Zertifikate sind im Allgemeinen Wertpapiere und zählen zu den strukturierten Finanzprodukten. Sie werden von Banken emittiert und vorwiegend an Privatkunden verkauft; sie sind daher klassische Retail-Produkte.
Mit Zertifikaten wird auch dem Privatanleger ermöglicht, komplizierte Strategien nachzubilden oder in schwer zugängliche Anlagen – wie etwa Rohstoffe – zu investieren.
Der Handel findet vor allem außerbörslich statt. Das erste jemals emittierte Zertifikat war im Juni 1990 ein DAX-Zertifikat der Dresdner Bank.
Grundsätzliches
Bei Zertifikaten handelt es sich rechtlich um Schuldverschreibungen. Für die emittierende Bank ist ein Zertifikat ein Mittel zur Refinanzierung. Im Gegensatz zu klassischen Schuldverschreibungen gewähren Zertifikate jedoch keine feste Verzinsung, sondern die Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg eines Börsengeschäfts. Zertifikate können daher völlig unterschiedliche Ertragschancen und Verlustrisiken beinhalten.
Aufgrund ihrer Rechtsnatur als Schuldverschreibung besteht bei Zertifikaten das Risiko, dass bei Zahlungsunfähigkeit des Emittenten ein Totalverlust des investierten Kapitals eintritt. Die in Fonds angelegten Gelder sind hingegen durch ihren rechtlichen Status als Sondervermögen bei der Insolvenz der Fondsgesellschaft geschützt. Bei Spareinlagen besteht durch den Einlagensicherungsfonds ebenfalls ein weitreichender Schutz bei Zahlungsunfähigkeit der Bank. Investoren, die ihr Geld in Zertifikaten anlegen, genießen diesen Schutz nicht. Zwar werden die meisten Zertifikate von finanziell soliden Banken ausgegeben, wodurch ein Totalverlust durch Zahlungsunfähigkeit des Emittenten sehr unwahrscheinlich ist. Dennoch sollte sich jeder Anleger dieses Risikos bewusst sein. So sind beispielsweise nach der Insolvenz von Lehman Brothers im September 2008 die von dieser Bank ausgegebenen Zertifikate vom Handel zunächst ausgesetzt worden; über eine evt. Rückzahlungsquote ist derzeit (Stand September 2008) keine Information vorhanden. Es muss aber mit einem Totalausfall für die Investoren gerechnet werden.[1]
Wie bei allen anderen Anlageprodukten auch gibt es bei Zertifikaten Kosten, die letztlich vom Anleger getragen werden. Die Höhe der Kosten erschließt sich dem Anleger oft nicht unmittelbar. Anders als bei Investmentfonds gibt es bei Zertifikaten keine Verpflichtung des Emittenten zum Ausweis der voraussichtlichen oder tatsächlich angefallenen Kosten.
Zertifikate werden in Deutschland an den Börsen Stuttgart (EUWAX), Frankfurt (Scoach), Berlin und Düsseldorf gehandelt. Zunehmend findet der Handel jedoch außerbörslich statt. Zertifikate kennt man in der Schweiz als Strukturierte Produkte. Diese werden dort größtenteils außerbörslich und in kleinerem Anteil an der Börse Zürich gehandelt. In Österreich werden Zertifikate an der Wiener Börse gehandelt, einige Indextitel sind von der Kapitalertragssteuer (KESt) befreit, die steuerliche Behandlung ist jedoch unter anderem vom Emissionszeitpunkt abhängig.
Zertifikate können in zwei Gruppen eingeteilt werden:
Partizipationszertifikate | Zertifikate mit definiertem Rückzahlungsprofil | |
---|---|---|
Funktionsweise | Der Wert des Zertifikats folgt dem Wert des Basiswerts | Das Zertifikat nimmt zur Fälligkeit einen von vorab festgelegten Bedingungen abhängigen Wert an. |
Beispiele | Tracker-, Index-, Themen-, Strategie-, Basket-Zertifikate | Discount-, Bonus-, Outperformance-, Express-Zertifikate, Optionsscheine, Aktienanleihen |
Laufzeit | oft endlos | bei Emission definiert |
Partizipationszertifikate
Partizipationszertifikate eröffnen dem Anleger die Möglichkeit, flexibel und kostengünstig in Basiswerte aller Art zu investieren, ohne den Basiswert selbst an der Börse kaufen zu müssen. Dies ist vor allem dann vorteilhaft, wenn der Basiswert ein Index ist, also aus vielen Einzelwerten besteht, oder wenn es sich um einen exotischen Basiswert handelt, der an einer deutschen Börse nicht gehandelt wird.
