Schmerz (v. althochdt.: smerzo) ist eine komplexe Sinnesempfindung, oft mit starker seelischer Komponente. Voraussetzung ist das Vorhandensein von Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) und die ungestörte Weiterleitung an das ZNS.
Die "International Association for the Study of Pain" versucht, den Begriff "Schmerz" so zu definieren:
"Schmerz ist eine unangenehme sensorische und gefühlsmäßige Er-fahrung, die mit bereits eingetretenen oder drohenden Verletzungen einhergeht oder als solche empfunden wird. Schmerz ist das, was der Patient als solches empfindet."
Schmerzentstehung
Schmerzrezeptoren, meist freie Nervenendigungen, reagieren auf verschiedene Arten der Reizung:
- thermische (Hitze, Kälte)
- mechanische (z.B. Durchtrennung, starker Druck)
- chemische
Schmerzrezeptoren benötigen einen vergleichsweise starken Reiz um erregt zu werden und adaptieren nicht (schnell wiederholter Reiz führt nicht zu einer Verminderung der Erregbarkeit). Die Aktivierbarkeit von Schmerzrezeptoren wird durch Stoffe, so genannte Schmerzmediatoren verändert (moduliert), im allgemeinen erhöht. Dazu gehören u.a. Prostaglandine, Bradykinine, Serotonin. Ebenfalls zu einer erhöhten Erregbarkeit führen Sauerstoffmangel im Gewebe (z.B. durch Infarkt bedingt), Absinken des pH-Wertes (CO2-Anstieg) oder Änderung der Blutsalzkonzentration (Elektrolytverschiebung).
Schmerzleitung
Die Nervenfasern, welche die Schmerzinformation weiterleiten können in schnelle (A-Delta-Fasern) und langsame (C-Fasern) unterteilt werden. C-Fasern sind entwicklungsgeschichtlich älter. Das erklärt die geringe Geschwindigkeit und die schwerer abgrenzbare Schmerzlokalisation ("Irgendwo am Unterschenkel"). Im Rückenmark kommt es einerseits zu Reflexverschaltungen, die eine Fluchtbewegung auslösen. Dabei ist der Schmerz noch nicht bewusst geworden (Zurückziehen der Hand, noch bevor die Herdplatte als heiß erkannt wurde). Andererseits gelangt die Information über den Vorderseitenstrang (Tractus spinothalamicus) in das Gehirn. In der Hirnrinde (Kortex) wird der Schmerz 'bewusst' und im limbischen System emotional bewertet.
Während der Verschaltung im Rückenmark kann das Schmerzempfinden durch körpereigene Stoffe (Endorphine) reduziert werden. Einige Schmerzmittel, z.B. Opiate setzen an dieser Stelle an.
Schmerzarten
Die bisher beschriebene Schmerzart ist ein physiologischer Schmerz. Das bedeutet, dass das Schmerzempfinden als Warnsignal für die Körperfunktion sinnvoll ist. Dabei spricht man von Nozizeptorenschmerz. Davon abzugrenzen ist der neuropathische Schmerz, der auf Schädigungen des Nervensystems zurück geht (z.B. durch Amputation, Querschnittslähmung, Viren oder dauerhaft hohen Blutzucker).
In Folge funktioneller Störungen kommen Schmerzen ebenfalls vor. Teilsysteme des Körpers funktionieren fehlerhaft (z.B. Durchblutungsfehlregulation führt zu Migräne) oder die Reaktion des Körpers auf Einflüsse von außen (Stress, Angst, Ekel ...) ist unpassend.
Schmerzqualitäten
klopfend, brennend, bohrend, lanzinierend (blitzartig, Lanzenstich), dumpf, hell, ziehend und stechend ... Dies sind Umschreibungen für unterschiedliches Schmerzempfinden. Der Arzt fragt diese im Patientengespräch ab und erhält so Hinweise auf Art und Ursache des Schmerzes.
Chronischer Schmerz
Schmerzen begleiten oft Erkrankungen oder Verletzungen, können aber als Schmerzsyndrom einen eigenen Krankheitswert erlangen. Der Schmerz besteht dabei über Monate und das Grundleiden ist entweder schwer, bzw. nicht therapierbar oder eine Ursache für den Schmerz nicht auffindbar.
