Oswalt Kolle (* 2. Oktober 1928 in Kiel) ist ein deutscher Journalist, Autor und Filmproduzent, der insbesondere im deutschsprachigen Raum durch seine Filme über die sexuelle Aufklärung bekannt wurde.
Leben
Oswalt Kolle ist ein Sohn des renommierten Psychiaters Kurt Kolle. Nach dem Zweiten Weltkrieg absolvierte er eine Ausbildung in der Landwirtschaft, änderte aber dann jedoch die Richtung und kam aus Persönlichen Umständen zum Journalismus.Dies geschah alles gegen den Wunsch des Vaters, der vorgesehen hatte, dass sein Sohn ebenfalls Mediziner wird. Seine schreibende Tätigkeit begann er als Volontär bei der Frankfurter Neuen Presse. Im Jahr 1951 wurde er Lokalchef der Frankfurter Nachtausgabe, 1957 (laut Artikeln des WDR und des Goethe-Instituts, in einem Interview mit der Zeitung Die Welt wird allerdings 1955 genannt) nach einiger Zeit wurde er dann stellvertretender Chefredakteur der Star Revue.
Im Jahr 1948 hatte Er den ersten Kinsey-Report "Sexualität des Mannes" in Teilen für seinen Vater übersetzt. Der Forscher Alfred Kinsey hatte zwischen 1938-1958 zehntausende Interviews geführt und damit erstmals die Vorlieben und sexuellen Veranlagungen der Menschen wissenschaftlich erfasst und niedergeschrieben. Über ihn lässt sich zusammenfassend sagen, dass seine Reporte mit dem Bild der "normalen Heterosexualität" in der Missionarsstellung aufräumten. Beim Übersetzen hatte Kolle diesen sogenannten "Kinsey-Effekt" verspürt, - der übrigens später als "Kolle-Effekt" bezeichnet wurde. Er habe nämlich bemerkt, dass ich nicht alleine mit meiner Bisexualität und mit seinen sexuellen Phantasien ist. Dies war ein Auslöser für die Idee, die Menschen mit seinen Texten von ihrer verklemmten Sexualität zu befreien. Aber insgesamt hatte er das Glück, dass er, genauso auch wie seine Frau, in einem außerordentlich liberalen Elternhaus aufgewachsen ist. Er war geprägt von der psychiatrischen Praxis seines Vaters und der Schule der Sexologie in den 20er Jahren. Er wusste zudem sehr viel über Homosexualität von seinem schwulen Onkel Helmut Kolle, dem Maler. Das war für ihn alles eher normal. Trotz all viel es ihm schwer, über das Thema zu schreiben. Das erste Mal versuchte er es 1957 für die Berliner Zeitung BZ. Er hatte eine Serie über ein junges Paar geschrieben, das sich damit trägt, vor der Ehe Sex zu haben sollen, - oder eben nicht. Das Paar war erdichtet, aber ihm standen viele andere reale Paare Pate, die das gleiche Problem hatten. Diese Serie war für ihn wichtig, weil er sich hier erstmals traute, das heiße Eisen anzufassen, sie erregte aber noch kein großes Aufsehen.
Der Drang, das Thema weiter zu verfolgen, verstärkte sich jedoch noch. Ein Auslöser dafür war eine Weltreise, die Oswalt Kolle im Jahr 1958 für die Quick unternahm. Er sollte unter dem Motto Alle Liebe dieser Welt über die Liebe und über Paare in anderen Ländern berichten. Dazu hatte er weltweit Ärzte und Menschen nach ihrer Moral befragt. Zudem haben die vielen Gespräche in ihm den Drang verstärkt, den Menschen mitzuteilen, dass die Sexualmoral in Deutschland verklemmt und unnatürlich sei.
