Linden-Limmer

Stadtbezirk in Hannover
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Karte
Hannover, Stadtbezirk Linden-Limmer hervorgehoben
Basisdaten
Stadtbezirk Linden-Limmer (10)
Fläche 8,18 km²
Einwohner 43.292
Bevölkerungsdichte 5.292 Einwohner/km²
Postleitzahl 30449, 30451, 30453
Stadtteile
  • Linden-Mitte
  • Linden-Nord
  • Linden-Süd
  • Limmer
Webpräsenz hannover.de
Politik
Bezirksbürgermeisterin Barbara Knoke (SPD)
Stadtbezirksrat
(21 Sitze)
SPD: 8, Grüne: 6, CDU: 3, Die Linke: 2, FDP: 1, BSG: 1

Linden-Limmer ist der 10. Stadtbezirk in Hannover. Er hat 43.292 Einwohner und besteht aus den Stadtteilen Linden-Mitte (11.645 Ew.), Linden-Nord (16.377 Ew.), Linden-Süd (9.298 Ew.) und Limmer (5.972 Ew.) (Stand 2009).

Linden

 
Wappen von Linden

Das im 11. Jahrhundert entstandene Dorf Linden wuchs im 19. Jahrhundert zur Industriestadt, die 1920 nach Hannover eingemeindet wurde. Linden besteht heute aus den Stadtteilen Linden-Mitte, -Nord und -Süd. Es ist geprägt durch eine vielfältige Gastronomieszene und einen hohen Anteil von Bewohnern mit Migrationshintergrund. Das bürgerschaftliche Engagement ist ausgeprägt, kulturelle Aktivitäten (wie z.B. das Fährmannsfest) haben stadtweite Ausstrahlung. Ausdruck des örtlichen Selbstverständnisses ist der "Lindener Butjer", eine den spielenden Kindern des frühen 20. Jahrhunderts nachempfundene Regionalfigur.

Linden-Mitte

Das älteste Gebiet Lindens ist am "Schwarzen Bären" zu finden. Um 1500 gab es schon eine Ihme-Brücke, die lange Zeit die einzige Verbindung zwischen Hannover und Linden war. Seit 2008 wird die heutige Benno Ohnesorg-Brücke durch einen Neubau ersetzt.

Linden-Mitte wird in Teilen durch viele Gründerzeithäuser geprägt (Wittekind-, Haasemann- und Beethovenstraße, Lindener Marktplatz, Pariser Platz und Lichtenbergplatz).

Zentraler Punkt des einstigen bürgerlichen Teils des Viertels ist der Lindener Marktplatz mit dem neuen Rathaus von 1899 (das alte befindet sich an der Deisterstraße), dem Nachtwächterbrunnen (ein Wahrzeichen Lindens), den ältesten Straßenlaternen Hannovers (im Volksmund "Bischofsstäbe" genannt), dem Geburtshaus der Philosophin und Politologin Hannah Arendt und einem beliebten Wochenmarkt. Die Stadtteilbibliothek Linden-Mitte mit großer Kinder- und Jugendabteilung ist im neuen Rathaus untergebracht. An der Falkenstraße wurde 1884 das erste Gymnasium in Linden gegründet, die heutige Helene-Lange-Schule. Die IGS Linden am Fuße des Lindener Berges wurde 1971 als erste Integrierte Gesamtschule Hannovers gegründet.

Nicht weit vom Lindener Marktplatz befindet sich der Von-Alten-Garten, der ursprünglich als Barockgarten angelegt wurde. Die angrenzende St.-Martins-Kirche ist die älteste Kirche Lindens, von der nur der Kirchturm den Zweiten Weltkrieg unbeschädigt überstanden hat.

In der Jacobsstraße 10 befand sich nach 1945 das sogenannte Büro Schumacher, von dem aus Kurt Schumacher nach dem Zweiten Weltkrieg die SPD wieder aufgebaut hat. Ein Stockwerk darüber befand sich das Büro der Kommunistischen Partei Deutschlands, die ebenfalls von hier aus wieder aufgebaut wurde.

Am östlichen Rand des Stadtteils befindet sich das Ihme-Zentrum, das in den 1970er Jahren im Architekturstil des Brutalismus als Einkaufszentrum, Wohn- und Bürostadt gebaut wurde.