Index-Zertifikate
Indexzertifikate haben als Basiswert einen Aktien-, Wertpapier- oder Rohstoff-Index. Indexzertifikate bilden die Entwicklung des zugrunde liegenden Index eins zu eins ab. Sie eignen sich besonders für Privatanleger, die die Anlagestrategie des Index Investing umsetzen möchten. Eine Alternative zu Indexzertifikaten sind Indexfonds, die ebenfalls einen Index abbilden. Indexzertifikate verursachen im Vergleich zu Indexfonds meist geringere Kosten, sind aber mit dem oben erläuterten Emittentenrisiko behaftet. Liegt dem Zertifikat ein Aktienindex zugrunde, ist zu beachten, ob sich das Zertifikat auf einen Performanceindex oder einen Kursindex bezieht. Bei einem Performanceindex werden die Dividendenzahlungen mit einbezogen, bei einem Kursindex hingegen nicht – dieser Unterschied kann im Einzelfall einen Renditeunterschied um mehrere Prozent pro Jahr ausmachen. Die Investition in Performanceindices ist für den Anleger daher in jedem Fall vorteilhafter. Bei Indizes, die nicht in Lokalwährung notieren, besteht zusätzlich ein Währungsrisiko. Dieses kann aber mit so genannten Quanto-Index-Zertifikaten ausgeschlossen werden.
Basket-Zertifikate
Basketzertifikate bilden einen Korb von Aktien oder auch anderen Anlageprodukten ab und sind eine Abwandlung der Indexzertifikate. Die Zertifikate unterscheiden sich hinsichtlich der Ausschüttung von Dividenden, dem Mechanismus der Pflege der Korb-Zusammensetzung und der hierfür erhobenen Managementgebühr. Eine Variante der Basketzertifikate sind REIT-Zertifikate, die die Kursentwicklung einer börsennotierten Immobilien-Aktiengesellschaft (Real Estate Investment Trust, REIT) oder eines Immobilienindex abbilden.
Tracker-Zertifikate
Trackerzertifikate bilden die Kursentwicklung eines Basiswerts ab. Es werden aber keine Dividenden ausgezahlt; zukünftige Dividendenzahlungen werden statt dessen diskontiert und damit bereits vorab im Kurswert berücksichtigt. Dividendeneinkünfte werden somit in Kurssteigerungen umgewandelt. Bis zur Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 konnte bei Werten, die eine üppige Sonderdividende ausschütten, ein Trackerzertifikat vorteilhaft sein.
Exchange Traded Commodities
Zertifikate auf die Anlageklasse Rohstoffe werden unter dem Namen Exchange Traded Commodities angeboten.
Discount-Zertifikate
Die grundlegende Idee des Discountzertifikats ist die Risikobegrenzung im Vergleich zum direkten Kauf des Basiswerts. Im Gegenzug ist allerdings auch die erzielbare Rendite mit einem produktspezifischen Höchstwert (Cap) gedeckelt.
Bonus-Zertifikate
Bonuszertifikate nutzen Dividendenausschüttungen für eine Absicherung des Investments gegen Kursrückgänge. Sie nehmen unbegrenzt an der Kursentwicklung des Basiswerts teil und bilden den Kursverlauf des Basiswerts deshalb bereits während der Laufzeit weitgehend ab. Notiert der Basiswert zur Fälligkeit unterhalb des Bonuslevels, aber oberhalb der Barriere, so erhält der Anleger den Bonuslevel ausgezahlt. Fällt der Basiswert während der Laufzeit unter die Barriere, so wird der Bonusmechanismus außer Kraft gesetzt. Das Bonus-Zertifikat mutiert dann zu einem nicht dividendenberechtigten Tracker-Zertifikat.
