ClimatePrediction.net

Volunteer-Computing-Projekt für Klimamodelle
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ClimatePrediction.net (CPDN) ist ein Distributed Computing-Projekt der Universität Oxford, mit dem eine Klimavorhersage für die nächsten 50-100 Jahre erstellt werden soll.

Klimamodelle stellen hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der verwendeten Rechnerhardware und waren traditionell den jeweils schnellsten Supercomputern und Clustern vorbehalten. Der rasante Leistungszuwachs handelsüblicher PC-Hardware macht es möglich, dass solche Modelle heute auch auf vergleichsweise kostengünstigen konventionellen Computern in vertretbarer Zeit ausgeführt werden können. Der ClimatePrediction.net-Client verwendet ungenutzte Rechenkapazität eines Computers, um ein Klimamodell durchzurechnen.

CPDN-BOINC-Client im grafischen Modus

Projektziele

Neben dem direkten Ziel, durch eine große Zahl von Simulationen vorherzusagen, wie sich das Weltklima in den nächsten 50-100 Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach entwickeln wird, möchte ClimatePrediction.net auch einen Beitrag zur Verbesserung der verwendeten Klimamodelle leisten. In den Vorhersagen eines Klimamodells gibt es große Unsicherheiten, die sich einerseits daraus ergeben, dass noch immer nicht alle Zusammenhänge und Wechselwirkungen im Klima bekannt sind, und andererseits auf Grund der Werte der verwendeten Parameter zustande kommen. Von vielen physikalischen Werten ist bekannt, dass sie signifikante Auswirkungen auf das Klima haben. Welcher Wertebereich allerdings möglich und sinnvoll ist, kann nur durch Beobachtungen und eine große Anzahl von Tests herausgefunden werden. Hier setzt ClimatePrediction.net an. Die am Projekt teilnehmenden Computer rechnen jeweils mit leicht unterschiedlich parametrierten Klimamodellen und kommen folglich zu unterschiedlichen Ergebnissen. Fachleute nennen diesen Ansatz eine Monte-Carlo-Simulation.

Geschichte

ClimatePrediction.net geht auf einen Kommentar von Myles Allen mit dem Titel "Do-it-yourself climate prediction" zurück, der 1999 in Nature erschien. ([1]). Er zeigte die Möglichkeit auf, moderne Klimamodelle wie HadCM3 auf halbwegs modernen Heimcomputern laufen zu lassen, um den Parameterraum einengen zu können. Damals war SETI@home, eines der ersten Distributed-Computing-Projekte, gerade in aller Munde. Irgendjemand würde seinen Enkelkindern später erzählen können, dass er es war, der auf einem 1650-Dollar-PC die genaueste Vorhersage über die globale mittlere Temperatur des Jahres 2050 errechnet habe.

Bis zum Jahr 2000 hatten sich die Projektpartner gefunden, darunter die Universitäten Reading und Oxford sowie das britische Met Office. Ursprünglich lief das Projekt unter dem Namen Casino-21 und wurde später in ClimatePrediction.net umbenannt. Am 12. September 2003 erfolgte der öffentliche Start mit einem Client für Windows. Am 26. August 2004 wurde das Projekt auf eine neue Infrastruktur basierend auf dem vom SETI@home-Team entwickelten BOINC umgestellt. Gleichzeitig wurden erstmals Clients für Linux und Mac OS veröffentlicht.

Projektverlauf

Innerhalb des ClimatePrediction.net-Projekts werden drei Experimente ausgetragen.

