Der Landser

Heftromanreihe
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Der Landser ist der Titel einer wöchentlich im Verlag Pabel-Moewig erscheinenden Reihe Kriegsromanhefte.

Allgemein

Der Landser erscheint seit 1957, im Januar 2006 erschien das Heft Nummer 2500. Die Reihe ist der letzte Vertreter der nach 1945 zahlreich erschienenen deutschen Romanserien zum Zweiten Weltkrieg. Begründet wurde die Serie von dem ehemaligen Oberfeldwebel Bertold K. Jochim, der bis zu seinem Tod in der Redaktion tätig war, zuletzt als Chefredakteur. Sein Nachfolger als Chefredakteur ist Guntram Schulze-Wegener. Die Auflage beträgt nach Angabe des Spiegel seit den 1990er Jahren etwa 60.000 pro Heftroman.[1] Der Landser gilt als kriegsverherrlichend.[2] In den 1950er Jahren wurden elf[3] Ausgaben des Landsers von der neu gegründeten Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert.[4]

Nach eigenen Angaben war die Heftserie vor allem für ehemalige Wehrmachtsoldaten konzipiert worden, in denen der Verlag auch einen Großteil seiner Leserschaft vermutete. Untersuchungen zeigten jedoch, dass bereits Ende der 1950er Jahre ein Großteil der Leser aus Jugendlichen bestand.[5]. Zudem geht man davon aus, dass bis zur Wiedervereinigung etwa 60-80 % der Leser aus männlichen Jugendlichen unter 18 Jahren bestand[6]. Die Auflagenzahl lag Ende der 50er Jahre bei etwa 500.000 pro Monat und fiel dann bis zu Beginn der 1980er Jahre deutlich ab. Seit der Wiedervereinigung stieg die Anzahl der Leser wieder, insbesondere im nationalistischen und rechtsradikalen Umfeld in Ostdeutschland entwickelte sich „Der Landser“ zu einer häufigen Lektüre.[1]

Bei den "Landser"-Autoren handelt es sich meist um ehemalige Wehrmachtsoffiziere, die über Fronterfahrung und möglichst exakte Kenntnisse zu Truppenstandorten und Einheitsbezeichnungen verfügen.[5] Viele von ihnen sind ehemalige NSDAP-Mitglieder und haben vorher oft als Kriegsberichterstatter für das Propagandaministerium gearbeitet.[6] Zu den Autoren gehören neben dem Serienbegründer Bertold K. Jochim unter Anderem Kurt Ziesel, Hans Möller-Witten, Alex Buchner, Fritz-Otto Busch, Werner Haupt, Heinz A. Eckert und Günter Fraschka[6][5].

Inhalte und Darstellung

Ein Landser-Heft besteht gewöhnlich aus vermeintlichen Augenzeugenberichten und angeblich persönlichen Erfahrungen von Wehrmachtsoldaten aus dem Zweiten Weltkrieg[6][2][7], die meist in romanartigen Form dargestellt werden. Die Schilderungen erfolgen aus der Perspektive des „einfachen Soldaten“, des sogenannten „Landsers“. Der „Landser“ ist zumeist ein Offizier mittleren oder niedrigeren Ranges, da sich Mannschaftsdienstgrade nicht besonders als Heldenfiguren eignen.[6] Zusätzlich enthalten die Hefte Informationen in Wort und Bild über militärische Dienstgrade und Auszeichnungen, Waffen und technisches Gerät, sowie Kurzbiographien von Ritterkreuzträgern[2][8].

Während die Landser-Hefte in den frühen sechziger Jahren noch die branchenüblichen Kleinanzeigen für Mittel gegen Bettnässen, Versandhäuser, „Schön anliegende Ohren“, Potenzmittel, usw. enthielten, so waren sie in den 70-er fast werbefrei.[9] Ausnahmen bildeten Anzeigen folgender Art:

  • „Neu: Die echte Wehrmachtsuhr ist wieder da! Die Nachfolgerin der sagenhaft robusten und zuverlässigen alten deutschen Wehrmachtsuhr. Gefertigt vom früheren Hersteller. Jetzt mit automatischem Selbstaufzug und Kalender. Die Uhr, die nicht kaputtzukriegen war. Die Uhr, die nie einen „Landser“ im Stich ließ...“[9][6]

Seit den 90er Jahren sind jedoch wieder verstärkt Werbung und Kleinanzeigen in den Heften zu finden, vor Allem für kleinere Verlage mit Literatur zum Dritten Reich, Devotionalienhändler und rechtsextreme Künstler wie Frank Rennicke.[6]