Folgende Anlagestrategien sind üblich
Erwartungshaltung | Lage des Bonuslevels | Anlagephilosophie |
---|---|---|
Stagnierende Kurse | weit oberhalb des aktuellen Kursniveaus | Anstatt Dividendenzahlungen zu vereinnahmen wird eine hohe Bonusrendite erzielt. |
volatil moderat steigende Kurse | oberhalb des aktuellen Kursniveaus | Es wird eine minimale Verzinsung des Kapitals in Höhe der Bonusrendite garantiert. |
volatil stark steigende Kurse | unterhalb oder am aktuellen Kursniveau | Der Sicherheitsaspekt steht im Vordergrund. So wird eine risikoarme Anlage in hochspekulative Werte (zum Beispiel Emerging-Markets oder Rohstoffe) möglich. |
Bonus-Zertifikate werden vom Emittenten wahlweise folgendermaßen gebildet:
- Es wird der Basiswert in Form eines Zero-Calls und gleichzeitig eine so genannte Down-and-Out-Put-Option mit Basispreis = Bonusgrenze und Barriere = Kursgrenze gekauft.
- Es werden insgesamt vier Finanzgeschäfte getätigt:
- Kauf einer Call-Option mit Ausübungspreis oberhalb des Bonuslevels
- Verkauf einer Call-Option mit Ausübungspreis knapp unterhalb des Bonuslevels
- Verkauf einer Put-Option mit Ausübungspreis in Höhe der Barriere
- Kauf eines Zero-Bonds mit dem verbleibenden Geld
Hebel-Zertifikate (auch: Turbo- oder Knock-out-Zertifikate, Mini-Futures)
Hebelzertifikate sind Investments in einen Basiswert unter Einbeziehung eines Wertpapierkredits. Mit Hebelzertifikaten kann somit ein Engagement (englisch: Exposure) auf einem Basiswert zu einem niedrigen Einsatz gekauft werden. Durch den Hebel partizipiert ein Hebelzertifikat hierbei stärker von Kursschwankungen als der darunterliegende Basiswert.
Der Wert eines Hebel-Zertifikats berechnet sich aus dem Kurs eines Basiswerts und einem für das Zertifikat festgelegten Strike-Kurs: Wert = Kurs - Strike. Es existiert hierbei eine Knock-out-Grenze (Kurs = Strike), bei dem das Hebelzertifikat wertlos wird. Es existieren generell zwei Typen von Hebel-Zertifikaten:
- Partizipation an steigenden Kursen, diese werden auch als Bull-, Long-Zertifikate oder Wave-Calls bezeichnet.
- Partizipation an fallende Kursen, diese werden auch als Bear-, Short-Zertifikate oder Wave-Puts bezeichnet.
Die Funktionsweise eines Hebelzertifikates soll hier in einem Beispiel erklärt werden:
Wenn der DAX beispielsweise bei 4000 Punkten steht, würde ein Hebel-Zertifikat mit einem Finanzierungsniveau (auch Strike genannt) von 3000 Punkten in diesem Fall 1000 € kosten. Es gilt allerdings noch das Bezugsverhältnis zu beachten, beim DAX ist dies in der Regel 1:100 (0,01). Da die Bank noch ein Aufgeld (bzw. Abgeld bei Bärzertifikaten) berechnet, muss dieses auch berücksichtigt werden, in diesem Beispiel gehen wir einfach von einem Aufgeld von 10 € aus:
Für Long-Werte gilt hierbei die folgende Formel:
- ((Basispreis+Aufgeld) − Strike) x Bezugsverhältnis = Preis Hebelprodukt
- ((4000 + 10) − 3000) × 0,01 € = 10,10 €
Sollte der DAX auf 4500 Punkte steigen, würde der Wert auf 15 € steigen:
- ((4500 + 10) − 3000) × 0,01 € = 15,10 €
Fällt der DAX unter das Finanzierungslevel (in diesem Beispiel 3000 Punkte), wird das Zertifikat ungültig und die eingesetzte Summe (inklusive des Aufgelds) geht verloren.
Durch das Finanzierungslevel steigt für den Anleger die Möglichkeit, stärker von den Kursschwankungen zu profitieren, als wenn er Index-Zertifikate kaufen würde. Im vorangegangen Beispiel wäre der DAX von 4000 auf 4500 Punkte gestiegen, das wären 12,5 %. Das Hebel-Zertifikat ist aber von 10,10 € auf 15,10 € gestiegen, das sind 49,5 %.
