Das Corps Normannia Berlin ist ein Corps (Studentenverbindung) an der Freien Universität und an der Humboldt-Universität Berlin. Es ist pflichtschlagend und farbentragend. Seine Farben sind dunkelblau-silber-schwarz (Fuchsenfarben: silber-dunkelblau-silber), die Mützenfarbe dunkelblau. Der Wahlspruch lautet: Durch Kampf zum Sieg - Durch Nacht zum Licht! Normannia ist Mitglied im Berliner SC und im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV).
Couleur
Die Farben des Corps sind blau-silber-schwarz für Burschen und silber-blau-silber für Füchse.
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Geschichte
Gegründet wurde Normannia am 3. Februar 1842 unter der Bezeichnung „Cerevesia“ oder „Weltkneipe“. [1] Im Februar 1845 erklärte diese sich zur Landsmannschaft Normannia. Im Juli 1855 beschloss eine deutliche Mehrheit der Landsmannschaft, künftig als Corps weiterzubestehen. Dieses trat in den Berliner SC und damit in den KSCV ein. Einige Mitglieder der vormaligen Landsmannschaft waren mit dieser Entwicklung nicht einverstanden, schieden aus dem Corps aus und gründeten im Wintersemester 1855/56 eine neue Landsmannschaft gleichen Namens. In der studentischen Öffentlichkeit war das offenbar weitgehend unbekannt. Man sah eine Landsmannschaft vorher und eine Landsmannschaft nachher und ging daher ohne Kenntnis der Hintergründe davon aus, dass es sich um ein und denselben Bund handele, aus dem das neu auf der Bildfläche erschienene Corps ausgeschieden sei. Es gab damals ein Verfahren vor dem Universitätsgericht, in dem das Inventar des Bundes dem Corps als dem rechtmäßigen Nachfolger zugesprochen wurde. Die (neue) Landsmannschaft musste ihren Zirkel u.a. durch Beifügung eines Querstrichs abändern und von dem beibehalteten des Corps unterscheidbar machen. In der Folge gab es zwischen beiden Bündern, von denen in Verkennung der geschilderten Umstände die Landsmannschaft umgangssprachlich als „Palaio-Normannia“ (= Alte Normannia) bezeichnet zu werden pflegte, heftige Rivalitäten. Mensuren zwischen beiden Bündern sollen die blutigsten im SC gewesen sein.[2] Die neben dem Corps verbliebene Landsmannschaft Normannia wurde 1924 zur Berliner Burschenschaft Normannia.
1925 war Normannia präsidierendes Vorortcorps im KSCV und stellte mit Conrad Stolte den Kösener Vorortsprecher.
Am 1. März 1930 nahm eine Abordnung des Corps zusammen mit der des Corps Alemannia an der Beerdigung des ermordeten SA-Führers Horst Wessel teil,[3] ebenso an Adolf Hitlers Gedenkfeier für Wessel am 22. Januar 1933.[4] Wessel war Mitglied beider Corps.[5] Im Dritten Reich musste das Corps 1935[6] als „Kameradschaft“ weitergeführt werden [7] und benannte sich „aus naheliegenden Gründen“ nach seinem Ex-Mitglied Horst Wessel.[8]
1945 blieb Normannia wie alle anderen Corps durch einen Kontrollratsbeschluss der Besatzungsmächte verboten. Erst 1950 kam es in Hamburg zur Rekonstitutierung. 1953 verlegte das Corps seinen Sitz wieder nach Berlin.[9]
Auswärtige Beziehungen
Normannia gehört dem schwarzen Kreis im KSCV an. Offizielle Beziehungen bestehen zu den Corps Borussia Greifswald, Nassovia Würzburg, Saxonia Kiel, Rhenania Bonn, Baruthia Erlangen, Silesia Breslau zu Frankfurt (Oder), Borussia Halle, Suevia München, Suevia Straßburg zu Marburg, Thuringia Leipzig, Corps Alemannia Wien, Montania Leoben, Vandalia Graz, Gothia Innsbruck, Hassia-Gießen zu Mainz und Saxonia Konstanz.
Bekannte Mitglieder (Auswahl)
- Helmut Allardt, Botschafter
- Heinrich Erythropel (1865–1940), Mecklenburg-schwerinischer Staatsminister des Innern
- Hanns Heinz Ewers (1871–1943), deutscher Schriftsteller, Filmemacher, Globetrotter und Kabarettist
- Fritz Feinhals (1869–1940), Kgl. Bay. Kammersänger
- Rudolf Focke (1852-1918), Bibliothekar in Posen
- Herbert Gardemin, Orthopäde
- Felix Genzmer (Rechtswissenschaftler) (1878–1959), deutscher Jurist, Rechtshistoriker und Skandinavist
- Friedrich Hielscher (1902–1990), nationalrevolutionärer Publizist und Widerständler im Zweiten Weltkrieg
- Friedrich Krause (1856–1925), Ingenieur, Stadtbaurat und Stadtältester in Berlin
- Lothar Kreuz, Orthopäde
- Günther Lummert (1903-1968), Rechtsanwalt und Strafverteidiger in Köln
- Fritz Mussehl
- Jean Louis Sponsel (1858–1939), Direktor des Kgl. Sächsischen Kupferstichkabinetts, des Grünen Gewölbes, des Historischen Museums und des Münzkabinetts in Dresden
- Hugo von Waldeyer-Hartz († 1942), Marineschriftsteller
- Horst Wessel (1907–1930), SA-Sturmführer und Autor des Textes zum Horst-Wessel-Lied
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Paul Goldschmidt: Zur Geschichte der Landsmannschaft Normannia in Berlin 1842-1902. Berlin, 1902.
- ↑ siehe Dietrich in: Materialien zur Geschichte des Corps Normannia Berlin, Berlin 1992).
- ↑ Erwin Reitmann: Horst Wessel, Leben und Sterben. Berlin 1933, S. 30; Imre Lazar: Der Fall Horst Wessel. Stuttgart 1980, S. 114.
- ↑ Imre Lazar: Der Fall Horst Wessel. Stuttgart 1980, S. 162.
- ↑ Kösener Corps-Listen 1960 Nr. 5/446 (Normannia), Nr. 130/195 (Alemannia), 1996 Nr. 108/713, 4/203
- ↑ vgl. Sven Waskönig: Der Alltag der Berliner Verbindungsstudenten im Dritten Reich am Beispiel der Kösener Corps an der Friedrich-Wilhelms-Universität. In: Christoph Jahr (Hg.): Die Berliner Universität in der NS-Zeit. Bd. 1. Stuttgart 2005, S. 159-178
- ↑ s."Corps im Nationalsozialismus
- ↑ s. Geschichte des KSCV auf fuchsenheft.de.
- ↑ s. s. Zeittafel und Kurze Geschichte Normannias auf fuchsenheft.de.