Kultur der Schweiz

Überblick über die Kultur in der Schweiz
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. Februar 2004 um 17:21 Uhr durch Katharina (Diskussion | Beiträge) (erg. Textilindustrie). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Kultur der Schweiz ist von den Nachbarländern beeinflusst, aber über die Jahre hat sich eine eigenständige Kultur entwickelt. Die Schweiz wird allgemeinhin nicht als eines der kulturellen Zentren Europas betrachtet, aber diese Sichtweise kann täuschen. Im Ausland, besonders im weiter entfernten, sind die Schweizer besonders für ihre Banken, ihren Käse und ihre Schokolade bekannt, was jedoch der Vielfalt der Schweizer Kultur nicht gerecht wird.

Datei:Bild:ThomasMann.jpg
Thomas Mann

Viele kulturell aktive Schweizer und Schweizerinnen haben sich im Ausland niedergelassen, oft weil ihre Möglichkeiten im Heimatland beschränkt waren. Besonders Architekten gehören zu den Auswanderern. Andererseits hat die Neutralität der Schweiz kreative Köpfe aus der ganzen Welt angezogen. In Kriegszeiten wurde Künstlern politisches Asyl gewährt, heutzutage sind es die tiefen Steuern, die anziehend wirken. Als in den 1930er und 40er Jahren der Faschismus sich in Europa ausbreitete, haben Schriftsteller aus Deutschland, Österreich und Italien in der Schweiz Zuflucht gesucht, so zum Beispiel Thomas Mann, Stefan George und Ignazio Silone.

Die Aufteilung der Schweiz in mehrere Sprach- und somit auch Kulturregionen macht es schwierig, von einer einheitlichen Schweizer Kultur zu sprechen. Die drei grösseren Sprachregionen werden von den jeweiligen Nachbarländern stark beeinflusst, während die rätoromanische Kultur keinen "grossen Bruder" hat.

Medien

Zeitungen sind meist regional, aber es gibt auch bekannte Zeitungen mit nationaler Verbreitung. Einige der nationalen Zeitungen sind bekannt für ihre ausführliche Berichterstattung, besonders von internationalen Ereignissen. Die Neue Zürcher Zeitung aus Zürich und die Tribune de Genève aus Genf sind zwei der bedeutendsten Zeitungen.

Wie in allen industrialisierten Ländern spielt auch in der Schweiz das Fernsehen eine große Rolle in der zeitgenössischen Kultur. Das nationale Fernsehen umfasst drei Kanäle, je einer für die drei größten Sprachregionen. Dort sind auch Känale aus dem gleichsprachigen Nachbarland beliebt. Die Regierung subventioniert Sendungen auf Rätoromanisch. Amerikanische Filme und Fernsehserien sind in allen Sprachgebieten der Schweiz einflussreich. Im Kino besteht beinahe das gesamte Programm aus amerikanischen Produktionen.

Bräuche

Regionale Bräuche werden von Vereinen in der gesamten Schweiz aufrecht erhalten. Bräuche umfassen vor allem Musik, Tanz, Theater, Dichtung, Schnitzerei und Stickarbeiten. Eine große Anzahl von lokalen Bräuchen und Riten steht in Zusammenhang mit den Jahreszeiten. Obwohl Jodeln oft mit der Schweiz verbunden wird, ist es nicht weit verbreitet. Jodeln war ursprünglich auf einige Bergregionen beschränkt. Dasselbe gilt für die Handorgel (Harmonika), die manchmal Schwiizerörgeli genannt wird. Dies impliziert ein typisch schweizerisches Musikinstrument.

Das Alphorn, auch Alpenhorn genannt, ist ein trompetenähnliches Blasinstrument aus Holz. Das Alphorn hatte vor dem Aufkommen des Tourismus' nur eine kleine Verbreitung, hat sich aber zusammen mit der Handorgel und dem Jodeln als Sinnbild der Schweizer Musik durchgesetzt.

Die Melodien der Volkslieder variieren zwischen den einzelnen Regionen. Beliebte Themen sind Liebe, das Heimatland, Bauernarbeit und Jagd.

Die traditionelle Kultur in den Bergen zeigt sich vor allem in den verschiedenen Tänzen. Der Schuhplattler ist ein Beispiel dieser ausdrucksreichen Tänze, charakteristisch für diesen ist die schnelle Abfolge von Springen und Hüpfen. Kleine Musikensembles können in vielen Gebieten gefunden werden, speziell aber in den Bergen und in der Westschweiz.

