Auftausalz, umgangssprachlich auch Streusalz genannt, besteht mindestens zu 94 Prozent (idealerweise zu 98 Prozent) aus herkömmlichem Kochsalz und wird als Winterstreu zum Schmelzen von Schnee und Eis auf Verkehrswegen verwendet. Es handelt sich somit um eine Maßnahme des Winterdienstes, um Schnee- und Eisglätte entgegenzuwirken. Oft ist jedoch die Verwendung von Salz – vor allem auf Gehwegen – untersagt. Zuweilen findet auch das Mineral Kainit als Auftaumittel Verwendung.
Zusammensetzung
Das handelsübliche Auftausalz besteht zum großen Teil aus Koch- oder Steinsalz, also Natriumchlorid (NaCl). Zudem kann es natürliche Nebenminerale wie Anhydrit (Calciumsulfat), Magnesiumsulfat oder Ton enthalten. Auftausalz wird meistens auf öffentlichen Straßen verwendet.
Anforderungen an Auftausalz (hier am Beispiel Steiermärkische Landesregierung 2006):
- Auftausalz NaCl
- Mindestanteil NaCl 98 %
- Kornverteilung stetig
- Größtkornanteil über 1,6 mm maximal 10 %
- Kleinstkornanteil unter 0,16 mm maximal 5 %
- Produkte mit geringem Sulfatanteil sind zu bevorzugen
- Der Anteil der unlöslichen Stoffe darf 0,25 % nicht übersteigen
- Feuchtigkeit bei Hallenlagerung maximal 1,2 %
- Feuchtigkeit bei Silolagerung maximal 0,6 %
Wirkung
Die Wirkung des Auftausalzes hängt mit seiner molaren Schmelzpunkterniedrigung zusammen. Dabei macht man sich zu Nutze, dass Lösungen einen geringeren Schmelzpunkt haben als reine Flüssigkeiten. Eis und Wasser befinden sich in einem Gleichgewichtszustand zwischen den Aggregatzuständen fest und flüssig, das heißt es ist auch bei Minusgraden immer etwas flüssiges Wasser vorhanden. In diesem Wasserfilm lösen sich die Ionen des Salzes, die gebildete Salzlösung besitzt einen niedrigeren Gefrierpunkt, was einen erneuten „Zusammenschluss“ zur kristallinen Struktur des Wassers (Eis) verhindert: Das Auftausalz verhindert also vor allem das erneute Gefrieren des Schmelzwassers. Da aber an der Grenzfläche Eis/Salzlösung immer weiteres Eis schmilzt und sich in eine Salzlösung verwandelt, die nicht wieder gefrieren kann, löst sich das Eis langsam völlig auf. In einer Natriumchlorid-Wassereismischung beginnt der Schmelzprozess nach Zugabe von Salz (NaCl) bereits bei −21,1 °C.
Nach dem Bestreuen des Eises mit (genügend) Auftausalz entsteht letztlich eine Lösung von Salz in Wasser, die einen niedrigeren Gefrierpunkt als das reine Eis aufweist und auch bei tieferen Temperaturen flüssig bleibt. Herkömmliches Kochsalz eignet sich gut bei wenigen Minusgraden als Auftausalz. Ab −10 °C sind andere Salze wie etwa das weniger umweltschädliche Calciumchlorid oder Magnesiumchlorid besser geeignet.
Anwendung
Der einzelne Anwender im Kleinbereich streut in Gemeinden, in denen Salz gestreut werden darf, das Salz in Pulverform auf den vereisten Bereich. Im Großanwendungsbereich, vor allem im Straßenverkehr, wird es leicht mit Sole versetzt und dann mittels eines am Fahrzeug befestigten Streutellers breitflächig aufgetragen. Durch den feuchten Zustand wird es vom Wind nicht so stark vertragen und bleibt auf die Fahrbahn beschränkt.
Um die volle Wirkung auf der Straße zu erreichen, müssen aber bestimmte Rahmenbedingungen vorhanden sein. Die Fahrbahntemperatur darf nur in einem bestimmten Bereich schwanken. Ist sie zu tief, ist auch mit Salz keine Auftauwirkung zu erzielen. Außerdem muss die Straße eine bestimmte Fahrzeugfrequenz aufweisen. Fahrende Autos bewirken, dass durch den Druck der Reifen das Eis schmilzt und zerkleinert wird und dass das Gemenge aus Salzlösung und Eis nach außen geschleudert wird. Bei der ständig wiederholten Aufwirbelung verdunstet auch Wasser, was wiederum die Salzlösung konzentriert, die dadurch weiteres Eis anlösen kann. So bilden sich bald reifenbreite Fahrrinnen und die Straßen werden – von dort beginnend – allmählich eisfrei und trocken.