Der an der Grenze zu Linden-Nord liegende Platz Küchengarten (früher ein Nutzgarten der Welfen) wurde neu gestaltet. Hier wird das jährliche Lindener Schützenfest gefeiert. Das Theater am Küchengarten (TAK) im ehemaligen Städtischen Badehaus begrenzt den Platz. Auf dem Betriebsgelände der ehemaligen Lindener Aktien-Brauerei wurde eine Reihenhaussiedlung errichtet (Gilde Carré).

Auf dem Lindener Berg, der zweithöchsten natürlichen Erhebung Hannovers nach dem Kronsberg, befinden sich auf dem Wasserhochbehälter die Volkssternwarte Hannover. Gegenüber ist in einem ehemaligen Jugendhaus der Jazz Club Hannover untergebracht. Im gleichen Gebäude befindet sich das "Mittwoch-Theater". Der Lindener Berg-Friedhof wurde Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt. Hier steht seit 1914 der barocke "Küchengarten-Pavillon".

Westlich des Westschnellwegs befindet sich ein ausgedehntes Gewerbegebiet mit dem Lindener Hafen am Stichkanal Linden. Hier haben Betriebe der chemischen Industrie (Kleber- und Kleisterproduktion), Recyclingbetriebe, metallverarbeitende Unternehmen und Speditionen ihren Sitz.

Linden-Nord

Am lebhaftesten ist es in Linden-Nord rund um die Limmerstraße, der Hauptachse des Stadtteils. Entlang der Straße gibt es viele Kneipen, Cafés, Läden und Kioske sowie das 1908 gegründete Apollokino der Familie ter Horst – das älteste Vorstadtkino Deutschlands. In ihm entdeckte der spätere Cinemaxx-Gründer Hans-Joachim Flebbe zunächst sein Hobby und begann als Filmvorführer seine Karriere. Des Weiteren gibt es in Linden-Nord das Kulturzentrum FAUST mit dem Bürgerfunk radio flora.

Der Stadtteil Linden-Nord ist multikulturell geprägt. Neben Migranten der ersten, zweiten und dritten Generation, häufig aus der Türkei, leben hier wegen der Nähe zur Universität und Fachhochschule viele Studierende.

Das Freizeitheim Linden ist kultureller Mittelpunkt der im Stadtteil geborenen "Alt‐Lindener". Arbeitervereinigungen und Interessenverbände ehemaliger Werker tauschen sich hier aus und feiern jährliche Stadtteilfeste. Im Seitengebäude befindet sich die beliebte und geräumige Stadtteilbibliothek mit großer Kinder- und Jugendabteilung, die auch die Literaturversorgung Limmers, Ahlems, Davenstedts etc. sichert. Bethlehemkirche und Gerhard-Uhlhorn-Kirche gehören zur Ev.-luth. Kirchengemeinde Linden-Nord, die St. Benno-Kirche zur katholischen Gemeinde. In der Fössestraße befindet sich eine Moschee des Türkischen Kulturzentrums.

Seit August 1983 findet alljährlich am Mündungsufer der Ihme das Fährmannsfest statt, ein Kinder- und Kulturfest. Das Fest ist nach der Fähre benannt, die einst Linden mit Hannover verband. Auf der Dornröschenbrücke, die den Stadtteil mit der angrenzenden Nordstadt verbindet, findet jährlich eine Gemüseschlacht statt.

Im August 1962 ging das von den Stadtwerken Hannover betriebene Heizkraftwerk Linden ans Netz. Das Kraftwerk arbeitet nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung und stellt über die Stromerzeugung hinaus die Ausgangsbasis für das rund 280 Kilometer umfassende Fernwärmenetz Hannovers dar (Stand: 2007). Die als Primärenergie benötigte Kohle wurde bis 1990 per Bahn vom Lindener Hafen bezogen. Ab dem Verladeterminal in der Fössestraße gelangte sie auf unterirdischen Förderbändern in das Kraftwerk. Sporadisch wurde auch Öl verfeuert, das über die Verbindung Mittellandkanal–Leine–Ihme angeliefert wurde. Im Jahr 1990 wurde das Kraftwerk auf Erdgasfeuerung umgestellt. Wegen der drei Kesselhäuser mit den hohen Schornsteinen hat das Werk den Spitznamen „Die drei warmen Brüder von Linden". Nach Abschluss von Entkernungs- und Modernisierungsmaßnahmen wurde im Jahr 1998 eine Gas- und Dampf-(GuD)-Turbinenanlage in Betrieb genommen.