Die einzelnen Geschichten sind meist korrekt in ihren technischen Details und historisch akkurat im Kleinen, wobei allerdings einzelne Schilderungen nicht immer realistisch sind[7]. Im Großen wirken sie jedoch historisch verfälschend, indem sie dem Leser konsequent wichtige Kontextinformationen vorenthalten. So werden Kriegsgründe, Antisemitismus und Rassismus, größere gesellschaftliche, politische und strategische Zusammenhänge, deutsche Kriegsverbrechen nie erwähnt[2]. Die beschrieben Kriegserlebnisse besitzen keinen Kontext. Der Kampf der deutschen Soldaten wird unterschwellig als berechtigt dargestellt, Regierungsmitglieder und führende Köpfe des Dritten Reiches werden entweder nicht erwähnt oder neutral beschrieben, diverse NS-Organisationen werden sogar oft in ein positives Licht gerückt[2][6].

Kritik

Eigenen Angaben zufolge vermitteln die Geschichten der Landser-Hefte eine kriegskritische, pazifistische Grundhaltung, indem sie die Schrecken des Krieges illustrieren. Oft wird dies auch explizit in einem Vorwort oder Nachwort zu einer Geschichte behauptet.[6] Kritiker halten dies jedoch für floskelhafte Zusätze, die mit den tatsächlich vermittelten Werten nichts gemein haben, sondern eine reine Schutzbehauptung seien, um eine Indizierung als jugendgefährdend zu vermeiden.[6] In Wirklichkeit sei der Landser hingegen eine den Krieg ästhetisierende Narrative, die ein falsches verherrlichendes Bild vom Zweiten Weltkrieg entwerfe.[2] Seit den 1960er Jahren ist der Landser immer wieder als jugendgefährdend bezeichnet worden.[2] Der Spiegel bezeichnete „Der Landser“ in einem Artikel einmal als „Fachorgan für die Verklärung der Wehrmacht“[1] und der Autor Ernst Antoni sieht ihn als „Einstiegsdroge in die Neonazi-Szene“[6]. Nicht nur die Kritiker zweifeln an der von den Autoren behaupteten pazifistischen Grundhaltung, sondern auch ihre oft nationalistisch orientierten Leser sehen diese nicht. So sagt zum Beispiel der Landser-Leser und NPD-Kreisvorsitzende von Neustrelitz Steffen Reichow, dass er im Landser keine pazifistische Tendenz erkennen könne.[1]

Ausgaben

Neben dem Landser erscheinen in ähnlichem Stil die Reihen Der Landser-Großband (vierzehntäglich, diese Reihe hieß zwischenzeitlich Der Landser-Sonderband) mit militärgeschichtlichen Darstellungen zum Zweiten Weltkrieg und Der Landser-SOS (monatlich, je zwei Geschichten in Nachauflage), vornehmlich mit Berichten über Gefechte der Deutschen Kriegsmarine im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Des Weiteren werden aber auch Ereignisse der älteren Seekriegsgeschichte und der zivilen Schifffahrt dargestellt. Die Reihe Der Landser Spionage, die Ende der 1950er Jahre erschien, wurde schon bald wieder eingestellt, während die Titel der ebenfalls in den 1950er Jahren begonnenen Reihe Der Landser Ritterkreuzträger jetzt als Großband erscheinen. Die Reihe SOS - Schicksale deutscher Schiffe lief von 1953 bis 1960 und wird seitdem unter wechselnden Titeln und teils veränderter Reihenfolge immer wieder neu aufgelegt. Die Reihe Soldatengeschichten (130 Bände, 1957-ca. 1961) wird teils in der Hauptreihe neu aufgelegt. Unter wechselnden Reihentitel wie So lachte der Landser oder 3 mal kurz gelacht (im Untertitel durchgängig Humor in Uniform enthalten) erschien (1958-1986, 331 Ausgaben) eine Reihe mit Witzen und humoristischen Kurzgeschichten.

Seit März 2008 erscheinen auch sporadisch "DER LANDSER Spezial", 130 Seiten starke Taschenhefte mit ausgewählten Themen.

Am 30. September 2008 erschien das erste Heft der neuen Reihe "Fliegergeschichten aus dem 2. Weltkrieg", diese Reihe erscheint nun monatlich. Dies ist die Neuauflage der Reihen Fliegergeschichten (1953-1961, 206 Ausgaben), Fliegergeschichten Sonderband (1957-1960, 46 Ausgaben) sowie Soldatengeschichten und Fliegergeschichten (ca.1961-1964, Band 131-202 - Fortsetzung von Soldatengeschichten).