Auftausalz kann auch als Feuchtsalz aufgebracht werden. Hierbei wird das Salz vor dem Aufbringen auf die Straße mit einer Salzlösung aus Natrium-, Calcium- oder Magnesiumchlorid befeuchtet. Das angefeuchtete Auftausalz ermöglicht größere Streubreiten, haftet besser auf der Fahrbahn und hält diese länger eisfrei.[1] Bedingt durch verbesserte Ausbringungstechnik und den überwiegenden Einsatz von Feuchtsalz – auch in Kombination mit Trockensalz – konnten bei gleicher und längerer Auftauwirkung die Dosierungen im Vergleich zu denen in den 1970er Jahren um ca 70 % reduziert werden.
Auch Salzlösungen und Flüssigmischungen von Natrium-, Calcium- und Magnesiumchlorid finden Anwendung im Winterdienst.[2][3]
Nachteile
Die Verwendung von Auftausalz hat zahlreiche Nachteile für die Umwelt.[4] Das Salz gelangt mit dem Schmelzwasser in den Boden. Der dadurch verursachte übermäßige Eintrag von Natrium- und Chloridionen in den Boden hat negative Auswirkungen auf die Bodenstruktur, es kann zu Verschlämmung und Verdichtung kommen.[4] Auftausalz greift auch die Vegetation an, besonders empfindlich sind die oftmals an Straßen gepflanzten Linden wie auch Ahorne, Rosskastanien, Roteichen und Fichten. Umgekehrt können dauerhaft hohe Salzkonzentrationen an Straßenrändern zur Ansiedelung von salzliebenden Küstenpflanzen im Binnenland führen.[5] Zudem gelangt Auftausalz durch diverse Entwässerungssysteme in die Gewässer und kann dort bei bestimmten Konzentrationen Flora und Fauna ebenfalls empfindlich schädigen. Bei Haustieren greift Salz auf Gehwegen die Hornhaut an den Pfoten an und kann zu Entzündungen führen. Weitere Folgeschäden werden durch die korrosive Wirkung der im Auftausalz enthaltenen Chloridionen bei Betonbauteilen, Stahlträgern und Fahrzeugen verursacht.[4]
In vielen Gemeinden gilt daher beispielsweise auf Gehwegen ein generelles Salzstreuverbot, das nur bei Extremwitterung aufgehoben wird. Die Verwendung von abstumpfenden Streumitteln als Alternative vermeidet zwar die spezifischen Nachteile des Auftausalzes, muss allerdings mechanisch entfernt, das heißt von Reinigungsfahrzeugen aufgefegt werden.[4] Als Reaktion auf diese Nachteile haben einige Hersteller salzfreie Streumaterialien auf der Basis von Harnstoff (Eisflockenpunkt einer 30 Gew.-%igen Lösung in Wasser −10 °C) entwickelt. In vielen Städten ist allerdings sein Einsatz – der zur Überdüngung des Bodens führt – verboten, so z. B. in Wien.[6]
Ein alternatives Auftausalz ist Ammoniumsulfat (Gefrierpunkt einer 66 Gew.-%igen Lösung in Wasser −18,5 °C).[3] Beide Stoffe wirken allerdings gleichzeitig als unerwünschte Stickstoffdünger.[7]
Sonstiges
Auftausalz fiel in Deutschland nicht unter die bis 1993 erhobene Salzsteuer, weswegen es denaturiert, das heißt durch Zusätze nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet, angeboten werden musste. Durch die Nachteile v.a. für die Umwelt ist der private Gebrauch untersagt, die Kommune selbst behält sich den Gebrauch für Hauptstraßen bei entsprechenden Wetterverhältnissen vor.[8]
Siehe auch
Weblinks
- Winterdienstleitfaden, Landesregierung Steiermark, Graz 2006
Einzelnachweise
- ↑ Information zu Feuchtsalz des Verbandes der Kali- und Salzindustrie
- ↑ Karl Moritz: Einsatz von Salzlösungen aus dem Winterdienst zur Schadstoffreduzierung. Vortrag der Bundesanstalt für Straßenwesen 2008
- ↑ a b Studie zur Auswirkung stickstoffhaltiger Auftaumittel. Institut für Waldökologie (Universität für Bodenkultur), Wien 2000
- ↑ a b c d Feinstaubquelle Streusalz? Pro und Contra im Einsatz gegen Schnee und Glatteis. Helmholtz-Zentrum, München 2005
- ↑ Veitshöchheimer Berichte 84 (2005), Seite 9
- ↑ Stadt Wien: Weg mit dem Schnee! So räumen Sie richtig.
- ↑ Merkblatt des bayer. Landesamtes für Wasserwirtschaft
- ↑ Beispiele München, Hamburg, Berlin