Walther Stennes

deutscher Hauptmann, Freikorps „Hacketau“, SA-Führer, Militärberater in China
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Walther Stennes (* 12. April 1895 in Fürstenberg, Westfalen; † 18. Mai 1983) war ein deutscher Politiker und SA-Führer.

Walther Stennes

Leben

Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg kämpfte Stennes mit einem Freikorps im Baltikum. Anschließend war er für die Sicherheitspolizei tätig. 1920 lernte er über Erich Ludendorff Adolf Hitler kennen. Dessen Angebot die Führung über die Sturmabteilung (SA), die Kampfformation der NS-Bewegung, zu übernehmen lehnte Stennes 1922 ab. Stattdessen wurde Hermann Göring erster Führer der SA.

Ab 1928 baute Stennes die SA in Ostdeutschland auf. Als OSAF-Ost unterstanden ihm die SA-Einheiten von Berlin, Brandenburg, Ostpreußen und Pommern, die gut ein Drittel der gesamten SA ausmachten. Außerdem war er als Stellvertreter von Franz Pfeffer von Salomon stellvertretender Führer der gesamten SA. Anlässlich der Reichstagswahlen von 1928 und 1930 forderte er von Hitler nachdrücklich eine stärkere Berücksichtigung von SA-Führern auf sicheren Listenplätzen, konnte sich mit dieser Forderung aber nicht durchsetzen.

Politisch entzweite sich Stennes mit Hitler und der NSDAP zunehmend, weil er auf eine Regierungsübernahme durch einen gewaltsamen Staatsstreich durch die SA drängte, während Hitler sich seit dem Scheitern seines Putsches von 1923 darauf festgelegt hatte, ausschließlich auf legalem Wege durch die Gewinnung der Parlamentsmehrzeit bei Wahlen zur Macht gelangen. 1931 gelangte dieser Konflikt im sogenannten „Stennesputsch“ zur Eskalation: Nachdem Stennes von seinem Posten abberufen werden sollte ließ er im April 1931 die Berliner Parteizentrale der NSDAP von seinen SA-Leuten besetzen. Die SS-Wachen wurden bei dieser Gelegenheit zusammengeschlagen und Gauleiter Joseph Goebbels musste nach München fliehen. Öffentlich rechtfertigte Stennes seine Maßnahmen, indem er Kritik an der Verschwendungssucht und dem Bonzentum der Parteiführer und ihrem Verrat an den sozialistischen Prinzipien des Parteiprogramms übte. Obwohl er mit seinen Parolen starken Wiederhall fand konnte Stennes nur kleine Teile der SA zum offenen Aufstand gegen Hitler bewegen. Hitler ließ Stennes als Chef der Berliner SA absetzen. Praktisch wurde seine Macht durch Paul Schulz und Edmund Heines gebrochen. Stennes schrieb den Verdienst, ihn besiegt zu haben später vor allem Paul Schulz zu, so erklärte er beispielsweise, dass, wenn Charisma eine Rolle bei der Niederschlagung der Stennes-Revolte gespielt habe, es das Charisma von Schulz und nicht das Hitlers gewesen sei. In der Folgezeit wurden sämtliche Sympathisanten von Stennes aus der NSDAP ausgeschlossen.

Politisch kämpfte Stennes in der Folgezeit bis 1933 gegen die NSDAP. So engagierte er sich in den Wahlkämpfen des Jahres 1932 gegen die Partei und bot noch Ende 1932 dem damaligen Reichskanzler von Schleicher an, ihm seine Organisation in einem erneuten Wahlkampf zur Auseinandersetzung mit der NSDAP zur Verfügung zu stellen. Enge Kontakte pflegte Stennes, trotz erheblicher inhaltlicher Differenzen, außerdem mit Otto Strasser und anderen „abtrünnigen Nazis“, die sich nach ihrem Ausscheiden aus der NS-Bewegung gegen diese wandten. Stennes erklärte später, sein Interesse habe immer nur der SA und nie der Partei gegolten. Hitlers Legalitätskurs, der darauf abzielte die Macht im Staat mit Hilfe einer Partei innerhalb des vorgegebenen politischen Systems zu erringen, lehnte er ab. Stattdessen erstrebte er einen Umbau auf der Grundlage einer populären Volksbewegung und ohne Partei, die er als Konzession an das bestehende System ansah.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme im Frühjahr 1933 ging Stennes in die Emigration. Die Angaben über die Umstände seiner Flucht/Ausreise unterscheiden sich nicht unerheblich: Während Hans von Lehndorff, ein dem konservativen Widerstand nahe stehender Arzt aus Ostpreußen, in seinen Memoiren Menschen, Pferde, Weites Land berichtete, dass sein Mentor, der NS-Gegner Carl von Jordans, Stennes in einer „Nacht und Nebel“-Aktion zur Flucht ins Ausland verholfen hätte, finden sich in Stennes Nachlass im Institut für Zeitgeschichte auch Briefe, die nahelegen, dass Stennes nach einer vorübergehenden Haft im Columbiahaus Dank der Protektion Görings über die Niederlande ausreisen durfte.

Stennes ging anschließend nach China, wo er bis 1949 für Chiang Kai-sheks Guomindang-Bewegung als Militärberater tätig war. Seine Bemühungen gingen dahin, die Armee- und Polizeikräfte der chinesischen Nationalisten nach dem Vorbild der preußischen Streitkräfte zu reorganisieren. Außerdem befehligte er die zweitausend Mann starke Leibwache Chiang Kai-sheks. Im Zweiten Weltkrieg entging Stennes nur knapp der Verhaftung durch die Japaner. Nach dem Krieg verlangten die Amerikaner kurzzeitig seine Auslieferung, nachdem er sich geweigert hatte ehemalige Nationalsozialisten in Shanghai zu denunzieren, die mit der japanischen Armee kollaboriert hatten. Chiang Kai-shek bewahrte ihn vor diesem Schicksal, indem er ihn zu einem Mitglied der chinesischen Militärkommission ernannte.[1]

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1949 zog Stennes sich ins Privatleben zurück.

Literatur

  • Charles Drage: Alt Hitler nach Canossa kam. Biografie des Walther Stennes, Berlin 1982. (Im Original: The Amiable Prussian, London 1958.)
  • Karl-Heinz Janßen: „Der Haudegen Walther Stennes“, in: Ders.: ...und morgen die ganze Welt. Deutsche Geschichte 1871-1945, Bremen 2003, S. 155-176.
  1. Jean Michael Plamier: Weimar in Exile, 2006, S. 220.