Tretlager

Lager am Fahrrad, in denen die Tretlagerwelle gelagert ist
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Mit Innenlager, umgangssprachlich Tretlager genannt, werden zusammenfassend die beiden Lager am Fahrrad bezeichnet, in dem die Tretlagerwelle gelagert ist, an der wiederum die Tretkurbeln befestigt sind. Das Innenlager ist eines der am stärksten belasteten Lager am Fahrrad. Der Begriff „Innenlager“ wurde durch den Fahrrad-Versandhändler Brügelmann etabliert, um eine Abgrenzung vom kompletten Tretlager zu schaffen.

Glockenlager am Tourenrad mit Kurbel auf der falschen Seite
Außen aufgeschraubtes Lager (Hollowtech II)
Tretlagergehäuse

Befestigung im Fahrradrahmen

Innenlager werden normalerweise in das Tretlagergehäuse des Fahrradrahmens eingeschraubt, wobei es unterschiedliche Gewinde gibt. Auch für die Breite des Tretlagergehäuses gibt es unterschiedliche Maße. Am verbreitetsten sind BSA-Gewinde und eine Gehäusebreite von 68 mm.

Fachbezeichnung Außen- Ø der Schalen Kurzbezeichnung Erklärung
BSA 1,37" x 24 34,7 ENG englisch; meist links Rechtsgewinde, rechts Linksgewinde; sehr selten rechts Rechtsgewinde; oft 68 mm breit, früher auch gelegentlich 73 mm
ITA 36 x 24 35,9 ITA italienisch; beidseitig Rechtsgewinde; oft 70 mm breit
M 35 x 1 34,8 FRA französisch; beidseitig Rechtsgewinde; sehr selten rechts Linksgewinde, nennt sich dann schweizer Gewinde, lt. Tour-Sonderheft II, Smolik
Mavic Kegel Kegel- Patrone (Reparaturmöglichkeit !)
Fauber Fauber BMX Lager (einteilig); amerikanisch oder skandinavisch mit versch. Gewinden
Glockenlager 40,0 Thompson Schlagschalen für Tourenräder
  • ENG und FRA sind manchmal nicht eindeutig zu unterscheiden. Hier hilft nur vorsichtiges Probieren.
  • rechte Lager mit Rechtsgewinde sollten mit Schraubensicherung mittelfest oder einer Kontermutter gesichert werden.
  • Wellenlängen: 103 - 107 - 110 - 113 - 116 - 119 - 122 - 132; Zwischengrößen
  • Breite: BSA 68/73 mm oder ITA 70 mm außer bei TA und Stronglight

Lagertypen

Es gibt vier verschiedene Arten von Innenlagern, wobei heute meist das Patronenlager Verwendung findet. Alle Innenlagertypen sind im Prinzip Wälzlager und bestehen aus zwei Lagern, wobei sich eines am rechten und das andere am linken Ende der Tretlagerwelle befindet.

Patronenlager

Dies ist der heute am meisten verwendete Lagertyp bei Fahrrädern. Die beiden Wälzlager werden vom Hersteller zusammen mit der Tretlagerwelle in einen Zylinder (Patrone) eingesetzt, justiert und verpresst. Dadurch sind die Lager gut vor Staub und Schmutz geschützt; bei der Montage muss das Lager nicht justiert werden. Patronenlager benötigen keine Wartung. Da sie sich aber nicht justieren lassen, müssen sie ausgetauscht werden, wenn ein entsprechendes Lagerspiel vorhanden ist.

Die Patrone wird mit zwei Gewindeschalen und einem Anzugsdrehmoment von 35-45 Nm in das Tretlagergehäuse eingeschraubt, wobei die rechte Gewindeschalen oftmals fest mit der Patrone verbunden ist. Patronenlager sind mit unterschiedlich langer Welle erhältlich, sodass man den Abstand der Kurbel zum Fahrradrahmen je nach Geschmack des Fahrers variieren kann.

Das Patronenlager ist die logische Weiterentwicklung des Tretlagers mit Industriekugellagern und Abstandshülse (siehe nächste Abschnitte). Da beim Patronenlager die Abstandshülse kein loses Teil ist, sondern die Industriekugellager umschließt, ist die Genauigkeit des Tretlagergehäuses nicht erheblich. Die korrekte Ausrichtung der Kugellager und der Welle zueinander wird durch die Patrone garantiert. Daher ist diese Lagerart die in der Massenfertigung am meisten verwendete.

Außen liegende Lager

Bei diesem, 2004 von Shimano unter der Bezeichnung Hollowtech II eingeführten Typ liegen die Lager außerhalb des Tretlagergehäuses. Der große Abstand der beiden Lager voneinander soll das Verhältnis der Stabilität zum Gewicht der Konstruktion verbessern. Wichtig für ein langes Leben der Lager ist, dass sie exakt parallel stehen. Das Tretlagergehäuse muss deswegen an beiden Enden plangefräst werden.