In den 1960er und 1970er Jahren war Kolle maßgeblich an der Popularisierung der sexuellen Aufklärung beteiligt. Er war Verfasser zahlreicher Artikel, Bücher und sonstiger Publikationen über Sexualität. Dein Kind, das unbekannte Wesen war Kolles erstes erfolgreiches Buch. Seine wichtigsten Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt und waren auch international erfolgreich. Zudem arbeitete er zu dieser Zeit eng mit Josef von Ferenczy zusammen und wurde für ihn als Autor tätig.[1]
Zwischen 1968 und 1972 war Kolle einer der bekanntesten Autoren im Bereich Aufklärungsfilme. Häufig kam es zu Vorwürfen, das Kolle gegen Sitte und Moral zu Verstoße. Trotz heftiger Kritik sorgte er mit seinen Filmen für gefüllte Kinosäle. Weltweit sahen 140 Millionen Zuschauer die Filme. Mit seiner Liebesschule schuf er sogar eine Fernsehserie zur sexuellen Aufklärung.
1996 nahm Kolle – der sich offen zu seiner Bisexualität bekennt – am 4. Internationalen bisexuellen Symposium (IBIS) in Berlin teil. Die Veranstaltung hatte das Motto „The many faces of bisexuality – Vielfalt bisexueller Beziehungen“. Andere Teilnehmer waren u. a. Fritz Klein und Erwin J. Haeberle. Im Jahr 2000 wurde er von der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS) mit der Magnus-Hirschfeld-Medaille für Sexualreform geehrt.
Kolle lebt seit 1969 in Amsterdam. Mit seiner Frau Marlies († 2000), mit der er seit 1953 verheiratet war, hat er drei Kinder. Seine neue Lebensgefährtin ist die Niederländerin Jose del Ferro.
Er ist auch mit achtzig Jahren weiterhin als Publizist tätig. Themen, die er heute behandelt, sind unter anderem aktuelle politische Ereignisse und die Sexualität im Alter.
Am 1. September 2008 erschien die Autobiographie von Oswalt Kolle im Rowohlt Verlag, unter dem Titel Ich bin so frei.
Filmografie
Oswalt Kolle war Drehbuchautor von folgenden Dokumentarfilmen.
- Oswalt Kolle: Das Wunder der Liebe (1968)
- Oswalt Kolle: Das Wunder der Liebe II – Sexuelle Partnerschaft (1968)
- Oswalt Kolle: Deine Frau, das unbekannte Wesen (1969)
- Oswalt Kolle – Zum Beispiel: Ehebruch (1969), auch Regisseur
- Oswalt Kolle: Dein Mann, das unbekannte Wesen (1970)
- Oswalt Kolle: Dein Kind, das unbekannte Wesen (1970)
- Oswalt Kolle: Was ist eigentlich Pornografie? (1971), auch Regisseur
- Oswalt Kolle: Liebe als Gesellschaftsspiel (1972)
- Oswalt Kolle: Sexreport 2008 – So lieben die Deutschen (2008) (gesendet von ProSieben)
Filmdokumentation
- Oswalt Kolle – Sex für Deutschland. Filmporträt zum 80. Geburtstag von Lutz G. Wetzel. Fernsehdokumentation, Deutschland 2008 (NDR), 43 Minuten
Einzelnachweise
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Webpräsenz von Oswalt Kolle
- Vorlage:PND
- Vorlage:IMDb Name
- Oswalt Kolle im Gespräch auf BR-Alpha mit Jochen Kölsch
- WDR – west.art am Sonntag, Gäste
- Goethe-Institut, Deutsches Filmfestival Israel, Gäste
- [1] Interview in Die Welt
- Interview auf Planet Interview vom 8. Oktober 2008: „Bei Pornos gibt es einigen riesigen Aufklärungsbedarf“
- Interview auf Spiegel Online vom 3. April 2009: "Alte Menschen wollen nicht nur vanilleschaumartigen Klöppelsex!"
Personendaten | |
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NAME | Kolle, Oswalt |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Journalist, Autor und Filmproduzent |
GEBURTSDATUM | 2. Oktober 1928 |
GEBURTSORT | Kiel |