Schmerzzustände sind für den Körper erlernbar. Wiederholt auftretende Schmerzen führen dabei zu intensiverem und längerem Schmerzempfinden, da dabei die Schmerzschwelle herabgesetzt wird. Deshalb ist eine frühzeitige und ausreichende Schmerzbekämpfung mit Medikamenten wichtig. Untersuchungen haben ergeben, dass in Deutschland gegenüber anderen Ländern Schmerzen oft unzureichend therapiert werden. Dies geht wahrscheinlich auf die tief verwurzelte und unbegründete Angst vor Abhängigkeit von Schmerzmedikamenten zurück.
Beispiele von Erkrankungen mit Schmerzen
- Kopfschmerzen:
- Migräne
- Clusterkopfschmerz,
- Spannungskopfschmerz,
- paroxysmale Hemikranie
- Gesichtsschmerzen:
- Trigeminusneuralgie
- Costen-Syndrom (myofaziale Dysfunktion), Dentalgie (= Zahn- Schmerz)
- Rückenschmerzen:
- Zervikobrachialgie (mittleres und unteres HWS-Syndrom,
- Zervikozephalgie, (oberes HWS-Syndrom), HWS = Halswirbelsäule
- BWS-Syndrom,
- LWS-Syndrome, Beckenringsyndrome,
- Lumboischialgien,
- Ischialgie
- Piriformis-Syndrom,
- Sakralgien,
- Kokzygodynien (= Steissbeinschmerzen)
- Gelenkschmerzen:
- Periarthropathia humeroscapularis,
- chronifiziertes Impingement-Syndrom,
- Epicondylopathia radialis und ulnaris (Tennisellenbogen )
- Handgelenks- und Fingerbereich,
- Schmerz bei Heberdenarthrose,
- Schmerzen bei Bouchard-Arthrose,
- Coxarthrose,
- Gonarthrose,
- Schmerzen der Sprung- und Fußgelenke
- Muskuläre Schmerzsyndrome:
- Fibromyalgie,
- Entzündliche Schmerzerkrankungen
- Polyarthritis
- Sacroileitis
- Nervenschädigungen
- Phantomschmerzen,
- Schmerz nach Schlaganfall
- Schmerz bei komplettem oder inkomplettem Querschnitt
- Schmerz bei Plexusausriss,
- Polyneuropathie,
- postzosterische Neuralgie (= Gürtelrose),
- Interkostalneuralgie
- Sympathalgien = vom sympathischen Nervensystem ausgehende Schmerzen
- Morbus Sudeck
- Kausalgie
- Bauchschmerzen
- Verwachsungsbauch
- Colon irritabile
- Ischämische Schmerzen (= Mangeldurchblutung )
- Tumorschmerzen
- Psychogene Schmerzerkrankungen
Schmerzbehandlung
- Ruhigstellung z.B. bei einem Knochenbruch
- Kühlung zb bei einem Sonnenbrand
- Lokale Wärme zb bei Muskelverspannungsschmerz
- Lokale Betäubung zb mit Xylocain
- Mechanische Beseitigung eines Steines oder anderen Hindernisses bei Darm-, Nieren-, Gallenkoliken.
- Nitrogylzerin bei Angina pectoris, Gallenkolik, Nierenkolik
- Betablocker bei Angina pectoris und rezidivierender Migräne
- NSAR und verwandte Substanzen
- Acetylsalizylsäure ( zb Aspirin )
- Paracetamol ( zb Parfalgan)
- Novaminsulfon ( zB Novalgin )
- Diclofenac ( zb Voltaren )
- Ibuprofen
- Opiate
- Tramadol
- Fentanyl ( zb Durogesicpflaster)
- Fortral
- Morphin
- Sedierung und Angstbeseitigung ( die meisten Schmerzen gehen mit Angst einher )
- Diazepam
- Antidepressivum
- Psychotherapie
- Physiotherapie
Siehe auch: Anästhesie, Schmerztherapie, Analgesie, Opiat, Leid, Schmerzen im Alter