Bigeh (auch Bigga, Biga, Bigge, Bigue; arabisch بجح; altägyptisch Senmet; griechisch Abatos) ist eine Insel im ersten Katarakt des Nil in Ägypten. Sie befindet sich westlich der durch den Bau des Assuan-Staudamms versunkenen Insel Philae und südlich der heute als Philae bezeichneten Insel Agilkia. Bigeh gehörte zu den „Inseln des Osirisgrabes“ und galt in der altägyptischen Mythologie damit als Urhügel der Schöpfung. Osiris fungierte in diesem Zusammenhang als Schutzherr der Ahnen. Um die „Ruhe der Schöpfung“ nicht durch Musizieren, Jagen oder Fischerei zu stören, war jeder nichtpriesterlichen Person das Betreten einer Osirisgrab-Nilinsel verboten.[1]
Bigeh in Hieroglyphen | |||||
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Senmet Snmt | |||||
Griechisch | Abatos Die Unzugängliche | ||||
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Neuzeitliche Funde
Auf der Insel wurden bislang Fragmente einer Statue aus dem Mittleren Reich, Felsinschriften der 18. Dynastie und Reste eines ehemaligen Tempels entdeckt. Von diesem finden sich heute nur noch Teile einer von Ptolemaios XII. errichteten Vorhalle und Bruchstücke eines unter Augustus datierten Pylons. Dieser Tempel war Isis und Osiris geweiht. Er war Stationstempel mit Anlegeplatz auf dem Prozessionsweg vom Hadrianstor auf der Westseite der ehemaligen Insel Philae über das Wasser zu dem beschriebenen gegenüberliegenden Tempel als Anlegestelle auf die Insel Bigeh und von dort weiter auf einem Landweg zum Abaton.
Durch die Überflutung der Insel Philae nach dem Bau des Assuan-Staudamms und die Verlegung der Tempelanlage von Philae auf die nordwestlich gelegene Insel Agilkia in den Jahren 1977 bis 1980 kann diese Relation der beiden Tempel heute nicht mehr direkt beobachtet werden. Unter dem Abaton (Osirisgrab) vermutete man einst die Quellen des Nils. Ein Rundbogen im Tor, dem erhaltenen Rest des Pylons, zeugt von einer späteren Nutzung des Tempels als Kirche[2]. Zu einem aus hieroglyphischen Inschriften bekannten Tempel der Hathor-Tefnut fehlen archäologische Nachweise.
Lokale Bedeutung des Chnum
Seit der frühen 12. Dynastie galt Chnum als Herr der Insel. Er wird mit dem Erstarken des Kultes auf Philae von den Göttern des Osiriskreises zurückgedrängt. In unternubischen Tempeln wurde seit der griechisch-römischen Zeit ein Gott mit sog. Kriegshelm als „Pharao von Bigga“ verehrt. Daneben gab es seit der Spätzeit die Gottheit Pharao, die als Sohn des Osiris mit Horus gleichgesetzt wurde. Vor ihm werden auf Philae auffallend häufig Menschenopfer dargebracht[3]. In einer griech. Felsinschrift auf Sehel wird ein „Gott von Senis (= Bigga)“, Petensenis, genannt. Eventuell handelt es sich um einen vergöttlichten Pharao.
Namensgebung
Im Jahr 2000 wurde eine helle Stelle auf dem Jupitermond Ganymed mit der Erläuterung "Insel, auf der der ägyptische Nilgott herrschte" nach Bigeh benannt.[4]
Literatur
- Aylward M. Blackman: The temple of Bigeh (Les temples immergés de la Nubie), 1914
- Hans Bonnet: Bigge, in: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, 2000³ (1954), S. 118
- Harry Eilenstein: Hathor und Re: Mythen und Magie im alten Ägypten. Bad Münstereifel, Edition Magus 1990, ISBN 3-924613-19-2
- Erich Winter: Bigga, in: Lexikon der Ägyptologie Band I, Wiesbaden: Harrassowitz 1975 Sp. 792–793
- Günther Hölbl: Altägypten im Römischen Reich. Der römische Pharao und seine Tempel II. Die Tempel des römischen Nubien, Mainz: Philipp von Zabern 2004
Einzelnachweise
- ↑ Harry Eilenstein: Hathor und Re: Mythen und Magie im alten Ägypten. S. 83.
- ↑ Hölbl, S. 98
- ↑ Winter: LÄ I, Sp. 792
- ↑ Liste der geologischen Merkmale auf Ganymed
Koordinaten: 24° 1′ N, 32° 53′ O