Baumarkt
Ein Baumarkt ist in der Regel ein großflächiger Supermarkt, der sich auf Materialien für Heimwerker spezialisiert hat. Baumärkte wurden konzeptionell aus den USA übernommen, wo sie unter der Bezeichnung „Homecenter“ bekannt sind. Im betriebswirtschaftlichen Zusammenhang wird auch häufig von der „DIY-Branche“ (Abkürzung für: Do it yourself) gesprochen.
Bekam man beispielsweise früher Werkzeuge und Nägel ausschließlich beim Eisenwarenhändler, Farben und Tapeten im Farbenfachgeschäft, Holz beim Holzhändler und Baustoffe im Baustoffhandel, so kann man heute in einem Baumarkt alles aus einer Hand bekommen.
Entwicklungen
Besonders Baumärkte gehörten zu den ersten Unternehmen, die den Trend zur Ansiedlung des großflächigen Einzelhandels an den Stadträndern („auf der grünen Wiese“) auslösten.
Aufgrund zunehmender Konkurrenz versuchen sich viele Baumärkte auf verschiedene Weise zu profilieren:
- weitere Neueröffnungen (Marktbesetzung, steuerlich verrechenbare Anfangsverluste)
- Flächenwachstum
- Abwanderung aus den Innenstädten (Parkplätze)
- Aufnahme weiterer renditestärkerer Sortimente (Gartencenter, Zooabteilung, Bastel- und Ambiente-Artikel, Lebensmittel, Kleidung, Fahrräder, Autozubehör, Spielzeug, Geschirr, Unterhaltungselektronik, …). So stellen heute in Deutschland die klassischen Baumarkt-Warengruppen Baustoffe, Bauchemie, Fliesen und Werkzeuge/Maschinen nur noch etwa 2/3 der Verkaufsfläche.
- Shop-in-shop-Konzepte, Franchise-System (z. B. Obi)
- Reduzierung der Lieferantenanzahl
- Baustein-Konzept (in Zusammensetzung und Präsentation standardisiertes Teilsortiment)
- Personalabbau
- Ausweitung der Wertschöpfungskette (Vertragshandwerker, Eigenmarken, Fertighäuser, Leihgeräte)
- Serviceverstärkung (Lieferung auf Baustelle, Drive-in-Baustofflager, Einrichtungsberatung vor Ort, …), Value Added Service
- Discountbaumärkte ohne Beratung (z. B. B1)
- Erschließung neuer Vertriebswege (Online-Versand, z. B. Baumarkt Direkt als Joint-Venture von otto group und hagebau)
- Ausgliederung von Teilsortimenten in eigene Vertriebslinien (z. B. Lafiora-Gartencenter bei Hornbach, klee-Gartencenter bei Rewe)
- Internationalisierung (neue Absatzmärkte)
- Kooperationen (z. B. toomBaumarkt/BauMax, Hornbach/Kingfisher)
- Dauerniedrigpreis (Hornbach, Bauhaus)
- 20 %-auf-alles-außer-Tiernahrung-Aktionen (Praktiker)
- Erlebniseinkauf (Vorführungen, Atmosphäre schaffen, Emotionen wecken, Kinderbetreuung)
Kundenzufriedenheit
Beim Kundenmonitor Deutschland, der Kunden nach ihrer Zufriedenheit mit der Servicequalität verschiedener Branchen befragt, erreichten die untersuchten Bau- und Heimwerkermärkte 2005 im Durchschnitt einen vergleichsweise mittelmäßigen Index von 2,48 und lagen in der Wertung alle relativ nahe beeinander. Bei den großen Anbietern liegt Hornbach mit einem Zufriedenheits-Index von 2,35 vor Globus (2,37), Max Bahr (2,39), Bauhaus (2,46), hagebau (2,49), Marktkauf (2007 eingegliedert in Toom-Baumarkt) (2,50), Hellweg und OBI (je 2,51), toom BauMarkt/Stinnes (2,55) sowie Praktiker (2,57). Kleinere Baumärkte wurden nicht ausgewertet, da die Anzahl der Befragten nicht repräsentativ war. Im gleichen Jahr ergab ein umfangreicher Baumarkt-Test des WDR-Magazins markt und der ARD-Sendung Plusminus dieselbe Rangfolge. Resümee der Tester: „Wenn es also nach fünf Testfolgen einen Wunsch an alle Baumärkte gibt, dann diesen: mehr kompetentes Personal!“ Eine Studie der Ratingagentur ServiceRating vom Januar 2006 mit dem Titel „Servicequalität in Baumärkten“ unterstreicht ebenfalls die große Bedeutung kompetenter Beratungsangebote für Baumarktkunden. Über 50 % der Kunden äußern sich unzufrieden mit den Informationen und Orientierungshilfen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Baumärkten waren auch hier vergleichsweise marginal.
