Strukturformel | |||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
![]() | |||||||||
Allgemeines | |||||||||
Name | Glycerin | ||||||||
Andere Namen |
| ||||||||
Summenformel | C3H8O3 | ||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose, klare, schwerbewegliche, geruchlose, süß schmeckende, hygroskopische Flüssigkeit[1] | ||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||
| |||||||||
Arzneistoffangaben | |||||||||
ATC-Code | |||||||||
Eigenschaften | |||||||||
Molare Masse | 92,10 g·mol–1 | ||||||||
Aggregatzustand |
flüssig | ||||||||
Dichte |
1,26 g·cm–3 (20 °C)[2] | ||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||
Siedepunkt |
290 °C (unter Zersetzung)[2] | ||||||||
Dampfdruck | |||||||||
Löslichkeit |
| ||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||
| |||||||||
MAK |
50 mg·m–3[2] | ||||||||
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Glycerin (von gr. glykerós = süß [4], nach IUPAC Glycerol, auch Glyzerin) ist der Trivialname und die gebräuchliche Bezeichnung von Propantriol bzw. Propan-1,2,3-triol. Als Lebensmittelzusatzstoff trägt es das Kürzel E 422. Glycerin ist der einfachste dreiwertige Alkohol. Der Name Glycerol wurde eingeführt, da er die korrekte Endung -ol für einen Alkohol besitzt (die Endung -in steht für Alkine oder Amine).
Gewinnung und Darstellung
Die Herstellung kann petrochemisch aus Propen mit den Zwischenprodukten Allylchlorid und Epichlorhydrin oder chemisch als Nebenprodukt bei der Verseifung von natürlichen Fetten und Ölen zur Gewinnung von Seifen (= Alkalisalze der Fettsäuren) geschehen. Früher wurden dazu vor allem tierische Fette eingesetzt.
Inzwischen werden große Mengen Glycerin als Nebenprodukt der Biodieselherstellung erzeugt. Dies geschieht durch eine Umesterung von meist pflanzlichen Ölen mit Methanol. Ein Fettmolekül (Triacylglycerid) wird mit drei Methanolmolekülen zu Glycerin und drei Fettsäuremethylestern (FAME) umgesetzt. Das R steht für einen Fettsäurerest mit - je nach Herkunft - unterschiedlicher Kettenlänge:
Auch eine biotechnologische Herstellung durch Fermentation ist möglich. Hefen können durch Sulfitzusatz die Gärung von Ethanolbildung auf Glycerinbildung umstellen. Als Substrat wurde oftmals Melasse verwendet, da diese neben einem hohen Anteil an Zucker auch viel Sulfit enthält. Diese Form der Gärung wurde 1918 von Neuberg als 2. Neuberg'sche Gärungsform bezeichnet.[5]
Glycerin wird in unterschiedlichen Reinheiten angeboten. Für industrielle Zwecke wird es als Rohglycerin und für pharmazeutische Zwecke (Pharmaglycerin) wird es als 99,8 %ige, 99,5 %ige und etwa 86 %ige Qualität angeboten. Die Aufbereitung erfolgt durch mehrstufige Destillation, Desodorierung und Filtration.[6] Letztere ist wegen ihres niedrigeren Schmelzpunkts (ca. −10 °C) und der niedrigeren Viskosität (ca. 100 mPas) technisch erheblich einfacher zu handhaben.
Eigenschaften
Glycerin ist bei Raumtemperatur eine farb- und geruchlose, viskose und hygroskopische Flüssigkeit, die süßlich schmeckt.
Glycerin hat eine Viskosität von 1760 mPa·s (20 °C) und einen Brechungsindex von 1,4735 (lit.). Die Bildungsenthalpie von Glycerin beträgt ΔHf0 = −669 kJ/mol.
Reaktionen beim Erhitzen
Glycerin bildet unter Hitzeeinwirkung weißen Rauch. Beim Erhitzen unter Sauerstoffmangel zersetzt es sich zu dem in Wasser gut (267 g/l) löslichen sowie giftigen ungesättigten Aldehyd Propenal, das auch Acrylaldehyd oder Acrolein genannt wird.
Verwendung
Glycerin ist eine sehr vielseitig verwendbare Substanz. Unter anderem ist der Stoff wegen seiner wasserbindenden Eigenschaften in Kosmetikartikeln als Feuchtigkeitsspender enthalten. Auch als Lebensmittelzusatzstoff findet Glycerin Anwendung als Feuchthaltemittel, etwa bei Datteln oder Kaugummi. Hier trägt das Triol die Bezeichnung E 422. Shisha-Tabak wird oft nachträglich Glycerin beigegeben, um ihn feucht zu halten oder um ihm die ursprüngliche Feuchtigkeit zurückzugeben. Dabei entsteht mehr und dichterer Rauch. Dieser Effekt wird auch ausgenutzt, wenn Glycerin zur Erhöhung der Standzeit des Nebels Nebelfluiden beigesetzt wird.
