Berliner Schloss

ehemalige Residenz der preußischen Könige, Sitz des Humboldt Forums
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Das Berliner Stadtschloss war die Hauptresidenz (Winterresidenz) der Kurfürsten von Brandenburg, später der Könige in bzw. von Preußen und der Deutschen Kaiser des Deutschen Reiches.

Es stand auf der Spreeinsel in Berlin-Mitte. Nach der Novemberrevolution von 1918 fungierte es als Museum und wurde von zahlreichen anderen Mietern genutzt, so etwa von der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft oder der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss schwer beschädigt, ließ sich jedoch immer noch als Veranstaltungsort nutzen. Am 7. September 1950 wurde es auf Geheiß von Walter Ulbricht gesprengt.

Baugeschichte

Gegründet wurde der Bau durch Kurfürst Friedrich II., genannt Eisenzahn (14401470). An der Stelle des späteren Schlüterhofes und Hof III stand zunächst eine Burg, welche die sich auf der Spreeinsel kreuzenden Handelswege kontrollieren sollte. 1465 wurde die bedeutende spätgotische Erasmuskapelle eingebaut. Kurfürst Joachim II. (15351571) trägt die spätmittelalterliche Burg weitgehend ab und lässt an seiner Stelle durch die Baumeister Caspar Theiss und Kunz Buntschuh nach dem Vorbild des Schlosses in Torgau eine prachtvolle und bedeutsame Renaissance-Residenz errichten.

 
Der Schlossbrunnen 1905

Unter Kurfürst Johann Georg (15711598) entstand durch den Hofbaumeister Rochus Graf zu Lynar der Westflügel und Hofabschluss, sowie die nördlich anschließende Hofapotheke. Kurfürst Friedrich Wilhelm (16401688), der Große Kurfürst, ließ das nach dem Dreißigjährigen Krieg ziemlich verfallene Schloss wieder herrichten. In der Spätzeit seines Regiments entstanden bedeutende Innenräume, wie die Kugelkammer oder die Braunschweigische Galerie. Letztere wurde in dem durch Johann Arnold Nering ausgeführten Galerietrakt an der Spree eingebaut.

Unter Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. in Preußen, kam es zum Ausbau des Schlosses zur großartigen Königsresidenz. Ab 1699 baute Andreas Schlüter das Schloss zum bedeutendsten Profanbau des protestantischen Barocks aus. Da der durch ihn entworfene Münzturm an der Nordwestecke des Schlosses aus statischen Gründen abgetragen werden musste, wurde Schlüter 1706 als Hofbaumeister unehrenhaft entlassen, blieb aber als Hofbildhauer im Amt. Schlüters Posten übernahm sein Konkurrent Johann Eosander von Göthe, der einen großartigen Erweiterungsplan für das Schloss vorlegte. In einer modifizierten Form sollte dieser Plan ausgeführt werden, was jedoch durch den Tod Friedrichs I. nur unzulänglich geschah. Denn sein Nachfolger König Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig, entließ aus Sparsamkeit und angesichts der tatsächlich ruinierten Staatsfinanzen die meisten Künstler und ließ das Schloss durch den unbedeutenden Schüler Eosanders, Heinrich Böhme vollenden.

 
Spreeinsel mit Stadtschloss (auf dem Pharus-Plan von 1902)

Mit Ausnahme des Kuppelbaus durch Friedrich August Stüler und Albert Schadow (18451850) nach einen Entwurf von Karl Friedrich Schinkel erfolgten nur noch kleinere Änderungen am Außenbau. Das Innere erfuhr bis zuletzt zahlreiche, zum Teil künstlerisch bedeutsame Veränderungen. Erwähnenswert sind die dekorativen Arbeiten durch Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, Carl von Gontard, Carl Gotthard Langhans, Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff und Karl Friedrich Schinkel.

Das Schloss wurde während des Zweiten Weltkrieges am 3. Februar 1945 von mehreren Bomben bis auf die Außenmauern und die tragenden Wände und wenige Teile der Innenausstattung zerstört. Von 1945 bis Anfang 1950 wurden Teile der Ruine, darunter der Weiße Saal, notdürftig für Ausstellungszwecke instandgesetzt und genutzt. Ein Wiederaufbau wäre möglich gewesen, aber die DDR-Führung sah das Schloss als Symbol des „preußischen Militarismus“ und beschloss dessen Sprengung. Diese wurde am 7. September 1950 durchgeführt.