In Linden-Nord wurde eine der ersten Fahrradstraßen Hannovers eingerichtet.

Linden-Süd

Die Deisterstraße verbindet Linden-Mitte mit Linden-Süd. Hier befinden sich besonders viele individuelle Mode-Geschäfte. Aber auch den Veranstaltungsort Kulturpalast Linden und einige Musik-Geschäfte findet man hier, gepaart mit günstigen Wohnungen und mediterraner Lebensart.

Das Ahrbergviertel in der Nähe des Allerweges und Deisterplatzes ist der kulturelle Mittelpunkt der in Hannover lebenden Spanier. Dies spiegelt sich in der offiziellen Straßenbenennung wider (zum Beispiel "Plaza de Rosalia"). Benannt wurde das Viertel nach der früher dort ansässigen Fleisch- und Wurstfabrik von Fritz Ahrberg.

Die Erlöserkirche am Allerweg bietet regelmäßig Gospel-Gottesdienste an.

Direkt neben dem Stadtteil liegt das Hanomag-Gelände, einst eine weitläufige Industrielandschaft (1911: 42.000 m² - davon 24.000 m² überbaut) [1] zur Produktion von Personenwagen ("Kommissbrot"), Lkw sowie (bis 1931) Lokomotiven. Im Zweiten Weltkrieg wurden dort Panzerfahrzeuge, Geschütze und Großkalibermunition hergestellt. Ab 1943 wurde an der Göttinger Straße eine mehrstöckige Halle errichtet, deren Tragwerk ursprünglich für eine U-Boot-Fertigungshalle in der Nordwerft der Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven vorgesehen war.

Die Hanomag war auch noch nach Gleichschaltung durch die NSDAP-Betriebsleitung Mittelpunkt des sozialdemokratischen und kommunistischen Widerstandes in Hannover gegen das Naziregime. Hier wurden noch bis 1943 Flugblätter und Zeitungen gedruckt und verteilt, am 1. Mai Feiern und Aktivitäten im Untergrund geplant sowie Kontakte zu Auslandsvertretern der Parteien im Untergrund gehalten.

Heute ist das Gelände eine Mischung aus Industriebrache und Umnutzung durch Einzelhandel (Baumärkte) und Verwaltungsbauten (Polizei/Universität). Mehrere Gebäude (darunter die „U-Boot Halle") stehen unter Denkmalschutz und dokumentieren eine Zeitreise durch verschiedene Baustile. Von der Firma Komatsu-Hanomag GmbH werden auf einem kleinen Teil des ehemals riesigen Firmengeländes Baumaschinen produziert und Metallverarbeitung, auch für die Autoindustrie, betrieben.

Die Humboldtschule, 1899 gegründet und seit 1962 in Linden-Süd an der Ricklinger Straße ansässig, ist mit ca. 1.000 Schülern eines der größten und traditionsreichsten Gymnasien Hannovers.

Linden-Süd hat mit dem Bahnhof Linden/Fischerhof an der Grenze zum Nachbarstadtteil Ricklingen Anschluss an die S-Bahn Hannover. Hier liegt das Kaiser-Center, ein mit Sport- und Spielaktivitäten umgenutztes Gebäude der ehemaligen Kaiser-Brauerei. Gegenüber diesem Sportzentrum und der Humboldtschule beginnen hinter der Ritter-Brüning-Straße die Sportplätze des Sportparks Hannover.

Geschichte

 
Linden und die Ihme um 1636 links im Vordergrund, dahinter Hannover
 
Georgenschanzen 1763 auf dem Lindener Berg, daneben Linden mit Von-Alten-Garten (Mitte) und Küchengarten (oben), rechts Befestigungswerk an der Brücke der Ihme
 
Altes Rathaus an der Deisterstraße um 1910

Gründung

Linden wurde erstmals um 1100 urkundlich erwähnt und war ursprünglich wohl eine unter Linden gelegene Gerichtsstätte der Grafen von Roden. 1285 wird erstmals die Kirche des Heiligen Martin erwähnt, die 1328 dem Kloster Marienwerder eingegliedert wurde, und die (nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1957 wiederaufgebaut) noch heute besteht. In der Umgebung Lindens lagen Lehenshöfe zunächst der Herren von Roden-Wunstorf und Schaumburg, später der Welfen.