Nach dem Einschrauben des Innenlagers wird die Tretlagerwelle, die fest mit der rechten Kurbel verbunden ist, durch das Lager gesteckt. Abschließend wird die linke Kurbel auf der Welle befestigt. Soll der seitliche Abstand der Tretkurbeln zum Rahmen verändert werden, müssen sowohl das Lager als auch die rechte Kurbel mit der daran befestigten Welle getauscht werden, weil Lager und Welle zueinander passen müssen.

Klassisches Konuslager

Die Tretlagerwelle und die beiden Konen bilden eine Einheit. Die Tretlagerschalen werden in das Tretlagergehäuse eingeschraubt. Die Kugeln laufen direkt zwischen dem Konus und der Lagerschale. Innenlager in dieser Bauart sind zwar wartungsaufwändig; weil sie jedoch justierbar sind, erreichen sie bei guter Pflege eine erheblich höhere Laufleistung als Patronenlager mit Rillenkugellagern. Lager dieser Bauart erfordern ein präzise bearbeitetes Tretlagergehäuse mit parallelen Außenflächen und eine exakte Einstellung des Lagerspiels. Deshalb werden solche Lager in der Großserienfertigung nicht mehr verwendet. Ein weiterer Nachteil ist, dass diese Lager zum Rahmeninneren hin nicht abgedichtet sind. Deshalb kann Wasser, welches in den Rahmen gelangt ist, in das Innenlager laufen und dort zu Korrosion führen oder im Laufe der Zeit das Lagerfett verdrängen. Hierdurch entstand das bis zum Übergang zu den abgedichteten Industriekugellagern bzw. gekapselten Patronenlagern von den Radrennfahrern gefürchtete knackende Tretlager - ein deutliches Indiz für eine dringende Wartung oder den Defekt des Lagers. Beim Konuslager wird eine der beiden Lagerschalen - gewöhnlich die linke - zur Einstellung des Lagerspiels eingesetzt und durch einen Konterring gesichert. Durch die beim Treten wirkende umlaufende Kraft, die auf die Lagerschalen wirkt, entsteht in Verbindung mit dem vorhandenen radialen Spiel im Tretlagergewinde ein Drehmoment, dessen Richtung entgegengesetzt zur Drehrichtung der Tretkurbeln ist. Da die linke Lagerschale Rechtsgewinde hat, würde sie sich ständig fester drehen. Dies wird durch den Konterring, der auf das Gewinde der Schale aufgeschraubt und gegen das Tretlagergehäuse festgezogen wird, verhindert.
Die andere, nicht einstellbare Lagerschale - gewöhnlich die rechte - besitzt einen Bund, bis zu dessen Anliegen am Tretlagergehäuse die Schale fest eingeschraubt wird. Durch die umlaufende Kraft beim Treten wirkt ständig ein nach links gerichtetes Drehmoment, das ein Lösen der Lagerschale mit Linksgewinde verhindert. Bei Tretlagern mit einem Rechtsgewinde auf der rechten Seite besteht zwar ein größeres Risiko, dass die Lagerschale sich lockert, erfahrungsgemäß passiert dies jedoch nicht. Zusätzliche Sicherheit bietet Schraubensicherungslack.

Durch diese Technik bleibt bei richtiger Einstellung das Lagerspiel stabil. Durch schlechte Einstellung, Schmierungsmangel, Korrosion, schadhafte Kugeln oder gebrochene Lagerkäfige kann das Reibungsmoment im Tretlager so stark anwachsen, das es zum dominierenden Drehmoment an den Lagerschalen wird: Nun lösen sich die eingeschraubten Lagerschalen in Drehrichtung der Tretkurbeln. Meist lockert sich die linke Lagerschale. In diesem Falle ist eine gründliche Wartung des Lagers, mindestens eine Erneuerung des Lagerfetts, oft ein Wechsel der Kugeln, einzelner Lagerschalen oder der Tretlagerwelle notwendig.

 
Keillager Tourenversion der DDR
 
typische Verformung der linken Seite bei falsch herum eingeschlagenen Kurbelkeil
 
Verformung der rechten Tretlagerseite
 
Keillager mit Schlagschalen

Industriekugellager

 
FAG- Schlüssel
 
Schnittmodell FAG- Lager

Auf der Welle befinden sich statt zweier Konen zwei Passungen, auf denen Rillenkugellager montiert sind. Diese Einheit wird durch zwei Lagerschalen im Fahrradrahmen fixiert. Gegenüber dem klassischen Konuslager hat diese Bauart den Vorteil, dass durch Verwendung von beidseitig abgedichteten Industriekugellagern ein auch nach innen hin dichtes Tretlager gebaut werden kann. Auch für diese Lagerbauart ist eine präzise Bearbeitung des Tretlagergehäuses erforderlich. Falls zwischen den Außenringen der beiden Industriekugellager keine starre Abstandshülse montiert ist, muss beim Einschrauben der äußeren Lagerschalen in den Rahmen darauf geachtet werden, dass die Lager nicht verspannt werden. Die Lagerschalen dürfen nur soweit eingeschraubt werden, dass ein leichter Lauf der Lager ohne Axialspiel erreicht wird. Anschließend mit Konterring sichern.

