fühlte sich dort jedoch fremd. Beim Wiener Sender Rot-Weiß-Rot initiierte er die Sendereihe XY weiß alles. Danach kehrte er zurück in die USA und studierte von 1946 bis 1949 zunächst Anglistik an der University of California und anschließend Theaterwissenschaft an der Columbia University in New York.

Die Rückkehr nach Europa erfolgte bereits 1949, weil Troller ein Fulbright-Stipendium für die Sorbonne in Paris erhielt. Zu dem Studium kam Troller nicht mehr, da er ein Angebot als Hörfunkreporter für den „Rundfunk im Amerikanischen Sektor“ von Berlin (RIAS) bevorzugte. Ende der 1950er Jahre schlossen sich daran die ersten Erfahrungen als Fernsehreporter für den Südwestfunk an.

Interviews

1962 begann er für den WDR mit seinem «Pariser Journal». 1971 wurde er Sonderkorrespondent des ZDF in Paris. Dort begann er mit der siebzig Folgen umfassenden Sendereihe «Personenbeschreibungen», die im Bereich der Interviews von Prominenten stilbildend wirkte.

Troller ist vor allem durch seine Interviews bekannt geworden. Er soll über 2 000 Interviews geführt haben. Anfänglich war seine betont subjektive Befragungsweise verpönt oder nur geduldet unter den Redakteuren, denn Dokumentationen hatten stets das Gebot der Neutralität zu erfüllen.[2] Dennoch wurde seine einfühlsame wie kritische Methode der Personenbefragung zum Vorbild für viele Journalisten.

Ein bekanntes und anerkanntes Beispiel ist dafür die Gesprächsreihe „Gero von Boehm begegnet...“, die sich exklusiv nur einer Persönlichkeit widmet. Troller war immer daran interessiert, die verborgenen und persönlichen Geheimnisse der Interviewten aufzudecken. Die von Journalisten bediente Sensationslust bezeichnete er einmal selbstironisch als Menschenfresserei, die vom warmen Blut ihrer Opfer lebt. [3] Zu seinen Vorbildern zählt er Karl Kraus. Trollers primäre Triebfeder jedoch war und ist nach eigener Aussage, seine natürliche und durch Flucht und Verfolgung gesteigerte Menschenscheu zu überwinden. Indem er ausgewählten Menschen jene zeitlosen Fragen stelle, die er an sich selber hat, hätte er damit auch seinen eigenen Erfahrungshorizont als Mensch und Filmemacher erweitert.[4]

Privates

Seit 1976 ist er in zweiter Ehe mit der gebürtigen Hamburgerin Kirsten Lerche verheiratet und hat mit ihr eine Tochter. Aus erster, geschiedener Ehe mit der englischen Journalistin Davina Hughes stammt seine erste Tochter. Er lebt seit 1949 in Paris.

Regie

  • 1962-1971: Pariser Journal (50 Folgen)
  • 1967: Seemann im Sattel (2-teilige Biografie Jack London)
  • 1968: Wolf ohne Halsband. Bilder aus dem Leben von Paul Gauguin
  • 1968: Tierra y Libertad! Die Mexikanische Revolution
  • 1971-1993: Personenbeschreibung (70 Folgen á 1 Portrait)
  • 1971: Am Rande de bewohnbaren Welt - Das Leben des Dichters Arthur Rimbaud
  • 1972: La Violencia. Gewalt in Guatemala
  • 1973: Knef '73. Was sie sagt, was sie singt und wie man über sie spricht
  • 1978: Schauplätze der Weltliteratur. Madame Bovary in der Normandie
  • 1980: Vive la vie. Arthur Rubinstein im Gespräch
  • 1981: Karl Kraus - verhaßt, verliebt - auch Drehbuch
  • 1984: Die rote Jungfrau. Aus dem Leben der kommunistischen Mystikerin Simone Weil
  • 1984: Robert Badinter - Das Ende der Guillotine - auch Drehbuch
  • 1985: Stan Rivkin - Der letzte Kopfgeldjäger - auch Drehbuch
  • 1991: Père Aristide - Letzte Chance für Haiti - auch Drehbuch
  • 1992: Guatemala - Land im Todesfieber
  • 1993: Mord aus Liebe - auch Drehbuch
  • 1993 - 1999: Zeugen des Jahrhunderts (je eine Sendung mit Gisèle Freund, Georg K. Glaser, Nachum Tim Gidal, Sir George Weidenfeld, Dr. Paul Parin)
  • 1995: Liebe in Hollywood - auch Drehbuch
  • 1995: Unter Deutschen. Eindrücke aus einem fremden Land - auch Drehbuch
  • 1998: Wolfgang Clement. Ein deutscher Politiker - auch Drehbuch
  • 1998-2003: Hollywood-Profile (je ein Film über Lauren Hutton, John Malkovich, Isabella Rossellini, Kirk Douglas, Woody Allen, Andy Garcia) - auch Drehbuch
  • 1999: Bennent mal vier – Porträt einer berühmten Familie - auch Drehbuch
  • 2001: Selbstbeschreibung - auch Drehbuch
  • 2001: Amok! - auch Drehbuch
  • 2003: Loki Schmidt - Leben als Abenteuer
  • 2004: Tage und Nächte in Paris - auch Drehbuch