Schnitzereien werden meist zur Verzierung von Alltagsobjekten verwendet. Beispiele sind verzierte Melkstühle, Glockenbänder, Holzlöffel oder Gehstöcke. Es werden auch häufig Figuren geschnitzt, speziell Krippenfiguren. In einigen Regionen werden die Fassaden der Häuser mit Schnitzereien verziert. Dies ist besonders im protestantischen Berner Oberland der Fall. In katholischen Gebieten ist sind solche Verzierungen viel seltener anzutreffen. Der Beruf des Schnitzers wird heute nur noch an der Schnitzlerschule Brienz ausgebildet.

Eine lange Tradition hat in der Schweiz die Textilindustrie. Stickerei findet in der Verzierung von Trachtenen Verwendung. Die Trachten sind häufig nur an prominenten Punkten bestickt, wie beispielsweise Kragen oder Hut. In der Vergangenheit war Stickerei ein bedeutender Zweig der Heimindustrie, heute produzieren nur noch ein paar wenige, ausgewählte Firmen die weltberühmten St. Galler Stickereien, die beispielsweise in der Pariser Haute Couture Verwendung finden. Daneben war die Schweiz im 19. Jahrhundert berühmt für ihre Spitzen, die ebenfalls in den Sonntagstrachten der Frauen (Hauben, Handschuhe) Verwendung fand sowie in der viktorianischen Modewelt.

Architektur

Die Schweiz hat eine lange Tradition der Architektur. Der Stil der Romanik des 12. Jahrhundert zeigt sich in den Kathedralen von Basel, Sion, Chur, Genf und Lausanne. Dieser opulente Stil findet sich auch in vielen Schlössern und Burgen, die oft gut erhalten sind. Die Kathedralen von Schaffhausen, Zug und Zürich sind im Stil der Gotik, jene von Einsiedeln und St. Gallen im Barock erbaut.

In der Zeit der Renaissance gab es viele Architekten, vor allem aus dem Kanton Tessin, die in Italien berühmte Gebäude schufen. Die Gefängnisse beim Dogenpalast und die Rialto-Brücke, beide in Venedig, wurden von Antonio da Ponte gebaut. Die Seufzerbrücke in Venedig stammt aus der Hand von Antonio Contino; Domenico Fontana (1543?1607) kreierte den Lateranpalast in Neapel sowie die Fassade der Laterankirche und den Königspalast in der gleichen Stadt.

Sein Neffe Carlo Maderno war der Architekt von Papst Paul V. San Carlo alle Quattro Fontane, die Galerie des Spadapalast und das Filippini-Kloster wurden von Francesco Borromini geplant, während Carlo Fontana für die Fassade von San Marcello al Corso und dem Montecitorio-Palast verantwortlich war; Baldassare Longhena von Maroggia, gestaltete die Kirche Santa Maria della Salute, das Rezzonico und den Widmann Palast; alle in Venedig.

Später hat G.B. Gilardi den Kremlin in Moskau wiedererbaut, und sein Sohn, Domenico Gilardi, wurde beauftragt, die Staatsuniversität in Moskau wieder aufzubauen. Domenico Trezzini hat einige Paläste in St. Petersburg im Auftrag Peters des Grossen geplant. Le Corbusier (Charles-Edouard Jeanneret) war der wohl kreativste Schweizer Architekt im 20. Jahrhundert. Er hatte bedeutenden Einfluss auf viele westliche Architekten.

Eigenständige Architektur wird in der Schweiz geschätzt. Mario Botta ist ein bekannter Architekt, der die moderne Architektur geprägt hat. Die Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron aus Basel haben sich in den vergangenen Jahren mit dem Gebäude der Tate Modern in London einen Namen gemacht.

Bildkunst

Datei:Basel.tinguely.jpg
Tinguely-Brunnen vor dem Museum in Basel

Im 16. Jahrhundert hat der Protestantismus die Bildkunst der Schweiz stark beeinflusst. Die Renaissance in Frankreich und Italien hingegen hatte in der Schweiz nur wenig Einfluss. Erst vor kurzem konnten sich Schweizer Künstler international durchsetzen. Alberto Giacometti wurde international bekannt. Jean Tinguely hat Menschen mit komplexen bewegenden Skulpturen aus Altmetall fasziniert. Paul Klee wird manchmal als der bedeutendste Maler der Schweiz gefeiert.

Trotz der relativ kleinen Anzahl von international bekannten Bildkünstlern befinden sich einige berühmte Museen und Kollektionen in der Schweiz. Diese sind nicht nur in den grösseren Städten wie Zürich, Basel und Genf zu finden, sondern ebenso in kleineren, z.B. in Schaffhausen, Martigny und Winterthur.

