Gerhard Schröder

deutscher Politiker (SPD), 7. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland von 1998 bis 2005
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Der folgende Artikel bezieht sich auf den seit 1998 amtierenden 7. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Es gab einen deutschen CDU-Politiker und Außenminister gleichen Namens; siehe Gerhard Schröder (CDU).


Gerhard Schröder
Gerhard Schröder

Dr. h.c. Dr. jur. h.c. Gerhard Fritz Kurt Schröder (* 7. April 1944 in Mossenberg (heute Stadtteil von Blomberg (Lippe), Kreis Lippe)) ist amtierender Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Leben

Gerhard Schröder ist Sohn einer Arbeiterfamilie, die aus insgesamt fünf Geschwistern bestand. Sein Vater fiel im 2. Weltkrieg in Rumänien.

1968 heiratet er Eva Schubach, die Ehe wird nach vier Jahren, 1972, geschieden.

Noch im gleichen Jahr heiratet er die Lehramtsanwärterin Anne Taschenmacher, von der er sich 1984 scheiden lässt.

Nach diesen zwei Scheidungen heiratet er 1984 Hiltrud Hampel, diese Ehe wird 1997 wieder geschieden. Danach heiratet er die Journalistin Doris Köpf.

Lebenslauf

  • 1951-58 Volksschule
  • 1958-61 Lehre als Einzelhandelskaufmann in Lemgo, Totalverweigerung des Wehr- oder Zivildienstes
  • 1961-63 Bauhilfsarbeiter und kaufmännischer Angestellter in Göttingen
  • 1962-64 Abendschule, Mittlere Reife
  • 1963 Eintritt in die SPD
  • 1964-66 Kolleg des 2. Bildungsweges mit Abitur
  • 1966-71 Jurastudium in Göttingen
  • 1971 1. und 1976 2. Staatsexamen
  • 1971 Vorsitzender der Jusos im Bezirk Hannover
  • 1973 Mitglied der ÖTV Hannover
  • 1976 Zulassung als Rechtsanwalt in Hannover
  • 1978-90 Arbeit als selbständiger Rechtsanwalt
  • 1978-80 Bundesvorsitzender der Jungsozialisten (Jusos),
  • 1980-86 und seit 1998 Mitglied des Bundestags.
  • 1983 Vorsitzender des SPD-Bezirks Hannover
  • 1986 SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Niedersachsen. Er verfehlt die absolute Mehrheit gegen CDU/FDP und geht daher in die Opposition.
  • 1986-98 Mitglied des Landtags
  • 1988 gescheitertes Misstrauensvotum gegen Ernst Albrecht, den Ministerpräsidenten der CDU
  • 1990-98 Ministerpräsident von Niedersachsen, bis 1994 rot-grüne Koalition
  • 1994 Absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen in Niedersachsen
  • seit 1998 Bundeskanzler (wiedergewählt 2002)
  • 1999-2004 Parteivorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) (wiedergewählt 1999, 2001 und 2003)
  • 2004 Abgabe des Parteivorsitzes an Franz Müntefering

Arbeit als Bundeskanzler

Am 27. Oktober 1998 wurde Schröder der 7. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Die Regierung wird von einer Koalition aus SPD und Bündnis90/Die Grünen gestellt. Schröder ist damit der dritte sozialdemokratische Kanzler der Bundesrepublik. Sein Regierungsstil wird, je nach politischer Einstellung, als pragmatisch, sachorientiert, visionslos, ziellos oder populistisch eingestuft.

Projekt Rot-Grün

Mit dem Amtsantritt Gerhard Schröders kam das erste mal seit 16 Jahren wieder ein sozialdemokratischer Kanzler an die Macht. Die Protagonisten stammen überwiegend aus der 68er-Bewegung, die nach dem Marsch durch die Institutionen auf Bundesebene politische Macht ausüben konnten. Da ebenfalls das erste mal Vertreter der neuen sozialen Bewegungen an die Regierung gelangten, bürgerte es sich schnell ein vom besonderen Projekt Rot-Grün zu sprechen, das einen Wandel in der politischen Kultur Deutschlands verkörpere.

Die Regierungsarbeit begann mit einigen Schwierigkeiten. Oskar Lafontaine trat 1999 nach einem intensiven Machtkampf mit Schröder überraschend als SPD-Vorsitzender und Bundesfinanzminister zurück. Daraufhin wurde Schröder Bundesvorsitzender seiner Partei und Hans Eichel Finanzminister.