Im Anschluss an die Sprengung wurde der Marx-Engels-Platz mit dem Palast der Republik (fertiggestellt 1976) und dem Staatsratsgebäude (fertiggestellt 1964) errichtet. In das Staatsratsgebäude wurde dabei das Portal IV des Stadtschlosses, von dem aus am 9. November 1918 Karl Liebknecht die „sozialistische Republik“ ausgerufen hatte, integriert.

Künstlerische Bedeutung

Zusammen mit den umliegenden Gebäuden ergab sich in der Mitte Berlins ein einzigartiges architektonisches Ensemble. Wenngleich das Berliner Schloss stets ein Torso blieb, ist es als eines der Hauptwerke des protestantischen Profanbaus des Barocks von überragender Bedeutung für die Kunstgeschichte. An erster Stelle sind dabei die Arbeiten Schlüters zu nennen, der als eines der großen Genies der barocken Baukunst und Plastik kongenial an Berninis Seite tritt. Eosanders Beitrag - insbesondere sein nicht ausgeführter Erweiterungsentwurf - sind zwar auch bedeutsam, jedoch fällt sein Schaffen in seiner stilistischen Durchführung gegenüber Schlüter deutlich ab. Mit den klassizistischen Inneneinrichtungen entstehen etwa hundert Jahre nach Schlüter durch verschiedene Künstler erneut Raumfolgen, die in ihrer Epoche zur qualitativen Spitzenleistungen gehören. Insgesamt stellte das Berliner Schloss im europäischen Kontext einen Residenzbau aller ersten Ranges dar.

Kurioses

Im Berliner Stadtschloss soll sich auch die als "Hausgespenst" der Hohenzollern anzusehende Weiße Frau ihr Unwesen getrieben haben.

Sie wurde erstmals 1628 gesehen, später nochmals in den Jahren 1840 und 1850.

Diskussion um den Wiederaufbau

Bereits unmittelbar nach den Kriegszerstörungen war ein Wiederaufbau des Schlosses gefordert worden, einstimmig hatten sich kulturelle Gremien Berlins dafür ausgesprochen, ebenso die Akademie der Wissenschaften und das Denkmalamt.

Der politisch motivierte Abriss konnte nicht verhindern, dass sich auch in den folgenden Jahren Stimmen für einen Wiederaufbau erhoben. Walter Ulbricht gab dem schließlich nach und versprach öffentlich, bei besserer Wirtschaftslage das Schloss, allerdings an einem anderen Ort, wieder aufzubauen.

Der Bau des Palastes der Republik machte zwar einen Wiederaufbau auf dem Platz vorerst noch unwahrscheinlicher, war aber auch Anlass von Seiten Erich Honeckers, die Sprengung des Schlosses öffentlich als Fehler zu deklamieren. Erneut wurde von Seiten einzelner Personen aus Ost wie West ein Wiederaufbau gefordert und von der DDR-Führung zumindest in Betracht gezogen (der Wiederaufbau historischer Gebäude auch nach völliger Zerstörung war in anderen sozialistischen Staaten wie Polen oder der UDSSR bereits erfolgt und deshalb nichts ungewöhnliches). Konkrete Planungen dazu wurden allerdings, schon allein aufgrund der brisären Lage der DDR-Staatsfinanzen, nicht gefasst.

Sofort nach der Wende flammte die Diskussion in Berlin, ob das Schloss wiedererrichtet werden sollte, wieder auf. Damit begann nicht nur eine bis heute andauernde öffentliche Debatte um den Schlossbau, sondern auch um den Umgang und das Selbstverständnis der Deutschen mit ihrem wiedervereinigten Staat und seiner Geschichte. Im Jahr 1993 gründeten sich zwei private Initiativen, die Gesellschaft Berliner Schloss e.V., und der Förderverein Berliner Schloss e.V. um den Hamburger Kaufmann Wilhelm von Boddien. Er setzte durch, dass im Jahr 1993 für mehrere Monate eine farbige Leinwandinstallation mit gemalten Schlossfassaden auf den Konturen des Schlosses aufgestellt und so zumindest eine Attrappe des Schlosses an den Ort zurückkehrte, um den Berlinern das seit 43 Jahren fehlende Schloss wieder ins Gedächtnis zu rufen. Dies war das erste sichtbare Zeichen für die Initiative eines Wiederaufbaus. Auf diese Weise geriet das Schloss auch verstärkt ins Medieninteresse.

