Pohořelice

Gemeinde in Tschechien
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Pohořelice (deutsch Pohrlitz) ist eine Stadt in Südmähren. Sie befindet sich 25 km südlich von Brünn. Die Stadt war ursprünglich als ein Platzort angelegt.

Pohořelice
Wappen von Pohořelice
Pohořelice (Tschechien)
Pohořelice (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Jihomoravský kraj
Bezirk: Brno-venkov
Fläche: 4302 ha
Geographische Lage: 48° 59′ N, 16° 31′ OKoordinaten: 48° 58′ 52″ N, 16° 31′ 28″ O
Höhe: 181 m n.m.
Einwohner: 4.414 (2005)
Postleitzahl: 691 23
Kfz-Kennzeichen: B
Verkehr
Bahnanschluss: Vranovice–Pohořelice
Struktur
Status: Stadt
Ortsteile: 3
Verwaltung
Bürgermeister: Josef Svoboda (Stand: 2006)
Adresse: Brněnská 2
691 23 Pohořelice
Website: www.pohorelice.cz

Geographie

Die Nachbarorte sind im Norden Odrovice (Odrowitz), im Westen Branišovice (Frainspitz) und im Osten Přibice (Pri(e)britz).

Geschichte

Die erste urkundliche Erwähnung von Borlitz und der Pfarrkirche Jakobus des Älteren stammt aus dem Jahre 1222. Die Schreibweise des Ortes änderte sich im Laufe der Jahrhunderte mehrmals. So schrieb man 1222 „Borlitz“, 1391 „Pocherlicz“ und 1425 „Poherliz“. 1231 erhielt der Ort mehrere Privilegien von König Ottokar und 1278 folgte ein Gnadenbrief von Kaiser Rudolf I.[1] Durch den Ort führte die Haupthandelsverbindung von Brünn über Znaim nach Wien. Noch vor 1350 erhält Pohrlitz das Stadtrecht. Im Jahre 1412 wird die Stadt von Raubrittern angegriffen und geplündert. Während der Hussitenkriege wird die Stadt 1426 von den Hussiten erobert. 1442 werden die Stadtmauern abgetragen.

1512 erhielt Wilhelm von Pernstein die Königsstadt „Borlitz“ als erblichen Besitz. Ab 1590 gilt die Stadt als lutherisch und zwei Jahre später wird erstmals eine Schule beurkundet. Auch verschiedene Sekten wie die Wiedertäufer hatten sich in Pohrlitz niedergelassen. In dieser Zeit entstand eine bedeutende jüdische Gemeinde. Beide Gemeindeteile wurden separat verwaltet, doch wurde in vielen Bereichen zusammengearbeitet. Ein Beispiel hierfür waren die beiden Nachtwächter von denen einer ein Jude und der andere ein Christ war.[2] Seit dem 16. Jahrhundert ist der tschechische Name Pohořelice ebenfalls gebräuchlich. Zu den nachfolgenden Besitzern gehörte Friedrich von Zierotin. Nach dem Sieg der kaiserlichen Truppen in der Schlacht am Weißen Berg am Anfang des Dreißigjährigen Krieges beginnt die Gegenreformation in Mähren. Im Jahre 1620 wurde der Ort zweimal geplündert und gebrandschatzt. Die Wiedertäufer werden des Landes verwiesen und ziehen großteils nach Siebenbürgen weiter. [3] Im Jahre 1645 eroberten schwedische Truppen unter General Lennart Torstensson die Stadt. Neben den Plünderungen wurde auch noch die Pest von den Schweden eingeschleppt. An dieser Seuche starben 456 von 500 Einwohnern. Aufgrund der guten Infrastruktur wird 1663 ein Postamt in der Stadt eröffnet. 1667 bricht ein Großbrand in der Stadt aus, welcher auch die Kirche zerstört. Ab 1669 werden die Matriken des Ortes geführt.