Ebenfalls erscheinen folgende Sammelbände unregelmäßig, aber mehrmals im Jahr: Landser - Sammelband Grün, hier sind entweder drei Kleinbände oder zwei Kleinbände & ein SOS-Band enthalten. Außerdem gibt es den Landser - Sammelband Blau, hier sind zwei Großbände enthalten. Seit kurzem gibt es auch den Landser-Großband Spezial Sammelband, hier werden vier Großbände in einem hellblau gehaltenen Cover geboten.

In unregelmäßigen Abständen werden Nachdrucke alter Landser-Hefte aus den Anfangsjahren mit der ursprünglichen Deckblattgestaltung als Beilage zu den regulären Landser-Heften aufgelegt.

Literatur

  • Klaus F. Geiger: Kriegsromanhefte in der BRD. Inhalte und Funktionen, Untersuchungen des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen; Bd. 35, Tübinger Vereinigung für Volkskunde, Tübingen 1974, ISBN 3-925340-08-4
  • Ernst Antoni: Landser-Hefte. Wegbereiter für den Rechtsradikalismus, PDI, München 1979, ISBN 978-3882060157
  • Habbo Knoch: Der späte Sieg des Landsers - Populäre Kriegserinnerungen der fünfziger Jahre als visuelle Geschichtspolitik, in: Arbeitskreis Historische Bildforschung (Hrsg.): Der Krieg im Bild - Bilder vom Krieg, Frankfurt a. M. / New York 2003, ISBN 3-631-39479-9, S.163-186.
  • Dirk Wilking: "Der Landser" - Wie ein Mann ein Mann wird (pdf). In Wolfram Hülsemann, Michael Kohlstruck (Hrsg): Mobiles Beratungsteam - Einblicke. Brandenburgische Universitätsdruckerei 2004, ISBN 3-00-015288-1, S. 61-95
  • Torben Fischer, Matthias N. Lorenz: Lexikon der "Vergangenheitsbewältigung" in Deutschland: Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945. transcript Verlag 2007, ISBN 978-3-89942-773-8, S. 115-117 (eingeschränkte Online-Version (Google Books))
  • Bernd Lemke, Reiner App: Der Weltkrieg im Groschenheft-Format, Über den Lektüre-Reiz der Landser-Romane und ihre Verherrlichung des Zweiten Weltkriegs, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht (GWU), 11/2005, ISSN 0016-9056, S. 636-641
  • Bernd Lemke: Die verkappte Verherrlichung. Der Zweite Weltkrieg in den "Landser"-Kriegsromanen, in: Newsletter des Arbeitskreis Militärgeschichte e.V., Nr. 8, Dezember 1998, ISSN 1434-7873, S. 20–23

Einzelnachweise

  1. a b c d Kampferprobte Verbände. In DER SPIEGEL 32/1998 vom 3. August 1998, Seite 28
  2. a b c d e f g Torben Fischer, Matthias N. Lorenz: Lexikon der "Vergangenheitsbewältigung" in Deutschland: Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945. transcript Verlag 2007, ISBN 9783899427738, S. 115-117 (eingeschränkte Online-Version (Google Books))
  3. Jörg Weigand: Der zweite Weltkrieg im Roman. Bethold K. Jochim (1921–2002) – Der Begründer der „Landser“-Romanheftreihen. in: JugendMedienSchutz-Report vom August 2004.
  4. Corinna Bochmann: Jugendgefährdende Medien im Rechtsextremismus aus Sicht der BPJM (PDF). S.1. Jahrestagung 2006.
  5. a b c Aus allen Rohren In DER SPIEGEL 43/1959 vom 21. Oktober 1959, Seite 76
  6. a b c d e f g h i j k Dirk Wilking: "Der Landser" - Wie ein Mann ein Mann wird (pdf). In Wolfram Hülsemann, Michael Kohlstruck (Hrsg): Mobiles Beratungsteam - Einblicke. Brandenburgische Universitätsdruckerei 2004, ISBN 3-00-015288-1, S. 61-95
  7. a b Tobias Kaufmann: Vom Feind umschlossen, in: die tageszeitung am 18. Juli 2000. (Online Version)
  8. Angaben auf der Webseite des Verlages
  9. a b Ernst Antoni: Landser-Hefte. Wegbereiter für den Rechtsradikalismus, PDI, München 1979, ISBN 978-3882060157, S. 16