Des Kaisers neue Kleider (dänisch „Keiserens nye Klæder“) ist ein bekanntes Märchen des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen. Es erschien am 7. April 1837 in einer Ausgabe der Reihe „Märchen, für Kinder erzählt“ (dänisch „Eventyr fortalte for Børn“).

Andersen variierte bei dem Märchen eine Geschichte (Ejemplo XXXII) der spanischen Sammlung von Don Juan Manuel, die ursprünglich 1335 im Buch „El Conde Lucanor“ erschien und offenbar der maurischen Erzähltradition entstammt. Andersen bekannte diese Entlehnung in seinem Tagebuch unter Hinweis auf die Novellensammlung von Karl Eduard von Bülow.
Inhalt
Das Märchen handelt von einem Kaiser, der sich von zwei Betrügern für viel Geld neue Gewänder weben lässt. Diese machen ihm weis, die Kleider seien nicht gewöhnlich, sondern könnten nur von Personen gesehen werden, die ihres Amts würdig und nicht dumm seien. Tatsächlich geben die Betrüger nur vor zu weben und dem Kaiser die Kleider zu überreichen. Aus Eitelkeit und innerer Unsicherheit erwähnt dieser nicht, dass er die Kleider selbst auch nicht sehen kann und auch die Menschen, denen er seine neuen Gewänder präsentiert, geben Begeisterung über die scheinbar schönen Stoffe vor. Der Schwindel fliegt erst auf, als ein Kind ausruft, der Kaiser habe gar keine Kleider an.
Die Erzählung wird gelegentlich als Beispiel angeführt, um Leichtgläubigkeit und die unkritische Akzeptanz angeblicher Autoritäten und Experten zu kritisieren – vergleichbar mit Kleider machen Leute und dem Hauptmann von Köpenick. Aus Furcht um seine Stellung und seinen Ruf spricht wider besseres Wissen niemand, nicht einmal der treueste Minister des Kaisers, die offensichtliche Wahrheit aus; vor die Entscheidung „Ansehen und Wohlstand oder Wahrheit“ gestellt, entscheidet man sich letzten Endes gegen die Wahrheit und für die materiellen und ökonomischen Vorteile. In der mittelalterlichen spanischen Vorlage geht es nicht wie bei Andersen um mangelnde Amtstüchtigkeit, sondern das Gewebe wird angeblich von jenem nicht gesehen, der nicht Sohn dessen ist, der als sein Vater gilt (was neben der Schande auch fatale erbrechtliche Konsequenzen hätte). Zudem ist es nicht ein „unschuldiges Kind“, das die Wahrheit ausspricht, sondern ein schwarzer Rossknecht, der sich bewusst ist, ohnedies am Fuß der sozialen Rangordnung zu stehen, sodass ihm gleichgültig ist, ob er tatsächlich Sohn dessen ist, der als sein Vater gilt.
Das Märchen ist aufgrund des angesprochenen Konfliktes zeitlos; auch in der aktuellen Tagespolitik finden sich immer wieder Äußerungen, die unbequeme Wahrheiten aus Rücksicht auf die eigene Reputation und Stellung verschweigen.
Verfilmung
- "Das Kleid", DEFA-Spielfilm, DDR 1961, Regie: Konrad Petzold (angelehnt)
- "The Emperor's New Clothes", USA/Israel 1987, Regie: David Irving
- "Des Kaisers neue Kleider" (Cisárové nové šaty, Los vestidos nuevos del emperador), Deutschland/Tschechische Republik/Spanien 1992-1994, Märchenfilm unter der Regie: Juraj Herz, mit Harald Juhnke, Vorlag: Bernd Fiedler
- I vestiti nuovi dell'imperatore, 2001, Regie: Alan Taylor, Produzent: Hanno Huth (auf Napoleon umgemünzt)
- Des Kaisers neue Kleider - Mode, Mob und Monarchie, Komödie aus Die ProSieben Märchenstunde (Deutschland/Österreich, ab 2006)
Musikalische Verarbeitung
- Eberhard Werdin - „Des Kaisers neue Kleider“ (musikalisch-szenisches Werk, 1947)
- Hans Werner Henze - "L'usignolo dell'imperatore" (Ballettpantomime, 1959/rev. 1970)
- Kuno Petsch - "Des Kaisers neue Kleider" (Fernsehballett, 1963)
- Juraj Beneš - "Cisárove nové šaty" (Oper, 1966)
- Rudolf Mors - "Des Kaisers neue Kleider" (Schauspielmusik, 1968)
- Reinhard Mey - "Des Kaisers neue Kleider" (Song, 1980)
- Sinead O'Connor - "Emperor's New Clothes" (Song, 1990)
- Letzte Instanz - "Der Kaiser" (Song, 2003)
Literatur
- Albrecht Koschorke, Susanne Lüdemann, Thomas Frank: Des Kaisers neue Kleider. Über das Imaginäre politischer Herrschaft. Texte, Bilder, Lektüren. Frankfurt/M. 2002. ISBN 3596154480