Zehmen (Ort)

ehemalige Gemeinde und jetzige zu der sächsischen Stadt Böhlen gehörende Ortswüstung
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Zehmen war ein Dorf mit Rittergut südlich von Leipzig in der Pleißenaue gelegen. Das Gut war bis Ende des 16. Jahrhunderts im Besitz der sächsischen Adelsfamilie von Zehmen, als deren Stammsitz es gilt. 1957 musste Zehmen dem Braunkohlebergbau weichen und wurde durch den Tagebau Espenhain überbaggert. Die Fläche ist inzwischen rekultiviert und bildet jetzt die Ostseite des Rückhaltebeckens Stöhna.

Zehmen auf einer Karte von 1907

Lage

Zehmen lag etwa 12 km südlich von Leipzig an der Ostseite der Pleißenaue, die wegen des geringen Flussgefälles durch zahlreiche Flussverzweigungen und -mäander zwischen Wiesen und kleinen Waldungen gekennzeichnet war und dadurch einen parkähnlichen Charakter aufwies.

Die Nachbarorte von Zehmen waren im Uhrzeigersinn, von Norden beginnend, Cröbern, Magdeborn, Rüben, Stöhna und Großdeuben mit Probstdeuben.

Verkehr

Am östlichen Rand der Pleißenaue verlief die mittelalterliche Handelsstraße Via Imperii und berührte Zehmen. Später verlief die Poststraße Leipzig–Altenburg auf der gleichen Route. Mit der Verlegung auf die hochwassersicherere Trasse über Magdeborn (später F 95) verlor Zehmen den Anschluss an das Fernstraßennetz. Die Sächsisch-Bayrische Eisenbahn verlief westlich der Pleiße, so dass für Zehmen der nächstgelegene Bahnhof Großdeuben war, der aber wegen fehlender Pleißebrücken auch nicht auf kürzestem Wege zu erreichen war.

Geschichte

 
Die Kirche von Zehmen um 1840
 
Das Herrenhaus des Rittergutes Zehmen um 1860

1206 wurde Zehmen als Herrensitz eines Fricericus de Cemin erstmalig erwähnt. Damit hatte auch das zugehörige Dorf seinen Namen, der sich seitdem nur unwesentlich geändert hat: 1279 – Zemin, 1322 – Ztemim, 1350 – Zcemin, 1378 – Czemen, und ab ca. 1750 Zehmen.

Bis 1596 blieb das Rittergut im Besitz der Familie von Zehmen. Die folgenden Besitzer hießen Rothhaupt (bis 1658), Meyer, von Trützschler (bis 1737), Bollmann, Mauru (1756–1770), Leplay (1770–1779), Schmiedel und Volckmar[1]. 1945 wurde das Gut im Zuge der Bodenreform enteignet, und mit dem zugehörigen Land wurden Neubauernstellen eingerichtet.

1620 wurde die Kirche in ihrer letzten Form erbaut aber erst 1747 durch einen Turm komplettiert. Zehmen bildete mit der Nachbargemeinde Rüben eine Parochie, wobei die Rübener Kirche als Filialkirche galt. Gemeinsame Kirchschullehrer von Zehmen und Rüben werden seit Beginn des 17. Jahrhunderts genannt.[2]

Die Entwicklung der Einwohnerzahl von Zehmen verlief wie folgt: [3]

Jahr 1834 1871 1890 1910 1925 1939 1946 1950 1957
Einwohner 270 352 376 408 443 500 506 554 580

Ab 1957 wurden die Einwohner von Zehmen umgesiedelt, der Ort devastiert und das Gelände vom Braunkohlentagebau Espenhain überbaggert. Die Pleiße wurde verlegt und begradigt. Nach der Rekultivierung des Geländes befindet sich die Stelle des ehemaligen Ortskerns von Zehmen am Ostufer des Rückhaltebeckens Stöhna.

Sehenswürdigkeit

Obwohl der Ort nicht mehr existiert, ist dennoch eine Sehenswürdigkeit erhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aus dem Rittergut Zehmen eine wertvolle, auf Leinwand gemalte Tapete im chinoisen Stil ins Museum für angewandte Kunst Leipzig (Grassimuseum) übernommen. Nach sorgfältiger Restaurierung ziert sie seit der Wiedereröffnung des Museums 2007 einen ganzen Raum und ist ein Glanzstück der Ständigen Ausstellung „Antike bis Historismus“.

Literatur

  • G. A. Poenicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen nach der Natur neu aufgenommen von F. Heise, Architect. I. Section: Leipziger Kreis. Leipzig [um 1860].
  • Sachsens Kirchen-Galerie. Band: Inspectionen Leipzig und Grimma. Hermann Schmidt, Dresden 1837–1845

Einzelnachweise

  1. Eintrag auf Schlossarchiv.de
  2. Sachsens Kirchen-Galerie. Band: Inspectionen Leipzig und Grimma. Hermann Schmidt, Dresden 1837–1845, S. 85.
  3. Digitales Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen

Koordinaten: 51° 13′ 50″ N, 12° 24′ 25″ O