Dieser höhere Prozentsatz ergibt sich durch den sogenannten Hebel. Der Hebel berechnet sich folgendermaßen:
- (Basispreis ÷ Preis des Zertifikats) × Bezugsverhältnis = Hebel
- (4000 € ÷ 10,10 €) × 0,01 = 3,96
Daher ergibt sich bei einer Preissteigerung von 12,5 % der Prozentsatz folgendermaßen:
Prozentsatz Basispreis x Hebel = Prozentsatz Hebelprodukt
- 12,5 % × 3,96 = 49,5 %
Bei Short-Zertifikaten wird der Basispreis folgendermaßen berechnet:
- (Strike − (Basispreis+Abgeld)) × Bezugsverhältnis = Preis Hebelprodukt
Dadurch ergeben sich steigende Kurse des Zertifikates bei fallenden Preisen.
Bei verschiedenen Emittenten gibt es neben der Knock-out-Schwelle zusätzlich noch einen Stop-Loss-Kurs, bei dessen Erreichen der Restwert des Zertifikates ausgezahlt wird. Grund hierfür ist eine andere Konstruktionsweise des Hebel-Zertifikates durch den Emittenten, die als zusätzliche Absicherung beschrieben wird. Der Anleger bekommt hierbei sozusagen einen Teil seines gezahlten Aufgelds vom Emittenten zurück, bezahlt dies allerdings auch durch ein höheres Aufgeld beim Kauf dieses Zertifikates.
Eine besondere Variante des Turbo Zertifikats ist der Long Rolling Turbo bzw. Short Rolling Turbo. Ein Rolling Turbo ist ebenso wie ein normaler Turbo ein (zum Beispiel mit dem Faktor 10) gehebeltes Anlagezertifikat. Das heißt, eine Veränderung des Basiswertes (in der Regel ein Aktienindex) von 1 Prozent bewirkt eine Wertänderung des Rolling Turbos von 10 Prozent. Mit einem Long Rolling Turbo setzt ein Investor auf einen Anstieg des Basiswertes, mit einem Short Rolling Turbo auf ein Sinken des Basiswertes.
Die Besonderheit der Rolling Turbo Zertifikate ist der konstante Hebel. Durch das tägliche Schwanken der Aktienkurse und die Verrechnung von Finanzierungskosten durch den Emittenten, verändert sich bei einem normalen Turbo der Hebel. Dies bewirkt bei einem Anstieg des Basiswertes eine Verwässerung des Hebels von Long Turbos und beim Sinken des Basiswertes eine Verwässerung des Hebels von Short Turbos. Das heißt, der Anleger partizipert nur zu Anfang tatsächlich mit dem ursprünglichen Hebel (zum Beispiel mit dem Zehnfachen) an Veränderungen des Basiswertes. Steigt der Basiswert wird der Hebel der Long Turbos immer kleiner. Bei sinkenden Kursen des Basiswertes wird hingegen der Hebel des Short Turbos immer geringer.
Dieser Effekt der Hebelveränderung wird bei einem Long Rolling Turbo durch börsentägliche Anpassung des Finanzierungslevels in Abhängigkeit vom aktuellen Kurs des Basiswertes ausgeglichen, so dass ein konstanter Hebel (von zum Beispiel 10) für das Zertifikat gewährleistet wird. Dadurch kombiniert der Long Rolling Turbo die Einfachheit von Indexzertifikaten, die stets eins zu eins mit dem Index mitschwanken, mit der Hebelwirkung von Turbo Zertifikaten.
Hebel-Zertifikate unterscheiden sich von Optionsscheinen dadurch, dass wenig Zeitwertverlust entsteht und auch zwischenzeitliche Wertschwankungen (Volatilität) des Basiswertes keine Rolle spielen. Die Zinsverluste, die der Emittent durch die Herausgabe des Zertifikates erleidet, werden durch Absenkung des Auf-/Abgelds des Zertifikates während der Laufzeit kompensiert.
Hebel-Zertifikate ohne Laufzeit werden immer mit Stopp-Loss-Kurs angeboten, da durch das höhere Auf-/Abgeld der Zinsverlust für einen längen Zeitraum kompensiert werden kann.