Glycerin kann auch als Frostschutzmittel, Schmierstoff, Weichmacher und Süßungsmittel verwendet werden. Bei der Herstellung von Kunststoffen, Microchips, Farbstoffen sowie Zahnpasta wird die Substanz als Edukt benötigt.[6] Bei der Reaktion mit konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure entsteht Glyceroltrinitrat, ein gefährlicher, als Nitroglyzerin bekannter Explosivstoff, der zu dem Sprengstoff Dynamit weiterverarbeitet werden kann.
Glycerin wird in der Medizin in Form von Tabletten oder Infusionen als Medikament zur Behandlung des Hirnödems eingesetzt. In Form glycerinhaltiger Zäpfchen dient es als osmotisches Laxans im Enddarm; zusätzlich weicht es den Stuhl als Flüssigkeit selber auf. Es gibt Forschungen, die auf die Verwendung von Glycerin als "Frostschutzmittel" im menschlichen Körper hinzielen; dies könnte zur Hibernation während schwieriger medizinischer Operationen verwendet werden, um Hirn- und Organschäden zu vermeiden. Inspiration für diese Forschungen ist der kanadische graue Laubfrosch Hyla versicolor, der diese Methode zur Überwinterung nutzt.
Aufgrund der zeitweise deutlich gesunkenen Preise werden neue Anwendungsgebiete für Glycerin gesucht. Neben der Verbrennung zur Energieerzeugung sind dabei insbesondere die Nutzung als zusätzliches Nährmedium (Cosubstrat) in Biogasanlagen zur Erzeugung von Biogas sowie die Nutzung als Fermentationssubstrat in der Industriellen Biotechnologie vielversprechende Alternativen. Bei hohen Futtermittelpreisen findet Glycerin auch als Futtermittel für Wiederkäuer, Schweine und Hühner immer mehr Interesse.[6] Weiterhin wird erforscht, Glycerin mit Isobuten zu Glycerin-tert-Butylether (GTBE; analog zu MTBE und ETBE) umzusetzen und als Kraftstoffzusatz zu verwenden.[7] Glycerin lässt sich aber auch in einem neuen Verfahren unter Einwirkung von Ameisensäure zu einem wertvollen, chemischen Grundbaustein - nämlich Allylalkohol - umsetzen.[8]
Biologische Bedeutung
Die meisten tierischen und pflanzlichen Fette und Öle sind Triacylglyceride (Triglyceride). Sie bestehen aus dem dreiwertigen Alkohol Glycerin, der über die Hydroxylgruppen (-OH) dreifach mit Fettsäuren verestert ist. Sie dienen als Energiespeicher, z. B. im Fettgewebe oder in Samen von Ölpflanzen, wie z. B. Raps, Soja und Sonnenblume. Ähnlich aufgebaut sind Phosphoglyceride. Statt der dritten Fettsäure ist jedoch eine Phosphatgruppe verestert und an diese ein weiterer Rest, wie z. B. Cholin (in Lecithin). Dadurch erhält das Molekül einen polaren und einen apolaren Bereich, was die Bildung einer Membran (Zellmembran) ermöglicht.
Nahezu alle natürlich vorkommenden Glycerinderivate weisen die sn-Konfiguration auf, welche die räumliche Anordnung der Substituenten am mittleren Kohlenstoffatom des Glycerins festlegt.[9]
Einzelnachweise
- ↑ a b c Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.5. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2009.
- ↑ a b c d e f Eintrag zu CAS-Nr. 56-81-5 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
- ↑ Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar )
- ↑ http://www.brockhaus.de/wissen/glycerin
- ↑ Hans G. Schlegel: Allgemeine Mikrobiologie, Herausgeber: Georg Fuchs, Georg Thieme Verlag, Stuttgart; 8. völlig überarbeitete u. erweiterte Auflage erschienen im September 2006, ISBN 3-13-444608-1
- ↑ a b c Was ist Glycerin, Informationsseite der Deutschen Melasse Handelsgesellschaft (DMH), abgerufen am 12. Januar 2010
- ↑ Entwicklung von GTBE aus Glycerin; Bericht im Innovationsreport
- ↑ Neue Methode erlaubt Herstellung von chemisch interessanten Grundbausteinen aus Glyzerin und Erythritol
- ↑ Gregor Cevc: Phospholipids Handbook. CRC Press, 1993, ISBN 9780824790509, S. 2