R-36M

ballistische Interkontinentalrakete aus sowjetischer Produktion
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Die R-36M (NATO-Codename SS-18 Satan) ist eine ballistische Interkontinentalrakete aus sowjetischer Produktion. Der GRAU-Index lautet 15A14, die herstellerinterne Bezeichnung wird mit R-36M „Wojewoda“ angegeben. Der Systemindex der russischen Streitkräfte lautet RS-20.

US-Senator Richard Lugar inspiziert die Demilitarisierung einer SS-18 Interkontinentalrakete
Start einer Dnepr-Rakete, einer demilitarisierten R-36MUTTCh (SS-18 mod 4)

Entwicklung

Die SS-18 Satan entstand als Nachfolgesystem der R-36 (SS-9 Scap). Das neue System wurde ab 1976 in Dienst gestellt und zur Bekämpfung von verbunkerten Zielen wie Raketensilos konzipiert. Die SS-18 war die größte jemals während des Kalten Krieges gebaute und in Dienst gestellte Interkontinentalrakete. Mit der SS-18 lassen sich sämtliche strategischen Ziele, wie gehärtete Raketensilos und unterirdische Kommandobunker bekämpfen.

Insgesamt wurden 380 Systeme hergestellt. Sämtliche Raketen wurden in speziellen Silos stationiert. In der damaligen Sowjetunion entstanden die folgenden SS-18 Garnisonen:

Die SS-18 wurde immer wieder der aktuellen Bedrohungslage angepasst. Es entstanden die folgenden Varianten:

  • SS-18 Satan mod 1 (RS-20A) mit einem Multimegatonnen-Sprengkopf und einer Reichweite von 11.200 km
  • SS-18 Satan mod 2 (RS-20A1) mit 8 MIRV Sprengköpfen und einer Reichweite von 10.200 km
  • SS-18 Satan mod 3 (RS-20A2 Wojewoda) mit 8 MIRV Sprengköpfen und einer Reichweite von 16.000 km
  • SS-18 Satan mod 4 (RS-20B) mit 10 MIRV Sprengköpfen und einer Reichweite von 11.000 km
  • SS-18 Satan mod 5/6 (RS-20V Ikar) mit 10 MIRV Sprengköpfen und einer Reichweite von 11.000 km bzw. 1 x 20 MT
Nicht realisierte Varianten
  • Version RS-20A-1 mit 38 MIRV Sprengköpfen mit einer Sprengkraft zu je 250 kT
  • Version RS-20A-2 mit 24 MIRV Sprengköpfen mit einer Sprengkraft zu je 500 kT
  • Version RS-20S-3 mit 17 MIRV Sprengköpfen mit einer Sprengkraft zu je 1000 kT
Weitere Projekte
  • Projekt RS-20A2-12 mit 28 MARV Sprengköpfen mit einer Sprengkraft zu je 250 kT
  • Projekt RS-20B-14 mit 19 MARV Sprengköpfen mit einer Sprengkraft zu je 500 kT

In den 1980er Jahren arbeitete man auch an einer Variante, welche mit 10 MIRV Sprengköpfen mit Milzbrand bestückt war.

Zivile Version

Technik

Die R-36M ist Nachfolger der R-36. Alle Versionen sind zweistufige Flüssigtreibstoff-Raketen. Als Treibstoff verwendete die R-36M die lagerfähigen Flüssigtreibstoffe UDMH und Stickstofftetroxid. Die MIRV Sprengköpfe sind auf einem sogenannten Post-Boost-Vehicle (PBV) montiert. Die Steuerung der SS-18 erfolgt mittels einer Trägheitsnavigationsplattform. Es wird eine Präzision (CEP) von 250-500 m (je nach Version) erreicht. Die Lenkwaffen werden kalt aus speziell gepanzerten Silos gestartet, welche in der Nähe stattfindenden Nuklearexplosionen widerstehen können. Diese Silos können einem Außendruck von 422 kg/cm² (430 bar) standhalten.

Status

Die R-36M in ihren verschiedenen Varianten bildete während den 1980er und 1990er Jahren das Rückgrat der russischen Nuklearstreitkräfte. Im Juli des Jahres 2009 besaßen die russischen Streitkräfte noch 59 R-36MUTTCh/M2 Systeme. Die R-36MUTTCh (Mod 4) sollen komplett ausgemustert werden, während die R-36M2 (Mod 5) bis in den Zeitraum 2015 bis 2020 in Dienst bleiben soll. Die derzeit noch in Dienst befindlichen R-36MUTTCh wurden wahrscheinlich 1986 stationiert und tragen einen einzelnen 20MT Sprengkopf. Die aktiven R-36M2 stammen aus den Jahren 1988 bis 1992 und tragen jeweils 10 800 kT Sprengköpfe.[1][2] Zur Instandhaltung der Raketen wurde 2006 ein Vertrag zwischen der Ukraine und Russland geschlossen, welcher 2008 von der Duma ratifiziert werden soll. Der bisher letzte Start einer R-36 MUTTCh (Mod 4 als Dnepr) fand am 29. Juli 2009 von Baikonur statt, eine R-36M2 (Mod 5) wurde zuletzt am 21. Dezember 2006 ebenfalls von Baikonur gestartet. Laut Russischen Medien wird bereits ein Nachfolger entwickelt. [1]

Technische Daten

System RS-20A RS-20A1 RS-20A2 Voevoda RS-20B RS-20V Ikar
Lenkwaffe 15A14 15A14M 15A18 15A18M 15A18M1
NATO-Code SS-18 Satan mod 1 SS-18 Satan mod 2 SS-18 Satan mod 3 SS-18 Satan mod 4 SS-18 Satan mod 5/6
Einführungsjahr 1974 1978 unbekannt 1979 1988
Antrieb 2 Stufen Flüssigtreibstoff plus PBV 2 Stufen Flüssigtreibstoff plus PBV 2 Stufen Flüssigtreibstoff plus PBV 2 Stufen Flüssigtreibstoff plus PBV 2 Stufen Flüssigtreibstoff plus PBV
Länge 32,61 m 32,61 m 32,61 m 37,25 m 36,20 m
Rumpfdurchmesser 3,00 m 3,00 m 3,00 m 3,00 m 3,00 m
Gewicht 209.600 kg 209.600 kg 210.000 kg 211.000 kg 211.100 kg
Nutzlast 7.200 kg 7.575 kg 8.800 kg 8.800 kg 7.575 kg
Sprengkopf 1 RV Nuklear 18 oder 25 MT 8 MIRV Nuklear 550 kT 8 MIRV Nuklear 800 kT 10 MIRV Nuklear 500 kT plus Täuschkörper 10 MIRV Nuklear 750 kT plus Täuschkörper (Mod 5) oder 1 x 20 MT (Mod 6)
Einsatzreichweite 11.200 km 10.200 km 16.000 km 11.000 km 11.000 km / 16.000 km
Treffergenauigkeit (CEP) 550 m 500 m 350 m 250 m 500 m

Siehe auch

Quellenangaben

  1. Pavel Podvig, "The Window of Vulnerability That Wasn't: Soviet Military Buildup in the 1970s--A Research Note", International Security, Summer 2008, Vol. 33, No. 1: 118-138
  2. Nuclear Notebook: U.S. and Soviet/Russian intercontinental ballistic missiles, 1959–2008
  • Russian Strategic Nuclear Forces by Frank von Hippel, Pavel Podvig
  • JANE'S STRATEGIC WEAPON SYSTEMS Edition 2005 Jane's Verlag
  • Landgestützte sowjetische/russische ballistische Lenkwaffen DTIG - Defense Threat Informations Group, Juli 2005