Um die Kirche vor möglichen Bränden zu schützen wurden im Jahre 1714 alle Gebäude an der Kirche abgetragen werden um einen freien Zwischenraum zu schaffen.[4] 1727 wurde die Kaiserstraße von Brünn nach Wien gebaut. Zu dieser Zeit war Pohrlitz Teil der Herrschaft Nikolsburg und im Besitz der Herren von Dietrichstein. Während des Ersten Schlesischen Krieges wohnte der preußische König Friedrich II. ab dem 12. März 1742 für längere Zeit in Pohrlitz.[5]

1804 wird eine Reichstraße nach Znaim gebaut. Während der Revolutionskriege wird Pohrlitz im Jahre 1805 von französischen Truppen besetzt. Einen Tag später erreichte Kaiser Napoléon die Stadt und übernachtete. Nach der Schlacht bei Austerlitz verließen die Franzosen die Stadt, die unter der Besetzung schwer zu leiden hatte. Im Sommer des darauf folgenden Jahres brach ein weiterer Großbrand aus und zerstörte 93 Häuser, das Wirtshaus, 30 Scheunen und die Synagoge. Im Krieg gegen Frankreich im Jahre 1809 wurde Pohrlitz ebenso von französischen Truppen besetzt. Zwar erlitt die Stadt wiederum hohe finanzielle Einbußen, doch waren diese nicht so dramatisch wie vier Jahre zuvor.[6]

1819 kam die Stadt an Herzog Albrecht von Sachsen-Teschen, doch bereits drei Jahre später stand Pohrlitz unter der Verwaltung des Erzherzog Karl. Ab da blieb der Ort im Besitz des Kaiserhauses, welches im Jahre 1830 der Stadt das Recht auf einen Wochenmark zu sprach. 1831 wütete die Brechruhr im Ort und forderte 59 Opfer. Nach Tauwetter im Jahre 1845 schwoll der Fluss Igel so stark an, dass er in Pohrlitz drei Brücken mitriss.[7] Nach der Aufhebung der Patrimonialherrschaften bildete Pohrlitz ab 1850 eine Stadtgemeinde in der Bezirkshauptmannschaft Auspitz und war dem Gerichtsbezirk Groß Seelowitz zugeordnet. In der Stadt wurde im Jahre 1873 eine Straßenbeleuchtung installiert. Ein Jahr später wurde eine Freiwillige Feuerwehr gegründet. Ab dem Jahre 1892 war Pohrlitz an die Nordbahnstrecke angeschlossen. 1901 wurde Pohrlitz zum Sitz eines Bezirksgerichts.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges trat die Stadt, dessen Bewohner im Jahre 1910 zu 88% der deutschen Sprachgruppe angehörten, der Republik Deutschösterreich bei und wurde nach der Ausrufung der Tschechoslowakei mit militärischer Gewalt in diese integriert. Durch eine Lokalbahn ist Anschluss an die Österreichische Nordbahn. Durch die Neubesetzung von Beamtenposten und Siedler kam es in der Zwischenkriegszeit zu einem vermehrten Zuzug von Personen tschechischer Identität. Im Jahre 1919 werden die christliche und die jüdische Gemeinde zusammengefasst. Bei einer Demonstration gegen Tschechische Willkürakte am 18. Februar 1920 werden zwei Deutsche erschossen. Nach dem Münchner Abkommen, 1938, kam der Ort an das Deutsche Reich und wurde ein Teil des Reichsgau Niederdonau. Die jüdische Gemeinde wurde daraufhin aufgelöst. Die wirtschaftliche Lage in der Stadt verbesserte sich in den nächsten Jahren, da nun der Absatzmarkt in Wien erreichbar war. Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges wurde die Wiener Reichsstraße, heute die E461, in der Nähe entlang gebaut. Am 4. April 1945 starben drei Pohrlitzer bei einem Luftangriff. Am 9. April flüchten ungefähr 150 Einwohner vor den anrückenden russischen Truppen. Zwischen dem 18. April und dem 7. Mai wird in der Stadtumgebung gekämpft. Pohrlitz wird am 7. Mai vollständig von sowjetischen Truppen erobert.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, der über 100 Opfer unter den Pohrlitzern gefordert hatte, kam die Gemeinde wieder zur Tschechoslowakei zurück. Laut dem Beneš-Dekret 108 vom 25. Oktober 1945, wurde das Vermögen der deutschen Einwohner konfisziert und unter staatliche Verwaltung gestellt. Am 31. Mai 1945 führte durch Pohrlitz der Brünner Todesmarsch. Viele Einwohner flohen vor den tschechischen Drangsalen über die Grenze nach Österreich. Aufgrund der Potsdamer Erklärung wurden die deutschen Einwohner bis 1946 in mehreren Transporten über Nikolsburg nach Deutschland vertrieben.[8] Von den Vertriebenen kamen so nur 200 Personen nach Österreich während die restlichen 950 Pohrlitzer nach Deutschland kamen. [9]

