Paul Celan (* 23. November 1920 in Czernowitz (Cernauti) (Rumänien), † 20. April 1970 in Paris), eigentlich Paul Ancel (Celan ist ein Anagramm von Ancel), war ein Exponent der deutschsprachigen Lyriker der Nachkriegszeit.
Leben
Paul Celan wurde in Czernowitz (Cernauti), Rumänien (in der bis 1918 zu Österreich-Ungarn gehörenden Bukowina, heute in der Ukraine gelegen), als Sohn einer Familie deutschsprachiger Juden geboren. Er besuchte eine deutsch-hebräische Grundschule und später ein rumänisches Gymnasium, wo er 1938 sein Abitur machte. Im selben Jahr begann er sein Medizinstudium in Tours, kehrte jedoch ein Jahr später nach Czernowitz zurück, um dort Romanistik zu studieren. 1940 wurde die nördliche Bukowina und somit auch Czernowitz von den Sowjets besetzt, Celan konnte seine Studien fortsetzen. Als aber 1941 rumänische und deutsche Truppen Czernowitz besetzten, wurden die Juden gezwungen, in ein Ghetto zu gehen. Seine Eltern wurden 1942 deportiert. In einem Lager in Transnistrien starb sein Vater an Typhus, seine Mutter wurde erschossen.
Von 1942 bis 1943 wurde er in verschiedenen rumänischen Arbeitslagern festgehalten und musste Zwangsarbeit im südmoldauischen Straßenbau leisten. Nach der Befreiung durch die Sowjets kehrte Celan wohl im Dezember 1944 nach Czernowitz zurück und nahm sein Studium wieder auf (Anm. Czernowitz wurde August 1944 von den Sowjets eingenommen). Zwischen 1945 und 1947 hielt er sich in Bukarest auf und arbeitete dort als Lektor und Übersetzer. 1947 flüchtete er über Ungarn nach Wien und übersiedelte 1948 nach Paris. Im selben Jahr erschein mit Der Sand aus den Urnen der erste wichtige Gedichtband.
In Paris lernte er 1951 seine künftige Frau Gisèle de Lestrange kennen, die er ein Jahr später heiratete. 1952 erschien auch Mohn und Gedächtnis mit dem berühmten Gedicht Todesfuge. 1955 erhielt er die französische Staatsbürgerschaft. 1955 wurde ihr Sohn Eric geboren (als zweites Kind, das erste Kind starb 1953 kurz nach der Geburt).
Im April 1967 entschieden er und seine Frau, in Zukunft getrennt voneinander zu leben. In der Nacht vom 19. auf den 20. April 1970 starb er, vermutlich durch Freitod.
Auszeichnungen
Werke
- Der Sand aus den Urnen, Wien 1948
- Mohn und Gedächtnis, 1952
- Von Schwelle zu Schwelle, 1955
- Sprachgitter, 1959
- Der Meridian, 1961 (Rede anlässlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preises 1960)
- Die Niemandsrose, 1963
- Atemwende, 1967
- Fadensonnen, 1968
- Lichtzwang, 1970
- Schneepart (Nachlass), 1971
- Zeitgehöft (Nachlass), 1976
- Die Gedichte - Kommentierte Gesamtausgabe in einem Band, hrsg. und kommentiert von Barbara Wiedemann, Frankfurt am Main (Suhrkamp), 2003, ISBN 3518413902; TB-Ausg.: 2005, ISBN 3518456652
Briefe / Briefwechsel
- Paul Celan - Nelly Sachs Briefwechsel, hrsg. von Barbara Wiedemann, Frankfurt/Main 1993
- Paul Celan - Franz Wurm Briefwechsel, hrsg. von Barbara Wiedemann in Verbindung mit Franz Wurm, Frankfurt/Main 1995
- Paul Celan - Erich Einhorn:"Einhorn: du weißt um die Steine...", Briefwechsel, Berlin 1999
- Paul Celan - Gisèle Celan-Lestrange Briefwechsel, Mit einer Auswahl von Briefen Paul Celans an seinen Sohn Eric, Aus dem Französischen von Eugen Helmlé, hrsg. und kommentiert von Bertrand Badiou in Verbindung mit Eric Celan, Anmerkungen übersetzt und für die deutsche Ausgabe eingerichtet von Barbara Wiedemann, Erster Band: Die Briefe, Zweiter Band: Kommentar, Frankfurt/Main 2001
