Ortskurve (Systemtheorie)

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Mit Hilfe der Ortskurve kann in der Systemtheorie die Abhängigkeit einer Größe mit sinusförmigem Zeitverhalten von einem Parameter (Veränderliche) dargestellt werden. Sie gibt den geometrischen Ort der Spitze des betreffenden Zeigers in der komplexen Ebene als Funktion der Veränderlichen an.[1]

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Mit der Frequenz der sinusförmigen Größe als Parameter stellt die Ortskurve den Frequenzgang dar. Es handelt sich um die Ortskurve des Frequenzgangs, die zum Beispiel in der Regelungstechnik gebraucht wird. In der komplexen Wechselstromrechnung werden außer der Ortskurve des Frequenzgangs auch Ortskurven für den komplexen Widerstand, den komplexen Leitwert und für andere komplexe elektrische Größen verwendet. Parameter ist beispielsweise der Widerstandswert eines ohmschen Widerstands, einer Spule oder eines Kondensators.

Gleichungen für die Ortskurve

In der Komplexen Wechselstromrechnung gilt für die Ortskurve folgende allgemeine Gleichung:[2]

   .
  ist ein reeller Parameter, und  , …,  , … und  , …,  , … sind komplexe Größen.

Der Unterstrich zeigt an, dass es sich um komplexe Größen handelt. Er ist Brauch in der Schreibweise der komplexen Wechselstromrechnung. In der Regelungstechnik wird er weggelassen.

Als Frequenzgang hat diese Gleichung in der Regelungstechnik folgende gängige Schreibweise:[3]

 .
Die Kreisfrequenz    [4] ist reeller Parameter, und Zähler- und Nenner-Polynom     beziehungsweise     sind Fourier-Transformierte der sinusförmigen Ausgangs- beziehungsweise Eingangs-Funktion aus dem Zeitbereich in den komplexen Frequenzbereich.

Die prinzipielle Übereinstimmung zwischen beiden Gleichungen ist Hinweis darauf, dass in der komplexen Wechselstromrechnung und in der theoretischen Regelungstechnik dieselbe Art der mathematischen Beschreibung gebraucht wird.

Beispiele

Nachrichtentechnik

 
Ortskurve des Frequenzgangs eines Tiefpasses: komplexer Quotient V der sinusförmigen Ausgangs- zur Eingangsspannung

Ortskurven kommen zur Beschreibung des Übertragungsverhaltens von Schaltungen zum Einsatz, die lineare phasendrehende Bauteile (Kondensatoren, Spulen) enthalten und als imaginäre Blindwiderstände behandelt werden können. Typische Anwendungen sind Schwingkreise oder Filter, die elektrische Signale idealerweise nur bei bestimmten Frequenzen oder Frequenzbereichen passieren lassen und sonst sperren, siehe beispielsweise Tiefpass, Hochpass.

Der Frequenzgang eines Tiefpasses (siehe Abbildung) ist mit den Formelzeichen   für den Quotient aus komplexen Ausgangs-     und komplexen Eingangssignal     und   für die Kreisfrequenz folgender Ausdruck:

   (oder     anstatt allgemein   ).

Bei einem Tiefpass als RC-Glied lautet die Gleichung:

  .
Das Zähler-Polynom ist reduziert auf    .

Das in der Regelungstechnik vorkommende PT1-Glied unterscheidet sich vom dargestellten Tiefpass nur durch andere Konstanten:     statt     und     statt    :

 

Regelungstechnik

 
Ortskurve des Frequenzgangs eines PT2-Glied (K = 1; d < 1)

Die in der Regelungstechnik verwendete Ortskurve des Frequenzgangs wird auch Nyquist-Diagramm genannt. Harry Nyquist hat mit Hilfe dieser Ortskurve ein Stabilitätskriterium für Regelungen formuliert.