Das Risiko bei Hebel-Zertifikaten ist sehr hoch, da bei Über- bzw. Unterschreiten des Strikes das Zertifikat wertlos verfällt.
Bandbreiten-Zertifikate (Sprint-Zertifikate)
Die Idee des Produktes besteht darin, innerhalb einer Kursspanne gehebelt an der Veränderung des Basiswerts zu profitieren. Nach unten ist das Risiko (im Gegensatz zum Hebel-Zertifikat) dagegen gleich dem des Basiswertes. An Kurssteigerungen über dem Höchstbetrag (Cap) ist der Anleger nicht mehr beteiligt.
Allgemeine Bezeichnung | Sprint-Zertifikat |
Goldman Sachs | Impact-Zertifikat |
Deutsche Bank | Double-Chance-Zertifikat |
Die Kursentwicklung während der Laufzeit ist aufgrund der Konstruktion mit Optionen wenig mit der Entwicklung des Basiswerts korreliert. Auch können während der Laufzeit erzielte Gewinne verloren gehen, wenn der Kurs des Basiswerts nach einem Anstieg wieder fallen sollte. Durch den Verzicht auf digitale Optionen verliert das Zertifikat niemals seine Eigenschaften. Identisch ausgestattete Zertifikate werden von unterschiedlichen Emittenten während der Laufzeit unterschiedlich bepreist.
Drei mögliche Fälle können zum Laufzeitende eintreten:
- Der Kurs des Basiswerts ist innerhalb dieser Bandbreite: der Käufer erhält den gehebelten Kurswert.
- Der Kurs des Basiswerts ist unterhalb des Anfangsbetrags: der Käufer erhält den entsprechend verminderten Wert.
- Der Kurs des Basiswerts ist oberhalb des Cap: der Käufer erhält den Betrag des Caps und die Differenz zwischen Anfangsbetrag und Cap (er profitiert also nicht von der weiteren Kurssteigerung oberhalb des Caps).
Die Zertifikate können mittels folgender Investments nachgebaut werden: Man erwirbt den Basiswert und eine darauf lautende Call-Option (in Höhe des Anfangsbetrags). Gleichzeitig verkauft man zwei Call-Optionen in Höhe des Caps.
Bandbreiten-Zertifikate können sowohl zur Spekulation (mit der Chance auf eine gehebelte Preisentwicklung) als auch als Alternative zu einem Discount-Zertifikat eingesetzt werden. Für den ersten Zweck wählt man einen Schein aus dem Geld, für den zweiten einen Schein im Geld. Im letzten Fall profitiert der Anleger von der Entwicklung des Zeitwerts der Optionsstrategie. Solange der Kurs des Basiswerts oberhalb des Caps verweilt, ist die Kursentwicklung des Zertifikats kaum noch von der Entwicklung des Basiswerts abhängig.
Neben den Bandbreiten-Zertifikaten existiert noch die Familie der sogenannten Korridor-Optionsscheine, die sich von dem hier beschrieben Verfahren total unterscheiden.
Airbag-Zertifikate (auch: R-Bag- oder Protector-Zertifikate)
Bei Airbag-Zertifikaten partizipiert der Anleger vollständig an Kurssteigerungen des Basiswerts. Für den Fall, dass der Kurs des Basiswerts fallen sollte, existiert ein Sicherungspuffer (Airbag), dieser verhindert Verluste. Sollte dieser Puffer vollständig aufgebraucht sein, entstehen für den Anleger anteilig Verluste. Der Kurs des Zertifikates kann allerdings während der Laufzeit des Produktes unter den Kaufpreis fallen, da der Puffer erst zum Ende der Laufzeit seine volle Wirkung erzielt. Die Ursache hierfür ist, dass die Absicherung durch den Verkauf und Kauf von Optionen auf den Basiswert gebildet werden und hierdurch Volatilität und Zinseffekte zu berücksichtigen sind.
Outperformance-Zertifikate
- Hauptartikel: Outperformance-Zertifikat
Bei Outperformance-Zertifikaten profitiert der Anleger von einem Kursanstieg des Basiswerts (Aktie oder Index) über einer festgelegten Schwelle überproportional. Die Hebelwirkung des Zertifikates wird durch die jeweilige Partizipationsquote oder -rate dargestellt. Der Anleger verzichtet auf eine etwaige Dividende.
