Reiner Kunze

deutscher Schriftsteller und DDR-Dissident
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Mai 2005 um 16:06 Uhr durch 134.76.77.93 (Diskussion) (Leben). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Reiner Kunze (* 16. August 1933 in Oelsnitz im Erzgebirge) ist ein deutscher Schriftsteller.

Leben

Kunze wurde als Sohn eines Bergarbeiters und einer Kettlerin, welche in der Strumpfindustrie arbeitete, geboren. Reiner erkrankte in seiner Kindheit häufig, da er an Allergien litt. 1949 besuchte er eine Aufbauklasse, welche Arbeiterkinder eine höhere Schulbildung ermöglichen sollte. Im gleichen Jahr trat er in die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) ein. 1951 legte er sein Abitur in Stollberg ab. Danach fing er sein Publizistik- und Journalistikstudium an der Karl-Marx-Universität in Leipzig an. Seine ersten Gedichte veröffentlichte er 1953 in der Zeitschrift Neue deutsche Literatur. Nach dem Staatsexamen 1955 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der Journalistischen Fakultät der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Sein erster Lyrikband erschien unter dem Titel Vögel über dem Tau.

1959 wurde er beschuldigt, seine Studenten zu entpolitisieren und verließ auf Grund dessen die Universität, ohne seine Promotion fertig zu stellen. Er arbeitete vorübergehend als Hilfsschlosser im Schwermaschinenbau.

Von 1961 bis 1962 arbeitete er in der Tschechoslowakei, um dort die tschechische Sprache und die moderne tschechische Literatur zu erlernen. Dort begegnete er auch der deutsch-tschechischen Ärztin Dr. Elisabeth Littnerova und heiratete sie am 8. Juli 1961. 1962 war er wieder in der DDR und arbeitete als freier Schriftsteller in Greiz/Thüringen. 1968 wurde der Prager Frühling durch die Warschauer Pakt-Staaten gewaltsam beendet und Kunze trat aus der SED aus.

Die Herausgabe des Gedichtbandes Sensible Wege – Achtundvierzig Gedichte und ein Zyklus stieß 1969 auf heftige Reaktionen in der DDR und für Kunze wurde es zunehmend schwieriger, seine Werke in der DDR zu veröffentlichen. Durch eine neue kulturpolitische Liberalisierung konnte er 1970 sein Kinderbuch Der Löwe Leopold. Fast Märchen, fast Geschichte in der Bundesrepublik veröffentlichen. Dieses Kinderbuch wurde erst später in der DDR freigegeben. Zudem wurde es möglich, dass DDR-Schriftsteller ins (westliche) Ausland reisen konnten.

Am 29. Oktober 1976 erschien Kunzes Prosaband Die wunderbaren Jahre in der Bundesrepublik; das Manuskript war zuvor heimlich in die BRD gebracht worden. Aufgrund der DDR-kritischen Inhalte in diesem Prosaband wurde Kunze aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen. Eine DDR-Version des Buches Der Löwe Leopold, die in diesem Jahr in der DDR erscheinen sollte, wurde zurückgenommen und die bereits 15000 gedruckten Exemplare wurden eingestampft. Am 7. April 1977 stellte Kunze aufgrund der weiteren Zunahme von Repressalien für sich und seinen Familie einen Antrag auf Ausbürgerung aus der DDR. Sein Antrag wurde innerhalb von 3 Tagen genehmigt und er siedelte mit seiner Familie am 13. April in die Bundesrepublik über. Dort lebte er in Obernzell-Erlau bei Passau. Im selben Jahr wurde er mit dem Andreas-Gryphius-Preis und dem Georg-Trakl-Preis ausgezeichnet.

1979 schrieb er das Drehbuch für Die wunderbaren Jahre, das im selben Jahr unter Kunzes eigener Regie verfilmt wurde. Dafür bekam er den Bayerischen Filmpreis. 1981 veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband nach der Übersiedlung. Er hieß Auf eigene Hoffnung und wurde im November mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. 1993 bekam Reiner Kunze das Große Bundesverdienstkreuz, 1999 erhielt er den Friedrich-Hölderlin-Preis.

Seit Jahren tritt Reiner Kunze als engagierter Gegner der Rechtschreibreform auf. Er vergleicht u.a. die Rechtschreibreform mit dem "Bau der Mauer" (Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. August 2004, Nr. 187 / Seite 39) und mit anderen Autoren veröffentlichte er dazu das Pamphlet: "Deutsch. Eine Sprache wird beschädigt"

Reiner Kunze ist Mitglied im Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege und Ehrenmitglied des Rates für deutsche Rechtschreibung.

Werke

  • sensible wege, 1969
  • Der Löwe Leopold, fast Märchen, fast Geschichten, 1970
  • zimmerlautstärke, 1972
  • Briefe mit blauem Siegel, 1973
  • Die Wunderbaren Jahre, Prosa, 1976
  • auf eigene hoffnung, Gedichte, 1981
  • eines jeden einziges leben, Gedichte, 1986
  • Zurückgeworfen auf sich selbst, Interviews (1984-1988), 1989
  • Das weiße Gedicht, Essays, 1989
  • Deckname "Lyrik", Dokumentation, 1990
  • Wohin der Schlaf sich schlafen legt, Gedichte für Kinder, 1991
  • Am Sonnenhang. Tagebuch eines Jahres, autobiographische Prosa, 1993
  • ein tag auf dieser erde, 1998