Die Schlossbefürworter wollen mit einem Wiederaufbau des Stadtschlosses folgendes erreichen:

  • Die Schließung der Lücke des historischen Stadtbildes am Platz, an dem alle Gebäude um das Schloss herum gruppiert und teils in ihren Sichtachsen auch auf das Schloss bezogen waren,
  • Die Wiederherstellung des Kunstwerkes an sich, dessen künstlerische Qualität auch unter den Schlossgegnern nicht debattiert wird,
  • Die Wiedergewinnung der Identität des historischen Ortes in der Stadt mit dem preußischen Königsschloss als Mittelpunkt der Geschichte Berlins, Deutschlands und auch Preußens,
  • Die Schaffung eines Bezugspunktes für die Mitte Berlins, eines zentralen, identitätsträchtigen Gebäudes.
  • Der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden zeige, dass ein solches Projekt der völligen Rekonstruktion eines historischen Bauwerks technisch machbar sei.

Dagegen hielten und halten die Schlossgegner unter anderem:

  • Ein wiedererrichtetes Gebäude einer vergangenen Zeitepoche wäre eine Absage an die Architektur der Gegenwart,
  • Da es sich u.a. um ein Symbol des deutschen Kaiserreichs handelt, wäre ein Wiederaufbau ein undemokratisches, antimodernistisches politisches Signal
  • Einem Wiederaufbau des Schlosses müsse der Palast der Republik weichen, der mindestens ebenso historisch bedeutsam sei,
  • die gegenwärtige Haushaltslage sowohl Berlins als auch des Bundes verbiete derartige Großprojekte mit unbestimmtem wirtschaftlichen Nutzen.
  • es gar nicht möglich wäre, ein so detailreiches Kunstwerk neu erstehen zu lassen, weil keine Originalpläne mehr vorhanden seien, die künstlerische Fähigkeit heute nicht mehr vorhanden wäre etc.

Die Diskussion wird beiderseits durchaus scharf und polemisch geführt, was einmal mehr deutlich macht daß es hier um mehr geht als um ein bloßes Bauwerk, sondern um das Setzen politischer und kultureller Symbole.

Entscheidung für den Wiederaufbau

Datei:Berliner schloss.jpg
Das Berliner Schloss als Installation (bedruckte Planen)


Während die Mehrheit der (befragten) Berliner sich in den meisten Umfragen für das Schloss und in den restlichen Umfragen zumindest eher für das Schloss als für den Palast der Republik entschieden hatten, sich außerdem viele Prominente Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und auch Sport für das Schloss ausgesprochen hatten, äußerten sich viele Architekten und einige Denkmalpfleger kritisch gegenüber einer Rekonstruktion.

Nach aktuellem Stand(März 2005) sind die Berliner mehrheitlich (46%) für die Wiedererrichtung des Schlosses gegenüber dem Erhalt des Palastes der Republik, einem Neubau oder einer Grünfläche.

Die von Bundesregierung und Berliner Senat im Jahr 2000 eingesetzte Kommission Historische Mitte Berlins unter der Leitung des Wiener Stadtbaudirektors Hans Swoboda stellte 2002 fest, dass ein Neubau für den Schlossplatz aus ästhetischen wie urbanen Gesichtspunkten her müsse und das dieser, um das Stadtbild sinnvoll zu schließen, zumindest die Kubatur, möglichst aber wenigstens die drei Barockfassaden und die Kuppel tragen müsse. Damit war eine unabhängige, seriöse und sachliche Empfehlung gegeben, der auch die prominenteren Schlossgegner nicht viel hinzufügen konnten.

Schließlich wurden für eine Bebauung des Platzes zwei Alternativen aufgeführt: Ein Wettbewerb für einen Neubau, der auf jeden Fall die Kubaturen des Schlosses aufnehmen müsse und für den ebenso ein Wiederaufbau des Schlosses selbst zugelassen wäre ("Lasst Schlüter beim Wettbewerb mitmachen"); oder ein unmittelbarer Wettbewerb für einen Wiederaufbau des Schlosses selber, mit mindestens den drei Schlüterschen Barockfassaden. Im Juli 2002 stimmte der Bundestag mit eindeutiger Mehrheit für die Variante 2, also den Wettbewerb zum Wiederaufbau. Damit war ein demokratisch legitimierter und endgültig gefasster Beschluss auf dem Tisch. Die Debatte um einen Wiederaufbau hat damit allerdings nicht geendet, selbst nicht, als der Bundestag seinen Beschluss im November 2003 fast einstimmig bestätigte.