Die Ortskurve des Frequenzgangs wird sowohl für einzelne Bauteile als auch für Bauteilgruppen bis zur kompletten Kette des aufgeschnittenen Regelkreises gezeichnet und verwendet. Abgebildet ist die Kurve für ein PT2-Glied (Verstärker mit Verzögerung 2. Ordnung).

Der Frequenzgang dieses Glieds ist mit dem Verstärkungsfaktor   dem Dämpfungsmaß   und der Zeitkonstante   folgender Ausdruck:

    (anstatt allgemein  ).

Elektrische Energietechnik

 
Ortskurve der Impedanz Z (Reihenschaltung aus Induktivität jωL und variablem Ohmschen Widerstand R(p))

In der Energietechnik ist die Frequenz des Stroms konstant, weshalb mit Ortskurven Übertragungsverhältnisse dargestellt und untersucht werden, die mit einem anderen Parameter als der Frequenz variieren. Als variable Größen im System kommen die Werte von ohmschen Widerständen, Spulen und Kondensatoren in Frage. Am häufigsten wird die Impedanz (Quotient aus komplexer Spannung   und komplexem Strom   oder der komplexe Leitwert (Quotient aus komplexem Strom und komplexer Spannung) dargestellt.

Die komplexe Gleichung für die Impedanz ist mit dem Parameter   (in R = p · R0) und dem Zeichen   für die Impedanz (siehe Abbildung) folgender Ausdruck:

  (anstatt allgemein  ).
Das Nenner-Polynom ist reduziert auf  .

Erstellung von Ortskurven

Die mit Ortskurven darstellbaren Beziehungen lassen sich durch Messung von Betrag und Phase ermitteln, und die Kurven lassen sich punktweise mit den Messwertpaaren in der komplexe Ebene zeichnen. Die erste und die dritte der Abbildungen zeigen, dass Ortskurven oftmals eine einfache geometrische Form haben und aus wenigen Messwertpaaren gefolgert werden können.

Dieser Tatbestand macht es auch möglich, solche einfachen Ortskurven (Geraden, Kreise, Parabeln) rein theoretisch anzugeben, was insbesondere bei qualitativen Betrachtungen genügen kann. Ihre Inversionen haben ebenfalls einfache geometrische Formen.

Inversion von Ortskurven

Die Inversion von Ortskurven besitzt beispielsweise Bedeutung bei der Kehrwertbildung zur Berechnung des Leitwertes Y aus der Impedanz Z, Y = 1/Z. Sie ist ein Spezialfall der Möbiustransformation und kann in einfachen Fällen mithilfe folgender Grundregeln und der Inversion einzelner Punkte grafisch durchgeführt werden.

ursprüngliche Ortskurve invertierte Ortskurve
Gerade durch den Ursprung Gerade durch den Ursprung
Gerade nicht durch den Ursprung Kreis durch den Ursprung
Kreis durch den Ursprung Gerade nicht durch den Ursprung
Kreis nicht durch den Ursprung Kreis nicht durch den Ursprung

Siehe auch

Literatur

  • Wilfried Weißgerber: Elektrotechnik für Ingenieure 2, 5 Ortskurven. 6. Auflage. Vieweg + Teubner, 2007, ISBN 978-3-8348-0191-3.
  • Heinz Unbehauen: Regelungstechnik 1. 14. Auflage. Vieweg + Teubner, 2007, ISBN 978-3-384-80230-9, S. 80 – 86.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm H. Westphal (Hrsg.): Physikalisches Wörterbuch. Springer, 1952.
  2. Wilfried Weißgerber: Elektrotechnik für Ingenieure 2. 5 Ortskurven. 6. Auflage. Vieweg + Teubner, 2007, ISBN 978-3-8348-0191-3.
  3. zum Beispiel in Jan Lunze: Regelungstechnik 1. Springer, 2007, ISBN 978-3-540-70790-5, S. 224.
  4. Weil der reelle Parameter ω immer zusammen mit der imaginären Einheit j auftritt, hat es sich – insbesondere in der Regelungstechnik – eingebürgert, j·ω als Parameter zu schreiben.