Daten und Fakten
Geschichte
Der erste deutsche Baumarkt war Bauhaus. Das Unternehmen wurde 1960 von Heinz G. Baus in einer Garage in Mannheim gegründet. 1968 wurde von Otmar Hornbach in Bornheim (Pfalz) der erste kombinierte Bau- und Gartenmarkt in Deutschland eröffnet. Im Jahr 1970 eröffnete der erste Obi-Markt in Hamburg-Poppenbüttel.
Marktsituation heute
2005 wurden gemäß dem Branchenmagazin „diy“ in Deutschland 104 neue Baumärkte eröffnet. Damit stieg die Zahl Bau- und Heimwerker-Fachmärkte auf 4.392. Nach der Definition des Branchenverbands BHB (Bundesverband Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenfachmärkte e. V.) muss ein Baumarkt allerdings mindestens 1.000 Quadratmeter Verkaufsfläche bieten und über eine bestimmte Warenklassifikation verfügen, um als solcher vom BHB anerkannt zu sein. Nach dieser Definition gab es 2005 in Deutschland 2.520 Baumärkte.
Obi ist heute Marktführer in Europa. Das zur Kingfisher-Gruppe gehörende Castorama ist Marktführer in Frankreich, Italien und Polen.
Marktanteil der jeweils drei führenden DIY-Handelsgesellschaften (DIY=Do It Yourself) in sechs europäischen Ländern (Stand 1998)[1]:
- Deutschland: Obi (Tengelmann-Gruppe), Praktiker, Bauhaus – zusammen 21,7 %
- Frankreich: Castorama / Brico Dépôt, Leroy Merlin (Auchan), Domaxel – zusammen 39,2 %
- Großbritannien: B&Q (Kingfisher/ohne Castorama), Homebase (gehört seit 2002 zur Argos Retail Group, einem Zweig der GUS plc., London), Wickes – zusammen 60,1 %
- Italien: Bricocenter (Rinascente, inkl. 4 Leroy Merlin outlets), Obi (Tengelmann, D), Castorama (F) – zusammen 5,1 %
- Niederlande: Intergamma, Praxis, HDB – zusammen 56,6 %
- Spanien: Leroy Merlin (Auchan, F), AKI (GIB, B), ATB (Franchise) – zusammen 57,2 %
Nach dem „Dähne-Informationsdienst“ sind die zehn größten Baumärkte in Deutschland Obi, Praktiker (mit Extra), Top-Bau, Bauhaus, Hornbach, Zeus (Hagebau, Werkmarkt), Rewe (Toom, B1 - ehemals Zack), Marktkauf, Globus und Max Bahr (Stand Ende 2005). Diese Unternehmen erwirtschafteten 2005 rund 17,7 Milliarden Euro Umsatz und damit fast 80 Prozent des gesamten Branchenumsatzes.
2007 übernahm die Rewe-Kette sämtliche Marktkauf-Baumärkte und wandelte diese in Toom- oder B1-Baumärkte um. Insgesamt beschäftigt die Branche heute rund eine Viertelmillion Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Mit über 28.000 m² Verkaufsfläche ist das Bauhaus in Düsseldorf-Gerresheim derzeit (Juni 2008) der größte europäische Baumarkt.
Die amerikanische The Home Depot Inc. behauptet von sich, die größte Baumarktkette weltweit zu sein.
Die schlechte Finanzlage vieler Baumärkte, eine mangelhafte Marktpositionierung und der starke Preiskampf setzen die Branche unter Druck. Von den derzeit vierzehn großen Baumarktketten in Deutschland würden im Jahr 2015 nur drei Unternehmen übrig bleiben, prognostiziert eine Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young.