1688 erwarb der Oberhofmarschall Franz-Ernst von Platen für etwa 12.000 Reichstaler das Gut der Familie von Alten durch einen Nutzungsvertrag. Es umfasste etwa 56 Hektar Land, Jagdrecht, Gerichtsbarkeit, verschiedene Zehnte, den Lindener Schäferhof sowie Ländereien und Berechtigungen in der Lindener Glocksee, der Neustadt und der Aegidienmasch. Nach dem Kauf zusätzlicher Höfe ließ von Platen den etwa 7 ha großen Von-Alten-Garten als Barockgarten anlegen, den ab 1718 eine Mauer umgab. Der Graf von Platen erwarb 1700 weitere 20 Hektar Land und ließ eine neue Straße, die Leineweberstraße, mit 30 Häusern für die Weberzunft anlegen. Auch ließ er eine Schmiede, Bierbrauerei, Branntweinbrennerei, Kalkbrennerei sowie eine Wachsbleiche mit Meister und Gesellen aus Italien einrichten. Der Graf ließ zudem in einer auf dem Gut errichteten Kapelle eigens für seine Hörigen Gottesdienste abhalten. 1796 wurde in einem Haus in der Weberstraße eine Schule für Neu-Linden eingerichtet.

Während des Siebenjährigen Kriegs wurden die Anlagen der Stadtbefestigung Hannover nochmals reaktiviert. Dazu entstanden außen liegenden Schanzen, wie die 1761 entstandenen Georgenschanzen auf dem Lindener Berg. Gebaut wurde jedoch nur der innere Ring der Sternschanze. Auch die Westseite des Ihmeufers in Linden erhielt ein Befestigungswerk zum Schutz der Brücke.

Alt-Linden und Neu-Linden

Im Laufe der Zeit entwickelte sich aus dem Areal das vom alten Dorf Linden verwaltungsrechtlich getrennte Neu-Linden, das auch einen eigenen Nachtwächter, einen eigenen Vorsteher und eine eigene Schützengesellschaft erhielt. Zu Neu-Linden gehörten die Häuser der Weberstraße, Häuser und Speicher in der Blumenauerstraße, sowie Häuser in der Hohestraße und der Deisterstraße. Nach dem Rückkauf des Gutes Linden im Jahr 1816 durch die Familie von Alten verließ die Familie von Platen Linden.

Das alte Dorf Linden reichte ursprünglich vom Lindener Berg bis zur Glocksee und Ohe am gegenüber liegenden Ufer der Ihme. 1829 wurden die Glocksee und die Ohe selbstständige Orte mit eigener Verwaltung, blieben aber bezüglich Kirche und Schule weiterhin Linden zugehörig.

Mit Erlass verfügte 1826 die Königliche Landdrostei Hannover für die Gerichtszuständigkeit eine Grenzlinie zwischen Alt-Linden und Neu-Linden. Nach dem Erlass hatte Alt-Linden einen Bauermeister und 3 Vorsteher, Neu-Linden einen Vorsteher und 2 Nebenvorsteher. Zu Alt-Linden gehörten von da an Lindener Berg, Kirchstraße, Lindener Straße, Hohestraße, Posthornstraße, Blumenauerstraße, das Gut von Alten einschließlich Gerichtshof, der Bereich westlich der nördlichen Deisterstraße von der Allee (später von-Alten-Allee) bis zur Ihmebrücke. Zu Neu-Linden gehörten von da an der Bereich östlich der nördlichen Deisterstraße von der Allee (heute von-Alten-Allee) bis zur Ihmebrücke, der südliche Rest der Deisterstraße und die Weberstraße.

1842 hatte das Dorf Linden 3.207 Einwohner [2].

