Carl Ferdinand von Stumm-Halberg

deutscher Politiker und Industrieller, MdR (1836-1901)
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Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg (bis 1888: Carl Ferdinand Stumm; * 30. März 1836 in Saarbrücken; † 8. März 1901 in Halberg) war ein Montanindustrieller, freikonservativer Politiker und Reichstagsabgeordneter.

Carl Ferdinand von Stumm-Halberg
Stumm-Denkmal in Neunkirchen (Saar)

Leben und Werk

Ausbildung und Familie

Carl Ferdinand Stumm musste bereits mit 22 Jahren, am 1. April 1858, die Werksleitung des Neunkircher Eisenwerkes übernehmen. Er trat in die Fußstapfen seines 1848 durch Freitod verstorbenen Vaters Carl Friedrich Stumm, der es bis dahin geführt hatte. Stumm sen. war Erbe der Hüttenbesitzer- und Orgelbauerfamilie Stumm aus dem Hunsrück, die die Neunkircher Hütte am 22. März 1806 gekauft hatte. 1848 hatte zunächst sein Onkel die Leitung der Eisenwerke übernommen, so dass Stumm seine Ausbildung abschließen konnte: Nach dem Besuch der renommierten technischen Oberrealschule in Siegen, wo er mit 16 Jahren das Abitur ablegte, absolvierte er von 1852-54 eine Lehre und studierte dann von 1854 bis 1858 in Bonn und Berlin Rechtswissenschaft, Staatswissenschaft und Eisenhüttenkunde. Seit 1857 war er Mitglied des Corps Guestphalia Bonn.[1]

Carl heiratete Ida Charlotte Böcking (1839–1918) im Jahre 1860 in Asbacherhütte, die ebenso aus einer Industriellendynastie stammte. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Er nahm am Krieg von 1870/71 als Offizier teil und kehrte als Rittmeister, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz, zurück.

Politik

Stumm engagierte sich maßgeblich in sozialen Fragen sowohl als Industrieller wie auch später als Politiker. Er war Mitbegründer der 1867 gegründeten Freikonservativen Partei. Er erhielt 1867 ein Abgeordnetenmandat in den Reichstag des Norddeutschen Bundes und des Preußischen Abgeordnetenhauses. Von 1871 bis 1881 war er Abgeordneter des Deutschen Reichstages, wozu er auf seinen Sitz im preußischen Abgeordnetenhaus verzichtete. Hier wirkte er im wesentlichen bei der Gestaltung der Wirtschafts- und Sozialpolitik des Kaiserreiches mit. Im Reichstag bekämpfte er die Bismarck’sche Sozialgesetzgebung und unterstützte zugleich den Kampf gegen die Sozialdemokratie. 1882 wurde er ins preußische Herrenhaus berufen, woraufhin er sein Reichstagsmandat niederlegte.

Er setzte sich für den Bau eines Kanals von der Saar zum Rhein über Neunkirchen (Saar Pfalz Kanal) ein, um seiner Hütte eine bessere Verkehrsanbindung zu verschaffen. Zugleich versuchte er, den geplanten Ausbau der Saar (saarabwärts Richtung Mosel) zu verhindern, da davon die konkurrierende Völklinger Hütte der Familie Röchling profitiert hätte. Stumm war ein überzeugter Vertreter eines Obrigkeitsstaates und konservativen Paternalismus, was sich im Führungsstil des Stahlwerkes deutlich ausdrückte. Das Mildern der sozialen Probleme seiner Arbeiterschaft (beispielsweise Bau eines Krankenhauses und einer Kirche aus privaten Mitteln in Brebach) war Mittel zum Zweck, um sie ruhig und produktiv zu halten. Er gewährte soziale Versorgung und verlangte dafür unbedingten Gehorsam. Dies führte soweit, dass seine Ehefrau bestimmen konnte, welcher Arbeiter wen heiraten durfte.

1889 war Stumm wieder in den Reichstag gewählt worden. Im Jahr 1896 war er Mitglied der XII. Kommission des Reichstags, welche die abschließenden Beratungen zum Text des BGB vor der Plenardebatte im Reichstag vornahm. Er nahm dort insbesondere Einfluss im Familienrecht. Dort vertrat er die formal von seinem Fraktionskollegen Moritz Pauli gestellten „Anträge Pauli“. In diesen Anträgen wurde in insgesamt 32 Punkten eine Besserstellung der Frau verlangt. Ausgearbeitet wurden sie von der Juristin Emilie Kempin in Zusammenarbeit mit Stumm. Inhaltlich gehen die Verbesserungen zugunsten der Frauen nicht so weit, wie es die zeitgenössische Frauenbewegung verlangte, aber übernahmen einige wichtige Punkte der Frauenforderungen (z.B. Gütertrennung als gesetzliches Güterrecht, Gleichstellung der Frau im Vormundschaftsrecht). Im Bereich des Familienrechts stimmte der ansonsten rechtskonservative Politiker in zentralen Punkten gemeinsam mit linksliberalen „Freisinnigen“ und SPD gegen die Kommissionsmehrheit.

In seiner Heimat, dem heutigen Saarland, führte Stumms Politik in den 1880er und 1890er zu einem erbitterten Konflikt mit der in der sog. Sozialen Frage engagierten evangelischen Kirche. Stumm, der ein ausgewiesener Mäzen der Kirche war, griff sozialpolitisch engagierte Pfarrer, die evangelischen Arbeitervereine und die kirchliche Presse scharf an und schreckte auch vor Zensur und politischem Druck nicht zurück.

Stumms Ansprüche und sein Auftreten führten dazu, dass Friedrich Naumann ihn „den Scheich von Saarabien“ nannte und am königlichen Hof (Stumm war ein Duzfreund des Kaisers) in Berlin von der „Ära Stumm“ gesprochen wurde. Er bewohnte ab 1880 seine beiden Schlösser auf dem Halberg und in Grünhaus. Im Jahre 1888 bzw. 1891 erhielt er von Kaiser Wilhelm II. den Adelsbrief mit Ernennung zum Freiherrn von Stumm und die Genehmigung zum Tragen des Doppelnamens von Stumm-Halberg, der an den Besitz des Halbergs gebunden war. 1902[2] wurde ihm in Neunkirchen ein Denkmal errichtet. 2009 wurde vom „Musicalprojekt Neunkirchen“ das Musical „Stumm“ geschaffen.


Literatur

  • Arne Duncker: Die Anträge Pauli. Ein Gegenentwurf zugunsten der Frauen in den Beratungen zum BGB. In: Meder/Duncker/Czelk (Hrsg.): Frauenrecht und Rechtsgeschichte. Die Rechtskämpfe der deutschen Frauenbewegung. Böhlau Verlag, Köln u.a. 2006. S. 247–278.
  • Fritz Hellwig: Carl Freiherr von Stumm-Halberg. Habilitation. Westmark-Verlag, Heidelberg und Saarbrücken 1936.
  • Joachim Conrad: Stumm-Halberg, Carl Ferdinand Freiherr von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 23, Bautz, Nordhausen 2004, ISBN 3-88309-155-3, Sp. 1449–1460.
Commons: Carl Ferdinand von Stumm-Halberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kösener Korps-Listen 1910, 21, 490
  2. Stumm, Karl Ferdinand, Freiherr von S.-Halberg. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. Band 19, Leipzig 1909, S. 146–147 (Digitalisat)