Bis zum 31. Dezember 2006 gehörte die Stadt zum Okres Břeclav und seit dem 1. Januar 2007 zum Okres Brno-venkov.

Wappen und Siegel

Das älteste Siegel der Stadt zeigt die Umschrift „SIGILL VM CIVICM DE POHORLIC“ und darin ein gotisches Spitzschild. In diesem ist eine dreitürmige Zinnenburg mit hohem Mittelrum und einem Spitzbogentor abgebildet. Spätere Siegel zeigen an dem äußeren Rand des gotischen Spitzschildes Tulpen oder drei geflügelte Engelsköpfe beseitet von je zwei Rosenblüten. In der Zwischenkriegszeit wurde das Siegel zweisprachig. Die jüdische Gemeinde führte ein eigenes Siegel.

Das Wappen glich dem Siegelbild. Die Türme und die Mauern waren silbern, das Tor golden und das Schild blau. Die Engelsköpfe waren golden.[10]

Bevölkerungsentwicklung

Volkszählung Einwohner gesamt Volkszugehörigkeit der Einwohner
Jahr Deutsche Tschechen Andere
1880 3270 2211 1010 49
1890 3412 3013 378 21
1900 3473 2735 723 15
1910 3518 3119 399 40
1921 3772 1226 2229 81
1930 4290 1210 2816 264
Quelle: 1793, 1836, 1850 aus: Südmähren von A–Z, Frodl, Blaschka
Sonstige: Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, sv.9. 1984

Stadtgliederung

Die Stadt Pohořelice besteht aus den Ortsteilen Nová Ves (Mariahilf), Pohořelice (Pohrlitz) und Smolín (Mohleis).

Wirtschaft

In der Stadt waren eine Zuckerfabrik (1873), drei Ziegeleien, drei Mühlen, eine Milchsammelstelle und zwei Molkereien. Bis 1900 wurden Netzhandschuhe, Tonwaren und Webereien in Heimarbeit produziert.

Der Wochenmarkt war seit 1830 immer dienstags. Am Mittwoch war Viehmarkt. Die Jahrmärkte waren am Dienstag nach Mathias (24.2), nach Kreuzauffindung (3. Mai), nach Maria Schnee (5. August), nach Franz Seraf (4. Oktober) und nach Andreas 30. November).

Partnerstädte

Sehenswürdigkeiten

  • Propsteikirche St. Jakob, gotische Hallenkirche aus dem 13. Jahrhundert, Turm im 16. Jahrhundert erhöht, nach Brand 1667 restauriert.
  • Kriegerdenkmal (1931)
  • Kriegerdenkmal der Judengemeinde
  • Kaiser-Joseph-II-Denkmal (1892, 1919 abgerissen)
  • Theater

Söhne und Töchter der Stadt

  • Eugen Beyer, Österreichischer Feldmarschallleutnant und Deutscher General
  • Franz Nosek (1840–1924) Abgeordneter des mährischen Landtages und Heimatforscher
  • Jakob Fischer (1849–1933) Komponist
  • Franz Rund (1853–1933) Abgeordneter des mährischen Landtages und Bürgermeister bis 1919
  • Franz Beurle (1860-1919) Jurist, Wirtschaftspionier, 1890-1919 Mitglied des oberösterr. Landtages, 1901-1907 Reichtagsabgeordneter, 1917 Mitglied des Herrenhauses