1856 wurden die Dörfer Alt-Linden und Neu-Linden zur Landgemeinde Linden zusammengeschlossen. Die Gemeinde erhielt statt der bisherigen Bauermeister einen Gemeindevorstand.

Entwicklung zur Industriestadt

 
Egestorff-Maschinenfabrik und Eisengießerei etwa Mitte 19. Jahrhundert in Linden, im Hintergrund der Deister
 
Früheres Hanomag-Fabrikgebäude am Deisterplatz
 
Rathaus am Lindener Marktplatz vor dem Zweiten Weltkrieg

Nach der Annexion des Königreiches Hannover durch Preußen im Jahr 1866 war Linden das größte Dorf Preußens. Den Grundstein für die Entwicklung zur Industriestadt hatte der Industrielle Johann Egestorff Anfang des 19. Jahrhunderts gelegt mit Kalkbrennereien am Lindener Berg zur Produktion des Baustoffs Kalkmörtel. In seine Fußstapfen trat sein Sohn Georg Egestorff, der eine Maschinenfabrik und Eisengießerei gründete, die spätere Hanomag.

Hier wurden von 1846 bis 1931 auch Lokomotiven hergestellt, die bis zum Bau der Altenbekener Strecke 1872 mühsam mit Pferdefuhrwerken zum nächsten Gleisanschluss transportiert werden mussten.

Nach dem Tod Egestorffs 1868 wurde die Fabrik durch den neuen Besitzer, den "Eisenbahnkönig" Bethel Henry Strousberg großzügig erweitert. Neben dem Werk an der heutigen Göttinger Straße wurde eine Arbeitersiedlung mit 144 Häusern gebaut, die wegen der Rumänien-Aufträge Strousbergs (Konzession über 900 km Bahnstrecken und Lieferung von Lokomotiven) "Klein-Rumänien" genannt wurde. Die Straßen hießen "Hammerstraße", "Feilenstraße" und "Zirkelstraße". Das Geschäft platzte und Strousberg musste sein Unternehmen 1871 an ein Bankenkonsortium verkaufen. 1937 wurden die Häuser im Zuge der Vergrößerung der Hanomag abgerissen. Auf dem Areal befindet sich die 1943/44 erbaute und heute unter Denkmalschutz stehende „U-Boot Halle". An die große Bedeutung der Firma und deren Besitzer für Linden erinnern heute Straßennamen wie Hanomagstraße, Egestorffstraße und Strousbergstraße. Da Strousberg jüdischer Herkunft war, trug letztere während des Dritten Reiches den Namen Kettlerstraße.

Am Küchengarten siedelten sich Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche kleinere Firmen an, von denen sich einige zu einer gewissen Bedeutung entwickelten. Wie etwa die Lindener Samtspinnerei, Baumwollspinnerei und Weberei, die Lindener Aktien-Brauerei, zwei Gummifabriken und die Deutsche Asphalt sowie eine Korsettfabrik und eine Bettfedernfabrik, auf dessen Gelände heute das Kulturzentrum FAUST tätig ist. 1927 wurde am Küchengarten ein städtisches Badehaus erbaut, da viele Arbeiterfamilien kein eigenes Bad besaßen. Nach Nutzungsende zog dort 1987 das Theater am Küchengarten (TAK) ein.

Im Wesentlichen um die im Preussag-Bergwerk Barsinghausen geförderte Steinkohle des Deisters zu beschaffen, wurde der Bahnhof Linden-Fischerhof eingerichtet und mit der Zweigstrecke nach Linden-Küchengarten ab 1872 an das Netz der Hannover-Altenbekener Eisenbahn bzw. der Deisterbahn angebunden. Der Bahnhof wurde 2006 für eine bessere Anbindung an Stadtbahn und Bus verlegt und heißt heute Hannover-Linden/Fischerhof. Während des Ersten Weltkrieges entstand der Lindener Hafen mit der Anbindung an den Mittellandkanal über den Stichkanal Hannover-Linden.

Linden war bis 1885 Landgemeinde und Vorort Hannovers und hatte 25.570 meist evangelische Einwohner. Von Hannover war es durch die Ihme getrennt. Linden erhielt am 1. April 1885 Stadtrechte. Der erste Bürgermeister wurde der hannoversche Senator Georg Lichtenberg. Zugleich wurde aus den Ämtern Wennigsen und Linden der Landkreis Linden geschaffen, der 1932 dem Landkreis Hannover zugeschlagen wurde.