Verbindung von Tretlagerwelle und Kurbeln

Die Verbindung der Innenlagerwelle mit den Tretkurbeln muss hohe Drehmomente in Drehrichtung der Welle übertragen können, aber auch Kräfte seitlich zur Tretlagerwelle. Es gibt zahlreiche Systeme, Welle und Tretkurbeln zu verbinden. Alle Systeme haben gemeinsam, dass die Kurbeln auf die Welle des Innenlagers gesteckt werden, wodurch die seitlichen Kräfte am besten übertragen werden können.

Keilbefestigung

 
Keil

Ein konischer Keil, welcher in einer quer zur Tretlagerachse angebrachten Bohrung der Tretkurbel montiert wird und gegen eine Fläche an der Innenlagerwelle presst. Diese Methode ist veraltet und wird kaum noch verwendet.

Vierkantkonus

Das Ende der Welle ist ein Vierkant, der sich zum Ende hin verjüngt. Eine zentrale Schraube hält die Kurbel fest auf der Welle. Es gibt zwei Arten, die sich sowohl in der Steigung des Keils als auch in der Form der Kanten und Abschrägungen unterscheiden, nämlich den ISO- und den JIS-Vierkant. Während der europäische Hersteller Campagnolo den ISO-Vierkant verwendet, entsprechen Wellen und Tretkurbeln von Shimano der JIS-Norm.

Es ist zwar möglich, ISO-Kurbeln auf eine JIS-Welle zu montieren und umgekehrt, aber dabei lässt sich die Kurbel entweder zu weit oder nicht weit genug auf die Welle stecken.

Sechskantkonus

Bei sehr alten Fahrrädern aus den 50er Jahren ist zusammen mit einem Glockenlager auch ein Sechskantkonus möglich.

Acht oder zehn Zähne

Das Wellenende ist vielzahnig ausgeführt, manchmal auch konisch. Verbreitet sind insbesondere acht (Shimano Octalink) und zehn Zähne (International Spline Interface Standard, kurz ISIS). Diese Methode ist keineswegs neu, wurde aber erst seit 2003 im Massenmarkt eingeführt. Bei Octalink gibt es für Rennrad- und MTB-Kurbeln unterschiedliche Ausführungen, die zueinander inkompatibel sind.

Vielzahn links, feste Verbindung rechts

Die rechte Kurbel und die Tretlagerwelle werden herstellerseitig fest verbunden. Diese Technik gibt es schon seit den 80er Jahren von amerikanischen Kleinstherstellern, allen voran Bullseye. Sie wurden ursprünglich für den Einsatz an BMX-Rädern entwickelt. Shimano führte diese Technik 2004 bei den Komponenten der teuersten Produktlinie unter dem Namen Hollowtech II ein. Die Bezeichnung soll andeuten, dass nicht nur die Tretkurbel hohl ist (Hollowtech), sondern auch die Innenlagerwelle.

FSA, Race Face und im Jahr 2007 auch Campagnolo folgen diesem Trend und die Technik setzt sich auch in den unteren Gruppen durch.

Fauberlager

Für BMX-Räder gibt es Tretkurbeln mit Fauberlager. Dabei werden beide Tretkurbeln und die Innenlagerwelle durch ein einziges, gebogenes Stück Rohr gebildet. Für solche Lagereinheiten benötigt man spezielle Fahrradrahmen mit sehr großen Tretlagergehäusen, weil die Einheit zur Montage durch das Tretlagergehäuse „gefädelt“ werden muss. Anschließend werden die Lagerkonen von außen über die Kurbeln geschoben und auf einem auf der Welle befindlichen Gewinde verschraubt. Der Vorteil solcher Lager ist die extreme Stabilität, weil Welle und Kurbeln aus einem Stück bestehen.

Bildergalerie

 
Lager von FAG
Lager des Herstellers FAG mit BSA-Gewinde und Vierkant für die Kurbelbefestigung
 
Shimano- Innenlager
Lager von Shimano mit BSA-Gewinde und Vierkant für die Kurbelbefestigung
Datei:Oktalink-g.jpg
Shimano Oktalink
Lager von Shimano mit BSA-Gewinde und Oktalink für die Kurbelbefestigung
 
Mavic- Reparaturlager
Reparaturlager von Mavic; sehr teuer, aber manchmal die letzte Rettungsmöglichkeit bei stark beschädigtem BSA-Gewinde
 
preiswertes Reparaturlager
Reparaturlager von Point; deutlich billiger als Mavic, gleiche Funktionsweise
 
FAG- Schlaglager
Glockenlager mit Vierkant für die Kurbelbefestigung

Literatur

  • Michael Gressmann, Franz Beck, Rüdiger Bellersheim: Fachkunde Fahrradtechnik. 1. Auflage, Verlag Europa Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2006, ISBN 3-8085-2291-7
  • Richard Hallet: Fahrrad-Wartung-Pflege-Reparatur. 1. Auflage, BVA Bielefelder Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld, 2003, ISBN 3-87073-308-x
  • Fritz Winkler, Siegfried Rauch: Fahrradtechnik Instandsetzung, Konstruktion, Fertigung. 10. Auflage, BVA Bielefelder Verlagsanstalt GmbH & Co. KG, Bielefeld, 1999, ISBN 3-87073-131-1
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