Das erste, gegenwärtig laufende Experiment dient der Eingrenzung des Parameterraums. Hierzu wird das HadSM3-Modell des britischen Hadley-Centers verwendet, das auch für kommerzielle Wettervorhersagen in Großbritannien verwendet wird (dann allerdings mit höherer Auflösung). Dieses Modell ermöglicht eine detaillierte Simulation atmosphärischer Vorgänge, besitzt aber lediglich einen vereinfachten Ozean. Jeder teilnehmende Rechner arbeitet mit diesem Modell nacheinander drei Phasen ab: In der ersten Phase wird das Modell kalibriert. Hauptsächlich geht es dabei darum, einen Hitzefluss-Wert zu berechnen, mit dem der "Dummy-Ozean" auf einer konstanten Temperatur gehalten werden kann. Außerdem soll festgestellt werden, ob die gewählten Parameter überhaupt ein stabiles Klima zulassen. Wenn sich bereits in dieser Phase herausstellen sollte, dass das Klima instabil wird (die Erde also bildlich gesprochen entweder zu einem Eisball wird oder ins Kochen gerät), wird die Simulation an dieser Stelle abgebrochen. Andernfalls werden zwei weitere Phasen durchlaufen, in denen der Ozean seine Temperatur verändern kann, aber der CO2-Gehalt der Atmosphäre konstant gehalten wird. In der zweiten Phase mit einem vorindustriellen CO2-Gehalt sollte die globale mittlere Temperatur idealerweise stabil bleiben. In der dritten Phase wird mit doppeltem CO2-Gehalt gearbeitet. Dabei sollte sich das Klima auf einem neuen stabilen Level einpendeln.

Voraussichtlich im Jahr 2005 wird das zweite Experiment anlaufen. Dabei wird ein neues Klimamodell mit voll simuliertem Ozean verwendet (zunächst HadCM3). Innerhalb dieses Experiments wird das Klima für die Jahre 1950-2000 "vorhergesagt". Für diese Zeit ist anhand von Aufzeichnungen bekannt, wie sich das Klima entwickelte. Es werden nun die Kombinationen aus Startbedingungen und Parametern gesucht, für die die Vorhersage am nächsten an der tatsächlichen Klimaentwicklung lag. Die Modelle werden abhängig von ihren Ergebnissen in ein Ranking eingeteilt.

Das dritte Experiment ist eine tatsächliche Vorhersage für die Jahre 2000-2100. Die Ergebnisse der verschiedenen Modellkombinationen werden anhand des Rankings gewichtet. Das Resultat sollte eine Vorhersage sein, was in den nächsten 100 Jahren nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit mit dem Klima passieren wird.

Erste Ergebnisse

Am 27. Januar veröffentlichte das CPDN-Team erste Ergebnisse im Wissenschaftsmagazin Nature ([2]). Die Resultate von 1148 "stabilen" Simulationen deuten auf eine globable Erwärmung von bestenfalls 2 bis maximal 11,5 K bei Verdoppelung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre. Diese Spannbreite ist wesentlich größer als die 1,4 - 5,8 K, die von den im dritten Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)-Report verwendeten Modellen vorhergesagt wurden. Die Analyse der Ergebnisse deutet darauf hin, dass es sich bei den CPDN-Modellen, die sehr hohe Temperaturänderungen errechnet haben, nicht um unrealistische Ausreißer handelt. Sie zeigen allerdings auf, was unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Dass das Klima weit empfindlicher reagiert als bisher errechnet, war zwar von verschiedenen Studien für möglich gehalten worden, aber CPDN ist das erste Projekt, bei dem sich diese Möglichkeit tatsächlich an den Ergebnissen des Test-Ensembles zeigt.

Zukünftige Entwicklungen

Für die Zukunft ist geplant, auch andere, nicht vom Hadley-Center stammende Klimamodelle in das Projekt einzubeziehen bzw. die bestehenden Modelle zu verbessern oder mit höherer Auflösung zu betreiben. Von den gegenwärtig auf den Clients liegenden Ergebnisdaten wird derzeit nur ein kleiner Teil tatsächlich wissenschaftlich ausgewertet. Für die Zukunft ist geplant, mit diesen wertvollen Ergebnissen weitere Auswertungen zu fahren, die nicht direkt mit dem ClimatePrediction.net-Projekt zu tun haben.