Sowjetisches Kriegsverbrechen 1945 in Treuenbrietzen

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. November 2009 um 20:07 Uhr durch Itti (Diskussion | Beiträge) (Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: Datumskonventionen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Ein sowjetisches Kriegsverbrechen wurde in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges von Soldaten der 13. Armee der Roten Armee verübt. Dabei wurden in den letzten April- und ersten Maitagen 1945 in und um Treuenbrietzen eine unbekannte Zahl deutscher Zivilisten erschossen.[1]

Ein weiteres Massaker wurde an italienischen Militärinternierten verübt, die von einer Wehrmachtseinheit der 12. Armee in einer Kiesgrube bei dem nahe Treuenbrietzen gelegenen Dorf Nichel erschossen wurden. Bei diesem Kriegsverbrechen am 23. April 1945 wurden 127 Personen getötet. 4 Überlebende konnten dem Verbrechen entkommen.[2][3][4]

Tathergang

Am 11. April 1945 wurde der Ort erstmals von Verbänden der 13. Armee eingenommen. Die Truppenteile seien dann aber weiter nach Wittenberge gezogen. Am 21. April 1945 besetzte dann das 51. Gardepanzerregiment[5] (1. Ukrainische Front) die Stadt. Während einer typischen Siegesfeier mit reichlich Alkohol und entführten deutschen Frauen[6] kam es am 22. April in der sowjetischen Kommandantur zu einem tödlichen Streit. Hierbei wurde der Kommandant der Stadt, Oberstleutnant Fedor Schartschinski, erschossen.[1]

Morgens am 23. April eroberten aber Soldaten der 12. Armee[4] der Wehrmacht, verstärkt durch Mitglieder des Reichsarbeitsdienstes und Hitlerjungen vom Gauschwarm Berlin große Teile von Treuenbrietzen zurück. So war insbesondere die 215. Infanteriedivision Theodor Körner im Raum Treuenbrietzen nachweislich eingesetzt.[4] Erst am Nachmittag brachte die Rote Armee die Stadt wieder unter ihre Kontrolle. Dann kam es zu den Erschießungen. Mutmaßlicher Auslöser war der gewaltsame Tod des Kommandanten der Stadt am Vorabend.[6]

In und um Treuenbrietzen wurden beginnend am 23. April 1945 eine unbekannte Zahl deutscher Zivilisten erschossen. Dabei wurden die Opfer am Rand eines Waldes selektiert. Während die Frauen und Kinder weiterziehen durften, mussten die Männer heraustreten und wurden erschossen.[5][2] Augenzeugen sprechen von 800 ermordeten Einwohnern und Flüchtlingen, das örtliche Standesamt hat 254 von Angehörigen gemeldete Opfer registriert. Augenzeugen, die die Toten begraben mussten, haben bei einer Zahl von 721 Toten mit der Zählung aufgehört.[7] Heutige Schätzungen reichen bis zu etwa 1000 Toten.[1][8][7]

Die Opfer dieses Verbrechens der Roten Armee wurden nach Kriegsende auf dem Triftfriedhof beigesetzt, dort gibt es sechs Massengräber, in denen die Toten in zwölf Reihen übereinander liegen[7], offiziell registriert wurden hier lediglich 125 Zivilisten.[9]

Gedenken

Die Gedenkstätte für die Opfer beider Massaker findet sich in der Goethestraße. In der DDR wurden sie als Opfer eines Bombenangriffes ausgegeben, den es aber nachweislich nicht gegeben hatte.[10] Ein ehemaliger SED-Funktionär beziffert die Zahl der Toten bis heute mit 88.[6]

Der 23. April 1945 wird in Treuenbrietzen seit 1995 offiziell als Gedenktag der Opfer beider Massaker gedacht. Inzwischen kommen auch Italiener und Russen aus den Botschaften zu dieser Gedenkfeier.[1][11]

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Seit dem Herbst 2008 ermittelte erstmals die Staatsanwaltschaft Potsdam aufgrund dieses Massakers in Treuenbrietzen gegen ehemalige Soldaten der Roten Armee wegen "Mordes gegen unbekannt".[12] Tätig wurde die Staatsanwaltschaft Potsdam aufgrund der Anzeige des "Forums für Aufklärung und Erneuerung".[7][5][13] Weil jedoch deutsche Gerichte für strafbare Handlungen der Alliierten laut Kontrollratsgesetz Nr. 4 nicht zuständig sind, besteht ein Verfahrenshindernis, sodass die Staatsanwaltschaft Potsdam das Verfahren 2009 einstellen musste.[14]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d Die Welt: Massaker in Treuenbrietzen – das Tabu ist gebrochen vom 29. November 2008.
  2. a b Der Tagesspiegel: Stadt ohne Männer vom 21. Juni 2006.
  3. Mitteldeutsche Zeitung: Rätsel um zwei Massaker vom 2. Januar 2009.
  4. a b c die tageszeitung: Ludwigsburgs letzte Mordpuzzles vom 17. Mai 2005.
  5. a b c Der Spiegel: Späte Bemühungen vom 29. Dezember 2008, S. 31.
  6. a b c Berliner Zeitung: Der Obelisk wankt vom 8. Mai 1998.
  7. a b c d Berliner Zeitung: Das Massaker von Treuenbrietzen vom 25. November 2008.
  8. Berliner Morgenpost: Justiz ermittelt wegen Massaker von 1945 vom 25. November 2008.
  9. Regina Scheer: Der Umgang mit den Denkmälern. Eine Recherche in Brandenburg. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung/Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg. Der Umgang mit den Denkmälern, S. 90
  10. Potsdamer Neueste Nachrichten: Ermittler prüfen Massaker Erschoss Rote Armee in Treuenbrietzen Hunderte? vom 24. November 2008.
  11. Neues Deutschland: Die Lebenden und die Toten von Treuenbrietzen vom 8. Januar 2009.
  12. Junge Freiheit: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sowjetische Soldaten vom 24. November 2008.
  13. Märkische Allgemeine: Staatsanwaltschaft erhofft sich Informationen aus russischen Archiven zur Erschießung Hunderter Zivilisten im April 1945 in Treuenbrietzen vom 27. November 2008.
  14. "Massaker der Sowjets bleibt ungesühnt" - Tagesspiegel vom 31. Oktober 2009