Die Stadt erhielt 1889 durch königlichen Erlass die Erlaubnis für das Wappen mit dem roten Löwen vor der Linde auf einem Schild mit je 4 blauen und silbernen Querstreifen und mit einer dreitürmigen Mauerkrone. Die Linde erinnert an die Entstehung Lindens, als vom Grafen Wittekind bzw. Widukind von Schwalenberg unter einer Linde Gericht gehalten wurde. Der rote Löwe gehörte zum Wappen des Grafen von Roden.

Eingemeindung nach Hannover

Im Jahr 1920 wurde Linden mit damals rund 80.000 Einwohnern nach Hannover eingemeindet. 1934 bis 1936 waren viele Lindener Mitglieder der Sozialistischen Front, die als eine der größten Widerstandsbewegungen des Dritten Reiches gilt. Im März 2009 setzte der Kölner Künstler Gunter Demnig in der Nedderfeldtstraße 8 einen Stolperstein für den Lindener Widerstandskämpfer Wilhelm Bluhm.

Im Bahnhof Linden kam es am 22. Juni 1969 zum Zugunglück von Linden, bei der eine Explosion von Bundeswehr-Munition vier Bundesbahnbeamte und acht Angehörige der Feuerwehr Hannover tötete.

Die Geschichte Lindens als Arbeiterstadtteil wurde durch den Film "Linden - ein Arbeiterlied!" dokumentiert. [3]

Persönlichkeiten

Limmer

Limmer ist vorörtlich geprägt und liegt nordwestlich von Linden-Nord, zwischen der Leine, dem Flüsschen Fösse und dem Stichkanal Hannover-Linden. Die Limmer Schleuse sichert eine Verbindung des Lindener Hafens zum Mittellandkanal.

Größte Betriebe am Ort sind die ehemalige Anlage der Continental AG, die 2009 abgerissen und zur "Wasserstadt" umgestaltet wird. Außerdem die Wäscherei und Reinigung Stichweh sowie Lagereien und Speditionen am Lindener Hafen. Die Firma Sichel (heute Henkel-Konzern) ist am Limmer Brunnen/Seitenstichkanal Linden ansässig und ist der größte Arbeitgeber Limmers.

Limmer war Außenstandort der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover mit Instituten in den Fachbereichen Erziehungswissenschaft, Wasserbau, Arbeitswissenschaften, chemische Analytik und Lebensmittelwissenschaften, sowie einer Bibliothek. Bis 1998 war es auch ein Standort der Wirtschaftswissenschaften. Das Gebäude der Universität wurde zum WS 2008/2009 endgültig geschlossen und an das Bundeskriminalamt verkauft, die Institute und die Bibliothek wurden auf die anderen Universitätsgebäude in Hannover verteilt.

Limmer trägt seinen Namen vom Castrum Limbere des Grafen Konrad von Wunstorf, welches 1187 genannt wurde und dessen genaue Lage unbekannt ist. Der Name bedeutet vermutlich „feuchte Stelle“. [4] Es handelte sich um eine sehr wehrhafte Burg, die 1189 unter Graf Konrad sogar dem Ansturm König Heinrichs VI. standhalten konnte. In der Folge trug eine gräfliche Linie der Wunstorfer bis zu ihrem Aussterben den Namen Limmer, während die andere Linie nach ihrem Besitz, der Burg Lauenrode "von Roden" hieß. Die im Jahr 1268 genannte Limmeraner Kirche St. Nikolai wurde im Jahr 1328 dem Kloster Marienwerder eingegliedert. Erst 1787 wurde das alte Gebäude durch die heutige Saalkirche ersetzt.

Limmer war im 14. bis 15. Jahrhundert ein armes, aber nicht besonders kleines Dorf. Während des Dreißigjährigen Krieges sank es wirtschaftlich auf einen Tiefstand, viele Bewohner mussten sich im nahen Herrenhausen verdingen.