Brauchtum

Reiches Brauchtum bestimmte den Jahresablauf der 1945/46 vertriebenen, deutschen Ortsbewohner:

  • Am Ostermontag klopfen die Kinder vormittags mit Ruten an die Haustüren und bitten um buntgefärbte Eier.
  • Am 30. April werden Holunderzweige gesetzt. Dies soll besonders die Kinder vor bösen Geistern und Hexen beschützten.
  • In der Zwischenkriegszeit wurde kein Maibaum mehr gesetzt. Erst ab 1938 wurde dieser Brauch wieder aufgenommen.
  • Zu Weihnachten erhalten die Tiere im Stall eine Stück des Weihnachtsstriezels.

Literatur

  • Anton Weixer:Beschreibung des uralten Markt- und Pfarrortes Altstadt Pohrlitz, 1827
  • Johann Edler: Chronik der Orte Seelowitz, Pohrlitz und Umgebung, 1859
  • Augustin Kratochvil: Pohoøelský okres – Vlastivìda moravská cis.81, 1913
  • Josef Pfann:Chronik der Stadt Pohrlitz, 1922
  • Karl Petzina:Adreßbuch der politischen Bezirke Nikolsburg und Pohrlitz, 1926
  • Franz Schmidt:Jahresbericht der Deutschen Knaben- und Mädchen-Bürgerschule in Pohrlitz 1929/30, 1930
  • Sylvestr Nováèek:Mikulovsko a Pohoøelicko od nástupu nacismu k osednému Mnichovu, 1960
  • Eduard Sellner, Hugo Sellner, Alois Doffek: Geschichte von Pohrlitz, 1978
  • Franz Nosek, Wilhelm Jun: Geschichte von Pohrlitz, 1995
  • Wilhelm Jun:Auszug aus der Schulchronik der deutschen Volksschule Pohrlitz, 1917–1943, 1998
  • Wilhelm Jun:Häuser- und Familienverzeichnis Pohrlitz 1945, 1999
  • Stadt Pohrlitz Pohoøelický Zpravodaj, 1994–1998
  • Stadt Pohrlitz Pohoøelický Zpravodaj, 1999–2002
  • Wilhelm Jun: Pohrlitz INFO 1999 bis 2003, 2004
  • Gedenkbuch des Männergesangvereins Hesperus Pohrlitz
  • Franz Bergmann:Pohrlitzer Zeitung, Band 1/2 Heft 1–58
  • Johann Moder:Die bäuerliche Berufsorganisation des Gerichtsbezirkes Pohrlitz

Quellen

  • Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren., Pohrlitz: S. 30f; C. Maurer Verlag, Geislingen/Steige 1990, ISBN 3-927498-13-0
  • Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden., Pohrlitz, S. 183f, Josef Knee, Wien 1992, ISBN 3-927498-19-X
  • Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens Bd. 3, Pohrlitz: S. 240f, C. Maurer Verlag,Geislingen/Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0
  • Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A bis Z, Pohrlitz, S. 163f, Südmährischen Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2006

Einzelnachweise

  1. Nosek:Geschichte von Pohrlitz, 1912
  2. Hugo Gold:Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens,1974, S. 102
  3. Bernd Längin:Die Hutterer, 1986, S. 237
  4. Johann Eder:Chronik der Orte Seelowitz und Pohrlitz und ihrer Umgebung,S. 275
  5. Gregor Wolny: Die Markgrafschaft Mähren, 1836, S. 442
  6. Johann Eder: Chronik der Orte Seelowitz und Pohrlitz und ihrer Umgebung, S. 286f
  7. Johann Eder:Chronik der Orte Seelowitz und Pohrlitz und ihrer Umgebung,S. 297
  8. Archiv Mikulov: Odsun Nĕmců - transport odeslaný dne 20. kvĕtna, 1946
  9. Alfred Schickel, Gerald Frodel: Geschichte Südmährens, Band 3 (2001), Pohrlitz, S. 243
  10. Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae Bl. XI, S. 3