Komponenten: Eine Call-Option mit Basispreis Null und eine weitere Call-Option mit Basispreis in Höhe der Schwelle.
Beispiel: Wir betrachten ein Zertifikat auf den Basiswert Xy AG. Bei der Ausgabe wurde eine Schwelle von 100 Euro und eine Partizipationsrate von 150 % festgelegt. Notiert die Aktie der Xy AG am Ende der Laufzeit bei 80 Euro, so erhält der Anleger genau diesen Betrag ausgezahlt. Ist die Aktie hingegen auf 126 Euro gestiegen, erhält der Anleger 139 Euro (100 + 26 * 150 %).
Garantie-Zertifikate (auch: Kapitalschutz-Zertifikate)
Der Emittent garantiert, dass der Käufer mindestens einen von vorneherein garantierten Betrag am Laufzeitende zurück erhält (in der Regel ist dies der Nennwert des Zertifikats).
Bei entsprechender Börsenlage erhofft sich der Anleger jedoch deutlich mehr als den "garantierten Betrag" zu erhalten.
Erfolgt ein Bezug oberhalb dieses "garantierten Betrages", beispielsweise weil Gebühren erhoben wurden oder der Kaufpreis dieses Zertifikats mittlerweile über den Garantiebetrag liegt, trägt der Käufer für diese Preisdifferenz ein Verlustrisiko. Der Kurs des Zertifikates kann während der Laufzeit unter den Ausgabekurs fallen - aber auch darüber hinaus steigen. Die garantierte Rückzahlung greift nur zur Fälligkeit des Zertifikats.
Der Sinn solcher Zertifikate liegt darin, "an der Börse spekulieren zu können" - aber selbst bei einer "Fehleinschätzung" - (einem Börsencrash) zumindest zum Ende der Laufzeit hin "sein Geld wieder zu haben" - ohne oder nur mit begrenztem Verlust.
Garantiezertifikate werden aber kräftige Kursanstiege an der Börse auch nur "mit angezogener Handbremse" mitmachen, da der Emittent einen Teil der Gewinne "in die eigene Tasche steckt", um damit ggf. bei einer ungünstigen Börsenlage (zum Ende der Laufzeit hin) mindestens den Garantiebetrag leisten zu können. Oftmals werden Dividendenzahlungen dazu verwendet.
(Ein "richtiger" Aktionär erhält Dividenden. Bei diesen Zertifikaten zieht i.d.R. der Emittent die Dividenden für sich ein, um später die Garantiezahlung leisten zu können. Wenn die Dividendenzahlungen dafür nicht ausreichten, hat der Emittent einen Verlust; steigen die betreffenden Aktien dagegen, hat der Emittent die Dividenden kassiert, aber dem Anleger "nützt" die Garantie nichts, da die Aktien sowieso den Wert des Zertifikats über den Garantiebetrag gebracht haben. In diesem Falle hat der Emittent ein gutes Geschäft gemacht - er hat die Dividenden "für nichts und wieder nichts" einkassiert.)
Bei Insolvenz des Emittenten, welcher ein solches Garantiezertifikat ausgibt, ist diese "Garantie" natürlich nur Makulatur (z. B. Lehmann-Zertifikate).
Siehe auch: Garantiefonds
Alpha-Zertifikate
Alpha-Zertifikate (α-Zertifikate) sind Zertifikate, die den Unterscheid zwischen zwei Basiswerten abbilden. Die Basiswerte können dabei Aktien, Indices, Rohstoffe, Devisen, Immobilien usw. sein.
Da Alpha-Zertifikate nicht die absolute Entwicklung eines Wertes abbilden, sondern nur den Unterschied zu einem anderen, werden sie auch marktneutral bezeichnet. Alphazertifikate können auch dann zulegen, falls beide zu Grunde liegenden Basiswerte absolut fallen. Dieses Verhalten kann insbesondere bei fallenden Märkten von Vorteil sein.
Sport-Zertifikate
Bei Sportzertifikaten bezieht sich der Emittent auf organisierte Sportspiele und begibt Zertifikate darauf. Die Zertifikate werden in Form von nennwertlosen, auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen ausgegeben.
