Bobonaro (Gemeinde)

Gemeinde in Osttimor
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Distrikt von Bobonaro
Lage des Distrikts Bobonaro
Ein Dorf nahe Maliana
Daten
Hauptstadt Maliana
Fläche 1.376 km² (5.)[1]
Einwohnerzahl (2004)[2] 83.034 (4.)
Bevölkerungsdichte 60,7 Einw./km² (7.)
Zahl der Haushalte (2004) 18.397 (4.)
ISO 3166-2: TL-BO
Subdistrikte Einwohner
Atabae 9.609
Balibo 13.540
Bobonaro 22.756
Cailaco 8.374
Lolotoe 6.992
Maliana 21.763
Karte
Übersichtskarte vom Distrikt Bobonaro

Bobonaro (Tetum: Bobonaru) ist ein Distrikt von Osttimor. Er ist nach der ehemaligen Distriktshauptstadt Bobonaro benannt.

Geographie

 
Ortschaften in Bobonaro
 
Grenzposten bei Mota'ain

Bobonaro hat eine Fläche von 1.368 km². Hauptstadt des Distriktes ist das 149 km südwestlich von der Landeshauptstadt Dili gelegene Maliana. Subdistrikte von Bobonaro sind Atabae, Balibo, Bobonaro, Cailaco, Lolotoe und Maliana.

Der Distrikt Bobonaro liegt im äußersten Nordwesten Osttimors an der Sawusee. Von Süd nach Nord durchzieht, aus Westtimor kommend, der Fluss Nunura den Distrikt und mündet schließlich in den Lóis, der im Nordosten die Grenze zum Distrikt Liquiçá und im Osten zum Teil zum Distrikt Ermera bildet. Die Quellflüsse des Nunura, Talau und Malibaka bilden im Westen einen Großteil der Grenze zum indonesischen Westtimor, das zur Provinz Nusa Tenggara Timur gehört. In den Nunura mündet der von Osten kommende Bulobo, wo Maliana, Atabae und Cailaco aufeinander treffen. An einem schmalen Punkt trifft Bobonaro im Osten auch auf den Distrikt Ainaro. Südöstlich liegt der Distrikt Ainaro, Südlich der Distrikt Cova Lima. Nah dem Küstenort Batugade liegt der wichtigste Grenzübergang Mota'ain zwischen Osttimor und Indonesien.

Bobonaro besteht aus drei Ebenen. Die Tieflandebene im Nordwesten besteht aus kargem Land und Reisfeldern und reicht von der Küste bis zum Nunura. Im Westen reicht eine Ebene bis auf 1000 m Höhe. Die Hochlandebene reicht bis 1500 m. Die höchsten Berge des Distrikts sind der Tapo (1934 m), der Leolaco (1929 m), der Foho Cailaco (1916 m), der Leber (1403 m) und der Tulo (1285 m). Bobonaro war früher aufgrund seiner Berge und heißen Quellen ein beliebtes Ausflugsziel, musste aber stark unter der Gewalt im Unabhängigkeitskampf leiden. Neun Prozent der Distriktsfläche sind bewaldet. An der Küste liegt Be Malae-Atabae, eine Important Bird Area, die aus Wald und Feuchtgebieten besteht.

Zwischen Oktober und April fallen in der Regenzeit über 1.000 mm Niederschlag. In Lolotoe fällt mit 2.837 mm die größte jährliche Niederschlagsmenge des Landes. In den sieben Monate der Trockenzeit fällt fast kein Regen.

Einwohner

 
Jungen in Maliana

Im Distrikt leben 83.034 Einwohner (2004). Die Bevölkerungsdichte beträgt 60,7 Einwohner/km². Dabei sind die Subdistrikte Bobonaro und Maliana dichter besiedelt. Die Sucos Holsa und Ritabou sind als „urban“ klassifiziert. Der Altersdurchschnitt liegt zwischen 17,5 in Atabae und 20,0 in Balibo. Hat in Balibo jede Frau durchschnittlich 6,17 Kinder, steigt die Anzahl über 6,60 Kinder in Atabae, 6,46 in Lolotoe, 6,53 in Maliana und 7,19 Kinder in Bobonaro, bis auf 8,32 Kinder pro Frau in Cailaco an (Landesdurchschnitt 6,99). Zwischen 1990 und 2004 wuchs die Zahl der Einwohner jährlich um 0,16 %. Allerdings wandern viele Einwohner in andere Landesteile aus, vor allem in die Landeshauptstadt Dili. Über 8.000 Einwohner Dilis wurden in Bobonaro geboren. Die Kindersterblichkeit lag 2002 in Balibo bei 94 Todesfällen pro 1000 Lebendgeburten (1996: 110), in Maliana bei 106 (121), in Atabae bei 109 (87), in Lolotoe bei 117 (145), in Cailaco bei 118 (109) und in Bobonaro bei 149 (179). Der Landesdurchschnitt betrug 98. Atabae und Cailaco sind damit zwei von 14 Subdistrikten, in denen sie, entgegen den Landestrend anstieg. Bobonaro ist einer der acht Subdistrikte mit der höchsten Kindersterblichkeit des Landes.[1]