Probleme in der rot-grünen Koalition zeigten sich in den Themen Atomausstieg, Asylbewerber, Waffenexporte und Kosovo-Krieg.

Nachdem das erste Regierungsjahr für die rotgrüne Koalition sehr schwierig verlief und in einer Serie von Landtags- bzw. Europawahlniederlagen 1999 endete, konnte sich das Kabinett Schröder zwischenzeitlich im Zuge der CDU-Spendenaffäre konsolidieren. Allerdings hielt diese Konsolidierung nicht allzu lange an. Die SPD sank in den Meinungsumfragen, insbesondere linke Kritiker aus SPD und Grünen, stellten sich bei den Politikprojekten quer.

Schröder musste mehrmals die Einheit der Koalition durch mehr oder weniger versteckte Vertrauensfragen beziehungsweise Rücktrittsdrohungen erzwingen.

Am 22. September 2002 errangen SPD und Grüne bei der Bundestagswahl 2002 eine knappe Mehrheit für eine Fortsetzung der Koalition unter Gerhard Schröder. Als wahlentscheidend wurden von Beobachtern vor allem zwei Faktoren herausgestellt: Einerseits die Flutkatastrophe, die kurz zuvor Ostdeutschland heimgesucht hatte, bei der sich Gerhard Schröder und andere Regierungspolitiker in der Rolle von Krisenbewältigern zeigen konnten. Andererseits die von der Bundesregierung zum Teil populistisch zugespitzte Ablehnung des von den USA geplanten Irak-Kriegs sowie die programmatische Schwäche der Opposition. Die Regierung selbst bezeichnete den Wahlsieg als Ergebnis einer kulturellen Hegemonie, die rot-grün in einer zunehmend kosmopolitischen und postmaterialistischen Bundesrepublik erlangt hätten.

Nach dieser knappen Wahlentscheidung 2002 und der Wiederwahl zum Bundeskanzler am 22. Oktober 2002 folgt eine Zeit der Konflikte der Regierungskoalition und eine Folge von Rekordtiefständen in den Meinungsumfragen für die SPD.

Am 6. Februar 2004 gab Schröder bekannt, dass auf einem Sonderparteitag der SPD Ende März der bisherige Vorsitzende der SPD-Fraktion, Franz Müntefering, zum neuen Vorsitzenden der SPD gewählt werden solle. Er rechtfertigt seine kurzfristig getroffene Entscheidung damit, sich "nun noch intensiver um Regierungsangelegenheiten kümmern" zu können. Die meisten Beobachter sehen es ein Versuch den rapiden Einbruch der Meinungsumfragen (die SPD steht schlechter da als je zuvor in der Geschichte der politischen Meinungsforschung als auch den Mitgliederschwund der SPD aufzuhalten.

Berater und Kommissionen

Der Regierungsstil Schröders zeichnet sich dadurch aus, dass er auf eine Vielzahl von beratenden Gremien und Komissionen neben im Grundgesetz dafür vorgesehenen Institutionen zurückgreift. Diese Komissionen werden meist öffentlichkeitswirksa inszeniert. Laut Schröder sollen sie dazu dienen, einen breiten Konsens der Experten bei der angestrebten Reformen sicherzustellen. Kritiker werfen ihm vor, damit grundlegende Mechanismen der Demokratie auszuhebeln. Zu den Kommissionen gehören das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit, der nationale Ethikrat, die Weizsäcker-Kommission zur Zukunft der Bundeswehr, die Süssmuth-Kommission zur Zuwanderung nach Deutschland, die Kommission Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz-Kommission) und die Rürup-Kommission zur Zukunft der Sozialsysteme.

Insbesondere durch seine Agenda 2010, die die Sozialsysteme reformieren soll, stürzte er in den Umfragen der Meinungsforschungsinstitute ab. Kritiker aus dem linken Flügel der SPD und aus den Gewerkschaften sprechen von massivem Sozialabbau. Kritiker aus den Industrieverbänden bemängeln vor allem die aus ihrer Sicht zögerliche Umsetzung der Vorschläge, die keine "echten Reformen" darstellten, sondern bestenfalls Notbehelfe.