- Paul Celan - Hanne und Hermann Lenz Briefwechsel, hrsg. von Barbara Wiedemann in Verbindung mit Hanne Lenz, Frankfurt/Main 2001
- Paul Celan:"Du mußt versuchen, auch den Schweigenden zu hören" - Briefe an Diet Kloos-Barendregt, Handschrift - Edition - Kommentar, hrsg. von Paul Sars unter Mitwirkung von Laurent Sprooten, Frankfurt/Main 2002
Literatur
- Peter Szondi: Celan-Studien, Hrsg. von Jean Bollack mit Henriette Beese, Wolfgang Fietkau, Hans-Hagen Hildebrandt, Gert Mattenklott, Senta Metz, Helen Stierlin, Frankfurt/Main (Suhrkamp) 1972
- Dietlind Meinecke (Hrsg.): Über Paul Celan, Frankfurt/Main (Suhrkamp) 1973
- Paul Celan, Text + Kritik Heft 53/54, München 1977
- Winfried Menninghaus: Paul Celan - Magie der Form, Frankfurt/Main (Suhrkamp) 1980
- Israel Chalfen: Paul Celan - Eine Biographie seiner Jugend, Frankfurt/Main (Insel) 1979 / (Suhrkamp) 1983
- Hans-Georg Gadamer: Wer bin Ich und wer bist Du? - Ein Kommentar zu Paul Celans Gedichtfolge 'Atemkristall', Frankfurt/Main 1986
- Werner Hamacher / Winfried Menninghaus (Hrsg.): Paul Celan, Frankfurt/Main (Suhrkamp Materialien) 1988
- John Felstiner: Paul Celan, Eine Biographie, München (C.H. Beck) 1997
- Bernhard Böschenstein / Sigrid Weigel (Hrsg.): Ingeborg Bachmann und Paul Celan - Poetische Korrespondenzen, Vierzehn Beiträge, Frankfurt/Main (Suhrkamp) 1997/2000
- Wolfgang Emmerich: Paul Celan, Reinbek (Rowohlt) 1999 ISBN 3-499-50397-2
- Barbara Wiedemann: Paul Celan - Die Goll-Affäre, Dokumente zu einer 'Infamie', Frankfurt/Main (Suhrkamp) 2000 ISBN 3-518-41178-0
- Jean Bollack: Paul Celan - Poetik der Fremdheit, Wien (Paul Zsolnay) 2000
- Hans-Michael Speier (Hrsg.): Gedichte von Paul Celan - Interpretationen, Stuttgart (Reclam) 2002
- Martin A. Hainz: Masken der Mehrdeutigkeit. Celan-Lektüren mit Adorno, Szondi und Derrida; (=Untersuchungen zur österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts 15); 2. Aufl., Wien (Braumüller) 2003
- Yoko Tawada: Das Tor des Übersetzers oder Celan liest Japanisch (aus: Talisman, Konkursbuchverlag 1996)
- "Es gibt Menschen, die behaupten, dass gute Literatur eigentlich unübersetzbar sei. ... Es gab aber Ausnahmen, wie z.B. die Gedichte von Paul Celan, die mich schon in der japanischen Übersetzung faszinierten. ... Celans Gedichtband Von Schwelle zu Schwelle. ... dass das Radikal ... (Tor) für diese Übersetzung eine entscheidende Rolle spiele. ... Genau dieses Radikal verkörperte die Übersetzbarkeit der Literatur Celans. ..." Yoko Tawada
Siehe auch
Liste deutschsprachiger Dichter, Elias Canetti, Herta Müller, Alexandru Vona
Weblinks
- suhrkamp
- lyrikwelt
- Perlentaucher
- lyrikline, Lesen und Hören
- Kommentierte Linksammlung
- Die Todesfuge - Eine multimediale Annäherung
- http://www.bewegungschiffren.de/unverklungen.html - "...gen Unverklungen...I & II"
Bewegungsperformance von Diana-Maria Sagvosdkina: Hommage à Paul Celan mit Neuer Musik von Erhard Karkoschka u.a. Radierungen von Gisèle Celan-Lestrange
- http://www.erhardkarkoschka.de - Neue Musik zu Werken von Paul Celan mit Hörproben
Personendaten | |
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NAME | Celan, Paul |
ALTERNATIVNAMEN | Paul Antschel |
KURZBESCHREIBUNG | deutschsprachiger Lyriker |
GEBURTSDATUM | 23. November 1920 |
GEBURTSORT | Czernowitz (Cernauti), Rumänien |
STERBEDATUM | 20. April 1970 |
STERBEORT | Paris |