Die Zertifikatsinhaber haben das Recht, von der Emittentin am Zahltag die Zahlung des Einlösungsbetrages oder des vorzeitigen Einlösungsbetrages zu verlangen. In der Regel werden Auszahlungen auf Meisterschaften oder Platzierungen garantiert. Bisher wurden Zertifikate auf die Formel 1, die Bundesliga und die Champions League begeben.
Sport-Zertifikate sind Graumarkt-Produkte. Sie sind nicht mit den börsennotierten, von seriösen Banken emittierten Zertifikaten vergleichbar und werden hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt.
Zertifikateindizes
Seit 2008 existiert von der Zertifikatebörse Scoach (Dt. Börse) ein Benchmark zur Vergleichbarkeit von Zertifikaten mit anderen Anlageklassen [2]. Dieser bildet die durchschnittliche Weiterentwicklung der wichtigsten Zertifikate-Kategorien für Deutschland ab.
Es gibt insgesamt vier Indizes: Discount-Index, Outperformance-Index, Bonus-Index, Ganrantie-Index. Im Jahre 2009 wurde ebenfalls ein Benchmark für Aktienanleihen geschaffen.
Der Startwert und Startzeitpunkt aller vier Indizes ist jeweils 1.000 Punkte am 2. Januar 2006 (beim Anleiheindex der 2. Januar 2009). Basis der Berechnungen sind jeweils Zertifikate auf Aktien.
Besteuerung von Zertifikaten in Deutschland
Erträge aus der Geldanlage in Zertifikaten sind für Privatanleger mit Wohnsitz in Deutschland steuerpflichtig. Entscheidend für die Art und Höhe der Steuerpflicht ist insbesondere der Kauftermin.
- Erträge aus Zertifikaten, die ab dem 1. Januar 2009 gekauft wurden, sind unabhängig von der Anlagedauer steuerpflichtig und unterliegen der Abgeltungssteuer. Die depotführende Bank führt von den Erträgen 25 % zuzüglich 1,375 % Solidaritätszuschlag an das Finanzamt ab (bei Kirchenmitgliedern erhöht sich die Steuerzahlung noch um die Kirchensteuer). Die Steuerschuld des Anlegers ist damit – ungeachtet seiner sonstigen Einkommensverhältnisse – abgegolten. Unterliegt der Anleger einen persönlichen Steuersatz, der niedriger ist als jener der Abgeltungssteuer, kann er die Erträge freiwillig in seiner Einkommensteuererklärung angeben. Die Erträge werden dann mit dem niedrigeren persönlichen Steuersatz besteuert.
- Erträge aus Zertifikaten, die vor dem 14. März 2007 gekauft wurden, sind steuerfrei, sofern zwischen Kauf und Verkauf mindestens ein Jahr liegt. Bei einer kürzeren Haltedauer ist der Ertrag mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Eine Ausnahme bilden Zertifikate, die von der Finanzverwaltung als Finanzinnovation eingestuft wurden. Erträge aus solchen Zertifikaten sind unabhängig von ihrer Haltedauer immer mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern.
- Bei Erträgen aus Zertifikaten, die nach dem 14. März 2007 und vor dem 1. Januar 2009 gekauft wurden, sind steuerlich unterschiedliche Fälle möglich:[3]
- Das Zertifikat gilt als Finanzinnovation – Erträge sind abgeltungssteuerpflichtig
- Das Zertifikat gilt nicht als Finanzinnovation und wurde kürzer als ein Jahr gehalten – Erträge sind abgeltungssteuerpflichtig
- Das Zertifikat gilt nicht als Finanzinnovation, wurde länger als ein Jahr gehalten und nach dem 30. Juni 2009 verkauft – Erträge sind abgeltungssteuerpflichtig
- Das Zertifikat gilt nicht als Finanzinnovation, wurde länger als ein Jahr gehalten und vor dem 30. Juni 2009 verkauft- Erträge sind nicht steuerbar.
Einzelnachweise
- ↑ Artikel in FTD vom 16. September 2008
- ↑ Zertifikate-Indizes von Scoach
- ↑ Bernd Grimm, Dieter Weber: Der Steuerberater. Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag, ISBN 978-3-922146-35-3, S. 5b30(4).