Drehbücher

  • 1975: Ein junger Mann aus dem Innviertel - Adolf Hitler, Regie: Axel Corti
  • 1978: Der junge Freud, Regie: Axel Corti
  • 1981: Ferry oder Wie es war, Regie: Axel Corti
  • 1981: Wohin und zurück - An uns glaubt Gott nicht mehr, Trilogie, Regie: Axel Corti, Drehbuch zusammen mit Axel Corti
  • 1986: Wohin und zurück - Santa Fe, Regie: Axel Corti, Drehbuch zusammen mit Axel Corti, Buchausgabe des Drehbuchs: "Santa Fe - Ein Drehbuch". Salzburg [u.a.] : Residenz-Verlag, 1985
  • 1986: Wohin und zurück - Welcome in Vienna, Regie: Axel Corti, Drehbuch zusammen mit Axel Corti
  • 2004: Gebürtig mit Robert Schindel [5]

Bücher

  • Pariser Journal, Hamburg: Marion von Schröder Verlag 1966
  • Pariser Gespräche, Gütersloh: Bertelsmann 1967
  • Troller, Georg S. und Lebeck, Robert: Der Abenteurer - Das kurze, wilde Leben des Jack London, Gütersloh: Bertelsmann Sachbuchverlag 1968
  • Pariser Geschichten, Düsseldorf: Schwann 1972
  • Mein Paris, überarb. Ausgabe, Frankfurt a.M.: Fischer 1973
  • Frankreich: Schönheiten und Schätze, Frankfurt/M.: Umschau Verlag 1984
  • Selbstbeschreibung, Hamburg: Rasch und Röhring, 2. Aufl. 1988
  • Personenbeschreibung: Tagebuch mit Menschen, Hamburg: Rasch und Röhring 1990
  • Gruber, Fritz L.; Misselbeck, Reinhold; Troller, Georg S.: Zärtliche Betrachtungen schöner Damen. Photographien aus der Sammlung Gruber, Köln: Wienand 1998, 104 S., ISBN 3-87909-591-4
  • Troller, Georg S. und Kittlitz, Artur jr: Unbekanntes Paris - Jenseits von Montparnasse. Ein Spaziergang durch das letzte "Pariser Dorf", Düsseldorf: DüsselArt 2000, 132 S., 232 s/w Fotos ISBN 3-9806851-1-X
  • Dichter und Bohemiens. Literarische Streifzüge durch Paris, Düsseldorf: Artemis & Winkler 2003, 240 S., ISBN 3-538-07149-7
    - Inhaltsangabe von 3sat
  • Das fidele Grab an der Donau. Mein Wien 1918-1938, Düsseldorf: Artemis & Winkler 2004, 300 S., ISBN 3-538-07188-8
    - Audio-CD, Sprecher: Georg S. Troller, Frechen: Delta Music 2006, 225 Min., mit 1 Bonus-CD Chopin, ISBN 3-86538-227-4
  • Ihr Unvergesslichen. 22 starke Begegnungen, Düsseldorf: Artemis & Winkler 2006, 296 S., 32 s/w Abb., ISBN 3-538-07216-7
  • Lebensgeschichten. Die Stars - Die Heiligen - Die Poeten - Die Sünder - Die Autoren - Die Künstler, Düsseldorf: Artemis & Winkler 2007, 324 S., 32 s/w Abb., ISBN 978-3-538-07247-3
  • Paris geheim, Düsseldorf: Artemis & Winkler 2008, 300 S., ISBN 978-3-538-07262-6
  • Selbstbeschreibung, Neuauflage. Düsseldorf: Artemis & Winkler 2009, 370 S., ISBN 978-3-538-07276-3, (Leseprobe; PDF-Datei, 114 kB)

Hörbücher

Auszeichnungen

Interviews

Quellen

  1. G.S. Troller: Selbstbeschreibung, S. 9, 2010, (PDF-Datei, 114 kB)
  2. „Ein »Menschenfresser« in Paris“, Rencontres, 1. September 2006
  3. In: Georg Stefan Troller: Selbstbeschreibung, Artemis & Winkler, Düsseldorf 2009, S. 343
    „Denn am Ende - habe ich es einmal gesagt, muß ich auch dazu stehen - sind wir ja alle Menschenfresser. Wir ernähren uns vom warmen Blut unserer Beute, um uns selbst damit zu stärken, das ist der psychologische Vorgang, welches Schutzmäntelchen immer wir ihm umhängen mögen: das der Aufklärung, des Mitleidens oder auch der Sozialreportage.“
  4. Joachim Mischke: „Reporter-Legende. Im Porträt: Georg Stefan Troller - Wer fragt, lebt“, Hamburger Abendblatt, 27. Juni 2009. Zitat im letzten Abschnitt
  5. „Presseheft zu «Gebürtig»“, 2004, pdf-Datei, 24 S. Die Handlung spielt im Jahr 1987. Österreich zur Zeit der Waldheim-Ära.