Koordinaten: 54° 50′ N, 20° 33′ O
Die Steindammer Pfarrkirche St. Nikolaus war bis 1945 eine gewölbte Saalkirche aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts im ehemaligen Stadtkreis Königsberg/Pr., heute Stadt Kaliningrad im ehemaligen Bistum Samland.
Baubeschreibung[1]
Die Kirche war ein gewölbter Saalbau mit Polygonalchor, West - Turm und Strebepfeilern aus Backstein im aufstrebenden Mauerwerk und gotischen Verband. Die Kirche war 39,2 m lang. Der in drei Jochen gewölbte Polygonalchor hatte eine Länge von 13,5 m mit einer Breite von 9,1 m. An den Längsseiten befanden sich spitzbogige Fenster, von Blenden flankiert. Im Süden und Westen befanden sich Portale.
Gewölbe
Sechzackiges Sterngewölbe
Turm
Schmaler, gliederungsloser Westturm mit Strebepfeilern in Flucht der Westwand. Er hatte die Abmessungen 4,2 m lang und 5,4 m breit.
Baugeschichte
Die vor der Altstadt Königsbergs/Pr. liegende Steindammer Kirche, auch Polnische Kirche genannt, ist die älteste der Königsberger Kirchen[2] und stand am Ort der vor der Deutschordensburg angelegten ersten Siedlung des 13. Jahrhunderts. Die mittelalterlichen Bauteile sind in den Instandsetzungsarbeiten von 1611 bis 1630 spurlos aufgegangen. 1710 erhielt sie den Turm mit der charakteristischen "Nagelspitze". Die Kirche wurde 1752 vollständig erneuert. 1760 wurde die Kirche kurzzeitig umgestaltet als russisch-orthodoxe Kirche,weil sie im 17. und 18. Jahrhundert geflohenen evangelischen Litauern und Polen als Pfarrkirche diente. 1841 und 1882 wurden umfangreiche Baureparaturen durchgeführt. Die Steindammer Kirche ist im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört worden ( zunächst Einbruch des Kirchendaches durch Bodenerschütterung und Luftstöße infolge des engl. Luftangriffes 27./28.44 , dann Brand des Kirchenraums durch Beschuß der Russen während des Kampfes April 1945; nach 1945 Sprengung und Abtragung des Kirchenturms zwecks Verbreiterung der Fahrbahn des Lenin-Prospekts, schließlich Beseitigung der restlichen Kirchenruine in den 50ern Jahren ). Allein ihre Glocke von 1714 haben auf dem Hamburger Glockenfriedhof überlebt. Sie hängt heute im Verdener Dom.[3]
Innenausstattung
- Barockkanzel 1760
- spätgotischer Taufstein
- Triptychon: Jüngstes Gericht von Anton Möller
- Rokokokanzel
Besonderheiten
An dieser Kirche wirkte der Reformator (Jan) Seclutianus (Sieklucki) (1498 - 1578), welcher dort erstmalig das Neue Testament ins Polnische übersetzte.[4] Der berühmte deutsche Königsberger Komponist Otto Nicolai (1810-1849) der Oper "Die lustigen Weiber von Windsor" wurde hier getauft.
Trivia
Es gibt Augenzeugen[5], welche im Juni 1945 in der Krypta der Ruine der Steindammer Kirche das in Kisten eingelagerte Bernsteinzimmer gesehen haben. Bei der eiligen Bebauung der russischen Stadtbesiedlung wurde lediglich oberflächlich planiert und dadurch das sehr tief gelegene mittelalterliche Gewölbe aus dem 13. Jahrhundert mit den oben abgebrochenen Schuttmassen verfüllt und verdichtet. Eine baufreie Fundamentgründung fand bei keinen der russischen Nachbauten statt. Das heutige russische Kaliningrad steht auf den Kellern der deutschen Stadt. Auf dem Standort der Kirche steht heute ein schmuckloser Betonbau mit einer Apotheke.
Bildgalerie
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Steindammer Kirche vom Kirchplatz
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Steindammer Kirche vom Steindamm ca 1860
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Steindammer Kirche vom Steindamm ca 1913
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Steindammer Kirche um 1940
Literatur
- Robert Albinus: Königsberg-Lexikon. Würzburg 2002, ISBN 3-88189-441-1
- Richard Armstedt: Geschichte der königl. Haupt- und Residenzstadt Königsberg in Preußen. Reprint der Originalausgabe, Stuttgart 1899.
- Fritz Gause: Die Geschichte der Stadt Königsberg in Preußen. 3 Bände, Köln 1996, ISBN 3-412-08896-X
- Jürgen Manthey: Königsberg – Geschichte einer Weltbürgerrepublik. Hanser 2005, ISBN 3446206191
- Gunnar Strunz, Königsberg entdecken, Berlin 2006, ISBN 3-89794-071-x
- Baldur Köster: Königsberg: Architektur aus deutscher Zeit. Husum Druck, 2000, ISBN 3-88042-923-5.
Einzelnachweise
- ↑ Christofer Hermann Mittelalterliche Architektur im Preussenland. Untersuchungen zur Frage der Kunstlandschaft und -Geographie. Michael Imhof Verlag, 2007, ISBN 978-3-86568-234-5, S. 522.
- ↑ Friedrich Wilhelm Schubert Zur sechshundertjährigen Jubelfeier der Stadt Königsberg: historische Erinnerungen an Königsberg's Zustände seit seiner Erbauung. Verlag von Schubert und Seidel, Königsberg, 1855, S. 83 online
- ↑ Manfred Höhne Kirchen und Sozialeinrichtungen in Königsberg. Bad Saarow, 03. 2009, ([1]online) Abgerufen am 02. Februar 2010.
- ↑ Peter Hauptmann Kirche im Osten: Studien zur osteuropäischen Kirchengeschichte und Kirchenkunde. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 1991 ISBN 3-5255-6390-6, S. 43 online Abgerufen am 02. Februar 2010.
- ↑ SKOMP46866 Helmut Komp, Wikipedia.de, 2010, Abgerufen am 02.10.2010.
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