Walter Farmer

amerikanischer Architekt, Designer und Offizier der United States Army
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Walter Ings Farmer (* 7. Juli 1911 in Alliance, Ohio; † 9. August 1997 in Cincinnati) war ein amerikanischer Architekt, Designer und Offizier der United States Army.

Er wirkte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ab Juni 1945 in der Amerikanischen Besatzungszone als Kunstschutzoffizier und leitete die Zentrale Sammelstelle für Kunstwerke in Wiesbaden. Im November 1945 initiierte er eine als „Wiesbadener Manifest“ bekanntgewordene Protestnote amerikanischer Kunstschutzoffiziere gegen die Überführung von Kunstschätzen aus deutschen Museen in die Vereinigten Staaten. Die Veröffentlichung dieses Manifests in amerikanischen Zeitungen bewirkte im April 1949 die Rückführung der Werke nach Deutschland. Ein Jahr vor seinem Tod erhielt Walter Farmer in Anerkennung seines Wirkens das Große Bundesverdienstkreuz.

Leben

Walter Farmer wurde 1911 in Alliance, Ohio geboren und erwarb 1935 einen Bachelor-Abschluss in Mathematik sowie einen Bachelor in Architecture an der Miami University. Er wirkte anschließend bis 1942 als Designer bei einer privaten Firma sowie von 1936 bis 1970 als Dozent am Cincinnati Art Museum. Im Jahr 1942 trat er in den Dienst der United States Army ein. Er wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Juni 1945 auf eigenen Wunsch der Monuments, Fine Arts and Archives Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas (MFA & A) zugeordnet und fungierte damit als Kunstschutzoffizier der Amerikanischen Militärregierung in Deutschland. In dieser Funktion oblag ihm die Einrichtung der Zentralen Sammelstelle (Central Collection Point) für Kunstwerke im Landesmuseum in Wiesbaden, als deren Direktor er fungierte. Hier wurden unter anderem Kunstschätze aus den Berliner Museen gelagert, die zuvor in Bergwerken in Thüringen verwahrt worden waren.

Am 6. November 1945 erhielt er per Telegramm den Befehl, die Überführung von 200 Werken aus der Berliner Gemäldegalerie sowie zwei Werken aus der Nationalgalerie Berlin in die Vereinigten Staaten vorzubereiten, darunter Gemälde von Tizian, Sandro Botticelli, Rembrandt van Rijn, Peter Paul Rubens und Lucas Cranach. Er organisierte am folgenden Tag ein Treffen der in Deutschland stationierten amerikanischen Kunstschutzoffiziere der MFA & A, bei dem diese eine als „Wiesbadener Manifest“ bekanntgewordene Protestnote verfassten. In dieser Erklärung schrieben sie unter anderem, „dass unseres Wissens keine historische Kränkung so langlebig ist und soviel gerechtfertigte Verbitterung hervorruft, wie die aus welchen Gründen auch immer erfolgte Wegnahme eines Teils des kulturellen Erbes einer Nation.“ Durch diesen Protest konnte allerdings der Transport der Werke in die National Gallery of Art in Washington D.C. nicht verhindert werden. Das Wiesbadener Manifest wurde jedoch im Januar und Februar 1946 in mehreren amerikanischen Zeitungen, darunter die New York Times, veröffentlicht, wodurch es zu Protesten insbesondere von Mitarbeitern amerikanischer Museen beim damaligen Präsidenten Harry S. Truman kam. Nach kontroversen Diskussionen und der Ausstellung der Gemälde in 13 amerikanischen Städten erfolgte schließlich im April 1949 deren Rückführung in die Zentrale Sammelstelle nach Wiesbaden.

Walter Farmer kehrte 1946 in die USA zurück, wo er bis 1949 als Designer in Houston tätig war und während dieser Zeit das dortige Contemporary Art Museum gründete. Von 1949 bis zu seinem Tod war er Designer und Inhaber einer eigenen Firma in Cincinnati. Darüber hinaus fungierte er von 1950 bis 1967 als Dozent an der University of Cincinnati. 1978 gründete er das Miami University Art Museum in Oxford, Ohio. Er war zweimal verheiratet und Vater einer Tochter, und starb 1997 in Cincinnati an den Folgen einer Krebserkrankung.

Auszeichnungen

Walter Farmer wurde 1973 mit der Ehrendoktorwürde der Miami University und 1996 in Anerkennung seiner Verdienste um die Rettung deutscher Kunstschätze mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland würdigte sein Wirken im Jahr 1997 mit dem Humanitären Preis der deutschen Freimaurer. Darüber hinaus erhielt er während seiner beruflichen Laufbahn mehrere Designerpreise.

Veröffentlichungen

  • The History Of The Miami University Art Museum 1966−1981: Carefully Supported With Original Documents And A Critique Of Its Last Two Years. Oxford OH 1981
  • In America since 1607: The Hollingsworth, Farmer, and Judkins Families, Their Ancestors, Descendants, And Many Related Families. Baltimore 1987 und Houston 2002
  • The Wiesbaden Manifesto of 7 November 1945. Berlin 1997
  • The Safekeepers: A Memoir Of The Arts At The End Of World War II. Cincinnati 1994 sowie Berlin und New York 2000; deutsche Ausgabe: Die Bewahrer des Erbes: Das Schicksal deutscher Kulturgüter am Ende des Zweiten Weltkrieges. Berlin 2002

Literatur

  • Walter Ings Farmer, Lebenslauf. In: Walter Farmer: Die Bewahrer des Erbes: Das Schicksal deutscher Kulturgüter am Ende des Zweiten Weltkrieges. Walter de Gruyter, Berlin 2002, ISBN 3-89-949010-X, S. 129
  • Gestorben: Walter Farmer, 86. In: Der Spiegel Ausgabe 34/1997 vom 18. August 1997, S. 210