Krieg und Frieden

In die Amstzeit Schröders fallen die ersten Einsätze der Bundeswegr ausserhalb des NATO-Gebiets. Einheiten der Armee beteiligten sich an Kriegen in Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro und in Afghanistan. Einen möglichen Angriff auf den Irak lehnte die Regierung im Bundestagswahlkampf 2002 strikt ab und verweigerte später auch den Einsatz von Kampftruppen im Irak. Die Koalition begründete dies mit dem Ende des Kalten Krieges, der eine Neuausrichtung deutscher Außenpolitik notwendig mache. Die Position Deutschlands in der Welt müsse sich "Normalisieren", auch Deutschland für die Sicherheit in der Welt "Verantwortung tragen".

Die Beteiligungen führten zu teilweise heftigen Protesten in der Öffentlichkeit. Die Kriege wurden teilweise als Völkerrechtswidrig und als gegen die entsprechenden Artikel des Grundgesetzes stehend betrachtet. Gerade bei einer rot-grünen Koalition seien solche Einsätze "Verrat", da sowohl SPD als auch insbesondere die Grünen tief in der Friedensbewegung verwurzelt seien. Zu wirklichen Massendemonstrationen in Deutschland kan es jedoch erst beim dritten Golfkrieg, an dem die Bundesrepublik nicht direkt beteiligt war.

Während des Krieges einiger NATO-Staaten (unter anderem Deutschland) gegen Jugoslawien 1999 wurden viele Strafanzeigen gegen Gerhard Schröder gestellt, weil der Krieg als - im Grundgesetz verbotener – Angriffskrieg betrachtet wurde. Generalbundesanwalt Kay Nehm leitete keine Ermittlungen ein, da er keinen Straftatsbestand erfüllt sah. Das Distrikts- bzw. Kreisgericht in Belgrad verurteilte Gerhard Schröder am 21. September 2000 zu 20 Jahren Gefängnis.

Nach dem Terrorangriff auf die USA am 11. September 2001 erklärte Schröder seine "uneingeschränkte Solidarität" mit den USA. Diese Haltung verband er mit der Vertrauensfrage, die er am 16. November 2001 im Bundestag knapp für sich entschied.


Sonstiges & Trivialitäten

Gerhard Schröder erhielt am 30. Dezember 2002 von der Tongji-Universität in Schanghai den Ehrendoktortitel verliehen. Im Juni 2003 nahm er den Ehrendoktor in Jura von der Petersburger Universität an.

Kurz nach der Wahl zum Bundeskanzler 1998 fiel Schröder durch die für sozialdemokratische Politiker bis dahin unübliche Zurschaustellung von Luxus (teure Anzüge, Zigarren) und einen Auftritt in der Talkshow "Wetten, dass ... ?" auf. Er brachte den Begriff der "Neuen Mitte" ins Spiel, die er nie ganz definieren konnte. Wegen seines vergleichsweise guten Verhältnisses zur Wirtschaft wurde er vor allem in seiner ersten Amtszeit in den Medien gern als der "Genosse der Bosse" bezeichnet. Nach dem Börsencrash Mitte 2000 ließ dieser Gestus Schröders wieder deutlich nach.

Anfang 2002 verbreitete die Nachrichtenagentur ddp das Gerücht, dass Schröder sich die Haare färbe, was dieser vehement bestritt. In einem Prozess vor dem Hamburger Landgericht setzte Schröder eine Unterlassungsverfügung durch. ddp darf seitdem die Behauptung nicht mehr verbreiten [1].

Während seiner aktiven Hobbyfußballerzeit trug Schröder als Stürmer den Spitznamen Acker, weil er nie aufsteckte und stets den Rasen "durchpflügte".

Siehe auch:


Ministerpräsidenten von Niedersachsen:
Hinrich Wilhelm Kopf | Heinrich Hellwege | Georg Diederrichs | Alfred Kubel | Ernst Albrecht | Gerhard Schröder | Gerhard Glogowski | Sigmar Gabriel | Christian Wulff


Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland:
Konrad Adenauer | Ludwig Erhard | Kurt Georg Kiesinger | Willy Brandt | Helmut Schmidt | Helmut Kohl | Gerhard Schröder


Bundesvorsitzender der SPD:
Kurt Schumacher | Erich Ollenhauer | Willy Brandt | Hans-Jochen Vogel | Björn Engholm | Johannes Rau | Rudolf Scharping | Oskar Lafontaine |
Gerhard Schröder |