Knapp die Hälfte der Bevölkerung spricht als Muttersprache die Nationalsprache Kemak (Mehrheit in den Subdistrikten Atabae, Balibo und Cailaco). 33 % sprechen Bunak (Größte Sprachgruppe in den Subdistrikten Bobonaro, Lolotoe und Maliana), 11,8 % Tetum (Tetum Praca und Tetum Terik), 4,7 % Bekais (Hauptsächlich in Balibo). Berücksichtigt man auch die Zweitsprachen, so sprechen 37,5 % Tetum, 31,0 % Bahasa Indonesia und 10,7 % Portugiesisch. Die Analphabetenrate beträgt 64,1 % (Frauen:68,1 %; Männer: 60,0 %). Nur 6,7 % der über 18jährigen haben die Sekundarschule abgeschlossen (Frauen:4,3 %; Männer: 9,1 %)[1]

Geschichte

siehe auch: Geschichte Osttimors

Kolonialzeit

Vor 400 Jahren bauten die Portugiesen in Balibo eine große Festung zum Schutz ihrer kolonialen Ansprüche auf Timor. Ein weiteres Fort entstand 1655 in Batugade.

Balibo, Cailaco, Cowa und Sanirin waren früher traditionelle Reiche Timors auf dem Gebiet des heutigen Bobonaros, die von Liurais regiert wurden. Sie erscheinen auf einer Liste von Afonso de Castro, einem ehemaligen Gouverneur von Portugiesisch-Timor, der im Jahre 1868 47 Reiche aufführte.[3][4] Das Reich Cowas reichte von der Nordküste bis ins Gebiet des niederländischen Westtimors. Auch das portugiesische Fort in Batugade lag auf dem Gebiet Cowas.[5]

Im 18. Jahrhundert kam es zur Cailaco-Rebellion gegen die Portugiesen. Cailaco galt als Hauptstützpunkt der Rebellen. Die Pedras de Cailaco (Felsen von Cailaco), Klippen, die auf bis zu 2000 m anstiegen und so dem Reich eine natürliche Festung boten, galten als uneinnehmbar. Im Marobotal mit den Flüssen Marobo, Lau-Heli (Lamaquitos) und Lóis lebten 40.000 Menschen relativ isoliert. Am 23. Oktober 1726 versammelte Portugal insgesamt 4.000 Mann am Fuße des Foho Cailaco. Nach 40 Tagen gaben die Portugiesen, auch aufgrund schwerer Regenfälle, die Belagerung im Dezember auf.[5]

1865 vereinigte sich Balibo mit dem Reich von Cowa im Kampf gegen die Portugiesen. 1868 entsandten die Portugiesen eine Streitmacht nach Sanirin, dessen Liurai sich weigerte Steuern zu Zahlen und von Batugade aus begann eine Offensive gegen Cowa und Balibo. Cailaco unterstützte die Kolonialmacht mit eigenen Kriegern. 1871 kapitulierte die Königin von Balibo, Dona Maria Michaelia Doutel da Costa. Balibo wurde zum Vasallen Portugals. Cowa erkannte erst 1881 die Vorherrschaft Portugals an.[5]

Der Herrscher von Atabae rebellierte im Jahr 1893 zusammen mit dem Liurai von Maubara gegen die portugiesischen Kolonialherren. 1912 wurden am Ende der Rebellion von Manufahi, bei der auch Cailaco den aufständischen Liurai Boaventura unterstützte, mehr als 12.000 Männer, Frauen und Kinder von den Kolonialtruppen auf dem Leolaco eingekreist. Beim Ausbruchsversuch wurden etwa 3.000 Menschen getötet. Es war eines der größten Massaker der portugiesischen Kolonialgeschichte. [6][5]

 
Flagge des Bureau de Luta pela Libertação de Timor und der Vereinigten Republik von Timor

Anfang 1961 versuchte das linksgerichtete Kampfbüro zur Befreiung Timors (Bureau de Luta pela Libertação de Timor) einen Aufstand. Am 9. April rief es in Batugade eine Republik aus und stellte eine timoresische Regierung auf. Die Portugiesen schlugen den Aufstand schnell nieder und die Kämpfer flohen nach Indonesien.

