Löwenadler

Raubvogelartiges Mischwesen
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Der Löwenadler (auch Löwenkopfadler) ist als raubvogelartiges Mischwesen in der mesopotamischen Glyptik von der Ğemdet-Nasr-Zeit bis zum Ende der neusumerischen Zeit belegt. In der syrischen Region trat der Löwenkopfadler ikonografisch mit mesopotamischen Motiven im frühen zweiten Jahrtausend v. Chr. in Erscheinung.

Anzu als hockender Löwenadler, Typ A: Relief Lagaš
(2550–2500 v. Chr., heute im Louvre).

Der Löwenadler setzte sich aus einem Löwenkopf sowie Raubvogelkörper zusammen und stellte in der damaligen Mythologie zunächst den stärksten Vogel und das gefährlichste Raubtier dar, das Menschen und Viehherden bedrohte. Der in der altbabylonischen Zeit (etwa 2000–1600 v. Chr.) im Gilgamesch-Epos feuerspeiend-auftretende Chumbaba wird in der Literatur zwar teilweise als „Löwenadler“ bezeichnet,[1] ist jedoch mit dem Löwendrachen gleichzusetzen.[2]

Darstellungen

Ğemdet-Nasr-Zeit (etwa 3100–2900 v. Chr)

Typ A

 
Sumerisches Rollsiegel: Löwenadler (Typ B) über einem Schlangendrachen schwebend
(etwa 3000 v. Chr.), heute im Louvre, Paris

Kopf-Vorderansicht eines hockenden Löwenadlers, dessen Flügel angelegt sind. Als besonderes Merkmal ist der Löwenkopf in Vorderansicht zu nennen, da in dieser Epoche der Löwe sonst nicht von vorne abgebildet war. Nur einmal ist das Motiv eines zur Seite blickenden Löwenadlers belegt. Typ A wurde auf Amuletten, Stäben und Inschriften benutzt.

Typ B

Seitenansicht eines schwebenden Löwenadlers mit ausgebreiteten Flügeln. Typ B war auf Rollsiegeln aus Uruk immer im obersten Register über anderen Lebewesen abgebildet. Die Darstellungen zeigen ihn einerseits über gefesselten Feinden oder zusammen mit anderen Tieren, andererseits über anderen Mischwesen sowie wahrscheinlich in einer Prozessionsszene über anderen Tieren vor einem Tempel.

Akkad-Zeit (etwa 2340–2200 v. Chr)

 
Gudea-Dioritstatue aus Girsu
(um 2120 v. Chr., heute im Louvre).

Der Löwenadler ist während der Akkadzeit in der neuen Form als schwebender Vogel mit Löwenkopf und ausgebreiteten Flügeln zu sehen, wobei der Löwenkopf stets zu Seite schaut. Daneben trat er in seltenen Abbildungen auch doppelköpfig auf.

Neusumerische Zeit (etwa 2200–2000 v. Chr)

In der neusumerischen Zeit ist der schwebende Löwenadler öfter als Motiv zwischen einer Person mit ausgebreiteten Armen und einer zumeist weiblichen Gottheit abgebildet, wobei der Löwenadler in der Bildaufteilung jene Position einnimmt, die zumeist von einem Stern oder dem Mond besetzt war. Der auch hier zur Seite gerichtete Kopf ist typologisch nur selten einwandfrei als Löwenkopf zu identifizieren, da der offene Schnabel am Kopf in fast allen Fällen mehr Ähnlichkeit mit einem Raubvogel aufweist.

Aus der Regierungszeit des Gudea stammt das sehr seltene Motiv eines über zwei Löwen schwebenden Löwenadlers, welches zweimal auf der Gudeastele eingearbeitet wurde. Die in diesem Zusammenhang vorgenommene Klassifizierung des Anzu als Löwenadler ist nicht gesichert, da sich jene Ableitung auf den teilweise unklaren Text der Gudeastele bezieht.

„Sein Ziegelform„kasten“, auf den er eine Zeichnung eingeritzt hatte und sein Stempel(?), den er tief eingedrückt hatte, (trugen) einen Anzu, das Emblem seines Herrn (Ningirsu); zu einer Standarte(?) schmückte er sie aus.“

Gudea-Zylinder A XIII 20–23

Aufgrund anderer Darstellungen des Löwenadlers früheren Typs, beispielsweise aus der Zeit des Eannatum, halten die Assyriologen es für wahrscheinlich, dass es sich bei dem erwähnten Anzu auf der Gudeastele um einen Löwenadler handelt.

Siehe auch

Literatur

Anmerkungen

  1. Stefan M. Maul: Das Gilgamesch-Epos. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-52870-5, S. 78.
  2. Dietz-Otto Edzard u.a.: Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Bd. 8. de Gruyter, Berlin 1997, ISBN 3-11-014809-9, S. 243–244.