Graffiti

Straßenkunst
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Graffiti bezeichnet ursprünglich einen an eine Wand geschriebenen Text (z.B. in Pompeji). Heute werden damit umgangssprachlich vor allem die von Jugendlichen mittels Sprühdosen illegal hergestellten Bilder bezeichnet. Als Oberbegriff beschreibt es neben den so genannten Tags und Pieces auch die Schablonengraffiti und politischen Graffiti und ist ein Teil der Street-Art.

Eine mit Graffiti bemalte Strassenbahn


Herkunft des Wortes

Graffiti ist der Plural des italienischen Worts graffito, das seinerseits aus einem vulgärlateinischen Verb für 'mit dem Griffel kratzen' entstanden ist (graphium 'Griffel'). Der Singular ist im Deutschen unüblich, so dass häufig auch von einem Graffiti (und nicht von einem Graffito) gesprochen wird. Wie die Geschichte der Bezeichnung zeigt, reicht die Graffiti-Tradition weit zurück.


Graffiti heute

Eine moderne Graffiti-Tradition entsteht in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Damals waren die Pieces geheime Nachrichten/Mitteilungen von Gang- und Cliquenmitglieder. Die Schriftzüge wurden so verziert, verzogen und verändert, dass jeweils nur die Gangmitglieder wussten, was es hiess. Unterschrieben wurden die Pieces auch, aber da es illegal war, unterschrieb jeder nur mit seinem Spitznamen, den er zusätzlich noch unlesbarer machte. Später markierten (vorallem in den Ghettos) Gangs ihre Gebiete mit Pieces oder Tags -weniger aufwendigen Schriftzügen-. Wenn eine Gang das Graffiti einer anderen übersprayte, hiess das "Krieg" - und die Kriege zwischen Gangs verliefen nicht oft gewaltlos. Als Alternative zu der physischen Gewalt wurden dann auf Battles gekämpft. Dort trafen (und treffen sich auch heute) MCs (Master of Ceremony, Rapper), DJs, Breaker oder eben Writer(writen=engl. schreiben, ein Writer writet pieces). Obwohl die Graffitis von der erwachsenen Bevölkerung meist als Verunstaltung oder Sachbeschädigung von öffentlichem Eigentum angesehen werden, sollte man doch einfache TAGS von aufwendigen, kunstvollen PIECES unterscheiden. Ausserdem ist Writen eines der vier Elemente des Hip-Hop.

In der Hip Hop-Kultur bildet Graffiti eines der vier wesentlichen Elemente; der Graffiti schaffende Künstler wird allgemein als Writer bezeichnet. Oft werden mit den gesprühten Bildern auch Gebiete (Turfs, englisch für Revier) markiert. Es kann zwischen diversen Pieces unterschieden werden. Throw up oder Quickpiece, TtoB (Top to Bottom, engl. für "von oben bis unten"), und EtoE (End to End, engl. für "vom einen Ende bis zum andern", bezieht sich vor allem auf Eisenbahn-, U-Bahn- und Strassenbahnwagen), Blockbuster, Silverpieces etc. Weiter gilt eine Unterscheidung in Letters (Buchstaben, Schrift) und Characters (Bilder, meist im Stil von Comics-Figuren). Bildträger sind u.a. Außenwände von Häusern und anderen Gebäuden, Betonmauern von außerstädtischen Großbauwerken wie Autobahn- oder Kanalbrücken, aber auch nur zeitweilig ruhende Objekte mit großen Flächen wie Straßenbahnen und Eisenbahnwaggons.

Als professionelle Künstler konnten sich nur wenige Writer durchsetzen, wie z. B. der New Yorker Keith Haring, der allerdings nicht der Hip-Hop-Kultur entstammte. Ein bekannter Writer aus Deutschland ist Daim. Seine Spezialität sind dreidimensionale Letters und meist haben seine Buchstaben keine Outlines (Bilder davon auf Daims Homepage).

Der Zusammenhang von Hip Hop und Graffiti ist nicht lückenlos. Graffiti gibt es länger als Hip Hop, und in den frühen 1980er Jahren waren Writers oft eher Punks, und auch heute sind es nicht die "modischen Discogänger"-Hip-Hopper, die selber Writers sind. Auch mit Hausbesetzern gibt es immer wieder Überschneidungen, was man dann an den farbenfrohen Fassaden sehen kann.

Rezeption

Reaktionen der Öffentlichkeit

Graffiti werden sehr kontrovers eingeschätzt: Die Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung empfindet insbesondere die kurzen Tags (Signaturkürzel) als Verunstaltung, von behördlicher Seite wird die Bemalung von Wänden, Fensterscheiben, Zügen mit Sprühdosen als Sachbeschädigung eingestuft. Graffiti wird als Stil auch oft von der Werbebranche eingesetzt, um Jugendliche anzusprechen - legal, und von Erwachsenen. Unter den Jugendlichen genießen Graffiti nämlich quer durch alle Jugendkulturen grosse Zustimmung. Graffiti gilt als illegale Untergrundaktion und damit unter Jugendlichen auch als Mutprobe. Inzwischen geht man dazu über, die Täter selbst für ihre Beschädigung zur Verantwortung zu ziehen, indem man sie an der Entfernung der Farbe beteiligt. Nachweislich kommen viele Täter dadurch zur Einsicht und unterlassen weitere Beschädigungen. Auch hohe Geldstrafen werden ausgesetzt.

Um jugendliche Sprayer aus der Illegalität herauszuholen wird Graffiti häufig auch als Jugendprojekt angeboten.

Graffitiforschung

Die Graffitiforschung beschäftigt sich mit dem sozialen und kunstgeschichtlichen Aspekt von Wandmalereien.

Dieser Forschungszweig sieht sich in der Tradition der Altertumsforscher, die vor ca. 300 Jahren begannen, antike Wandinschriften zu suchen, auszuwerten und zu publizieren. Der Begriff Graffitiforschung wurde erst ca. 1980 geprägt. Er setzte sich 1995 weltweit durch.

Die Graffitiforscher gehen von der Annahme aus, dass Graffiti eine Menetekel-Funktion erfüllen und als politisches Thermometer angesehen werden können, sofern transpersonale Zusammenhänge eine Rolle spielen. Dies ist besonders in politisch unsicheren Zeiten von Bedeutung.