Besetzung durch Indonesien

Bereits am 8. Oktober 1975 besetzten indonesische Truppen den Grenzort Batugade des damaligen Portugiesisch-Timor und errichteten hier ihr Hauptquartier für die folgende Operation Komodo. Dabei gab man vor, es handle sich um Kämpfer der UDT, die zuvor der FRETILIN im Machtkampf unterlegen war. Am 16. Oktober wurden der restliche Distrikt von Bobonaro und der Distrikt Cova Lima durch die Indonesier besetzt. Unter den Opfern der Invasion waren auch zwei britische und drei australische Reporter in Balibo, die so genannten Balibo Five. Die FRETILIN richtete einen Appell an den Weltsicherheitsrat, aber die internationale Staatengemeinschaft griff nicht ein. Am 28. November erklärte die FRETILIN Osttimor von Portugal für unabhängig, doch bereits am 7. Dezember begann Indonesien mit der Invasion in das restliche Gebiet Osttimors.[7][8] Während der Besatzung und dem damit verbundenen Guerillakrieg der Timoresen kam es zu massiven Menschenrechtsverletzungen. 183.000 Menschen starben in Folge der völkerrechtswidrigen Annexion. In Lolotoe befand sich eines der sogenannten „Rape Houses“, in denen es zu Massenvergewaltigungen von Osttimoresinnen kam.[9]

1999 fand ein Referendum statt, in dem sich die Bevölkerung Osttimors für die Unabhängigkeit von Indonesien aussprach. Davor und vor allem danach kam es im ganzen Land zu einer Gewaltwelle, ausgelöst von pro-indonesischen Milizen und dem indonesischen Militär. Die Stadt Maliana wurde von Paramilitärs gestürmt. Zwei Fahrer der Vereinten Nationen wurden getötet und der ganze Ort, bis auf die Kirche, niedergebrannt. Besonders schwer traf es auch den Subdistrikt Lolotoe, in dem die Miliz Kaer Metin Merah Putih (KMP) mit dem indonesischen Militär wütete.[10] Erst nach Einschreiten der internationalen Eingreiftruppe INTERFET unter australischer Führung, endete die Gewalt. Osttimor kam unter UN-Verwaltung und erlangte 2002 endgültig seine Unabhängigkeit.[11]

Unabhängiges Ostimor

Anfang 2010 gab es Berichte, dass Bewaffnete, die sich als Ninjas verkleidet haben, die Bevölkerung in den Distrikten Cova Lima und Bobonaro terrorisieren. Timoresische Polizei (PNTL) und Armee (F-FDTL) entsandten daraufhin Einheiten, um gegen die Verbrecher vorzugehen.

Wirtschaft

 
Reisfelder bei Maliana

78 % der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft oder der Fischerei an der Küste. 79 % der Haushalte bauen Mais an, 72 % Kokosnüsse, 71 % Maniok, 31 % Kaffee. Über 39 % pflanzen Reis, vor allem in Maliana und Cailaco am Ostufer des Nunura und am Bulobo. Zur Grundversorgung werden zudem Erdnüsse, grüne Bohnen, Mungbohnen, Kidneybohnen, Soja, Maniok und Süßkartoffeln angebaut. Daneben pflanzen die Einwohner Senfblätter, Kopfsalat, Kohl, Zwiebeln, Karotten, Bananen, Tomaten, Auberginen, Papayas, Ananas, Kartoffeln und Knoblauch. Als Haustiere werden in erster Linie Hühner (70.700 Stück), Schweine (38.800) und Rinder (24.900) gehalten. Ziegen (12.400), Büffel (7.800) und Pferde (3.400) sind seltener. Missernten führen zu massiven Problemen, so kam es in Balibo im November 2007 zu einer extremen Nahrungsmittelknappheit.

Für den Verkauf baut man Kaffee, Lichtnüsse, Kokosnüsse, Orangen, Mangos und andere Früchte an. Kaffeezentrum im Distrikt ist der hochgelegene Subdistrikt Lolotoe, in dem über 64 % der Haushalte das wichtigste Exportgut des Landes anbauen. In Cailaco und Bobonaro sind es immer noch zwischen 33 und 63 %.

In kleineren Mengen finden sich als Bodenschätze Erdgas, Erdöl, Gold und Silber.

Quellen

Einzelnachweise

  1. a b c Census of Population and Housing Atlas 2004
  2. Statistisches Amt Timor-Leste Census 2004
  3. TIMOR LORO SAE, Um pouco de história
  4. East Timor - PORTUGUESE DEPENDENCY OF EAST TIMOR
  5. a b c d History of Timor – Technische Universität Lissabon
  6. Steve Sengstock, Faculty of Asian Studies, Australian National University, Canberra
  7. Center for Southeast Asian Studies, Northern Illinois University
  8. ETAN, When East Timor first flew its flag in defiance
  9. Bestandsaufnahme der Vergangenheitsaufklärung in Indonesien und Osttimor
  10. 1999Crimes against humanity in East Tiomor
  11. Tagesspiegel, 3. September 1999, Angriff auf UN-Mitarbeiter in Maliana 1999
Commons: Bobonaro (Distrikt) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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Koordinaten: 9° 2′ S, 125° 20′ O