Sinti (Singular: Sinto; Etymologie unklar, eventuell Eigenbezeichnung Sindh nach der gleichnamigen pakistanischen Provinz) sind diejenige Untergruppe der Roma, die sich schon seit dem Ende des Mittelalters im westeuropäischen Raum aufhalten. Im deutschsprachigen Raum stellen sie damit einen Teil der Sinti und Roma.
Sichtbarkeit
Aufgrund der Geschichte (besonders der Nazi-Zeit) sind die Sinti eine über weite Strecken "unsichtbare" Minderheit. Wo sie früher vielleicht noch durch ihr Aussehen aufgefallen wären, werden sie heute, aufgrund der vielfältigen Bevölkerung ausländischer Herkunft, kaum als eigenständige ethnische Gruppe wahrgenommen. Dazu trägt auch bei, dass sie normalerweise Fremden wenig Einblick in ihre Kultur gewähren. Oftmals verheimlichen sie sogar ihre Gruppenzugehörigkeit.
Eigene Kultur
Die Sinti haben trotz ihres langen Aufenthalts in Deutschland eine beträchtliche kulturelle Eigenständigkeit bewahrt, darunter oft noch die eigene Sprache, das so genannte "Sintitikes". Darüberhinaus gibt es viele Bräuche, die sogar noch auf ihre nordindische Heimat zurückgehen. Im Gegensatz zu weit verbreiteten Ansichten haben sie ein eigenes recht strenges Gesetz ("Tschatschepen"), an das sich jeder halten muss, der nicht von der Gemeinschaft abgeschnitten werden will ("paletschido"). Über dieses Gesetz wachen eigens dafür bestimmte Personen ("Tschatschepaskeri").
Konflikte mit den eigenen Traditionen
Heute gibt es oft Konflikte zwischen den alten Gesetzen und dem modernen Leben. So war es ursprünglich nicht erlaubt, im Wagen ("Wurdon") zu gebären oder zu sterben. Geschah es doch, war der "verunreinigte" Wagen zu verbrennen, oder durfte lediglich an nicht zur eigenen Gemeinschaft Gehörende verkauft werden. Ebenso wurden die persönlichen Gegenstände des Verstorbenen verbrannt. Da heute viele Sinti ganz gewöhnlich in Häusern leben und sie ihre Angehörigen am liebsten nicht anonym sterben lassen wollen, sondern im Kreise der oft nicht kleinen Familie, ist das nur zu Hause möglich. Ein Abbrennen des Hauses wäre jedoch auch für den traditionellsten Sinto nicht praktikabel.
Konflikte mit der Umwelt
Ebenso führen Beerdigungen regelmäßig zu großen Konflikten. Zum einen, weil die Trauergemeinde oft sehr groß ist (mehrere hundert Menschen, sonst in Deutschland nur noch in traditionellen Dörfern üblich), zum anderen, weil die traditionelle Beerdigung ein langes und teilweise lautes Ritual ist. Nach lauten Bekundungen der Trauer (kennt man auch aus dem Nahen Osten; in Deutschland gab es früher auch Klageweiber), wird die Stimmung dann immer aufgehellter, bis man irgendwann teilweise wörtlich auf dem Grabe tanzt. Das gleiche Phänomen gibt es in abgeschwächter Form auch bei dem allgemein bekannten "Leichenschmaus" in Anschluss an deutsche Beerdigungen, der oft, vor allem wenn der Verstorbene alt war und undramatisch gestorben ist, recht "feucht-fröhlich" endet (zumindest bei den nicht ganz eng verwandten).
Außerdem gibt es viele weitere Tabus und Regeln. So sollten Frauen sehr früh und jungfräulich in die Ehe gehen und zwar nicht mit "Gadsche" (Nichtzigeunern). Auch werden viele Berufe, die mit Blut und ähnlichem zu tun haben, als unrein betrachtet, zum Beispiel Ärzte und Krankenschwestern.
Siehe auch: Sinti und Roma, Antiziganismus, Zigeuner
Literatur
- Wulf D. Hund (Hg.): Zigeunerbilder. Schnittmuster rassistischer Ideologie. ISBN 3-927388-74-2
- Wulf D. Hund (Hg.): Zigeuner. Geschichte und Struktur einer rassistischen Konstruktion. ISBN 3-927388-53-X
- Katrin Reemtsma: Sinti und Roma. Geschichte, Kultur, Gegenwart; Verlag C.H. Beck, 1996. - ISBN 3406392555
- Änneke Winckel: Antiziganismus. Rassismus gegen Roma und Sinti im vereinigten Deutschland. ISBN 3-89771-411-6
- Romafotografien Fotografien vom Leben der Roma in Osteuropa von Helge Lindau