Nutzungskonzept

Das Neue Schloss soll nicht (nur) "um des Schlosses willen" entstehen, sondern konkrete Aufgaben übernehmen. Neben der historischen und stadtsymbolischen Funktion soll es mehrere über Berlin verteilter Museen (Museum für vorderasiatische Kunst, Museum für Islamische Kunst, Museum für Ur- und Frühgeschichte, die Medizinische Sammlung Rudolf Virchows u.a.) in sich vereinen und zu einem kulturellen Veranstaltungsort der Bürger, einer Agora, werden. Auf diese Weise soll an die wissenschaftlich-kulturelle Vergangenheit des Ortes angeknüpft werden, an dem sich Staat (Schloss), Kirche (Dom) und Wissenschaft (Museen) vereinen. Wissenschaftliche Organisationen sollen Büroflächen im Schloss erhalten, wie dies schon zwischen 1919 und 1945 der Fall war. Ein Konferenzzentrum soll an Stelle des vorderen Schlosshofes treten. Der Schlüterhof (hinterer Schlosshof) soll überdacht und zum Konzert- und Veranstaltungssaal der Stadt werden.


Konkrete Planung

Aufgrund der Finanzlage des Bundes wird eine laute Forderung nach Baubeginn weder von Regierungs- noch von Oppositionsseite erhoben. Wahrscheinlich ist eine erste Aufführung im Bundeshaushalt 2007. Bis dahin lässt der Förderverein Berliner Schloss e.V. bereits auf eigene Kosten Muster und Studien der Baudetails anfertigen, um die Zeit einigermaßen ausfüllen zu können, bis der erste Spatenstich getan wird. Der Abriss des Palastes der Republik soll bis zur Fußball-WM 2006 beendet sein, er wird Gerüchten zu Folge für den Oktober 2005 angesetzt.

Bis heute nicht klar sind die Ausmaße der Rekonstruktion des Schlosses. Festgelegt wurden lediglich der Wiederaufbau der Nord, West- und Südfassade sowie des Schlüterhofs, einem der beiden Schlosshöfe. Als wahrscheinlich gilt eine Rekonstruktion der Kuppel über dem Westportal, der zumindest schlichte Einbau der zehn bedeutendsten Räume des Schlosses und des kunsthistorisch bedeutenden Treppenhauses. Noch umstritten sind die Rekonstruktion der Ostfassade aus der Renaissancezeit und des Apothekenflügels, der sich an der Nordseite zum Dom hin anschließt.

Nach Aussage des Schlossvereins wird der Baubeginn mit 2006/2007 angeben, die Fertigstellung wird nicht vor 2015 erfolgen.

Der Verein möchte die Mehrkosten der Schlossfassaden gegenüber einem modernen Bau in Höhe von 75 Millionen Euro selbst aufbringen, zumindest einen mehrfach millionenfachen Betrag hat er nach eigener Aussage bereits zusammen. Ab 2005 werben verschiedene Berliner Großunternehmen, die auch als Hauptspender auftreten, für Spenden. Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG haben einige Fahrzeuge äußerlich mit Werbematerial für den Schlossverein ausgekleidet, der allmählich eine mehr oder minder "offizielle" Rolle übernimmt.

Literatur

  • Wilhelm von Boddien, Helmut Engel (Hrsg.): Die Berliner Schlossdebatte. Pro und Contra. Berlin-Verlag Spitz, Berlin 2000 ISBN 3-8305-0106-4
  • Eberhard Cyran: Das Schloß an der Spree. Die Geschichte eines Bauwerks und einer Dynastie. 6. Auflage. Arani, Berlin 1995 ISBN 3-7605-8502-7
  • Kristin Feireiss (Hrsg.): Das Schloß? Eine Ausstellung über die Mitte Berlins. Redaktion: Kristin Feireiss und Wilhelm von Boddien. Ernst, Berlin 1993 ISBN 3-433-02431-6 (Ausstellungskatalog)
  • Guido Hinterkeuser: Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter. Siedler, Berlin 2003 ISBN 3-88680-792-4
  • Goerd Peschken, Hans-Werner Klünner: Das Berliner Schloss. Das klassische Berlin. 4. Auflage. Propyläen, Berlin 1998 ISBN 3-549-06652-X
  • Luiselotte Wiesinger: Das Berliner Schloss. Von der kurfürstlichen Residenz zum Königsschloss. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1989 ISBN 3-534-09234-1

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