In den Jahren 1685-1718 wirkte an der St. Nikolaikirche der durch seine derben niederdeutschen Predigten bekannte Pastor Jacobus Sackmann, der auch den Adel nicht verschonte. Die Echtheit der überlieferten Predigten ist allerdings teilweise umstritten. Ein Gedenkstein für den Prediger befindet sich heute vor der Nikolaikirche.

1689 hatte Limmer 167 Einwohner. 1690 wurde von den welfischen Landesherren eine Ziegelei eingerichtet, die aber bereits 1735 wieder aufgegeben wurde. 1730 war in Limmer Asphaltkalk entdeckt worden, der seit 1843 im Tagebau und Tiefbau abgebaut wurde, dessen Vorkommen aber bis 1925 erschöpft waren. 1779 wurde von dem Chemiker Friedrich Ehrhardt eine Schwefelquelle wieder neu entdeckt, über der 1792 ein Bad behuf der Invaliden und Armen errichtet wurde.

Ein Badehaus wurde 1794 auf dem Limmer Berg errichtet. Dieser Limmerbrunnen, der um 1800 gut besucht wurde, unterlag 1828 dem benachbarten hessischen Bad Nenndorf, der Badebetrieb wurde aber erst 1961 eingestellt. 1808 wurde das Dorf Opfer eines Großbrandes, welcher das Dorfbild deutlich veränderte. Unter dem Einfluss der im benachbarten Linden aufkommenden Industrialisierung verlor es mehr und mehr seinen ländlichen Charakter. 1825 hatte Limmer 365, 1871 über 1100, 1885 dann bereits 2307 Einwohner. Im Jahr 1899 erhielt die Hannoversche Gummi-Kamm-Fabrik ihren Sitz in Limmer, die 1912 unter ihrem neuen Namen Excelsior bereits 3500 Beschäftigte zählte und 1928 mit der Continental Gummi-Werke AG fusionierte. Zum 1. April 1909 wurde das Dorf nach Linden eingemeindet.

Literatur

  • Senator Dr. Bernhard Engelke: Lindener Dorfchronik". Hannover: Ernst Geibel 1910. Sonderdruck aus Stadtarchiv Hannover (Hrsg.) Hannoversche Geschichtsblätter 1910, S. 81 – 162
  • Walter Buschmann: Linden Geschichte einer Industriestadt im 19. Jahrhundert". Hildesheim: August Lax 1981 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsen Band 92) ISBN 3-7848-3492-2
  • Sid Auffarth und Adelheid von Saldern (Hrsg.): Altes und neues Wohnen. Linden und Hannover im frühen 20. Jahrhundert. Seelze – Velber: Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung 1992
  • Linden 1930-1980. Fotografien von Wilhelm Hauschild. [Band 1.] Hannover: TAK-Verlag 1995. ISBN 3-00-000283-9
  • Linden 1930-1980. Fotografien von Wilhelm Hauschild. Band 2. Hannover: TAK-Verlag 1996. ISBN 3-00-000965-5
  • Jonny Peter, Das LindenLimmerBuch, Hrsg: FAUST e.V. und Netzwerk Lindener Kulturwerkstatt, Hannover 1998
  • Hans-Jörg Hennecke: Linden – eine wahnsinnige Geschichte 900 Jahre Linden: 1115 2015: Hannover: TAK-Verlag 2001
  • Ralf Hansen: Linden lebt! Eine fotographische Stadtreise, zu Klampen Verlag, Springe 2006, ISBN 978-3-934920-87-3
  • Karl Johaentges und Uta Preuße: Ahrberg - Neues Leben in der Wurstfabrik, KaJo Verlag, Hannover 2002, ISBN 3-925544-27-5
Commons: Hannover-Linden – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. * Alfred Gottwaldt: Hannover und seine Eisenbahnen, Seite 32, Alba, Düsseldorf 1992, ISBN 3-87094-345-9
  2. [* Alfred Gottwaldt: Hannover und seine Eisenbahnen, Seite 26, Alba, Düsseldorf 1992, ISBN 3-87094-345-9]
  3. Linden-Ein Arbeiterlied, Winfried Wallat, Wolfgang Jost
  4. Zur selben Wurzel wie „Lehm“, s. Uwe Ohainski, Jürgen Udolph: Die Ortsnamen des Landkreises Hannover und der Stadt Hannover, Bielefeld 1998, S. 293

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