Die Druckkunst floriert in der Schweiz. Das selbe gilt für kreative Fotographie. Beispiele dieser können in Kalendern, Magazinen und Außenwerbung gefunden werden.

Literatur

Schweizer Literatur stand immer im Schatten Deutschlands, trotzdem gibt es einige Werke, die im ganzen deutschen Sprachraum bekannt sind, darunter jene von Spyri, Dürrenmatt, Frisch, Gotthelf und Keller.

Jean-Jacques Rousseau stammte aus der heutigen Schweiz, so wie der Kritiker Jacob Burckhardt. Das Haus von Germaine de Staël in Coppet war im 18. Jahrhundert eines der Zentren der europäischen Literatur. Weitere bekannte Schriftsteller sind Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer, Jeremias Gotthelf und Charles-Ferdinand Ramuz. Hermann Hesse und Carl Spitteler haben beide für ihre Werke einen Nobelpreis gewonnen.

Die Heidi-Bücher von Johanna Spyri aus dem 19. Jahrhundert gehören nach der Bibel und dem Koran zu den weltweit meistverkauften Büchern aller Zeiten.

Im 20. Jahrhundert haben die Werke von Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch auch ausserhalb der Schweiz viele Leser gefunden. Des weiteren entstand 1915 der Dadaismus in Zürich.

Besonders in der Deutschschweiz gibt es viele Dialekte. Der jeweilige Dialekt einer Region wird Mundart genannt, im Kontrast zu Hochdeutsch, womit das Schriftdeutsch gemeint ist. Das Hochdeutsch wird für fast alle schriftlichen Texte, außerdem für Radio- und Fernsehnachrichten und andere "offizielle" Ansprachen verwendet.

Musik

Musik ist eine Möglichkeit für die Schweizer, sich vom Hochdeutschen abzusetzen und einen regionalen Dialekt zu pflegen. Bekannte Dialektmusiker sind Mani Matter, Stephan Eicher und Polo Hofer. Weitere bekannte Pop- und Rockmusiker sowie Bands umfassen Patent Ochsner, Züri West, Florian Ast, Rumpelstilz, Yello, Krokus, DJ Bobo und die Lovebugs.

Die Schweiz wird nicht gemeinhin als eine der großen Musiknationen betrachtet. Im 20. Jahrhundert jedoch hat sie eine Anzahl von bekannten Komponisten hervorgebracht. Arthur Honegger, Othmar Schoeck und Frank Martin haben es alle zu internationalem Ruhm gebracht. In Luzern findet jährlich ein internationales Musikfestival statt. Auch in anderen Orten gibt es ähnliche, wenn auch kleinere, Veranstaltungen. Das Jazzfestival in Montreux ist besonders bekannt.

Wissenschaft

Seit Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Hohenheim) ist Wissenschaft in der Schweiz von großer Bedeutung. Paracelsus hat im 16. Jahrhundert das Feld der Chemie in die Medizin gebracht. Die Bernoulli-Familie von Basel ist bekannt für ihre Beiträge zur Mathematik über drei Generationen. Leonhard Euler ist ein weiterer bedeutender Mathematiker. Horace-Bénédict de Saussure war ein Naturalist und Pionier in der Erforschung der Alpen. Die ETH in Zürich hat eine große Anzahl von Nobelpreisträgern hervorgebracht. Ferdinand de Saussure war bedeutsam im Feld der Linguistik. Der weltbekannte Physiker Albert Einstein hat in Bern gelebt.

Freizeit

Datei:07153v.jpeg
St. Moritz Bad um 1900

Die Nähe zu den Bergen hat das Freizeitverhalten vieler Schweizer beeinflusst. Mit dem Wachstum von Touristenressorts in den Schweizer Bergen wurde die Bevölkerung zu einer Wintersportnation. Nebst Skilaufen und Bergsteigen ist Schwingen in vielen Gebieten beliebt. Weitere beliebte Beschäftigungen sind Schiessen und Hornussen. Hornussen wird manchmal als alpines Baseball bezeichnet. Beliebte Sportarten in der Schweiz sind Tennis, Golf, Eishockey, Fußball, Basketball, Handball, Luftmatratzenfliegen, Segeln, Schwimmen, Volleyball, Unihockey, Mountainbiking und Wandern. Fischen ist beliebt in vielen Seen und Flüssen, aber oft wird eine Lizenz benötigt. Viele der Seen in den Bergen frieren im Winter zu und werden für Curling, Pferderennen und Hunderennen verwendet, besonders um St. Moritz.