Große Baumarktketten
- Bauhaus
- bauMax (Österreich)
- BayWa Bau- und Gartenmärkte (Deutschland), dazu gehören WLZ Raiffeisen-Märkte
- Coop Bau + Hobby (Schweiz)
- Eurobaustoff über 1.000 Fachhandelsstandorte in Europa (Marken: I&M Bauzentrum, Interbaustoff)
- Globus Baumarkt, seit Juli 2007 inklusive Hela (ehemals zu Distributa gehörend)
- ZEUS-Gruppe, mit hagebau (Deutschland) und bis Ende 2008 ÖBAU (Österreich), sowie Werkmarkt; seit Ende November 2007 inklusive der nicht mehr weitergeführten Vertriebsmarke Bauklotz
- Hellweg
- The Home Depot Inc. (USA)
- Hornbach (Kingfisher hält 12,5 % plus eine Aktie am stimmberechtigten Grundkapital der Hornbach Holding AG)
- Jumbo-Markt AG (Maus Frères Holding, Schweiz)
- Kingfisher-Gruppe (Großbritannien), dazu gehören u. a.: B&Q, Castorama
- Knauber
- Lagerhaus – Raiffeisen Ware Austria (Österreich)
- Leroy-Merlin-Gruppe (Frankreich, Belgien, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland, Polen, Russland, China, Brasilien)
- Migros Do it + Garden (Schweiz)
- Obi Heimwerker und Freizeitbedarf Handels GmbH & Co. KG, Franchise-Unternehmen, Tengelmann-Gruppe (in der Schweiz ist Migros Franchisenehmer von OBI)
- Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG, seit August 2006 inkl. Max Bahr
- STABILO Werkzeugfachmarkt mit Schnäppchenmarkt (Deutschland), 18 eigene Filialen und vier Franchise-Betriebe
- Toom Baumarkt, inkl. B1 Discount-Baumarkt (ehemals Zack). Seit Juni 2007 gehören dazu auch die – zu einer der beiden Vertriebslinien umfirmierten – früheren „Marktkauf Baumarkt“- und „Baudepot“-Märkte der AVA-Gruppe (damals Teil der Edeka-Gruppe). Toom Baumarkt (ehemals Stinnes-Baumarkt) gehört zur Rewe Group.
- EMV-Profi
Daneben gibt es noch größere selbstständige Gartencenter und Holzfachmärkte, die nebenbei auch Baumarktartikel anbieten. Zum Teil gehören sie weiteren Einkaufs- und Marketingverbünden an.
Literatur
- Siegfried Rohn (Hrsg.): 30 Jahre bau & heimwerker markt. Euro-Marketing der DIY-Branche. Über den Tag hinaus … Geschichte und Zukunft der Do-It-Yourself-Branche in Deutschland. Siegfried Rohn, Köln 1998.
- DIY-Handel in Deutschland: Baumarkt-Filialunternehmen, Kooperationen + SB-Warenhäuser; Ettlingen: Dähne (CD-ROM-Ausgabe oder Druckausgabe), erscheint jährlich seit 1999
- Egon Huppert, Christoph Schöffel: Baumarkt-Report; Dokumentation des Eurohandelsinstituts e. V., Verl. DHI, Dt. Handelsinstitut, Köln 1994, ISBN 3-87257-160-5
- Gschwantner, Martin: Statistische Methoden der Marktforschung, dargestellt am Beispiel einer Kundenzufriedenheitsanalyse im Baumarkt „Hornbach“ in Ansfelden; Innsbruck, Univ., Dipl.-Arb., 2004
- Haberer, Nina: Junge Frauen im Baumarkt: eine Beurteilung der Kommunikationspolitik aus Kundinnensicht; Wien, Wirtschaftsuniv., Dipl.-Arb., 2005
- Volker Hammel, Michael Lerchenmüller: Platzierungs- und Präsentationsoptimierung im Baumarkt am Beispiel des „Bausteinprojektes“ der Stinnes BauMarkt AG, Dipl.-Arb. Fachhochschule Nürtingen, 1995
- Sejnoha, Bettina: Instrumente und Maßnahmen der Personalentwicklung zur Implementierung von kundenorientiertem Verhalten bei Mitarbeitern im Einzelhandel, dargestellt am Beispiel der Stinnes BauMarkt AG, Dipl.-Arb. Fachhochschule Nürtingen, Esslingen 1996
- Das „Institut für Freizeitwirtschaft“, München, gibt regelmäßig bedeutende Analysen des DIY-Marktes heraus. Aktuell: „Der deutsche DIY-Markt bis 2020“, „Marktanalyse Do-it-yourself 2007“, „Heimwerker-Monitor DIY-Handel 2003: die 30 größten B+H-Markt-Gruppen im Urteil der Heimwerker“ sowie „Heimwerker-Monitor DIY-Industrie 2007“.
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Markt spezial 2002, Rohn Verlag